Normen
SHG Wr 1973 §10 Abs1;
SHG Wr 1973 §13;
SHV Richtsätze Wr 1973 §1 Abs1;
SHG Wr 1973 §10 Abs1;
SHG Wr 1973 §13;
SHV Richtsätze Wr 1973 §1 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich seines Spruchpunktes A. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Im Übrigen (Spruchpunkt B.) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Das Land Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der im Jahre 1955 geborene Beschwerdeführer steht seit mehreren Jahren im Bezug der Sozialhilfe.
Mit Eingabe vom 11. Jänner 2001 stellte er beim Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 12-Sozialamt, einen Antrag auf "Nachzahlung vorenthaltener Sozialhilfe" für die Zeit vom 1. Oktober 1998 bis 30. April 1999 "gemäß beiliegender Aufstellung (Auskunftsbegehren an den Magistrat der Stadt Wien, z. H. Frau VBM Grete Laska vom 11.01.2001)."
Dem Antrag war ein umfangreiches Auskunftsbegehren angeschlossen, aus dem sich - für den vorliegenden Fall - ergibt, dem Beschwerdeführer bzw. seinen Kindern sei im genannten Zeitraum keine Heizkostenbeihilfe und kein Bekleidungsbedarf gewährt worden. Ferner habe der Beschwerdeführer für seinen minderjährigen Sohn Wilhelm, für den er im genannten Zeitraum keinen Unterhalt bezogen habe, keine Sozialhilfe erhalten.
Mit dem im Instanzenzug erlassenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer auf Grund seines Antrages vom 11. Jänner 2001 für die Zeit vom 1. Oktober 1998 bis inklusive 11. Jänner 1999 unter Berücksichtigung der Mietbeihilfe und der Heizkostenbeihilfe für die Monate Oktober bis Dezember 1998 gemäß den §§ 8, 12 und 13 des Wiener Sozialhilfegesetzes, LGBl. Nr. 11/1973 (WSHG), sowie der Verordnung der Wiener Landesregierung vom 27. Februar 1973, LGBl. Nr. 13 (Richtsatzverordnung), eine Geldaushilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes in der Höhe von EUR 414,09 (S 5.697,95) gewährt (Spruchpunkt A.).
Der Antrag des Beschwerdeführers vom 11. Jänner 2001 auf Zuerkennung einer Nachzahlung für den Zeitraum vom 12. Jänner 1999 bis 30. April 1999 wurde wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt B.).
Nach der Begründung - soweit für den Beschwerdefall von Bedeutung - sei aktenkundig, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum vom 1. Oktober 1998 bis 11. Jänner 1999 (Spruchpunkt A.) sozialhilfebedürftig gewesen sei. Er habe daher in diesem Zeitraum Anspruch auf Sozialhilfe gehabt.
Die belangte Behörde errechnete daraufhin in einer detaillierten Aufschlüsselung (teilweise unter tageweiser Aliquotierung einzelner Leistungen) einen Sozialhilfeanspruch des Beschwerdeführers zur Sicherung des Lebensbedarfes in der Höhe von insgesamt EUR 414,09. Der Berechnung wurde der Richtsatz für einen Erwachsenen und ein Kind (minderjähriger Sohn Manuel) von EUR 575,28 für das Jahr 1998 und von EUR 583,93 für das Jahr 1999 zu Grunde gelegt. Dieser Richtsatz sei ein gemäß § 13 Abs. 4 WSHG erhöhter Richtsatz, der bei Familien mit Kindern im Einzelfall herangezogen werden könne. Für den minderjährigen Sohn Wilhelm, der sich beim Beschwerdeführer in Pflege und Erziehung befinde, bestehe nach Auffassung der belangten Behörde kein Anspruch auf Sozialhilfe. Der Minderjährige habe nach dem der belangten Behörde vorgelegten Protokoll des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 4. Juni 1999 im streitgegenständlichen Zeitraum gegenüber seiner Mutter (Agnes R.) einen Anspruch auf eine monatliche Unterhaltsleistung von EUR 145,35 (S 2.000,--). Da dieser Anspruch den Sozialhilferichtsatz für einen Mitunterstützten mit Anspruch auf Familienbeihilfe übersteige, sei der minderjährige Sohn des Beschwerdeführers im verfahrensgegenständlichen Zeitraum nicht auf Sozialhilfe angewiesen.
Für den Zeitraum ab 12. Jänner 1999 (Spruchpunkt B.) vertrat die belangte Behörde die Auffassung, dass dem Beschwerdeführer mit Berufungsbescheid der belangten Behörde vom 13. Februar 2001 auf Grund seines Antrages vom 12. Jänner 1999 für die Zeit vom 12. Jänner 1999 bis inklusive 11. Mai 1999 unter Berücksichtigung der Mietbeihilfe für die Monate Jänner bis Mai 1999 und der Heizkostenbeihilfe für die Monate Jänner bis April 1999 eine Geldaushilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes in Höhe von EUR 1.733,51 (S 23.853,59) rechtskräftig zuerkannt worden sei. Über seinen Antrag betreffend denselben Zeitraum habe daher wegen entschiedener Sache nicht neuerlich inhaltlich abgesprochen werden können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Der Antrag des Beschwerdeführers vom 11. Jänner 2001 auf Zuerkennung einer Nachzahlung für den Zeitraum vom 12. Jänner 1999 bis 30. April 1999 wurde von der belangten Behörde wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Für die Zeit vom 12. Jänner 1999 bis inklusive 11. Mai 1999 sei nämlich bereits auf Grund eines Antrages des Beschwerdeführers vom 12. Jänner 1999 mit Bescheid der belangten Behörde vom 13. Februar 2001 rechtskräftig eine Geldaushilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes zuerkannt worden.
Dazu bringt die Beschwerde im Wesentlichen vor, der gegenständlich angefochtene Bescheid beziehe sich auf einen Antrag des Beschwerdeführers vom 11. Jänner 2001. Mit diesem Antrag habe der Beschwerdeführer um eine Nachzahlung von Sozialhilfe für in der Vergangenheit liegende Zeiträume angesucht. Schon aus der Formulierung "Nachzahlung" ergebe sich, dass der Beschwerdeführer einen Zusatzaufwand geltend gemacht habe. Dies werde auch aus seinem weiteren Vorbringen, z.B. Krankenhaus- und Arztspesen unter Punkt 13. c) seines Antrages, klar. Die belangte Behörde hätte daher prüfen müssen, ob für den bereits beurteilten Zeitraum ein Mehraufwand nachträglich hervorgekommen sei, den er zum Zeitpunkt der ersten Antragstellung im Jänner 1999 noch nicht gekannt habe.
Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.
Dem in der Beschwerde erwähnten Punkt 13. c) seines Antrages vom 11. Jänner 2001 (gemeint ist dabei der Punkt 13. c) des Auskunftsersuchens vom selben Tag) ist lediglich zu entnehmen, seine beiden Kinder seien im damaligen Zeitraum "oftmalig krank (grippale Infekte)" gewesen, da er seine Wohnung nicht habe richtig heizen können. Ein zusätzlicher, nachträglich hervorgekommener Bedarf ergibt sich daraus nicht. Auch das in der Beschwerde nicht näher konkretisierte Vorbringen zu einem "nachträglich hervorgekommenen Mehraufwand" ist nicht geeignet, die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels darzutun.
Die Beschwerde war daher hinsichtlich Spruchpunkt B. gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
2. Dem angefochtenen Bescheid liegt hinsichtlich seines Spruchpunktes A. die Auffassung zu Grunde, der minderjährige Sohn Wilhelm des Beschwerdeführers sei im streitgegenständlichen Zeitraum nicht sozialhilfebedürftig gewesen, da sein Anspruch auf eine monatliche Unterhaltsleistung seiner Mutter den Sozialhilferichtsatz für einen Mitunterstützten mit Anspruch auf Familienbeihilfe überstiegen habe. Dem bereits bei der Antragstellung im Jänner 2001 erhobenen Vorbringen des Beschwerdeführers, er erhalte die Alimente nicht, begegnete die Behörde mit dem Hinweis, auf Grund des vorliegenden Protokolls des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 4. Juni 1999 stehe unbestrittener Maßen fest, dass die Kindesmutter im streitgegenständlichen Zeitraum zu einer Unterhaltsleistung in Höhe von S 2.000,-- für den minderjährigen Wilhelm verpflichtet gewesen sei. Nach den Ausführungen in der Gegenschrift wären die Unterhaltsansprüche nötigenfalls zwangsweise gegenüber der Kindesmutter durchzusetzen gewesen. Dass diese zur Leistung der Alimente aufgefordert worden wäre und die Unterhaltsleistung verweigert hätte, sei nicht aktenkundig und auch nicht behauptet worden.
Dazu ist zu sagen, dass sich aus dem von der belangten Behörde erwähnten Protokoll des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 4. Juni 1999 zunächst ergibt, dass der Beschwerdeführer verpflichtet war, der Kindesmutter für seine bei dieser in Pflege und Erziehung befindliche minderjährige Tochter Michelle eine monatliche Unterhaltszahlung in Höhe von S 1.500,-- zu leisten; die Kindesmutter war verpflichtet, für ihren beim Beschwerdeführer in Pflege und Erziehung befindlichen minderjährigen Sohn Wilhelm monatlich S 2.000,-- zu bezahlen. Ferner ergibt sich aus diesem Protokoll aber auch, dass der Beschwerdeführer und die Kindesmutter "aufgrund der schlechten finanziellen Lage beide(r) Elternteile" mit selbem Datum einen Vergleich geschlossen haben, wonach sich ihre (bisherigen) monatlichen Unterhaltsleistungen auf jeweils S 660,-- verminderten. Auf die gerichtliche Geltendmachung der nunmehr vereinbarten Leistungen wurde verzichtet.
Auf der Grundlage dieses Vergleiches ging der Verwaltungsgerichtshof (insoweit jeweils im Einklang mit den Feststellungen der angefochtenen Bescheide) betreffend den Zeitraum Jänner/Februar 2000 davon aus, dass bei der Bemessung der Ansprüche des Beschwerdeführers auf eine Unterhaltsleistung der Mutter des minderjährigen Wilhelm von S 660,-- monatlich (gegen deren Liquidierbarkeit nichts spräche) Bedacht zu nehmen sei (vgl. das Erkenntnis vom 20. Februar 2001, Zl. 2000/11/0211); für die Zeiträume Juni bis August 2001 (vgl. das Erkenntnis vom 11. Juni 2003, Zl. 2002/10/0054), August bis Oktober 2001 (vgl. das Erkenntnis vom 31. März 2003, Zl. 2002/10/0050), Oktober und November 2001 (vgl. das Erkenntnis vom 11. Juni 2003, Zl. 2002/10/0038) und Mai bis Juli 2002 (vgl. dazu das Erkenntnis vom 11. Juni 2003, Zl. 2002/10/0241) sah der Verwaltungsgerichtshof keinen Grund, die Annahme der belangten Behörde zu beanstanden, die Mutter des minderjährigen Wilhelm habe in den fraglichen Zeiträumen für diesen Unterhalt von monatlich S 660,-- geleistet (vgl. des Näheren die Entscheidungsgründe des zitierten Erkenntnisses vom 31. März 2003).
Bei dieser Sachlage - auch wenn diese offenbar nicht rückwirkende Vereinbarung nach dem hier streitgegenständlichen Zeitraum abgeschlossen wurde - bedürfte die dem hier angefochtenen Bescheid zu Grunde liegende Annahme, es bestehe im Hinblick auf einen (offenbar: leicht liquidierbaren) Unterhaltsanspruch des minderjährigen Wilhelm in der Höhe von S 2.000,-- keine Hilfsbedürftigkeit, insbesondere im Hinblick auf die im Protokoll vom 4. Juni 1999 beurkundete Vereinbarung einer Unterhaltsleistung von S 660,-- monatlich sowie des "Verzichtes auf die gerichtliche Geltendmachung" der vereinbarten Leistungen, einer näheren Begründung. In diesem Zusammenhang könnte auch die Frage der Liquidierbarkeit des Unterhaltsanspruches (vgl. das Erkenntnis vom 30. Mai 2001, Zl. 96/08/0061, und das Erkenntnis vom 20. Februar 2001, Zl. 2000/11/0211) von Bedeutung sein.
Da der Sachverhalt nach dem Gesagten diesbezüglich in wesentlichen Punkten einer Ergänzung bedarf, war der angefochtene Bescheid hinsichtlich Spruchpunkt A. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333/2003.
4. Von der beantragten mündlichen Verhandlung wurde gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abgesehen.
Wien, am 15. September 2003
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