VwGH 2001/15/0148

VwGH2001/15/014818.9.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde 1. der C und 2. der L GmbH, beide in Salzburg, beide vertreten durch Dr. Berthold Garstenauer, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Sterneckstraße 55/5, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz vom 20. Juni 2001, Zl. RV 88/1- 6/98, betreffend Finanzordnungswidrigkeit, zu Recht erkannt:

Normen

FinStrG §49 Abs1 lita;
FinStrG §49 Abs1 lita;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerinnen haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Erstbeschwerdeführerin war im Tatzeitraum alleinvertretungsbefugte handelsrechtliche Geschäftsführerin der Zweitbeschwerdeführerin. Diese hat entgegen der Bestimmung des § 21 UStG 1994 für die Zeiträume April, Juni bis November 1997 Umsatzsteuervoranmeldungen nicht eingereicht und Umsatzsteuervorauszahlungen nicht abgeführt.

Über Aufforderung der Finanzstrafbehörde vom 26. Jänner 1998 an die Erstbeschwerdeführerin die fehlenden Umsatzsteuervoranmeldungen der Zweitbeschwerdeführerin nachzureichen und die Gründe für die Unterlassung darzulegen, langten am 30. Jänner 1998 die Voranmeldungen der genannten Monate bei der Abgabenbehörde ein; eine Stellungnahme erfolgte nicht.

Die rückständigen Umsatzsteuervorauszahlungen wurden am 3. Februar 1998 am Abgabenkonto der Zweitbeschwerdeführerin belastet. Die Entrichtung erfolgte durch Gutschrift des Vorsteuerüberhanges aus der Umsatzsteuervoranmeldung Dezember 1997 am 16. Februar 1998 sowie zweier Zahlungen im März 1998.

Mit Erkenntnis des Finanzamtes als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom 21. Juli 1998 wurde die Erstbeschwerdeführerin für schuldig erkannt, im Bereich des Finanzamtes als verantwortliche Geschäftsführerin der Zweitbeschwerdeführerin vorsätzlich Abgaben, die selbst zu berechnen waren, und zwar Vorauszahlungen an Umsatzsteuer der Zweitbeschwerdeführerin für die Zeiträume April, Juni bis November 1997 in Höhe von S 153.587,-- nicht spätestens am 5. Tag nach Fälligkeit abgeführt zu haben. Sie habe hiedurch eine Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen. Gemäß § 49 Abs. 2 leg. cit. werde über sie eine Geldstrafe in Höhe von S 15.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 7 Tage) verhängt. Gemäß § 185 FinStrG wurde der Kostenersatz auferlegt.

In der Begründung wurde zusätzlich zum eingangs dargestellten - unstrittigen - Sachverhalt ausgeführt, die Erstbeschwerdeführerin habe die Abfuhr der Umsatzsteuervorauszahlungen für die genannten Monate unterlassen, weil der Zweitbeschwerdeführerin die finanziellen Mittel auf Grund des schlechten Geschäftsganges gefehlt hätten. Die Erstbeschwerdeführerin sei davon ausgegangen, dass die beauftragte Steuerberatungskanzlei die Bekanntgabe der geschuldeten Umsatzsteuerbeträge im Wege von Umsatzsteuervoranmeldungen durchführen werde, weil diese den Auftrag erhalten hatte, sämtliche abgabenrechtlichen Belange wahrzunehmen. Der Steuerberatungskanzlei sei die unterbliebene Abfuhr der Abgaben bereits aus den übermittelten Buchhaltungsunterlagen bekannt gewesen und habe sie die Erstbeschwerdeführerin auch auf die Zahlungspflicht hingewiesen. Diese habe darauf erwidert, dass die Bank die Überweisungen nicht durchführe. Die steuerliche Vertretung habe die Erstbeschwerdeführerin weder auf das Erfordernis der Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen bei unterbliebener Abfuhr der Umsatzsteuer noch auf allfällige strafrechtliche Folgen dieses Verhaltens aufmerksam gemacht. Grund hiefür seien Kommunikationsprobleme zwischen der Erstbeschwerdeführerin und der Steuerberatungskanzlei gewesen. In rechtlicher Hinsicht führte die Finanzstrafbehörde erster Instanz aus, § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG verlange auf der objektiven Tatseite die Nichtabfuhr selbst zu berechnender Abgaben, Vorauszahlung an Umsatzsteuer, bis zum 5. Tag nach Fälligkeit. Hiefür sei vorsätzliches Handeln erforderlich, dolus eventualis sei ausreichend. Die Erstbeschwerdeführerin bestreite weder, dass die verfahrensgegenständlichen Umsatzsteuervorauszahlungen bis zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt nicht abgeführt worden seien, noch dass sie von dieser Verpflichtung keine Kenntnis gehabt habe. Die von ihr behauptete Zahlungsunfähigkeit sei unbeachtlich. Vom Strafvorwurf hätte sie sich durch Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht befreien können. Ob ihr die strafrechtlichen Folgen ihres Verhaltens bewusst gewesen seien, oder sie darauf aufmerksam gemacht worden sei, sei ohne Belang.

Der Erstbeschwerdeführerin sei ein schuldhaftes Verhalten im Hinblick auf eine Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, insbesondere im Hinblick auf die unterlassene Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen, nicht anzulasten. Der Strafvorwurf nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG sei daher nicht aufrecht zu erhalten gewesen.

Es sei unbestritten, dass die Erstbeschwerdeführerin kein Verschulden an der Nichtbekanntgabe der Höhe der geschuldeten Beträge bis zum 5. Tag nach Fälligkeit im Sinne des § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG treffe. Es sei aber darauf hinzuweisen, dass das Gesetz hier einen Schuldausschließungsgrund normiere, der nicht Tatbestandsmerkmal sei. Ob die Erstbeschwerdeführerin an der Unterlassung der fristgerechten Bekanntgabe ein Verschulden treffe, sei daher irrelevant. Ein Irrtum über das Vorliegen eines solchen Strafaufschließungsgrundes stelle einen Umstand dar, den sie selbst zu vertreten habe.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hätten die Beschwerdeführerinnen vorgebracht, der steuerliche Vertreter habe bereits am 18. Jänner 1998 die fehlenden Umsatzsteuervoranmeldungen nachgereicht und seien diese im Lichte einer Selbstanzeige mit strafbefreiender Wirkung nach § 29 leg. cit. zu betrachten.

Ein solcher Vorgang sei weder im Veranlagungsakt der Zweitbeschwerdeführerin aufzufinden, noch scheine eine entsprechende Verbuchung am Abgabenkonto auf. Dessen ungeachtet könne der Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen zu diesem Zeitpunkt strafbefreiende Wirkung jedenfalls nicht zukommen. Einerseits sei im abgabenrechtlichen Vorhalt bereits auf die festgestellte Nichtabfuhr der Umsatzsteuer hingewiesen worden (§ 29 Abs. 3 lit. b leg. cit.), andererseits sei die Entrichtung der geschuldeten Beträge nicht fristgerecht erfolgt (§ 29 Abs. 2 leg. cit.).

Gemäß § 28 Abs. 1 FinStrG sei die Haftung der Zweitbeschwerdeführerin für die verhängte Geldstrafe zwingend auszusprechen gewesen.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurden die Berufungen der Beschwerdeführerinnen gegen diesen Bescheid als unbegründet abgewiesen. In der Begründung führte die belangte Behörde nach einer Darstellung des Verwaltungsgeschehens und Gesetzeszitaten aus, die Verwirklichung des objektiven Sachverhaltes sei von den Beschwerdeführerinnen nicht bestritten worden. Die Beschwerdeführerinnen bestreiten, dass die Erstbeschwerdeführerin vorsätzlich gehandelt habe.

Die Tathandlung nach § 49 Abs. 1 FinStrG bestehe in der Unterlassung der Entrichtung oder Abfuhr der selbst zu berechnenden Umsatzsteuerbeträge über den fünften Tag nach Fälligkeit hinaus. Die Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige- , Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht (Abgabe von Voranmeldungen) sei nicht Tatbestand. Die Bekanntgabe der Höhe des geschuldeten Betrages stelle einen Strafausschließungsgrund dar. Ein Irrtum über das Vorliegen eines Strafausschließungsgrundes stelle einen Umstand dar, dessen nachteilige Folgen der Täter selbst zu vertreten habe. Auch sei es irrelevant, ob den Steuerpflichtigen an der Unterlassung der Bekanntgabe der geschuldeten Beträge ein Verschulden treffe, weil sich der in der genannten Bestimmung geforderte Vorsatz bloß auf die tatbildmäßig relevante Versäumung des Termines für die Entrichtung von Selbstermessungsabgaben richten müsse. Der gegenständliche Strafausschließungsgrund komme lediglich dann zum Tragen, wenn er tatsächlich gegeben sei.

Der von der Strafbehörde erster Instanz angenommene Vorsatz werde daher nicht durch die unrichtige Annahme, der Steuerberater werde schon Umsatzsteuervoranmeldungen einreichen, entkräftet. Es sei daher von der Verwirklichung der Finanzordnungswidrigkeit gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG auszugehen. Hinsichtlich der Strafbemessung sei keine Änderung vorzunehmen. Auf Grund der vorliegenden Milderungsgründe, Unbescholtenheit und volle Schadensgutmachung, der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sei die Verhängung einer Geldstrafe von S 15.000,-- angemessen.

Die Haftung der Zweitbeschwerdeführerin für die verhängte Geldstrafe sei gemäß § 28 Abs. 1 FinStrG zwingend auszusprechen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerinnen machen geltend, das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass sie vom Steuerberater weder auf das Erfordernis der Abgabe einer Umsatzsteuervoranmeldung bei unterbliebener Abfuhr der Umsatzsteuer noch auf allfällige strafrechtliche Konsequenzen aufmerksam gemacht worden seien. Wenn sie im Zeitpunkt der Verwirklichung des nunmehr vorgeworfenen Sachverhaltes keine Kenntnis von ihren Verpflichtungen gehabt haben, könne in keiner Weise von einem vorsätzlichen Verhalten ausgegangen werden.

Weiters führen sie aus, sie hätten auf Grund der erteilten Vollmacht davon ausgehen können, dass der Steuerberater seinen Verpflichtungen entsprechen werde und der gesetzlich geforderten Offenlegung nachkommen werde. Entgegen den Ausführungen im angefochtenen Bescheid sei sohin ein Irrtum über Tatumstände, sohin über das Entsprechen der Offenlegungspflicht durch den Steuerberater, gegeben. Dieser sei für das Vorliegen eines Strafausschließungsgrundes bedeutsam. Schließlich meinen die Beschwerdeführerinnen, selbst bei Verwirklichung des angesprochenen Straftatbestandes hätte die Behörde eine geringere Strafe verhängen müssen, weil die Tat unter Umständen begangen worden sei, die einem Schuldausschließungs- bzw. Rechtfertigungsgrund nahe kommen.

Die Beschwerde ist nicht begründet.

Nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG macht sich einer Finanzordnungswidrigkeit schuldig, wer Abgaben, die selbst zu berechnen sind, Vorauszahlungen an Umsatzsteuer oder Vorauszahlungen an Abgabe von alkoholischen Getränken nicht spätestens am 5. Tag nach Fälligkeit entrichtet oder abführt, es sei denn, dass der zuständigen Abgabenbehörde bis zu diesem Zeitpunkt die Höhe des geschuldeten Betrages bekannt gegeben wird. Die Finanzordnungswidrigkeit wird nach § 49 Abs. 2 leg. cit. mit einer Geldstrafe geahndet, deren Höchstmaß die Hälfte des nicht oder verspätet entrichteten oder abgeführten Abgabenbetrages beträgt.

Der in der Bestimmung des § 49 Abs. 1 FinStrG geforderte Vorsatz muss sich bloß auf die tatbildmäßig relevante Versäumung des Termines für die Entrichtung von Selbstbemessungsabgaben richten. Dass die Höhe der geschuldeten Beträge dem Finanzamt - gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG strafbefreiend - fristgerecht bekannt gegeben worden wäre, wird nicht behauptet. Ob die Beschwerdeführer an dieser Unterlassung ein Verschulden trifft, ist irrelevant, weil sich der geforderte Vorsatz bloß auf die relevante Versäumung des Termines für die Entrichtung von Selbstbemessungsabgaben richten muss (vgl. Fellner, Kommentar zum FinStrG, Anmerkung 23 zu § 49, mit Hinweisen auf die hg. Judikatur). Die Bekanntgabe der Höhe des geschuldeten Betrages stellt einen Strafausschließungsgrund dar. Ein Rechtsirrtum über das Vorliegen eines solchen Strafausschließungsgrundes stellt einen Umstand dar, den der Abgabenpflichtige selbst zu vertreten hat (vgl. auch dazu Fellner, a.a.O., Rz. 6 zu § 49).

Die belangte Behörde ist sohin zu Recht von einer Verwirklichung des Straftatbestandes ausgegangen. Bei Vornahme der Strafbemessung hat sie die in Betracht kommenden Zumessungsgründe festgestellt und richtig gewürdigt. In der Verhängung einer Geldstrafe von rund 19 % der Höchststrafe (das ist die Hälfte der nicht oder verspätet entrichteten Abgaben) ist ein zur Aufhebung des Strafausspruches führender Ermessensfehler nicht zu erblicken.

Die Beschwerde erweist sich daher zur Gänze als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 18. September 2003

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