VwGH 2000/21/0207

VwGH2000/21/020724.2.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde der M in W, vertreten durch Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 3. August 2000, Zl. Fr-99.410, betreffend Versagung eines Lichtbildausweises für Fremde, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §14 Abs5;
FrG 1997 §29 Abs3 idF 2000/I/034;
FrG 1997 §85 Abs1;
FrG 1997 §85 Abs2;
FrG 1997 §85 Abs4;
FrG 1997 §85;
SPG 1991 §64 Abs3;
VwRallg;
FrG 1997 §14 Abs5;
FrG 1997 §29 Abs3 idF 2000/I/034;
FrG 1997 §85 Abs1;
FrG 1997 §85 Abs2;
FrG 1997 §85 Abs4;
FrG 1997 §85;
SPG 1991 §64 Abs3;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 21. März 2000 wurde der Asylantrag der Beschwerdeführerin, nach ihren Angaben eine Staatsangehörige von Angola, gemäß § 7 AsylG abgewiesen. Gleichzeitig wurde mit diesem Bescheid gemäß § 8 AsylG festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Angola nicht zulässig sei, und der Beschwerdeführerin gemäß § 15 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 20. März 2001 erteilt. Die Abweisung des Asylantrages begründete der unabhängige Bundesasylsenat unter anderem damit, dass die Identität der Beschwerdeführerin nicht festgestellt werden könne. Die Beschwerdeführerin habe nämlich im Asylverfahren eine Identitätskarte der Volksrepublik Angola vorgelegt, die, wie sich aus einem kriminaltechnischen Gutachten ergebe, deutliche - im Asylbescheid wiedergegebene - Anhaltspunkte für eine Fälschung aufweise.

Unter Bezugaufnahme auf die befristete Aufenthaltsberechtigung beantragte die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 3. Mai 2000 die Ausstellung eines Lichtbildausweises für Fremde.

Mit Schreiben vom 30. Mai 2000 teilte die belangte Behörde der rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführerin mit, sie beabsichtige im Hinblick auf das Nichtfeststehen der Identität der Beschwerdeführerin die Abweisung des genannten Antrages. Zugleich wurde der Beschwerdeführerin eine Frist zur Beibringung von Unterlagen, aus denen sich die in § 85 Abs. 2 FrG genannten persönlichen Daten entnehmen ließen, eingeräumt.

In ihrem Schriftsatz vom 24. Juli 2000 gab die Beschwerdeführerin bekannt, es sei ihr nicht möglich, der Behörde weitere Nachweise für ihre Identität vorzulegen und verwies darauf, dass der Beschwerdeführerin unter ihrem im Asylverfahren bekannt gegebenen Namen Refoulementschutz gewährt worden sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 3. August 2000 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin gemäß § 85 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ab. Sie ging in ihrer Begründung davon aus, dass die Beschwerdeführerin befristet zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sei. Der Lichtbildausweis für Fremde diene jedoch nicht nur der Bescheinigung der Aufenthaltsberechtigung, sondern "in erster Linie der Legitimation und somit zum Nachweis der Identität des Inhabers". Die Beschwerdeführerin, die im Verfahren vor der belangten Behörde an ihrer Identitätsfeststellung nicht mitgewirkt habe, habe ihre "wahre Identität in keiner Weise offen gelegt bzw. nachgewiesen", sondern (im Asylverfahren) eine gefälschte Identitätskarte ihres angeblichen Heimatlandes vorgelegt und damit ihre "wahre Identität zu verschleiern" versucht.

Gegen diesen Bescheid, gegen den eine Berufung nicht zulässig ist (§ 94 Abs. 5 FrG), richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage des Verwaltungsaktes durch die belangte Behörde und Erstattung einer Gegenschrift erwogen hat:

Die Beschwerdeführerin bestreitet in ihrer Beschwerde einerseits, dass die Ausstellung eines Lichtbildausweises für Fremde über das Bestehen einer Aufenthaltsberechtigung hinaus auch das Feststehen der Identität des Fremden erforderte. Andererseits meint sie, die von ihr im Asylverfahren vorgelegte Identitätskarte sei nicht gefälscht und rügt in diesem Zusammenhang das Unterlassen weiterer Ermittlungen durch die belangte Behörde. Dem letztgenannten Vorbringen ist freilich zu entgegnen, dass die Beschwerdeführerin weder Argumente gegen die Schlüssigkeit des erwähnten kriminaltechnischen Gutachtens vorgebracht noch - trotz behördlicher Aufforderung - Bescheinigungsmittel darüber vorgelegt hat, die die von ihr angegebene Identität glaubhaft machen. Vor diesem Hintergrund begegnet die Ansicht der belangten Behörde, die Beschwerdeführerin habe ihre wahre Identität verschleiert - was im gegenständlichen Fall nur bedeuten kann, sie habe einen falschen Namen angegeben -, beim Verwaltungsgerichtshof keinen Bedenken.

§ 85 FrG lautet:

"Lichtbildausweis für Fremde

§ 85. (1) Fremden, die zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sind, ist auf Antrag ein Lichtbildausweis für Fremde auszustellen. Der Ausweis dient der Legitimation und der Bescheinigung der Aufenthaltsberechtigung des Fremden. Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können die Ausstellung selbst beantragen.

(2) Die nähere Gestaltung des Lichtbildausweises für Fremde hat der Bundesminister für Inneres durch Verordnung zu regeln. Der Ausweis hat jedenfalls zu enthalten: Die Bezeichnungen „Republik Österreich'' und "Lichtbildausweis für Fremde", Namen, Geschlecht, Geburtsdatum, Geburtsort, Staatsangehörigkeit, Dauer der Aufenthaltsberechtigung, Lichtbild und Unterschrift des Fremden sowie Bezeichnung der Behörde, Datum der Ausstellung und Unterschrift des Genehmigenden.

(3) Die Gültigkeitsdauer des Ausweises richtet sich nach der Befristung der darin eingetragenen Aufenthaltsberechtigung.

(4) Die amtswegige Ausstellung eines Lichtbildausweises für Fremde (§ 14 Abs. 5) hat zu unterbleiben, wenn der Fremde unentschuldigt einer Ladung zur erkennungsdienstlichen Behandlung, in der diese Folge angekündigt ist, nicht Folge leistet oder an der erkennungsdienstlichen Behandlung nicht mitwirkt.

(5) Eine Änderung der die Person des Inhabers betreffenden Eintragungen im Ausweis ist unzulässig.

(6) Der Ausweis ist zu entziehen, wenn

  1. 1. die Aufenthaltsberechtigung vorzeitig erlischt;
  2. 2. das Lichtbild fehlt oder die Identität des Inhabers nicht mehr zweifelsfrei erkennen lässt;
  3. 3. eine Eintragung der Behörde unkenntlich geworden ist;
  4. 4. er nicht mehr vollständig oder aus sonstigen Gründen unbrauchbar geworden ist."

    Gemäß § 85 Abs. 1 erster Satz FrG ist für die Ausstellung eines Lichtbildausweises das - im gegenständlichen Fall unstrittige - Bestehen einer Aufenthaltsberechtigung des Fremden Voraussetzung (vgl. dazu auch das zur inhaltsgleichen Bestimmung des § 64 Abs. 1 Fremdengesetz 1992 ergangene hg. Erkenntnis vom 8. November 2000, Zl. 97/21/0462). Der Beschwerdeführerin ist nun zuzugestehen, dass § 85 Abs. 1 FrG in seinem zweiten Satz, der den Zweck des Lichtbildausweises beschreibt, nicht von der "Identität" sondern - insofern mehrdeutig - von der "Legitimation" des Fremden spricht.

    Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 21. Dezember 2001, Zl. 2001/19/0070, auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, mit der Frage befasst, ob das Nichtfeststehen der Identität der Erteilung eines Aufenthaltstitels in Bescheidform nach § 14 Abs. 5 FrG entgegensteht, und diese Frage, abgesehen vom Fall der Verschleierung der Identität, verneint. Die Frage, ob die ungeklärte Identität des Fremden im Zusammenhang mit der (auf die Erteilung eines Aufenthaltstitels in Bescheidform gemäß § 14 Abs. 5 FrG folgenden) amtswegigen Ausstellung eines Lichtbildausweises für Fremde eine Rolle spielt, hat der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis offen gelassen.

    Was die amtswegige Ausstellung eines Lichtbildausweises für Fremde anbelangt, so hat diese gemäß § 85 Abs. 4 FrG zu unterbleiben, wenn der Fremde unentschuldigt einer Ladung zur erkennungsdienstlichen Behandlung, in der diese Folge angekündigt ist, nicht Folge leistet oder an der erkennungsdienstlichen Behandlung nicht mitwirkt. Unter erkennungsdienstlicher Behandlung ist das Ermitteln personenbezogener Daten durch erkennungsdienstliche Maßnahmen zu verstehen (§ 64 Abs. 3 SPG). Aus dem Zusammenhalt der beiden letztgenannten Bestimmungen ist abzuleiten, dass der Klärung der Identität des Fremden vor der Ausstellung eines Lichtbildausweises von Amts wegen maßgebliche Bedeutung zukommt. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes kann aber hinsichtlich der Bedeutung der geklärten Identität des Fremden für die Ausstellung eines (bloß) auf Antrag zu erteilenden Lichtbildausweises nichts anderes gelten. Der Lichtbildausweis nach § 85 FrG dient nämlich, egal ob er von Amts wegen (vgl. dazu neben § 14 Abs. 5 FrG auch § 29 Abs. 3 FrG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 34/2000) oder über Antrag auszustellen ist, stets dem gleichen, in § 85 Abs. 1 zweiter Satz FrG festgelegten Zweck und soll, ohne dass nach der Art der Aufenthaltsberechtigung zu differenzieren ist, dem Fremden auch die Erfüllung seiner Ausweispflicht ermöglichen (vgl. dazu Muzak/Taucher/Pinter/Lobner, Fremden- und Asylrecht, Anm. 1 zu § 85 FrG).

    Vor diesem Hintergrund vermag es der Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Fall nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde angesichts der falschen Angaben der Beschwerdeführerin zu ihrer Identität die Ausstellung des Lichtbildausweises versagt hat.

    Da dem angefochtenen Bescheid nach dem Gesagten die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

    Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.

    Wien, am 24. Februar 2003

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