VwGH 2000/21/0099

VwGH2000/21/009930.1.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des B, geboren 1962, vertreten durch Dr. Wolfgang Vacarescu, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Jakominiplatz 16/II, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 11. April 2000, Zl. FR 1146/1997, betreffend Feststellung gemäß § 75 des Fremdengesetzes 1997, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §46;
FrG 1997 §57 Abs1;
FrG 1997 §57 Abs2;
FrG 1997 §75 Abs1;
AVG §46;
FrG 1997 §57 Abs1;
FrG 1997 §57 Abs2;
FrG 1997 §75 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, nach seinen Angaben ein Staatsangehöriger von Nigeria, gab als Fluchtgrund vor dem Bundesasylamt an, er sei Vizepräsident der "Catholik Boy's Organisation". In seiner Heimatstadt hätten ihn "Heiden" zwingen wollen, ihr nächster Priester zu werden, nachdem der Beschwerdeführer von einem Voodoo-Meister dafür auserwählt worden sei. Der Beschwerdeführer sei für den Fall seiner Weigerung mit dem Tod und mit dem Verlust seines gesamten Vermögens bedroht worden. Als die Heiden im Jahr 1996 zu ihm gekommen seien und ihn zum Götzenbild hätten bringen wollen, sei er aus dem Fenster gesprungen und in eine Kirche geflüchtet. Da die Kirche von den Heiden in Brand gesteckt worden sei, hätte die Polizei "mehr als 200 bis 300 Leute" und schließlich auch den Beschwerdeführer verhaftet. "Der Richter und die Catholik Boy's Organisation", so die weiteren niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor der Asylbehörde, hätten den Beschwerdeführer aber freigelassen und der Richter hätte gesagt, der Beschwerdeführer solle flüchten "und er arrangierte meine Flucht". Zu näheren Fragen über seine Verfolger, insbesondere zu welchem Volk oder zu welchem Stamm diese gehörten, gab der Beschwerdeführer bloß an, er könne keine näheren Angaben machen und wisse nur, dass sie dem Götzen "Oguwu" dienten. Die Gruppe umfasse etwa 15.000 Personen in ganz Nigeria.

Danach brachte der Beschwerdeführer vor, auch von Seiten der Regierung Nigerias verfolgt zu werden, weil die Kirche niedergebrannt worden sei, wofür "die traditionellen Herrscher" den Beschwerdeführer beschuldigten. Auf Vorhalt, dass der Beschwerdeführer angegeben habe, von einem Richter freigelassen worden zu sein und gegen ihn daher von staatlicher Seite nichts vorliegen könne, führte der Beschwerdeführer nunmehr aus, "nicht von einem Richter, sondern von der Kirchenorganisation freigelassen" worden zu sein. Als er in Haft gewesen sei, seien "sie" eines Abends zu ihm gekommen und hätten ihn aufgefordert mitzukommen, "und ich folgte ihnen. Sie haben die Zuständigen bestochen."

Am 2. Mai 1997 gab der Beschwerdeführer, von der Bundespolizeidirektion Graz über die Möglichkeit einer Antragstellung gemäß § 54 des Fremdengesetzes 1992 belehrt, an, einen solchen Antrag eventuell zu einem späteren Zeitpunkt nach Rücksprache mit seinem Rechtsvertreter stellen zu wollen. Mit Schriftsatz seines Rechtsvertreters vom 26. Mai 1997 brachte der Beschwerdeführer einen solchen Antrag ein und führte dazu aus, er werde die Begründung in einer persönlichen Vernehmung erläutern. Dazu am 6. August 1997 vor der Bundespolizeidirektion Graz befragt, nannte der Beschwerdeführer die "Pagan" als jene Glaubensgemeinschaft, die ihn habe zwingen wollen, ihrem Glauben beizutreten. Man habe den Beschwerdeführer wegen der Weigerung, "Voodoo-Priester" zu werden, mit Hilfe von "Voodoo-Zauber" töten wollen. Dies erfolge durch schwarze Magie, konkret durch Auslegen von magischen Zauberwurzeln oder anderen Gegenständen, die vor die Haustür gelegt würden. Sobald man darüber steige, werde man schwer krank und sterbe qualvoll.

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid stellte die belangte Behörde gemäß § 75 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, fest, es bestünden keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass der Beschwerdeführer in Nigeria gemäß § 57 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht sei. Begründend wertete die belangte Behörde die gesamten Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen als unglaubwürdig und verwies in ihrer Beweiswürdigung darauf, dass der Beschwerdeführer im Asylverfahren weder konkrete Angaben zu den Zielen oder zur Organisation oder ethnischen Zuordnung seiner angeblichen Verfolger habe machen können. Abgesehen von den "eigenartig anmutenden Umständen" seiner angeblichen Flucht habe sich der Beschwerdeführer auch insofern widersprochen, als er nach seinen ersten Angaben von einem Richter und nach seinem späteren Vorbringen mit Hilfe einer Kirchenorganisation freigelassen worden sei. Zur Behauptung in der Berufung, er werde in Nigeria bereits auf Grund seiner Zugehörigkeit zum Christentum verfolgt, verwies die belangte Behörde in einer Länderdarstellung auf die in der Verfassung Nigerias garantierte Religionsfreiheit und darauf, dass die nigerianische Regierung massiv versuche, das Sektenunwesen zu bekämpfen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Entgegen der Beschwerdemeinung vermag der Verwaltungsgerichtshof im angefochtenen Bescheid weder das Fehlen von Sachverhaltsfeststellungen noch im Rahmen der ihm zukommenden Überprüfungsbefugnis (vgl. insbesondere das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) die Unschlüssigkeit der dargestellten Beweiswürdigung zu erkennen.

Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang rügt, die belangte Behörde habe es entgegen seinem Antrag in der Berufung unterlassen, bei der österreichischen Vertretungsbehörde in Nigeria Auskunft darüber einzuholen, "ob" gegen ihn ein Haftbefehl bestehe, ist dem entgegenzuhalten, dass es sich dabei um einen unzulässigen Erkundungsbeweis handelt (vgl. etwa die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, unter E 100 f zu § 39 AVG referierte hg. Judikatur).

Weiters meint der Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf sein Vorbringen über eine Verfolgungsgefahr wegen seiner Zugehörigkeit zum Christentum und in Ansehung eines diesbezüglichen Antrages in der Berufung, die belangte Behörde hätte zu diesem Thema ein Gutachten einholen müssen. Abgesehen davon, dass sich bereits aus der dargestellten Bescheidbegründung ergibt, dass die belangte Behörde das gesamte Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen, und damit erkennbar auch jenes über die behauptete Verfolgung wegen der Religionszugehörigkeit, als unglaubwürdig qualifiziert hat, enthält der angefochtene Bescheid auch Feststellungen über die in Nigeria verfassungsmäßig garantierte Religionsfreiheit. Diesen Feststellungen tritt die Beschwerde nicht entgegen und zeigt damit in Bezug auf den von ihr behaupteten Verfahrensmangel die Relevanz nicht auf.

Da dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.

Wien, am 30. Jänner 2003

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