Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird in seinem zweiten, die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Sierra Leone feststellenden Spruchteil wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Sierra Leone, reiste am 14. April 1999 in das Bundesgebiet ein und ersuchte um die Gewährung von Asyl. Begründend führte er vor dem Bundesasylamt aus, er habe sein Heimatland auf Grund des dort herrschenden Bürgerkrieges und aus Angst, von den Rebellen getötet zu werden, verlassen. Diese hätten seine Eltern, als der Beschwerdeführer zu Hause gewesen sei, bei einem Überfall getötet und ihn geschlagen und getreten. Weil er den Rebellen zugesagt habe, sich ihnen anzuschließen, seien er und seine Schwester nicht ermordet worden. Mit seiner Schwester und dem versteckten Geld seines ermordeten Vaters habe er daraufhin flüchten können. Im Falle seiner Rückkehr nach Sierra Leone würde er von den Rebellen getötet werden, weil er sich diesen nicht angeschlossen habe.
Mit Bescheid vom 5. Oktober 1999 wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG ab und erklärte seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Sierra Leone gemäß § 8 AsylG für zulässig. Gegen die Feststellung der Erstbehörde, in Sierra Leone herrsche nunmehr Frieden, brachte der Beschwerdeführer in seiner Berufung vor, es müsse erst eine gewisse Zeit vergehen, um erkennen zu können, ob das zwischen der Regierung von Sierra Leone und den Rebellen unterzeichnete Friedensabkommen ernst gemeint sei. Ein solches Friedensabkommen habe in Afrika nirgendwo mit Erfolg geendet.
In der Berufungsverhandlung vom 18. Mai 2000 schilderte der Beschwerdeführer, dass dem genannten Überfall durch Rebellen Probleme mit dem Vorsitzenden seines Dorfes vorangegangen seien. Der Beschwerdeführer habe versehentlich den Sohn des Dorfvorsitzenden erschossen und sei deshalb vom Letztgenannten gegenüber den Anhängern der Regierung beschuldigt worden, ein Rebell zu sein. Der Beschwerdeführer habe daher Angst gehabt, von Regierungstreuen getötet zu werden. Auch seien die Leute im Dorf davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer als Rebell die anderen Rebellen zum genannten Überfall auf das Dorf animiert habe. Diesem Vorbringen hielt die belangte Behörde in der Verhandlung entgegen, die Dorfbewohner hätten angesichts dessen, dass auch die Familie des Beschwerdeführers von Rebellen getötet und er selbst geschlagen worden sei, erkennen müssen, dass der Beschwerdeführer kein Rebell sei. Dem erwiderte der Beschwerdeführer, er sei nicht zu Hause sondern im Dorf gewesen, als die Rebellen gekommen seien.
Mit dem angefochtenen Bescheid versagte die belangte Behörde dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen die Glaubwürdigkeit und wies im ersten Spruchteil die Berufung gemäß § 7 AsylG ab. Gleichzeitig stellte sie im zweiten Spruchteil erneut fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Sierra Leone gemäß § 8 AsylG zulässig sei. In ihrer Beweiswürdigung verwies die belangte Behörde einerseits auf die Steigerung im Vorbringen des Beschwerdeführers in der Berufungsverhandlung. Wenn der Beschwerdeführer angegeben habe, er habe vor dem Bundesasylamt Angst gehabt, seine vollständige Fluchtgeschichte zu erzählen, so wäre jedenfalls zu erwarten gewesen, dass er diese spätestens in der Berufung ergänze. Andererseits habe sich der Beschwerdeführer in seinen Angaben in Widersprüche verwickelt. So habe er etwa vor dem Bundesasylamt ausgesagt, er sei beim Überfall der Rebellen zu Hause gewesen, was er in der Berufungsverhandlung verneint habe.
Zu § 8 AsylG verwies die belangte Behörde auf die in Sierra Leone seit Ende April 2000 wiederaufgeflammten Bürgerkriegsgeschehnisse, denen aber aus im angefochtenen Bescheid näher genannten Überlegungen im Beschwerdefall keine Bedeutung zukomme.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Soweit der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde den Ausführungen der belangten Behörde zur Beweiswürdigung entgegentritt, vermag der Verwaltungsgerichtshof vor dem Hintergrund der ihm zukommenden Überprüfungsbefugnis (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) in den angeführten Argumenten gegen die Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers eine Unschlüssigkeit nicht zu erkennen. Die Beschwerde war daher in Bezug auf die Asylentscheidung als unbegründet abzuweisen.
Zu § 8 AsylG hat der Beschwerdeführer bereits in seiner Berufung auf die Brüchigkeit des (im Anschluss an das Abkommen von Lome im Juli 1999 geschlossenen) Friedensprozesses hingewiesen. Dies steht mit den Feststellungen im angefochtenen Bescheid insoweit in Übereinstimmung, als die belangte Behörde in ihrer Entscheidung auf die wiederaufflammenden Bürgerkriegsgeschehnisse und Übergriffe von Rebellenverbänden seit Ende April 2000 verwies. Aus rechtlichen Überlegungen, die im Wesentlichen wörtlich den im hg. Erkenntnis vom 21. November 2002, Zl. 2000/20/0313, wiedergegebenen Argumenten der belangten Behörde entsprechen, erachtete die belangte Behörde die neuerlichen Bürgerkriegsgeschehnisse in Sierra Leone im vorliegenden Beschwerdefall für nicht maßgeblich. Da die belangte Behörde damit aus den im zitierten Erkenntnis, Zl. 2000/20/0313, genannten Gründen, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, in Bezug auf die Refoulemententscheidung die Rechtslage verkannt hat, war der zweite Spruchteil des angefochtenen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG und der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001. Das Mehrbegehren findet in diesen Vorschriften keine Deckung.
Wien, am 24. April 2003
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