VwGH 99/14/0290

VwGH99/14/029018.11.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des Paul W in I, vertreten durch Dr. Georg Gschnitzer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Andreas-Hofer-Straße 1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat I) vom 16. September 1999, Zl RV 230/1- T7/99 , betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 1985 sowie Einkommensteuer 1985, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §162 Abs2;
BAO §295 Abs1;
BAO §303 Abs4;
KStG 1966 §8 Abs1;
BAO §162 Abs2;
BAO §295 Abs1;
BAO §303 Abs4;
KStG 1966 §8 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde im Instanzenzug über eine Berufung des Beschwerdeführers hinsichtlich Einkommensteuer 1985 (Wiederaufnahme- und neuer Sachbescheid) entschieden.

Begründend führte die belangte Behörde aus, anlässlich einer abgabenbehördlichen Prüfung bei der T GmbH sei festgestellt worden, dass die den Leistungsabrechnungen des Werner St. zugrunde gelegten Tätigkeiten aus dort näher dargestellten Gründen nicht erwiesen seien. Die von der T GmbH in den Jahren 1982 und 1983 in Abzug gebrachten Provisionen an Werner St. seien daher "nicht als Betriebsausgaben anerkannt und als verdeckte Gewinnausschüttung" dem Alleingesellschafter und Geschäftsführer der GmbH - dem Beschwerdeführer im nunmehrigen Verfahren - zugerechnet worden. In dem am 30. November 1993 ausgefertigten Körperschaftsteuerbescheid für 1985 der T GmbH sei der für dieses Jahr geltend gemachte Provisionsaufwand von S 970.580,-- gleichfalls nicht anerkannt" und die Gesellschaft mit Haftungs- und Zahlungsbescheid vom 25. November 1993 für Kapitalertragsteuer im Betrag von S 194.116,-

- in Anspruch genommen worden.

In einem am 27. Dezember 1993 gegenüber dem Beschwerdeführer ausgefertigten Einkommensteuerbescheid für 1985 seien unter anderem Einkünfte aus Kapitalvermögen von S 970.580,-- angesetzt worden. Der Bescheid sei in Abänderung eines früheren Einkommensteuerbescheides gemäß § 295 Abs. 1 BAO nach Einlangen einer Kontrollmitteilung über eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von S 970.580,-- netto ergangen. Der Beschwerdeführer habe gegen diesen Bescheid Berufung erhoben und sich im Zusammenhang mit dem beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Verfahren (93/14/0073) der T GmbH mit einer Aussetzung gemäß § 281 BAO einverstanden erklärt.

Nach Beendigung des oben angeführten Beschwerdeverfahrens mit Erkenntnis vom 28. Oktober 1997, 93/14/0073, sei vom Finanzamt hinsichtlich des anhängigen Berufungsverfahrens gegen den gemäß § 295 Abs. 1 BAO erlassenen Einkommensteuerbescheid 1985 eine mit 13. Jänner 1999 datierte Berufungsvorentscheidung erlassen worden, in welcher der Berufung mangels einer verfahrensrechtlichen Grundlage für die Erlassung eines Bescheides gemäß § 295 BAO Folge gegeben worden sei. Mit Bescheid vom 20. Jänner 1999 sei das Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer 1985 gemäß § 303 Abs. 4 BAO wieder aufgenommen und Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von S 710.482,-- angesetzt worden. Begründend sei unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Oktober 1997, 93/14/0073, darauf hingewiesen worden, dass Leistungen des Werner St. nicht als erwiesen angenommen werden könnten. Über die Mittel der T GmbH sei der Beschwerdeführer verfügungsberechtigt gewesen. Es sei aber unglaubwürdig, dass ein Kaufmann - unter den hier vorliegenden Umständen - an eine im Ausland lebende Person Zahlungen in der vorliegenden Größenordnung leiste, obwohl eine Gegenleistung dieser Person nicht nachgewiesen werden könne, es sei denn, die geleisteten Beträge wären in Wahrheit vom Kontoinhaber (auf Grund vorangegangener Vereinbarungen) zur Verfügung für jene Person übernommen worden, die auch als Alleingesellschafter und Geschäftsführer der überweisenden Kapitalgesellschaft anzusehen sei. Eine betriebliche Veranlassung der GmbH zur Leistung der strittigen Zahlungen (von 81.041,80 DM sowie 57.345,65 DM) scheide daher aus; von einer der Gesellschaft fremd gegenüberstehenden Person, die über entsprechende Mittel verfügt hätte, wären solche Zahlungen im Interesse der Gesellschaft nicht geleistet worden. Da auch keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass die überwiesenen Beträge einer anderen Person zugute gekommen seien, sei in freier Beweiswürdigung davon auszugehen, dass der Vermögensvorteil von 568.386,-- S (81.041,80 DM) zuzüglich Kapitalertragsteuer dem die Gesellschaft beherrschenden Gesellschafter (dem nunmehrigen Beschwerdeführer) im Jahr 1985 zugeflossen sei. Der eben dargestellte Sachverhalt sei dem Finanzamt zur Steuernummer des Beschwerdeführers erstmals aus der jenem übermittelten Berufungsentscheidung betreffend Körperschaft- und Gewerbesteuer 1985 der T GmbH bekannt geworden.

In der gegen diese Bescheide erhobenen Berufung sei im Wesentlichen eingewandt worden, dass der Sachverhalt im Berufungsverfahren gegen den Einkommensteuerbescheid 1985 vom 27. Dezember 1993 "genauestens erörtert, vorgehalten und widersprochen" worden sei. Es seien keine Provisionsbeträge zurückgeflossen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung - soweit im verwaltungsgerichtlichen Verfahren strittig - abgewiesen.

Zur Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens 1985 wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Einkommensteuerbescheid 1985 mit dem Ausfertigungsdatum vom 27. Dezember 1993 nicht gemäß § 303 Abs. 4 BAO, sondern in Anwendung der Bestimmungen des § 295 Abs. 1 BAO ergangen sei, wiewohl die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen hiefür nicht vorgelegen seien. Der Bescheid vom 27. Dezember 1993 sei daher mit Berufungsvorentscheidung vom 13. Jänner 1999 "aufgehoben, dh aus dem Rechtsbestand ausgeschieden" worden. Die Abgabenbehörde sei daher nicht gehindert gewesen, das mit Bescheid vom 5. April 1990 abgeschlossene Einkommensteuerverfahren 1985 mit dem nunmehr bekämpften Verfahrensbescheid aus dem Grunde des Neuhervorkommens von Tatsachen gemäß § 303 Abs. 4 BAO wieder aufzunehmen.

Hinsichtlich des neuen Sachbescheides stützte sich die belangte Behörde zur Frage der Erbringung einer Leistung durch Werner St. auf die Begründung der die Berufung der T GmbH hinsichtlich Körperschaft- und Gewerbesteuer 1982 und 1983 abweisenden Berufungsentscheidung, darüber hinaus ging die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid - anders als in der Berufungsentscheidung betreffend Körperschaft- und Gewerbesteuer 1982 und 1983 der T GmbH - von einer verdeckten Ausschüttung der Gesellschaft an den Beschwerdeführer aus.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Hinsichtlich der im angefochtenen Bescheid bestätigten Wiederaufnahme des Verfahrens rügt der Beschwerdeführer, der entscheidungswesentliche Sachverhalt sei der Behörde spätestens im Zeitpunkt der Erhebung der Berufung gegen den Bescheid vom 27. Dezember 1993 aus dieser bekannt gewesen, weshalb "keine Berechtigung bestanden habe, den Wiederaufnahmebescheid" (vom 20. Jänner 1999) zu erlassen. Die Behörde habe vom relevanten Sachverhalt "bereits Jahre vor der Wiederaufnahme" Kenntnis gehabt.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf: Die belangte Behörde weist im angefochtenen Bescheid darauf hin, dass die Abgabenbehörde aus näher angeführten Gründen nicht gehindert gewesen sei, das mit Bescheid vom 5. April 1990 abgeschlossene Einkommensteuerverfahren 1985 mit dem bekämpften Verfahrensbescheid wieder aufzunehmen. Der Beschwerdeführer stellt nicht in Abrede, dass gegenüber dem Kenntnisstand bei Erlassung dieses Bescheides Tatsachen oder Beweismittel neu hervorgekommen sind. Soweit der Beschwerdeführer insbesondere in seiner im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erstatteten Äußerung vom 6. Juni 2001 ergänzend ausführt, es sei nicht einzusehen, dass für die "Wiederaufnahme 1999 der Vergleich zu den Kenntnissen 1990 ausschlaggebend" sein solle, weil der richtige Vergleich zur "Wiederaufnahme 1999 einzig und allein der Vergleich mit dem Bescheid vom 27. Dezember 1993" sei, ist Folgendes zu sagen: Am 27. Dezember 1993 hat das Finanzamt einen gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderten Bescheid hinsichtlich Einkommensteuer 1985 erlassen. Dieser Bescheid wurde über Berufung des Beschwerdeführers in der Folge - weil die Voraussetzungen für die Erlassung eines solchen geänderten Bescheides, nämlich das Ergehen eines Grundlagenbescheides, nicht gegeben waren - mit Berufungsvorentscheidung vom 13. Jänner 1999 aufgehoben. Durch die Aufhebung des Einkommensteuerbescheides vom 27. Dezember 1993 trat wieder der Einkommensteuerbescheid vom 5. April 1990 in den Rechtsbestand. Mit dem strittigen Wiederaufnahmebescheid wurde dementsprechend nicht das mit Berufungsvorentscheidung vom 13. Jänner 1999 abgeschlossene Einkommensteuerverfahren, sondern das mit Bescheid vom 5. April 1990 abgeschlossene Einkommensteuerverfahren wiederaufgenommen. Für die Zulässigkeit dieser Wiederaufnahme war dementsprechend aber entscheidend, ob gegenüber dem Zeitpunkt des Abschlusses dieses Verfahrens Tatsachen oder Beweismittel neu hervorgekommen waren. Dass dies der Fall war, wird vom Beschwerdeführer nicht in Abrede gestellt.

Hinsichtlich des neuen Sachbescheides rügt der Beschwerdeführer, der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Kapitalertragsteuer (der Jahre 1982 und 1983) der T GmbH betreffenden Erkenntnis vom 28. Oktober 1997, 93/14/0099, ausgeführt, für die Beurteilung eines Sachverhaltes als verdeckte Gewinnausschüttung sei unter anderem Voraussetzung, dass einem Anteilsinhaber ein Vermögensvorteil aus gesellschaftsrechtlicher Veranlassung zugewendet werde. Ein Beweisergebnis des Inhaltes, dass dem Gesellschaftergeschäftsführer, also dem nunmehrigen Beschwerdeführer, derartige Vermögensvorteile zugewendet worden seien, habe die belangte Behörde aber weder im erstangefochtenen noch im zweitangefochtenen Bescheid aufgezeigt. Der Bescheid sei daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufgehoben worden.

Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wird auch mit diesem Beschwerdevorbringen nicht aufgezeigt, weil die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid des nunmehrigen Beschwerdeverfahrens einen entsprechenden Vermögensvorteil eines Anteilsbesitzers (des Beschwerdeführers) als erwiesen angenommen hat. Im angefochtenen Bescheid des Verfahrens 93/14/0099 war demgegenüber ein solches Beweisergebnis vor dem Hintergrund, dass die entsprechenden Provisionsaufwendungen an Werner St. als Rechtsfolge einer nicht erfüllten Empfängerbenennung im Sinne des § 162 Abs. 2 BAO nicht anerkannt worden waren, nicht als erwiesen angenommen worden.

Aber auch die Beschwerdeausführungen zur Beweiswürdigung der belangten Behörde, wonach Werner St. gegenüber der T GmbH keine Leistung erbracht habe, zeigen eine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende Rechtswidrigkeit nicht auf. In diesem Zusammenhang wird auf das hg Erkenntnis vom 28. Oktober 1997, 93/14/0073, verwiesen, in welchem die gleiche Frage als Anlass der Beschwerde der T GmbH im Zusammenhang mit Körperschaft- und Gewerbesteuer 1982 und 1983 behandelt wurde.

Vor diesem Hintergrund bietet das Beschwerdevorbringen aber auch keine Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der behördlichen Sachverhaltsannahme eines Geldrückflusses an den Beschwerdeführer.

Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II Nr. 333/2003.

Wien, am 18. November 2003

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