VwGH 99/13/0087

VwGH99/13/008717.12.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Seidl LL.M., über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. Michael Prager, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 15/15, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat I, als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz vom 22. Jänner 1999, Zl. RV 810/2-10/98, betreffend Finanzvergehen der Finanzordnungswidrigkeit, zu Recht erkannt:

Normen

FinStrG §138 Abs2 lita;
FinStrG §138 Abs2 lita;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war alleiniger Geschäftsführer einer seinen Familiennamen tragenden Gesellschaft mbH, über deren Vermögen am 29. November 1995 der Konkurs eröffnet wurde. Nachdem in der von der Masseverwalterin unterzeichneten Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1994 Umsätze der Gesellschaft für dieses Jahr in einer Höhe erklärt worden waren, aus denen sich eine Umsatzsteuerschuld der Gesellschaft für das Jahr 1994 im Ausmaß von S 2,884.643,-- ergab, welcher in diesem Jahr Vorauszahlungen lediglich im Umfang von S 421.594,-- gegenüberstanden, woraus im Umsatzsteuerveranlagungsbescheid für das Jahr 1994 vom 9. April 1996 eine Umsatzsteuernachforderung gegen die Gesellschaft von S 2,463.049,-- resultierte, leitete das Finanzamt am 10. Juli 1997 gegen den Beschwerdeführer das Finanzstrafverfahren mit der Begründung ein, dass der Verdacht bestehe, dass er vorsätzlich "Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für 1994 in Höhe von S 2,463.049,--" nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet und dadurch eine Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen habe.

In einer vor dem Spruchsenat am 26. Jänner 1998 in Abwesenheit des Beschwerdeführers durchgeführten Verhandlung wurde von seinem Verteidiger vorgebracht, dass der Beschwerdeführer der Meinung sei, dass die Umsatzsteuer, solange liquide Mittel vorhanden gewesen seien, bezahlt worden sei, was bis Juli oder August 1995 der Fall gewesen sei. Zum Beweis dafür, dass sich aus den im Jahre 1994 von der Gesellschaft gelegten Rechnungen keine Umsatzsteuerschuld von S 2,463.049,-- ergebe, wurde die "glaublich gesch. Gattin" als Zeugin beantragt, welche in der Gesellschaft mitgearbeitet habe. Nachdem die Amtsbeauftragte darauf verwiesen hatte, dass die einbekannte Zahllast für 1994 von S 422.000,-- im Verhältnis zu 1993 und 1995 auffallend gering sei, was dem Beschwerdeführer hätte auffallen müssen, wurde vom Verteidiger des Weiteren die Vernehmung einer namentlich genannten Mitarbeiterin der die Gesellschaft betreuenden Steuerberatungsgesellschaft zum Beweis dafür beantragt, dass sie Rechnungen, welche mangels Vollständigkeit der erbrachten Leistungen storniert worden seien, in die Jahresumsatzsteuererklärung 1994 aufgenommen habe, welche daher unrichtig sei.

In der nächsten Verhandlung vor dem Spruchsenat am 27. April 1998 bekannte sich der zu dieser Verhandlung erschienene Beschwerdeführer nicht schuldig und gab an, dass die "gegenständliche angeschuldigte Restschuld" sich daraus ergeben habe, dass zwei Rechnungen in der Höhe von S 10,313.377,12 netto von der Steuerberatungsgesellschaft verbucht, aber nicht in die Umsatzsteuervoranmeldung aufgenommen worden seien. Die Ehefrau des Beschwerdeführers solle hiezu den Auftrag erteilt haben, was aber nicht wahr sei. "Einige kleine Differenzen beziehen sich auf andere Monate." Die Mitarbeiterin der Steuerberatungsgesellschaft sagte als Zeugin aus, dass die Unterlagen von der vertretenen Gesellschaft teils per Post, teils von einem Angestellten gekommen seien und dass die Höhe der Zahllast der monatlichen Umsatzsteuervoranmeldung jeweils dem Unternehmen mitgeteilt und die Umsatzsteuervoranmeldung an das Finanzamt durch die Steuerberatungsgesellschaft erfolgt sei. Zwei Rechnungen in der Summe von etwa S 10 Mio seien zwar verbucht, aber nicht in die Umsatzsteuervoranmeldung für den Kalendermonat Juli 1994 aufgenommen worden. Eine andere Sachbearbeiterin der Steuerberatungsgesellschaft habe die daraus resultierende Zahllast der Ehefrau des Beschwerdeführers durchgegeben, woraufhin die Ehefrau angegeben haben solle, dass dies "zu hoch" sei und dass sie sich das anschauen und dann zurückrufen wolle. Inhalt des Rückrufs sei gewesen, dass diese beiden "großen" Rechnungen storniert werden sollten. Es sei dann die Umsatzsteuervoranmeldung um die beiden Beträge vermindert, diese seien in der Buchhaltung aber nicht storniert worden, wobei die reduzierte Umsatzsteuervoranmeldung ans Finanzamt erstattet worden sei. Da in der Folge keine schriftliche Stornierung dieser Rechnungen bei der Steuerberatungsgesellschaft eingelangt sei, habe die Zeugin die steuerliche Nachzahlung in der Jahreserklärung für das Jahr 1994 ausgewiesen und die vom Beschwerdeführer geführte Gesellschaft auch verständigt, dass auf Grund der Jahreserklärung eine Nachzahlung von rund S 2 Mio zu erwarten sei. "Für andere Monate gab es kleinere Differenzen."

Die Ehefrau des Beschwerdeführers gab in ihrer Vernehmung als Zeugin an, im Unternehmen der Gesellschaft Einkäufe gemacht, Rechnungen geschrieben und das Kassabuch geführt zu haben. An die beiden Rechnungen über je etwa S 5 Mio vom Juli 1994 könne sie sich erinnern, diese Rechnungen seien für die Umsatzsteuervoranmeldung an die Steuerberatungskanzlei geschickt worden. Eine Besonderheit habe diesen Rechnungen nicht angehaftet. Vor dem Zehnten eines Monats sei üblicherweise der Zahlschein für die Einzahlung gekommen, was auch für den Monat Juli 1994 der Fall gewesen sei. Sie habe den Zahlschein immer auf die Bank getragen und nehme an, dass auch für diesen Zahlschein genug Geld am Konto gewesen sei. Aufgefallen sei ihr bei diesem Zahlschein nichts, an die Höhe der Zahllast könne sie sich nicht mehr erinnern. Sie habe darüber auch mit ihrem Ehemann, dem Beschwerdeführer, nicht gesprochen. Über eine Stornierung dieser beiden Rechnungen habe sie mit der Zeugin von der Steuerberatungskanzlei ganz sicher nicht telefoniert. Dass auf Grund dieser Rechnungen S 2 Mio Umsatzsteuer zu zahlen sei, habe sie mit dem Beschwerdeführer nicht besprochen. Der Beschwerdeführer habe die Angaben des Technikers für den Inhalt der Rechnung überprüft und dann habe sie die Rechnungen geschrieben. Die wesentlichen Belange der Gesellschaft habe der Beschwerdeführer als Geschäftsführer entschieden. Sie habe keine Entscheidungen für das Unternehmen ohne Wissen des Beschwerdeführers getroffen. Rechnungen dieser Größenordnung seien nichts Außergewöhnliches gewesen. Zu einer Besprechung einer solchen Rechnung mit dem Beschwerdeführer habe kein Anlass bestanden.

Vom Verteidiger wurden Urkunden vorgelegt, unter denen sich zwei Rechnungen der vom Beschwerdeführer geführten Gesellschaft mbH vom 4. Juli 1994 an eine H. Gesellschaft mbH über Nettobeträge von S 5,278.877,24 und S 5,034.499,88 ebenso befanden wie ein Schreiben der vor dem Spruchsenat als Zeugin vernommenen Mitarbeiterin der Steuerberatungsgesellschaft vom 10. Oktober 1997 an den Verteidiger des Beschwerdeführers, in welchem es heißt, dass "die Buchhaltung wegen offener Forderung der Firma M. GmbH erst im September 1994 aufgebucht" worden sei, worüber die Ehefrau des Beschwerdeführers Bescheid gewusst habe. Die Voranmeldungen seien durch Herausrechnen der Umsatz- und Vorsteuer aus den Rechnungen und der Kassa entstanden, wobei die übrigen Belege (Banken) nicht berücksichtigt worden seien. Im Juli habe die Ehefrau des Beschwerdeführers der Steuerberatungskanzlei zwei Schlussrechnungen in der Höhe von S 10,313.377,12 netto übergeben, die von der Steuerberatungskanzlei auch verbucht worden seien. Nachträglich, nämlich nach Buchung, jedoch vor Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung habe die Ehefrau des Beschwerdeführers erklärt, dass diese Rechnungen zu stornieren seien, worauf die Umsatzsteuervoranmeldung für den Kalendermonat Juli 1994 von der Steuerberatungskanzlei berichtigt worden sei, die Rechnungen jedoch noch nicht storniert worden seien. Es habe sich daher eine Differenz von S 2,062.676,30 ergeben, von welcher die Ehefrau des Beschwerdeführers gewusst habe. "Die anderen Differenzen entstanden in den Vormonaten, wo die Buchhaltung noch nicht gebucht war." Im Zuge der Bilanz sei "die Firma" nochmals auf die Umsatzsteuernachzahlung aufmerksam gemacht worden. Der Beschwerdeführer sei zwar Geschäftsführer "der Firma" gewesen, habe sich jedoch nicht um diese gekümmert. Er sei zu diesem Zeitpunkt mehr in Jugoslawien als in Österreich gewesen, was an Hand von Abrechnungen zu dokumentieren sei. Ansprechpartner für alle geschäftlichen Belange sei die Ehefrau des Beschwerdeführers gewesen.

Mit Straferkenntnis vom 27. April 1998 erkannte der Spruchsenat den Beschwerdeführer des Finanzvergehens der Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG schuldig, weil er im Bereich des Finanzamtes für Körperschaften als Geschäftsführer der M. GesmbH in Wien vorsätzlich Abgaben, die selbst zu berechnen sind, nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet oder abgeführt habe, ohne der zuständigen Abgabenbehörde bis zu diesem Zeitpunkt die Höhe des geschuldeten Betrages bekannt zu geben "und zwar: Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für 1994 in Höhe von S 2,463.049,--". Der Beschwerdeführer wurde hiefür nach § 49 Abs. 2 FinStrG mit einer Geldstrafe von S 250.000,--, für den Fall der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe von 50 Tagen bestraft. In der Begründung dieses Bescheides traf der Spruchsenat folgende Sachverhaltsfeststellungen:

Der Beschwerdeführer habe als Geschäftsführer die wesentlichen Belange der Gesellschaft entschieden und auch den Inhalt der Rechnungen überprüft, welche von seiner Ehefrau geschrieben wurden, die auch das Kassabuch geführt habe. Am 4. Juli 1994 seien als Abschluss eines Auftrages von dem vom Beschwerdeführer geführten Unternehmen zwei Teilrechnungen an eine H. GesmbH gelegt worden, und zwar eine Rechnung über S 5,278.877,24, davon 20 % Mehrwertsteuer von S 1,055.775,45, und eine zweite Rechnung über S 5,034.499,88, davon 20 % Mehrwertsteuer von S 1,006.899,98, "sohin insgesamt S 10,313.377,12 bzw. Umsatzsteuer von S 2,062.675,43". Die monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen der M. GesmbH seien von der Steuerberatungskanzlei erstellt und die Zahllast der Gesellschaft bekannt gegeben worden, wobei die Meldung an das Finanzamt direkt durch die Steuerberatungsgesellschaft erfolgt sei. Die beiden genannten Rechnungen seien von der Steuerberatungskanzlei ebenfalls in die Buchhaltung und zunächst auch in den Computerausdruck der Umsatzsteuervoranmeldung aufgenommen worden. Nachdem dann wie üblich die Zahllast der Gesellschaft mitgeteilt worden sei, habe die Ehefrau des Beschwerdeführers gemeint, "es sei zu hoch", sie wolle zurückrufen, wobei der Inhalt des Rückrufs gewesen sei, dass diese beiden "großen" Rechnungen storniert werden sollten, worauf die Steuerberatungskanzlei diese Rechnungen aus der Umsatzsteuervoranmeldung für den Kalendermonat Juli 1994 herausgenommen habe. Der Beschwerdeführer habe bewusst veranlasst, dass die am 15. September 1994 fällige Umsatzsteuer aus den beiden Rechnungen zum Fälligkeitstermin nicht entrichtet werde. Auch in anderen Monaten des Jahres 1994 seien Umsatzsteuerbeträge, allerdings in wesentlich geringerer Höhe, bewusst vom Geschäftsführer nicht am Fälligkeitstag entrichtet worden, sodass sich "insgesamt der strafbestimmende Wertbetrag von S 2,463.049,-- " ergebe. Zahllasten hätten sich in den Monaten Februar, Mai, September und Dezember 1994 ergeben, während in anderen Monaten Gutschriften entstanden seien. Insgesamt habe die M. GesmbH für das Jahr 1994 lediglich rund S 422.000,-- "Umsatzsteuer gemeldet". Die Mitarbeiterin der Steuerberatungskanzlei habe die Umsatzsteuerschuld aus den beiden Rechnungen vom Juli 1994 in die Jahreserklärung 1994 schließlich aufgenommen, den Beschwerdeführer von der Notwendigkeit einer Nachzahlung in Höhe von S 2 Mio verständigt und ihm den Ratschlag einer Selbstanzeige gegeben, worauf er aber nicht reagiert habe, sodass nach der Konkurseröffnung die Jahreserklärung 1994 schließlich von der Masseverwalterin unterschrieben worden sei.

Begründet wurden diese Sachverhaltsfeststellungen im erstinstanzlichen Straferkenntnis mit Überlegungen des Spruchsenates zur Beweiswürdigung des Inhaltes, dass der Verantwortung des Beschwerdeführers, die beiden Rechnungen seien in die Umsatzsteuervoranmeldung für den Kalendermonat Juli 1994 aus einem Verschulden der Steuerberatungskanzlei nicht aufgenommen worden, angesichts der entgegen stehenden Zeugenaussage der Mitarbeiterin der Steuerberatungskanzlei nicht zu glauben sei. Die Zeugin habe widerspruchsfrei ausgesagt und auch auf mehrfache Vorhalte durch den Verteidiger eindeutige und logische Antworten gegeben; es gebe auch keinen vernünftigen Grund dafür, dass die Steuerberatungsgesellschaft ohne Anweisung ihres Mandanten aus eigenem Gutdünken zwei derart hohe Rechnungen, die mehr als die Hälfte des Jahresumsatzes ausmachten, "unter den Tisch fallen" ließe. Ginge man von der von der Ehefrau des Beschwerdeführers angegebenen Version aus, wäre es des Weiteren nicht erklärlich, weshalb diese bei Einlangen der Zahllast für Juli 1994 auf deren geringe Höhe nicht reagiert hätte, weil ihr als Schreiberin der Rechnungen vom Juli 1994 deren Inhalt ja bekannt gewesen sei. Auffallend sei ferner, dass die Umsatzsteuer für das Jahr 1993 etwa S 1,600.000,-- betragen habe, was die für 1994 "einbekannte Zahllast" von rund S 422.000,-- auffallend niedrig habe erscheinen lassen müssen. Diese auffallend niedrige Umsatzsteuer für das ganze Jahr und ganz besonders die Höhe der Umsatzsteuervoranmeldungen für den Kalendermonat Juli 1994 hätten dem Beschwerdeführer, der nach den Angaben seiner Ehefrau die wesentlichen Belange ja entschieden habe, unbedingt auffallen müssen, wenn die Steuerberatungskanzlei fehlerhaft oder unkorrekt gehandelt hätte. Es hege der Spruchsenat den Verdacht, dass im Wissen um eine wirtschaftliche Verschlechterung, die in der Konkurseröffnung am 29. November 1995 ihren Ausdruck gefunden habe, Geld habe zurückgehalten werden oder anderen Verpflichtungen der Vorzug habe gegeben werden sollen. Bei den gegebenen Größenordnungen von rund S 2 Mio für einen Monat und etwa S 420.000,-- "in vier anderen Monaten" des Jahres 1994 sei das Verhalten des Beschwerdeführers "als vorsätzlich zu beurteilen, ganz abgesehen von der konkreten Anweisung an die Steuerberatungskanzlei, welche ja begrifflich nur vorsätzlich als Nichtentrichtung am Fälligkeitstag aufgefasst" werden könne. Rechtlich sei dem Beschwerdeführer damit vorzuwerfen, dass er am Fälligkeitstag 15. September 1994 die Umsatzsteuer "aus den beiden oben wiedergegebenen Rechnungen" und "in weiteren Fällen Umsatzsteuer in kleinerem Umfang bei Fälligkeit im Gesamtumfang von S 2,463.049,-- für das Jahr 1994 nicht entrichtet" habe, womit er als Geschäftsführer und bestimmende Person der Gesellschaft das Tatbild des § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG verwirklicht habe.

In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer geltend, dass die erstinstanzlichen Beweisergebnisse einen ausreichenden Anhaltspunkt für vorsätzliches Handeln durch ihn nicht ergeben hätten. Habe doch die Zeugin aus der Steuerberatungskanzlei in ihrer Vernehmung ausgeführt, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers ihr die Anweisung zur Stornierung der Rechnungen erteilt habe. Des Weiteren habe diese Zeugin auch ausgeführt, dass der Beschwerdeführer sich um die Belange des Rechnungswesens nicht gekümmert habe und dass alle die Finanzgebarung betreffenden Anweisungen der Gesellschaft nur von der Ehefrau des Beschwerdeführers gekommen seien. Es sei daher nicht nachvollziehbar, aus welchen Erwägungen der Spruchsenat zur Annahme vorsätzlichen Handelns des Beschwerdeführers komme.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab. Dass die Zeugin aus der Steuerberatungskanzlei den ihr erteilten Auftrag, die beiden außergewöhnlich hohen Rechnungen aus der Umsatzvoranmeldung für Juli 1994 herauszunehmen, ausdrücklich der Ehefrau des Beschwerdeführers zugeordnet habe, sei kein Umstand, aus dem für den Beschwerdeführer etwas gewonnen werden könne, führte die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides aus. "Von dem sowohl persönlichen als auch geschäftlichen Naheverhältnis" zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Ehefrau falle entscheidend ins Gewicht, dass der Beschwerdeführer als für die jeweilige Auftragsabwicklung verantwortlicher Geschäftsführer zwangsläufig über den jeweiligen Leistungsumfang und auf Grund seiner Fachkenntnis auch über den leistungsbezogenen Rechnungsumfang informiert gewesen sei. Davon ausgehend bleibe aber kein Raum für die in subjektiver Hinsicht "reklamierte Variante, die Unvollständigkeit der - hinsichtlich der Zahllast regelmäßig von ihm inhaltlich determinierten - Umsatzsteuervoranmeldung wäre ihm (wenn auch fahrlässig)" entgangen. Als nahe liegend erweise sich, dass das vom Beschwerdeführer geführte Unternehmen im Tatzeitraum evidenter Insolvenzgefahr ausgesetzt gewesen sei (Konkurseröffnung am 29. November 1995), unter deren Druck sich der Beschwerdeführer "zu dem hier inkriminierten Verhalten" verstanden habe.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Verzicht auf die Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Der Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG macht sich schuldig, wer vorsätzlich Abgaben, die selbst zu berechnen sind, Vorauszahlungen an Umsatzsteuer oder Vorauszahlungen an Abgabe von alkoholischen Getränken nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet oder abführt, es sei denn, dass der zuständigen Abgabenbehörde bis zu diesem Zeitpunkt die Höhe des geschuldeten Betrages bekannt gegeben wird; im Übrigen ist die Versäumung eines Zahlungstermines für sich allein nicht strafbar.

Dass die Obliegenheit, deren vorsätzliche Unterlassung in der genannten Strafbestimmung pönalisiert wird, den Beschwerdeführer traf, steht im Beschwerdefall ebenso wenig in Streit wie der Umstand, dass die Erfüllung dieser Obliegenheit für Umsatzsteuervorauszahlungen, die aus im Jahre 1994 von der vom Beschwerdeführer geführten Gesellschaft getätigten Umsätzen geleistet worden waren, hinsichtlich einzelner Vorauszahlungsperioden dieses Jahres in einem Gesamtbetrag nicht erfüllt worden war, welcher dem aus dem Jahresveranlagungsbescheid der Gesellschaft für das Jahr 1994 resultierenden Nachforderungsbetrag entspricht, der in dem mit dem angefochtenen Bescheid aufrecht erhaltenen erstinstanzlichen Straferkenntnis unter erkennbarer Bezugnahme auf § 49 Abs. 2 FinStrG als "strafbestimmender Wertbetrag" apostrophiert wurde.

Im Streit steht vor dem Verwaltungsgerichtshof wie auch schon im Verwaltungsstrafverfahren vordergründig zunächst die Frage, ob die Ergebnisse des Verwaltungsstrafverfahrens in ihrer vom Gesetz gebotenen Würdigung nach § 98 Abs. 3 FinStrG es rechtfertigten, dem Beschwerdeführer am Unterlassen der termingerechten Entrichtung der tatsächlich nicht entrichteten Umsatzsteuervorauszahlungen vorsätzliches Handeln anzulasten.

Gemäß § 98 Abs. 3 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Verfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache erwiesen ist oder nicht; bleiben Zweifel bestehen, so darf die Tatsache nicht zum Nachteil des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten als erwiesen angenommen werden.

Der Beschwerdeführer rügt, dass es an Verfahrensergebnissen, die es bei ihrer sorgfältigen Berücksichtigung im Sinne des § 98 Abs. 3 FinStrG erlaubt hätten, vorsätzliches Handeln des Beschwerdeführers festzustellen, zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides gefehlt hätte. Im Umfang des dem Beschwerdeführer hinsichtlich der Umsatzsteuervorauszahlung für den Kalendermonat Juli 1994 gemachten Schuldvorwurfs ist diese Rüge nicht begründet. Dass die belangte Behörde die Beweiswürdigung des Spruchsenates als unbedenklich befand, mit welcher dieser der Aussage der Zeugin aus der Steuerberatungskanzlei über die telefonische Anweisung zur Herausnahme der betroffenen Rechnungen aus der Umsatzsteuervoranmeldung entgegen den Bekundungen des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau geglaubt hat, begründet keinen vom Verwaltungsgerichtshof aufgreifbaren Fehler der behördlichen Sachgrundlagenermittlung. Auch die im angefochtenen Bescheid von der belangten Behörde angestellten Überlegungen zur Herstellung eines Einverständnisses der Ehefrau des Beschwerdeführers mit diesem über die einzuschlagende Vorgangsweise sind plausibel; hatte die Ehefrau ausgesagt, keine Entscheidungen für das Unternehmen ohne Wissen des Beschwerdeführers getroffen zu haben, dann durfte angesichts der ungewöhnlichen Höhe der Rechnungen des Monates Juli 1994 und der daraus zu erwartenden Umsatzsteuerzahllast die belangte Behörde ohne Verstoß gegen die allgemeine Lebenserfahrung davon ausgehen, dass der telefonisch durch die Ehefrau des Beschwerdeführers erteilten Anweisung an die Steuerberatungskanzlei Wissen und Zustimmung des Beschwerdeführers zu Grunde lag.

Anderes gilt allerdings für solche Tathandlungen, die nicht im Auftrag an die Steuerberatungskanzlei zur Herausnahme der Julirechnungen bestanden hatten. Um welche Tathandlungen es hier überhaupt gehen soll, aus denen sich vorsätzliches Handeln des Beschwerdeführers ableiten ließe, ist im gesamten finanzstrafbehördlichen Verwaltungsverfahren nicht geklärt worden. Die Wiedergabe der erstinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Bescheid, wonach der Beschwerdeführer "auch hinsichtlich weiterer Monate des Jahres 1994 - dort allerdings in wesentlich geringerem Umfang - für entsprechende Gebarungsaktivitäten Verringerungen der Zahllasten sorgte", ist eine Mutmaßung, der kein Verfahrensergebnis zu Grunde liegt, was seine Ursache darin hat, dass zu einem anderen Thema als dem der Eliminierung der zwei Julirechnungen aus der Umsatzsteuervoranmeldung für den Kalendermonat Juli 1994 ein Verfahren mit Sachverhaltsermittlungen von den Finanzstrafbehörden beider Instanzen gar nicht geführt worden war. Die "außergewöhnliche Signifikanz der Dimension" der für Juli 1994 unberücksichtigt gebliebenen Rechnungen war als Beweiswürdigungsargument für vorsätzliches Handeln des Beschwerdeführers auch bezüglich des Unterlassens einer termingerechten Entrichtung der für andere Kalendermonate des Jahres 1994 geschuldeten Umsatzsteuervorauszahlungen zwangsläufig kein tragfähiges Argument.

Im Ergebnis erweist sich damit freilich nicht nur die behördliche Beweiswürdigung zur Frage von Tathandlungen außerhalb der Herausnahme der Julirechnungen aus der Umsatzsteuervoranmeldung für Juli 1994 als nicht überprüfbar, sondern der angefochtene Bescheid als mit einem rechtlichen Fehler behaftet, der darin besteht, dass die belangte Behörde die unzureichende Gestaltung der Tatumschreibung in dem vor ihr bekämpften Straferkenntnis des Spruchsenates nicht erkannt hat.

Nach § 138 Abs. 2 lit. a FinStrG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, soweit er nicht auf Einstellung lautet, die Bezeichnung der Tat zu enthalten, die als erwiesen angenommen wird.

Nach ständiger Rechtsprechung muss der Spruch eines Strafbescheides die als erwiesen angenommene Tat so genau umschreiben, dass kein Zweifel darüber bestehen kann, für welches Verhalten der Beschuldigte bestraft worden ist (siehe die bei Fellner, Kommentar zum Finanzstrafgesetz, §§ 136 bis 141, Rz 16a ff, wiedergegebenen Nachweise ebenso wie jene bei Dorazil/Harbich, Finanzstrafgesetz I Anm. 3 zu § 138 Abs. 2, insbesondere auch die hg. Erkenntnisse vom 27. Februar 2001, 99/13/0103, und vom 3. November 1992, 92/14/0147).

An einer ausreichenden Tatumschreibung fehlt es in dem von der belangten Behörde aufrecht erhaltenen erstinstanzlichen Straferkenntnis jedenfalls hinsichtlich der dem Beschwerdeführer außerhalb eines erteilten Auftrages zur Herausnahme der Rechnungen vom 4. Juli 1994 aus der Umsatzsteuervoranmeldung für diesen Kalendermonat vorgeworfenen Tathandlungen hinsichtlich der "anderen" Kalendermonate. Weder die betroffenen Kalendermonate noch die dem Beschwerdeführer im Zusammenhang damit vorgeworfenen Vorgangsweisen wurden im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses angeführt. Die Annahme vorsätzlichen Handelns des Beschwerdeführers erweist sich auch aus diesem Grund als unüberprüfbar, weil nicht klargestellt ist, um welches Handeln es -

für andere Umsatzsteuervorauszahlungen als jene für den Monat Juli 1994 - überhaupt geht; pflegten die Umsatzsteuervoranmeldungen nach den Feststellungen des Spruchsenates doch durch die Steuerberatungsgesellschaft erstattet zu werden, was vorsätzliches Handeln des Beschwerdeführers nur mit einem hinzutretenden Handlungsablauf begründen könnte, der vollständig im Dunklen geblieben ist.

Aus diesem Grund war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 17. Dezember 2003

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