VwGH 2002/21/0182

VwGH2002/21/018219.11.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde des ED in Graz, geboren am 26. März 1963, vertreten durch Mag. Michael-Thomas Reichenvater, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Herrengasse 13/II, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 23. August 2002, Zl. FR 334/2002, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §37 Abs2;
EMRK Art8 Abs2;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §37 Abs2;
EMRK Art8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen albanischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 Z. 1 und 2 und Abs. 2 Z. 1 sowie den §§ 37 Abs. 1 und 2, 38 und 39 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot.

Diese Maßnahme begründete sie auf das Wesentliche zusammengefasst folgendermaßen: Der Beschwerdeführer sei am 27. Dezember 1990 illegal eingereist; sein Asylantrag sei rechtskräftig abgewiesen worden. Auf Grund einer Beschäftigungsbewilligung habe er in der Folge Aufenthaltstitel erhalten. Er lebe in Österreich mit seiner albanischen Ehefrau, mit der er zwei minderjährige Kinder habe.

Er habe in seiner Grazer Wohnung Suchtgift deponiert und portioniert, neu verpackt und für den Weiterverkauf vorbereitet. Über Vermittlung seiner Schwester habe er mit einem libanesischen Staatsangehörigen bezüglich des Weiterverkaufs von 30 kg Cannabisharz Verhandlungen aufgenommen. Am 14. Dezember 2000 sei er mit seinem Pkw nach Flensburg (Bundesrepublik Deutschland) gefahren, um die genannte Menge von 30 kg Cannabisharz an den erwähnten libanesischen Staatsangehörigen zu verkaufen. Am 15. Dezember 2000 sei er in seinem Hotel verhaftet worden. Am selben Tag hätten in seiner Grazer Wohnung in einem versperrten Kellerabteil 16.217,8 g Cannabisharz und ca. 500 ml Cannabiskonzentrat sichergestellt werden können.

Mit Urteil des Landgerichtes Flensburg vom 5. Juni 2001 sei er rechtskräftig wegen "Einfuhr in Tateinheit mit unerlaubtem Handeln mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge" zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Diese Handlung sei gemäß § 73 StGB auch in Österreich strafbar. Aus diesem Grund sei der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt. Das Verhalten des Beschwerdeführers sei als erhebliche und nicht zu tolerierende Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit anzusehen, weshalb die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei. Eine Ermessensentscheidung zu Gunsten des Beschwerdeführers stünde mit dem Gesetz nicht im Einklang. Im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität sei das Aufenthaltsverbot zur Verhinderung strafbarer Handlungen und zum Schutz der Gesundheit im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG dringend geboten.

Mit dem Aufenthaltsverbot sei ein relevanter Eingriff in sein Privat- und Familienleben verbunden. Es wögen jedoch die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes wesentlich schwerer als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf seine Lebenssituation. Seine soziale Integration im Inland sei nämlich unter Zugrundelegung der von ihm begangenen Straftat (Handel mit einer großen Menge an Suchtmitteln) als erheblich beeinträchtigt zu beurteilen, handle es sich doch bei der Suchtgiftkriminalität um eine besonders gefährliche Art der Kriminalität, bei der die Wiederholungsgefahr erfahrungsgemäß besonders groß sei. Dem öffentlichen Interesse am Aufenthaltsverbot sei somit ein unverhältnismäßig größeres Gewicht beizumessen als dem Eingriff in sein Privat- und Familienleben.

Wegen der bei Suchtgiftdelikten bestehenden großen Wiederholungsgefahr sei der Wegfall der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit im Bundesgebiet nicht vorhersehbar.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerde tritt den im angefochtenen Bescheid enthaltenen Feststellungen nicht entgegen und wendet sich auch nicht gegen die Ansicht der belangten Behörde, dass die genannte Verurteilung § 73 StGB entspreche, dadurch der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt und die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei. Im Blick auf die besondere Sozialschädlichkeit der Suchtgiftkriminalität hegt auch der Gerichtshof gegen die letztgenannte Ansicht keine Bedenken.

Entgegen der Beschwerdemeinung entspricht der - wenn auch mit zahlreichen Wiederholungen versehene - angefochtene Bescheid den Begründungserfordernissen der §§ 58 und 60 AVG und geht bei der rechtlichen Beurteilung ohnehin von den Angaben des Beschwerdeführers aus, weshalb dem Vorwurf einer antizipierenden Beweiswürdigung der Boden entzogen ist. Soweit der Beschwerdeführer rügt, dass die belangte Behörde ihn und seine Ehefrau nicht persönlich vernommen habe, legt er die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht dar, weil er nicht vorbringt, zu welchen für ihn günstigen - weiteren - Feststellungen die belangte Behörde hätte gelangen können.

Dass die belangte Behörde "in Wahrheit überhaupt keine Interessensabwägung" vorgenommen habe, trifft nicht zu und es kann auch das Ergebnis dieser Interessenabwägung entgegen der Beschwerdeansicht nicht als rechtswidrig gesehen werden, macht doch die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes zur Verhinderung strafbarer Handlungen und zum Schutz der Gesundheit Anderer (Art. 8 Abs. 2 EMRK) dringend notwendig und es stünde wegen der in hohem Maß sozialschädlichen Suchtgiftdelikte selbst eine ansonsten volle Integration des Fremden dem Aufenthaltsverbot aus der Sicht des § 37 Abs. 2 FrG nicht entgegen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 9. September 1999, Zl. 99/21/0215). Angesichts der Umstände, dass der Beschwerdeführer in Graz ein Depot mit einer übergroßen Menge Suchtmittel angelegt hat, um dieses neu zu verpacken und für den Weiterverkauf vorzubereiten, steht auch das beträchtliche familiäre Interesse des Beschwerdeführers dem Aufenthaltsverbot nicht entgegen. Es vermag somit der Beschwerdehinweis, es handle sich um eine "einmalige Verfehlung", eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen.

Wenn die Beschwerde letztlich meint, die belangte Behörde hätte bei Ausübung ihres Ermessens vom Aufenthaltsverbot Abstand nehmen müssen, ist dem mit der belangten Behörde zu entgegnen, dass angesichts der vorliegenden rechtskräftigen Verurteilung eine auf einer Ermessenserwägung beruhende Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht im Sinn des Gesetzes gelegen wäre (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 24. April 1998, Zl. 96/21/0490).

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 19. November 2002

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte