VwGH 2002/18/0147

VwGH2002/18/014717.9.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des R in Wien, geboren 1971, vertreten durch Dr. Gerhard Seidel, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Zollergasse 8, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 15. Mai 2002, Zl. SD 404/02, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 15. Mai 2002 wurde der Beschwerdeführer, ein philippinischer Staatsangehöriger, gemäß § 33 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer sei am 3. April 1999 mit einem von der österreichischen Botschaft in Manila ausgestellten, bis 5. Mai 1999 gültigen Visum in das Bundesgebiet eingereist. Nach Ablauf der Gültigkeitsdauer des Visums sei er jedoch nicht ausgereist, sondern habe seinen Aufenthalt in Österreich unrechtmäßig fortgesetzt. Dieser mehr als zweijährige (offensichtlich gemeint: dreijährige) unrechtmäßige Aufenthalt beeinträchtige die öffentliche Ordnung in erheblichem Ausmaß, sodass die Voraussetzungen zur Erlassung der Ausweisung - vorbehaltlich des § 37 Abs. 1 FrG - im Grund des § 33 Abs. 1 leg. cit. gegeben gewesen seien. Darin habe auch nichts zu ändern vermocht, dass der Beschwerdeführer am 12. März 2002 die Erteilung eines Aufenthaltstitels beantragt habe. Unzutreffenderweise meine der Beschwerdeführer, begünstigter Drittstaatsangehöriger zu sein, weil seine Schwägerin die österreichische Staatsbürgerschaft besäße. Da er keiner der in § 47 Abs. 3 leg. cit. genannten Personengruppen angehöre, habe sein Antrag (auf Erteilung eines Aufenthaltstitels) an den zur Entscheidung zuständigen Landeshauptmann weitergeleitet werden müssen.

Gemäß § 14 Abs. 2 FrG sei ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels vor der Einreise vom Ausland aus zu stellen und könne der Antrag im Inland gestellt werden, wenn der Antragsteller bereits niedergelassen sei und entweder bisher für die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts keinen Aufenthaltstitel benötigt oder bereits über einen solchen verfügt habe. Im Hinblick darauf habe die Bundespolizeidirektion Wien (die Erstbehörde) zutreffend ausgeführt, dass es sich bei dem vom Beschwerdeführer eingebrachten Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels um einen unzulässigerweise im Inland gestellten Erstantrag handle. Er habe bisher über keinen Aufenthaltstitel gemäß § 7 Abs. 1 FrG verfügt, sodass der Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels der zwingende Versagungsgrund des § 14 Abs. 2 leg. cit. entgegenstehe. Angesichts dieser Rechtslage bestehe auch keine Veranlassung, den Ausgang des Verfahrens zur Erteilung eines Aufenthaltstitels abzuwarten.

Der Beschwerdeführer sei verheiratet und für ein Kind sorgepflichtig. Seine Frau und sein Kind lebten jedoch auf den Philippinen. In Österreich bestünden familiäre Bindungen zu seinem Bruder und dessen Frau, mit denen er im gemeinsamen Haushalt lebe und die - ohne dass dies belegt worden sei - für seinen Lebensunterhalt aufkämen. Es sei daher von einem mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers auszugehen gewesen. Dieser Eingriff sei jedoch zulässig, weil er zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier: zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens - dringend geboten sei. Den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Einhaltung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zu. Dadurch, dass der Beschwerdeführer seit nunmehr über zwei (offensichtlich gemeint: drei) Jahren nach Ablauf seines Touristensichtvermerkes unrechtmäßig im Bundesgebiet verblieben sei, werde dieses öffentliche Interesse erheblich beeinträchtigt. Im Hinblick auf die genannten Umstände sei er auch rechtens nicht imstande, seinen Aufenthalt in Österreich vom Inland aus zu legalisieren. Das Gesamt(fehl)verhalten des Beschwerdeführers beeinträchtige die öffentliche Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens in derart erheblichem Ausmaß, dass sich die Erlassung der Ausweisung auch unter Bedachtnahme auf seine familiären Bindungen als dringend geboten und sohin zulässig im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG erweise.

Mangels sonstiger zu seinen Gunsten sprechender besonderer Umstände habe die Behörde auch keine Veranlassung gesehen, von der Erlassung der Ausweisung im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand zu nehmen. Dass der Beschwerdeführer strafrechtlich nicht verfolgt werde, habe ebenso wenig eine zu seinen Gunsten sprechende Ermessensübung begründen können wie das Vorliegen eines Krankenversicherungsschutzes oder der Umstand, dass sein Lebensunterhalt durch seine Verwandten bestritten werde.

Wenn der Beschwerdeführer rüge, die Erstbehörde hätte die von ihm beantragten Zeugen nicht vernommen, so sei dem zu entgegnen, dass diese zur Bezeugung des Umstandes, dass er seit 3. April 1999 ohne Unterbrechung in Österreich aufhältig wäre, beantragt worden seien. Da weder die Erstbehörde noch die belangte Behörde dies in Zweifel gezogen hätten, sei die Vernehmung der genannten Zeugen erläßlich gewesen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, in eventu Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerde wendet sich nicht gegen die Ausführungen im angefochtenen Bescheid, dass dem Beschwerdeführer (lediglich) ein bis 5. Mai 1999 gültiger Einreisetitel (Visum C) erteilt worden sei und er bisher über keinen Aufenthaltstitel verfügt habe, und behauptet auch nicht, dass er bei Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht mehr im Bundesgebiet aufhältig gewesen sei. Vor diesem Hintergrund begegnet die (unbekämpfte) Auffassung der belangten Behörde, dass sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte und somit der Tatbestand des § 33 Abs. 1 FrG verwirklicht sei, keinem Einwand.

2. Die Beschwerde bringt indes vor, dass der Beschwerdeführer den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels am 28. Februar 2002 gestellt und sich vom 26. Februar 2002 bis 3. März 2002 in der BRD aufgehalten habe, sodass die Beurteilung der belangten Behörde nach § 14 Abs. 2 FrG rechtswidrig sei. Ferner verstoße seine Ausweisung im Hinblick darauf, dass er in Österreich enge familiäre Bindungen zu seinem Bruder und dessen Ehefrau, mit denen er im gemeinsamen Haushalt lebe und die für seinen Lebensunterhalt aufkämen, habe und einen vollständigen Krankenversicherungsschutz genieße, gegen Art. 8 Abs. 2 EMRK und hätte die belangte Behörde im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens von seiner Ausweisung Abstand nehmen müssen.

3. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

3.1. Die belangte Behörde hat unter Zugrundelegung des - unbestrittenen - Zeitpunkts der Einreise des Beschwerdeführers in Österreich am 3. April 1999 und der Dauer seines inländischen Aufenthaltes seit seiner Einreise sowie in Anbetracht seiner familiären Bindungen im Bundesgebiet zutreffend einen mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in sein Privat- und Familienleben angenommen. Ebenso zutreffend hat sie jedoch die Auffassung vertreten, dass den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Verbleib in Österreich keine solche Bedeutung zukomme, dass seine Ausweisung nicht dringend geboten wäre. Das hier maßgebliche öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften durch den Normadressaten weist aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentliche Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) einen hohen Stellenwert auf (vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 22. Jänner 2002, Zl. 2001/18/0263, mwN). Dieses maßgebliche öffentliche Interesse hat der Beschwerdeführer, der (auch) nach Ablauf der Gültigkeitsdauer des ihm erteilten Visums C am 5. Mai 1999 über keinen Aufenthaltstitel verfügt hat, durch seinen daran anschließenden unrechtmäßigen Aufenthalt bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides maßgeblich beeinträchtigt. Hiebei ist es nicht von entscheidungserheblicher Bedeutung, ob der Beschwerdeführer - wie die Beschwerde behauptet - in der Zeit vom 26. Februar 2002 bis 3. März 2002, somit kurzfristig, in der BRD aufhältig gewesen sei. Selbst wenn diese Behauptung zutreffen sollte, bestand für die belangte Behörde keine Verpflichtung, mit der Erlassung der Ausweisung bis zur Entscheidung des zuständigen Landeshauptmannes über den besagten Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zuzuwarten, zumal der Beschwerdeführer diese Entscheidung im Ausland hätte abwarten müssen (vgl. auch dazu das vorzitierte Erkenntnis, mwN).

Unter Zugrundelegung dieser Erwägungen begegnet die Auffassung der belangten Behörde, dass die Erlassung der Ausweisung auch unter Bedachtnahme auf die familiären Bindungen des Beschwerdeführers dringend geboten und sohin zulässig im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG sei, keinen Bedenken.

3.2. Schließlich macht die Beschwerde mit dem obzitierten Vorbringen (II.2.) - über die bereits dargestellten Umstände hinaus - nichts geltend, was gegen die Ausweisung des Beschwerdeführers spräche, und treten weder aus dem angefochtenen Bescheid noch dem übrigen Beschwerdeinhalt Aspekte hervor, die eine Ausübung des der belangten Behörde gemäß § 33 Abs. 1 FrG eingeräumten Ermessens zugunsten des Beschwerdeführers geboten hätte. Dass der belangten Behörde bei ihrer Entscheidung ein (materieller) Ermessensfehler unterlaufen wäre, kann der Verwaltungsgerichtshof somit nicht erkennen.

4. Da bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 17. September 2002

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