VwGH 2002/18/0008

VwGH2002/18/000814.2.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des M in W, geboren am 1966, vertreten durch Dr. Michael Drexler, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Hörlgasse 4/5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 6. Dezember 2001, Zl. 109.172/3- III/11/01, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §112;
FrG 1997 §23 Abs1;
FrG 1997 §33;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §7 Abs3;
FrG 1997 §112;
FrG 1997 §23 Abs1;
FrG 1997 §33;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §7 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 6. Dezember 2001 wurde der am 8. Februar 2001 gestellte Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 14 Abs. 2, § 10 Abs. 1 Z. 2 und § 10 Abs. 2 Z. 3 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I. Nr. 75, abgewiesen.

Der Beschwerdeführer habe von 18. November 1992 bis 31. Oktober 1995 zunächst über Sichervermerke und zuletzt über eine Aufenthaltsbewilligung zum Zweck "unselbstständige Erwerbstätigkeit" verfügt. Am 25. September 1995 habe er einen Verlängerungsantrag gestellt, welcher am 27. November 1995 rechtskräftig abgewiesen worden sei.

Mit Bescheid vom 7. Februar 1997 sei gegen den Beschwerdeführer ein bis zum 7. Februar 2002 befristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden. Dieser Bescheid sei am 1. März 1997 in Rechtskraft erwachsen.

Der Beschwerdeführer sei nach seinen niederschriftlichen Angaben im Dezember 1997 in die Türkei zurückgekehrt und sei dort einer selbstständigen Tätigkeit nachgegangen. Im Februar 2001 sei er mit einem von 22. Jänner 2001 bis 21. Februar 2001 gültigen Reisevisum "C" in das Bundesgebiet eingereist. Seither sei er in Wien wohnhaft und auch mit Nebenwohnsitz gemeldet. Nach Ablauf der Geltungsdauer des Visums "C" habe der Beschwerdeführer das Bundesgebiet nicht verlassen.

Am 8. Februar 2001 habe der Beschwerdeführer vom Inland aus einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gestellt. Am 6. April 2001 sei das über ihn verhängte Aufenthaltsverbot aufgehoben worden.

Da der Beschwerdeführer das Bundesgebiet nach Ablauf seines Visums trotz bestehenden Aufenthaltsverbots nicht verlassen habe und er sich auch nach Aufhebung des Aufenthaltsverbots unrechtmäßig in Österreich aufhalte, könne aus seinem Verhalten geschlossen werden, dass er nicht gewillt sei, die österreichischen Gesetzte zu respektieren. Es sei eine schwer wiegende Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung, wenn einwanderungswillige Fremde sich unerlaubt nach Österreich begäben, ohne das betreffende Verfahren abzuwarten und damit österreichische Behörden vor vollendete Tatsachen stellten. Auf Grund des wissentlichen illegalen Aufenthalts gefährde der Beschwerdeführer die öffentliche Ruhe Ordnung und Sicherheit. Der Versagungsgrund gemäß § 10 Abs. 2 Z. 3 FrG sei somit erfüllt.

Da die nunmehr beantragte Niederlassungsbewilligung an das Reisevisum anschließen würde, sei auch der Versagungsgrund gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG erfüllt.

Gemäß § 14 Abs. 2 FrG seien Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels vor der Einreise vom Ausland aus zu stellen. Dieser Vorschrift sei der Beschwerdeführers, der sich sowohl zum Zeitpunkt der Antragstellung als auch die gesamte seither verstrichene Zeit im Inland aufgehalten habe, nicht nachgekommen. Beim Antrag des Beschwerdeführer handle es sich nicht um einen Antrag auf Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung, weil er sich drei Jahre in seiner Heimat aufgehalten und damit seinen Niederlassungswillen eindeutig aufgegeben habe. Der Beschwerdeführer habe Österreich zwar auf Grund des Aufenthaltsverbots (und daher nicht freiwillig) verlassen, habe jedoch durch die tatsächliche Ausreise und die Rückkehr in seine Heimat, um dort einer selbstständigen Tätigkeit nachzugehen, eindeutig bekundet, den Niederlassungswillen aufzugeben.

Bei der gemäß § 8 FrG durchzuführenden Interessenabwägung sei zu berücksichtigen, dass sich der Beschwerdeführer von 1992 bis 1995 in Österreich aufgehalten habe. Dem stehe gegenüber, dass er sich seit Ablauf des Visums wissentlich illegal im Bundesgebiet aufhalte und keine "rechtmäßige Antragstellung" vorliege. Weiters verfüge der Beschwerdeführer über keinen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz. Da sein Unterhalt von einem Dritten finanziert werde, liege auch kein ausreichend gesicherter Unterhalt im Sinn des FrG vor. Die öffentlichen Interessen zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele seien höher zu werten als die nachteiligen Folgen einer Verweigerung der Niederlassungsbewilligung auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, der Sache nach inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, sich von Dezember 1997 bis Februar 2001 in der Türkei aufgehalten zu haben, anschließend - noch während der Geltungsdauer des Aufenthaltsverbotes - mit einem Visum "C" in das Bundesgebiet eingereist und nach dessen Ablauf im Bundesgebiet verblieben zu sein. Weiters stellt er nicht in Abrede, am 8. Februar 2001 einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung vom Inland aus gestellt zu haben.

2.1. Der Beschwerdeführer vertritt die Meinung, dass es sich bei seinem Antrag um einen solchen auf Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung handle, welcher vom Inland aus gestellt werden könne. Dazu führt er ins Treffen, dass Fremde, die entgegen einem Aufenthaltsverbot niedergelassen blieben vom Inland aus einen Antrag auf Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung stellen könnten. "Aus den Rechtsgrundsätzen der gesamten Rechtsordnung" sei abzuleiten, dass Fremde, die in Befolgung eines Aufenthaltsverbotes ausreisten, nicht schlechter gestellt werden dürften als solche, die illegal im Inland blieben. Sein Antrag sei daher als Antrag auf Erteilung einer weitern Niederlassungsbewilligung zu qualifizieren und knüpfe an den rechtmäßigen Aufenthalt bis 31. Oktober 1995 an.

2.2. Nach ständiger hg. Judikatur ist das Verfahren über einen Antrag eines Fremden auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung dann als Verfahren zur Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung gemäß § 23 Abs. 1 FrG zu führen, wenn der Fremde zunächst auf Grund eines Titels zur dauernden Niederlassung berechtigt war und nach Ablauf der Gültigkeitsdauer dieses Titels - wenn auch rechtswidrig - auf Dauer niedergelassen geblieben ist. Dabei ist ein über den Fremden verhängtes Aufenthaltsverbot - als Tatsache an sich - bedeutungslos. Entscheidend ist vielmehr, ob der Fremde (ungeachtet des Aufenthaltsverbotes) den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen oder die Niederlassung an einem Wohnsitz im Inland zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit (§ 7 Abs. 3 FrG) aufrecht erhalten hat oder nicht. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen bleibt auch dann bestehen, wenn sich ein Fremder kurzzeitig ins Ausland begibt, aber seine Familie in Österreich bleibt oder er für diesen Zeitraum eine Wohnung in Österreich aufrecht hält. Da sich der Beschwerdeführer unstrittig über einen Zeitraum von drei Jahren und zwei Monaten in der Türkei aufgehalten hat, kann keinesfalls davon gesprochen werden, dass er seine dauernde Niederlassung nur durch einen "kurzfristigen" Auslandsaufenthalt unterbrochen hat. Die nach dieser Judikatur bestehende Besserstellung (hinsichtlich der Möglichkeit, vom Inland aus einen Antrag auf Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung zu stellen) von früher zur dauernden Niederlassung berechtigt gewesenen Fremden, die rechtswidrig im Inland verbleiben, gegenüber solchen, die in Befolgung eines Aufenthaltsverbotes ausreisen, findet ihre sachliche Rechtfertigung darin, dass es im einen Fall um die Integration eines rechtmäßig eingewanderten Fremden geht, der im Inland bereits - wenn auch unberechtigt - niedergelassen ist, während im anderen Fall über den Neuzuzug eines Fremden, der nach rechtmäßiger Einwanderung - aus welchen Gründen immer - wieder ausgewandert ist, zu entscheiden ist. (Vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 11. Oktober 2001, Zl. 2001/18/0172.)

3. Beim Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung vom 8. Februar 2001 handelt es sich somit um einen "Erstantrag". Solche Anträge sind gemäß § 14 Abs. 2 erster Satz FrG vor der Einreise vom Ausland aus zu stellen. Hiebei handelt es sich um eine Anordnung an die Behörde, die beantragte Rechtsgestaltung durch Erteilung eines Aufenthaltstitels nur dann vorzunehmen, wenn der Antrag vor der Einreise des Antragstellers ins Bundesgebiet vom Ausland aus gestellt wurde, wobei die Erledigung grundsätzlich vom Ausland aus abzuwarten ist. Bei einem entgegen dieser Bestimmung gestellten Antrag kommt eine Ermessensentscheidung gemäß § 8 Abs. 1 FrG unter Bedachtnahme auf die in § 8 Abs. 3 leg. cit. genannten Kriterien nicht in Betracht. (Vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 2001, Zlen. 99/18/0101, 0131.)

Da der Beschwerdeführer den Antrag unstrittig vom Inland aus gestellt hat, hat ihn die belangte Behörde schon aus diesem Grund zu Recht abgewiesen. Es braucht somit nicht darauf eingegangen zu werden, ob die belangte Behörde auch die weiteren Gründe für die Abweisung des Antrages heranziehen durfte.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 14. Februar 2002

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