VwGH 2002/16/0243

VwGH2002/16/02436.11.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der R AG (zuvor R & Co GmbH) in W, vertreten durch Dr. Hanno Schatzmann, Rechtsanwalt in Wien I, Rotenturmstraße 13, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 12. Mai 1999, GZ. RV 715-09/96, betreffend Gesellschaftsteuer, zu Recht erkannt:

Normen

31969L0335 Kapital Ansammlungs-RL indirekte Steuern Art5 Abs1 lita;
62000CJ0138 Solida Raiffeisen VORAB;
KVG 1934 §2;
31969L0335 Kapital Ansammlungs-RL indirekte Steuern Art5 Abs1 lita;
62000CJ0138 Solida Raiffeisen VORAB;
KVG 1934 §2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde eine Berufung der Beschwerdeführerin gegen den erstinstanzlichen Gesellschaftsteuerbescheid vom 15. Dezember 1995 als unbegründet abgewiesen, womit betreffend ein in der Bilanz zum 31. Dezember 1993 aufscheinendes "rückzahlbares Genussrechtskapital" in Höhe von ATS 40,000.000,-- Gesellschaftsteuer vorläufig festgesetzt worden war. Der erstinstanzliche Bescheid war deshalb vorläufig erlassen worden, weil noch die Frage eines allenfalls gegebenen Zusammenhanges zwischen dem Genussrechtskapital und einem in der Bilanz ebenfalls ausgewiesenen "nachrangigen Gesellschafterdarlehen" zu klären war.

Im Anhang zur Bilanz finden sich dazu folgende Ausführungen:

"4. Rückzahlbares Genussrechtskapital ('Profit Participation Agreement')

Beim ausgewiesenen Betrag handelt es sich um gewinnberechtigtes Kapital der Gesellschafter der S Holding Gesellschaft m.b.H., welches gemäß den vertraglichen Bestimmungen zum 16. April 2002 rückzuzahlen ist, wobei im Konkurs- oder im Liquidationsfall ein Rangrücktritt gegenüber allen anderen Gläubigern sowie gegenüber den Darlehensgebern der ausgewiesenen nachrangigen Gesellschaftsdarlehen besteht.

Der aufgrund des 'Profit Participation Agreement's' vereinbarte Gewinnanspruch beläuft sich auf 20 % des konsolidierten Gewinns nach Steuern und Zinsen, jedoch nicht mehr als 20 % des aushaftenden Genussrechtskapitals. Darüber hinaus besteht ein Gewinnanspruch nur unter der Voraussetzung, dass der konsolidierte Gewinn vor Steuern 25 % der Umsatzerlöse desselben Geschäftsjahres übersteigt."

Betreffend das "nachrangige Gesellschafterdarlehen" enthält der zitierte Bilanzanhang folgende Ausführungen:

"Bei den ausgewiesenen Beträgen handelt es sich um nachrangige Gesellschafterdarlehen, wobei im Konkurs- oder Liquidationsfall ein Rangrücktritt gegenüber allen anderen Gläubigern besteht. Der Subordinated Loan ist zum 16. April 2002 rückzahlbar. Der Convertible Loan ist unter bestimmten Bedingungen kurzfristig rückzahlbar, ansonsten kann eine Umwandlung in Grundkapital bzw. in ein nachrangiges Gesellschafterdarlehen ('Subordinated Loan') oder in gewinnberechtigtes Kapital ('Profit Participation Agreement') erfolgen.

Die Beschwerdeführerin, die sich in ihrem Recht auf Nichtbezahlung von Gesellschaftsteuer verletzt erachtet, macht geltend, es liege im vorliegenden Fall kein Erwerb von Genussrechten, sondern insgesamt ein Darlehen vor.

Da sich dazu für den Verwaltungsgerichtshof angesichts des Beschwerdefalles Zl. 99/16/0192, 0392 primär die Vorfrage stellte, ob der Erwerb von Genussrechten - gemessen am Gemeinschaftsrecht - überhaupt gesellschaftsteuerpflichtig ist, wurde das vorliegende Verfahren gemäß § 38 AVG iVm § 62 Abs. 1 VwGG bis zur Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften über die an ihn mit dem hg. Beschluss vom 30. März 2000, Zlen. 99/16/0192, 0392, gestellte Frage ausgesetzt.

Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat mit Urteil vom 17. Oktober 2002 in der Rs C-138/00 die gestellte Frage wie folgt beantwortet:

"Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital in der Fassung der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge ist dahin auszulegen, dass der in dieser Bestimmung enthaltene Begriff 'von den Gesellschaftern geleistete oder zu leistende Einlagen jeder Art' finanzielle Beiträge erfasst, die an eine Kapitalgesellschaft, die ihr Gesellschaftsvermögen durch Ausgabe von Genussscheinen erhöht, von einem Nichtgesellschafter geleistet werden, der diese Genussscheine erwerben will."

Damit ist die wesentliche Vorfrage der Gesellschaftsteuerpflicht eines Erwerbs von Genussrechten an sich positiv beantwortet.

Was die von der Beschwerde gegen die Behandlung der in Rede stehenden Leistung als Genussrecht und für das Vorliegen eines Darlehens ins Treffen geführten Argumente anlangt, ist die Beschwerdeführerin darauf zu verweisen, dass sie selbst im oben zitierten Anhang zur Bilanz zwischen dem für 10 Jahre gebildeten "Genussrechtskapital" und den allenfalls auch kurzfristig rückzahlbaren "nachrangigen Gesellschafterdarlehen" differenziert, wobei sie auch ausdrücklich eine Umwandlung der nachrangigen Gesellschafterdarlehen in "Profit Participation Agreement" und damit in das von ihr selbst so bezeichnete Genussrechtskapital ins Auge fasst. Wollte man nicht von vornherein dieser Differenzierung jeden Sinn absprechen (wozu auch die weitwendigen Beschwerdeausführungen keinerlei Anhaltspunkt bieten), so ergibt sich daraus, dass schon nach den eigenen Darlegungen der Beschwerdeführerin in ihrem Bilanzanhang unter Genussrechtskapital eben kein Darlehen zu verstehen war.

Dazu kommt, dass die Beschwerdeführerin im Ergebnis dadurch, dass bloß vorläufig das Genussrechtskapital nicht als Darlehen behandelt wurde, keineswegs endgültig in ihren Rechten verletzt sein kann, weil - wie der angefochtene Bescheid selbst ausdrücklich darlegt - der allfällige "innere Zusammenhang" zwischen dem Genussrechtskapital und den nachrangigen Gesellschafterdarlehen noch im Wege weiterer Ermittlungen zu klären sein wird.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Wien, am 6. November 2002

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