VwGH 2002/08/0162

VwGH2002/08/01623.10.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Köller und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der S AG in G, vertreten durch Klein, Wuntschek & Partner, Rechtsanwälte GesmbH in 8010 Graz, Grazbachgasse 39/III, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 25. April 2002, Zl. 5- s26n91/18-2001, betreffend Beitragsnachverrechnung (mitbeteiligte Partei: Steiermärkische Gebietskrankenkasse, 8010 Graz, Josef-Pongratz-Platz 1), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §49 Abs1;
ASVG §49 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen) hat der beschwerdeführenden Gesellschaft Aufwendungen von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Muttergesellschaft eines Medienkonzerns, an deren Tochtergesellschaften sie in unterschiedlichem Ausmaß, teilweise zu 100 %, beteiligt ist; eine der Tochtergesellschaften, die "K.-GmbH & Co KG" gibt eine Tageszeitung heraus, die nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin das bedeutendste Produkt des Konzerns sei, mit dem der Konzern gleichsam identifiziert werde.

Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse führte im Konzern der Beschwerdeführerin Beitragsprüfungen durch, im Zuge derer sie folgende aus der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides ersichtliche Feststellungen getroffen hat:

"Die (Beschwerdeführerin) betreibt ... ein Medienunternehmen

und waren bis 1996 alle Mitarbeiter bei der (Beschwerdeführerin) beschäftigt und zur Sozialversicherung gemeldet. In den Jahren 1997 bis 1999 wurden zahlreiche Tochterunternehmen gegründet, wobei die (Beschwerdeführerin) als Allein- oder Mehrheitseigentümer dieser Gesellschaften fungiert. Die Dienstnehmer wurden in diesen Jahren - zu einem großen Teil von den Tochterfirmen, den Bestimmungen des AVRAG Folge leistend, übernommen.

Alle Mitarbeiter im ... Konzern hatten die Möglichkeit, die

'K. Zeitung', welche ein eigenes Produkt des Konzernes ist, unentgeltlich zu beziehen. Der Normalpreis eines Monatsabonnements ist mit S 219,-- zu beziffern, die Mitarbeiter hatten lediglich die Hauszustellung im Wert von S 99,-- pro Monat zu bezahlen."

Mit Bescheid vom 8. März 2001 verpflichtete die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse die Beschwerdeführerin, Beiträge, Nebenumlagen und Sonderbeiträge im Gesamtausmaß von insgesamt S 683.663,90 (EUR 49.683,79) nachzuentrichten. Bei der Gewährung der Monatsabonnements handle es sich um Sachbezüge, die die im Konzern der Beschwerdeführerin beschäftigten Dienstnehmer auf Grund ihres Dienstverhältnisses erhielten. Die rechtliche Nahebeziehung und damit die Verbindung zwischen Sachbezug und Dienstverhältnis ergebe sich aus den Fakten, dass die Beschwerdeführerin als Allein- oder Mehrheitseigentümer an den unterschiedlichen Tochterfirmen beteiligt sei und die Tageszeitung ein Produkt des Konzernes darstelle. Die unentgeltliche Zurverfügungstellung dieses Produktes in den Privathaushalten der Dienstnehmer müsse daher als Sachbezug aus den Dienstverhältnissen zur jeweiligen Konzerngesellschaft gewertet werden. Dies umso mehr, als es sich bei den Tatbeständen des § 49 Abs. 3 ASVG, in welchen Entgeltteile angeführt würden, die nicht sozialversicherungspflichtig seien, um eine taxative und damit abschließende Aufzählung von Ausnahmetatbeständen handle.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Einspruch, in dem sie unter anderem geltend machte, dass die größte wirtschaftliche Bedeutung im Konzern der erwähnten Zeitung zukomme; diese sei auch der bedeutendste Abnehmer aller konzerninternen Dienstleistungen. Seien diese Dienstleistungen früher von unselbstständigen Betrieben und Abteilungen erbracht worden, stünden jetzt dafür "in der Wertschöpfungskette verbundene Konzernunternehmungen" zur Verfügung. Da das "historisch gewachsene Großunternehmen" der Beschwerdeführerin mit der erwähnten Zeitung inhaltlich gleichgesetzt werde, sei in der Vergangenheit allen Dienstnehmern der Beschwerdeführerin beim Betreten des Hauses das aktuelle Exemplar dieser Zeitung zur Verfügung gestellt worden. Die Beschwerdeführerin lege - so brachte sie der Sache nach vor - mit Blick auf die Aussendarstellung des Konzerns größten Wert darauf, dass alle Dienstnehmer des Konzerns über den jeweils tagesaktuellen Inhalt seines wichtigsten Produktes informiert seien. Aus den unterschiedlichsten örtlichen, zeitlichen und "atmosphärischen Lesegewohnheiten" der Dienstnehmer sei alsbald der Wunsch entstanden, die Zeitung nicht am Schreibtisch im Büro, sondern am Frühstückstisch zu Hause lesen zu können. Diesem Wunsch sei dahin entsprochen worden, dass es nunmehr allen Mitarbeitern freistehe, die Zeitung entweder gratis im Betrieb zu lesen oder sich gegen einen annähernd kostendeckenden Preis als Hausabonnement nach Hause zustellen zu lassen. Dieser Preis sei pauschal kalkuliert und entspreche inhaltlich nicht ganz präzise der Zustellgebühr. Der mit dem Lesen der Zeitung verbundene Wissenserwerb stelle keinen beitragspflichtigen Vorteil (der noch dazu ein sehr kurzlebiger sei) aus dem Dienstverhältnis dar. Es könne auch nach der Aufspaltung des Konzerns nicht davon ausgegangen werden, dass die Mitarbeiter ihren Zeitungsbezug auf Grund des Dienstverhältnisses von einem Dritten erhielten. Ein nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hinreichender Kausalzusammenhang könne nur dann angenommen werden, wenn ein auf den Betrieb des Dritten bezogenes Leistungsinteresse des Dienstgebers bestünde. Bezüge, die dem Dienstnehmer von einem Dritten für Leistungen zuflössen, die lediglich aus Gelegenheit des Dienstverhältnisses erbracht würden, ohne dass ein betriebsbezogenes Interesse des Dienstgebers an den Leistungen bestünde, seien nicht Bestandteil des Entgelts. Von den insgesamt mehr als 245.000 persönlich zugestellten Abonnements der erwähnten Tageszeitung würden über 1.600 verschenkt und knapp 1.400 gegen die Bezahlung der Zustellgebühr abgegeben. In der letzten Zahl seien auch die Hausabonnements enthalten. Daraus sei erkennbar, dass nicht nur Mitarbeiter, sondern auch unbeteiligte Dritte, und somit knapp 3.000 Personen unter günstigsten Konditionen die Zeitung lesen könnten. Im Fremdvergleich könne daher erkannt werden, dass an Betriebsfremde mehr Abonnements gratis oder gegen die Zustellgebühr abgegeben würden als an Mitarbeiter und es daher für derartige Begünstigungen nicht erforderlich sei, Dienstnehmer zu sein. Grundsätzlich würden begünstigte Abonnements an Personen abgegeben, "die erkennbar ein hohes, mit dem Schicksal und dem Erfolg der Zeitung verbundenes Interesse" hätten und auch für das Printmedium als Meinungsmultiplikatoren von größter Bedeutung seien. Dies seien insbesondere Geschäftspartner, wie unter anderem Großinserenten, Werbeagenturen, die Vertreter von öffentlichen Institutionen, Politiker und die eigenen Mitarbeiter unter Berücksichtigung der bereits dargelegten Überlegungen. Die Beschwerdeführerin verwies auf eine ihrem Rechtsstandpunkt Rechnung tragende Rechtsmittelentscheidung des Stadtsenates der Stadt Klagenfurt im Verfahren betreffend die Kommunalsteuer. Schließlich führte die Beschwerdeführerin in ihrem Einspruch noch ins Treffen, dass es der Ausnahmekatalog des § 49 Abs. 3 ASVG nicht ausschließe, die Lösung von Zweifelsfragen durch Analogie vorzunehmen. Eine solche Analogie sei - wie die Beschwerdeführerin näher begründet - hinsichtlich der hier in Rede stehenden Vorteile aus dem Bezug eines Zeitungsabonnements ihrer Auffassung nach möglich.

Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse legte die Akten dem Landeshauptmann vor und erstattete einen Vorlagebericht, in welchem sie im Wesentlichen auf ihrem Rechtsstandpunkt beharrte, insbesondere bestritt sie die Analogiefähigkeit der Bestimmungen des § 49 Abs. 3 ASVG. Es sei nicht "praxisüblich", Mitarbeiter, die mit der Personalverrechnung oder mit der Drucklegung betraut seien, mit Auskünften an Dritte über die Inhalte der Politik oder die Wirtschaftsberichte der Zeitung zu betrauen. Personen, die Anfragen, Meinungen oder auch Kritik an den Inhalten der Zeitung übten, würden wohl eher mit der zuständigen Redaktion verbunden und an diese verwiesen werden. Zum Thema des Fremdvergleichs führte die mitbeteiligte Partei aus, es gebe offensichtlich eine Vielzahl von Gratisabonnements für Geschäftspartner des Konzerns, die als Werbeträger oder als Zusatzleistung innerhalb einer Geschäftsbeziehung anzusehen seien. Diese Leistungen seien aber sozialversicherungsrechtlich in keiner Weise relevant. An die Entscheidung betreffend das Nichtbestehen einer Kommunalsteuerpflicht für diese Leistung bestehe in diesem Verfahren keine Bindung.

Nach Einholung einer Stellungnahme der beschwerdeführenden Partei und einer weiteren Äußerung der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse erstattete die beschwerdeführende Partei eine weitere Stellungnahme, in der sie im Wesentlichen darauf hinwies, dass nicht von Beschäftigungsverhältnissen zum Konzern gesprochen werden könne. Auch die Behauptung, dass der Konzern die Zeitung herstelle, sei falsch. Diese werde vielmehr von einem Konzernunternehmen, nämlich der K. GmbH & Co KG, hergestellt. Wenn ein Mitarbeiter einer anderen Gesellschaft das Hausabonnement der Zeitung zu den dargestellten Vergünstigungen erhalte, erhalte er daher kein Produkt seines Unternehmens. Dies gelte nur für Mitarbeiter der KG; diese erhielten tatsächlich ihr "eigenes Produkt".

Darauf replizierte die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse erneut und legte im Einspruchsverfahren unter anderem einen nicht rechtskräftigen, erstinstanzlichen "Haftungs- und Abgabenbescheid" betreffend eine Konzerntochter der Beschwerdeführerin vor, aus dem sich ergibt, dass das Finanzamt Graz-Stadt den Abonnementbezug der Zeitung durch Dienstnehmer dieses Tochterunternehmens als Sachbezug im Sinne der abgabenrechtlichen Bestimmungen der Lohnbesteuerung unterzogen hat. Nach Einholung einer weiteren Stellungnahme der Beschwerdeführerin und einer Replik der mitbeteiligten Partei, in der im Wesentlichen die bisherigen Standpunkte wiederholt worden sind, erließ die belangte Behörde den Bescheid vom 25. April 2002, in welchem dem Einspruch der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid vollinhaltlich bestätigt wurde. Nach einer Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und nach Hinweisen auf die von der belangten Behörde angewendeten Rechtsvorschriften der §§ 44 und 49 ASVG ergänzte die belangte Behörde die "zutreffende Begründung des (erstinstanzlichen) Bescheides" insoweit, als sie im Wesentlichen die Argumentation der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse übernahm und sich deren Rechtsauffassung anschloss.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 14. November 1995, Zl. 93/08/0127, mit weiteren Judikaturhinweisen) ist nach dem Entgeltbegriff des § 49 Abs. 1 ASVG sowohl für die Bemessung der allgemeinen Beiträge als auch der Sonderbeiträge der "Anspruchslohn" (arg.: "Geld- und Sachbezüge ..., auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer ... Anspruch hat") oder (arg.: "die er darüber hinaus auf Grund des

Dienst(Lehr)verhältnisses ... erhält") das höhere tatsächlich

geleistete Entgelt maßgebend. Im gegebenen Zusammenhang ist daher für den Entgeltcharakter eines Bezuges entscheidend, ob ein solcher kausaler Zusammenhang zwischen den Zeitungsabonnements und der Leistung des Dienstnehmers insofern besteht, als die vom Dienstnehmer erbachte (bzw. zu erbringende) (Arbeits‑)Leistung durch den Sachbezug entgolten werden soll. Ein in diesem Sinn hinreichender Kausalzusammenhang zwischen den Leistungen des Dienstnehmers und den Bezügen, der die Zurechnung der Letzteren zum Entgelt begründet, kann dann angenommen werden, wenn ein (auf dessen Betrieb bezogenes) Leistungsinteresse des Dienstgebers besteht. Ob ein solches Leistungsinteresse besteht, ist nach dem Parteiwillen zu beurteilen (vgl. das Erkenntnis vom 20. September 2000, Zl. 95/08/0052).

Daraus folgt, dass Zuwendungen durch den Dienstgeber oder durch Dritte iSd § 49 Abs. 1 ASVG als "auf Grund" des Dienstverhältnisses erhalten anzusehen sind, wenn sie nach dem Parteiwillen Gegenwert für eine vom Dienstnehmer erbrachte (oder noch zu erbringende) Leistung sein sollen, die auch die betriebsbezogenen Eigeninteressen des Dienstgebers fördert (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 17. September 1991, Slg. Nr. 13471/A).

Soll eine bestimmte (Natural‑)Leistung des Arbeitgebers Teil des Entgelts iS des § 49 ASVG (dh jene Vergütung, um derentwillen die Gegenleistung erbracht worden ist oder werden soll - "do ut des" - Prinzip), im Rahmen einer synallagmatischen Verknüpfung sein, so setzt dies aber andererseits auch voraus, dass ein Leistungsinteresse des Dienstnehmers an dieser Leistung bestehen muss (vgl. Wilhelm, Entgeltliche und unentgeltliche Arbeitsverhältnisse, in: Tomandl, Hrsg. Entgeltprobleme aus arbeitsrechtlicher Sicht, 4f (bei FN 10 mwN)).

Eine solche Leistung muss daher nach der Verkehrsanschauung geeignet und in concreto dazu bestimmt sein, die erbrachte Arbeitsleistung abzugelten.

Das Vorliegen all dieser Voraussetzungen ist im Falle einer Geldleistung nicht zweifelhaft. Auch im Falle typischer und (in der Regel) gesetzlich, kollektivvertraglich oder einzelvertraglich häufig vorgesehener und dadurch üblich gewordener Sachleistungen, deren Entgeltcharakter im Allgemeinen nicht in Zweifel zu ziehen ist, wird dies zutreffen (vgl. etwa die Übersicht bei Spielbüchler, Arbeitsrecht I4, 228).

Eine sonstige, nicht in Geld bestehende Leistung ist jedoch dann im Einzelfall auf das Vorliegen der genannten Voraussetzungen zu untersuchen, sofern auf Grund konkreter, im Verwaltungsverfahren von einer Partei aufgestellter Behauptungen nicht ausgeschlossen werden kann, dass diese Leistung aus anderen Gründen erbracht worden ist. Bei der Überlassung einer Zeitung an die Mitarbeiter des Zeitungsunternehmens sowie an die Mitarbeiter der mit diesem in der Form eines Konzerns miteinander verflochtenen weiteren Unternehmen handelt es sich um eine jedenfalls bei Unternehmen außerhalb dieser Branche nicht typische Naturalleistung. Soweit ein Zeitungsverlag das eigene Produkt allen seinen Mitarbeitern dadurch "automatisch" zur Verfügung stellt, indem die Tageszeitung jeweils beim Portier zur Entnahme aufgelegt wird, fehlt es schon von vornherein an einer ausreichend individualisierten Zuwendung an bestimmte Dienstnehmer. Eine solche Überlassung tagesaktueller Information ist nicht anders zu beurteilen, als wenn Mitarbeitern während der Arbeitszeit unentgeltlich das Hören von Rundfunksendungen, das Betrachten von Fernsehsendungen oder das fallweise Führen von Privatgesprächen ermöglicht würde. Auf eine solche Weise verfolgt ein Verlagsunternehmen mit der Verbreitung der eigenen Tageszeitung unter den Mitarbeitern seines Unternehmens bzw. seiner Konzernunternehmungen typischerweise in erster Linie eigene Interessen, seien es jene der Meinungsbildung unter den Mitarbeitern des Unternehmens, sei es das Interesse an der Beispielswirkung auf Außenstehende als potenzielle Leser (also an einem gewissen Multiplikatoreffekt).

Davon zu unterscheiden ist aber jener Sachverhalt, der - nach dem Beschwerdevorbringen offenbar ausschließlich - der mit dem angefochtenen Bescheid vorgenommenen Beitragsnachverrechnung zu Grunde liegt: ein Leistungsinteresse der Dienstnehmer (welches auch ausreichend individualisierbar ist) manifestiert sich nämlich dann, wenn nicht bloß von der Möglichkeit (oder allenfalls sogar Verpflichtung), die Zeitung am Arbeitsplatz frei zu entnehmen und zu lesen, Gebrauch gemacht wird, sondern wenn der betreffende Dienstnehmer diese Tageszeitung - nicht anders als ein sonstiger Abonnent - auf seinen Wunsch an den Wohnort und damit zur Verwendung in seiner Privatsphäre zugesandt erhält. Der einem solchen Dienstnehmer damit objektiv zufließende Vorteil bestünde in der Differenz zwischen einem normalen Abonnementpreis (nach den Feststellungen der belangten Behörde S 219,-- monatlich) und dem (wie immer kalkulierten) verbilligten Abonnementpreis für Dienstnehmer (S 99,--).

Muss in den Fällen der Hauszustellung somit eine der Grundvoraussetzungen für die Qualifikation dieser Leistung als Entgelt, nämlich das Vorliegen eines Leistungsinteresses des Dienstnehmers, bejaht werden, so ist dies zwar ein starkes Indiz dafür, dass es sich tatsächlich um eine Leistung auf Grund des Dienstverhältnisses handelt. Damit ist aber noch nicht abschließend geklärt, ob diese Naturalleistung nach dem Parteiwillen auch tatsächlich dazu bestimmt ist, die Arbeitsleistung zu vergelten; die Verbreitung von Zeitungen kann durchaus typischerweise auch anderen von einem solchen Dienstgeber verfolgten und in dessen Interesse liegenden Zwecken dienen.

Zur Frage, welche Umstände bei der danach vorzunehmenden Abgrenzung maßgebend sind, hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner bisherigen (ausschließlich steuerrechtlichen) Judikatur schon wiederholt Stellung genommen: in Fällen von im Arbeitsleben durchaus gebräuchlichen Naturalleistungen hat der Verwaltungsgerichtshof zur Frage, ob diese iS des § 15 Abs. 2 EStG als "Vorteil aus einem ... Dienstverhältnis" iS des § 25 Abs. 1 Z. 1 EStG anzusehen (und daher eine lohnsteuerpflichtige Zuwendung) seien, ausgesprochen, dass ein bloßes Interesse (auch) des Dienstgebers diese Qualifikation nicht in Frage zu stellen vermag, es sei denn, es müsste von einem ausschließlichen Interesse des Dienstgebers an der Leistung ausgegangen werden (vgl. u.a. die Erkenntnisse vom 25. März 1999, Zl. 97/15/0089, und vom 2. August 2000, Zl. 97/13/0100, mwH - Dienstwohnung, sowie das Erkenntnis vom 20. Dezember 1994, Slg. Nr. 6959/F - Dienstfahrt). Von Vorteilen aus dem Dienstverhältnis könne aber insoweit nicht gesprochen werden, als solche nicht nur den Dienstnehmern, sondern auch Nichtbediensteten gewährt werden (vgl. das Erkenntnis vom 19. September 1995, Slg. Nr. 7030/F); in einem solchen Fall sei aber allenfalls (nur) die Differenz einer Dienstnehmern gewährten Begünstigung zu den Konditionen, die auch Außenstehenden gewährt werden, als Vorteil aus dem Dienstverhältnis anzusehen (vgl. das Erkenntnis vom 20. September 1995, Zl. 95/13/0011 - Verzinsungsdifferenz bei begünstigten Darlehen). Nicht messbare "Aufmerksamkeiten" stellten keine geldwerten Vorteile dar, wobei die Grenze fließend sei, dann aber nicht überschritten wird, wenn sich Arbeitgeber bestimmten Leistungen aus Gründen der Konvention nicht entziehen können (vgl. das Erkenntnis vom 19. September 1995, Zl. 91/14/0240).

Diese Rechtsprechung zeigt, dass die Qualifikation einer Sachleistung als Entgelt beim Fehlen ausdrücklicher gesetzlicher, kollektivvertraglicher oder einzelvertraglicher Regelungen darüber, dass sie Teil des Entgelts sein soll, von der Ausprägung der wechselseitigen Interessen an der Hingabe bzw. am Empfang der Sachleistung abhängt, wobei auch der Wert der Leistung für den Dienstnehmer eine bestimmende Rolle spielen kann. Je höher dieser ist, desto eher spricht die Vermutung für das Vorliegen von Entgelt, die aber durch den Nachweis eines entsprechend intensiven bis ausschließlichen betrieblichen Interesses des Dienstgebers an dieser Leistung widerlegt werden kann. (vgl. dazu auch Doralt, EStG - Kommentar, § 15 Rz 20 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes). Für die Beurteilung der Frage, ob eine bestimmte, Dienstnehmern gegenüber erbrachte Sachleistung überwiegend betrieblichen Interessen des Dienstgebers und nicht der Vergeltung der Arbeitsleistung zu dienen bestimmt ist, kann die Gewährung dieser Leistung auch an Außenstehende, welche nicht Dienstnehmer sind, ein starkes Indiz sein.

Wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse - insoweit in Übereinstimmung mit dem ausdrücklichen Vorbringen der Beschwerdeführerin im darauf folgenden Einspruch, aber auch in der Beschwerde - festgestellt hat, hatte die Beschwerdeführerin bis 1996 alle Mitarbeiter als eigene Dienstnehmer zur Sozialversicherung gemeldet. In den Jahren 1997 bis 1999 sind zahlreiche Tochterunternehmungen - darunter auch die in den gegenständlichen Verfahrenskomplex involvierten beschwerdeführende

Parteien in anderen beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen

Beschwerdeverfahren - gegründet worden, wobei die Beschwerdeführerin als Allein- oder als Mehrheitseigentümerin dieser Gesellschaften fungiert. Die Dienstnehmer sind jeweils "den Bestimmungen des AVRAG folgend" von den Tochterunternehmungen übernommen worden. Alle Mitarbeiter im Konzern haben die Möglichkeit, die "K Zeitung", "welche ein eigenes Produkt des Konzerns ist", unentgeltlich zu beziehen. Der Normalpreis eines Abonnements beträgt S 219,--, die Mitarbeiter hatten lediglich die Hauszustellung im Wert von S 99,-- pro Monat zu bezahlen.

Die Beschwerdeführerin hat nicht behauptet, dass die unentgeltliche (bzw. nur gegen einen die Zustellkosten deckenden Preis erfolgende) Überlassung von "konzerneigenen" tagesaktuellen Druckprodukten an Dienstnehmer in der betreffenden Branche generell üblich sei und sie sich der daraus resultierenden "Konvention" nicht entziehen könne; es bedarf daher keiner Auseinandersetzung mit der Frage, ob ein solcher Umstand im Sinne der vorerwähnten Rechtsprechung beim gegebenen Sachverhalt von rechtlicher Relevanz wäre.

Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse hat sich in diesem Zusammenhang mit der Erwägung begnügt, dass die Dienstnehmer "im Konzern" beschäftigt seien und dass sich "die rechtliche Nahebeziehung und damit die Verbindung zwischen Sachbezug und

Dienstverhältnis ... aus dem Faktum" ergebe, dass die

Beschwerdeführerin "als Allein- oder Mehrheitseigentümer an den unterschiedlichen Tochterfirmen beteiligt" sei und die Zeitung ein Produkt des Konzerns darstelle. Die unentgeltliche Zurverfügungstellung dieses Produktes in den Privathaushalten der Dienstnehmer müsse daher "als Sachbezug aus den Dienstverhältnissen zur jeweiligen Konzerngesellschaft gewertet werden."

Die belangte Behörde hielt ua diese Begründung der Gebietskrankenkasse für "zutreffend". Damit verkennt die belangte Behörde aber die vorstehend dargelegte Rechtslage. Eine solche Sachleistung könnte dann nicht als Vorteil aus dem Dienstverhältnis angesehen werden, wenn die KG (aus Reklame- oder aus anderen Gründen) solche Leistungen zu gleichen Konditionen auch an andere außenstehende Personen erbringt (wie dies im Verfahren von der Beschwerdeführerin behauptet worden ist), die nicht Dienstnehmer einer Konzerngesellschaft der Beschwerdeführerin sind. In einem solchen Fall könnte bei Fehlen gesetzlicher, kollektivvertraglicher oder einzelarbeitsvertraglicher Regelungen nicht von vornherein gesagt werden, dass die KG mit der abonnementgleichen Überlassung der Zeitung zu verbilligten Konditionen die Arbeitsleistung der Dienstnehmer der einzelnen Konzernunternehmungen habe entgelten wollen. Die Vornahme gleichartiger oder sogar noch günstigerer Zuwendungen (echte "Gratisabonnements") auch an Außenstehende spräche nämlich für ein - angesichts des relativ geringen Wertes der Zuwendung die Qualifikation als Entgelt bereits ausschließendes - überwiegendes betriebliches Interesse des Dienstgebers und nicht dafür, dass mit dieser Zuwendung die Arbeitsleistung im Rahmen des bestehenden Dienstverhältnisses zu einem der Konzernunternehmungen hätte entgolten bzw. von den Dienstnehmern als Entgelt angenommen werden sollen.

Der angefochtene Bescheid ist daher schon aus diesem Grunde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gem. § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001; das Kostenmehrbegehren auf Ersatz der Beschwerdegebühr musste im Hinblick auf die auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende sachliche Gebührenbefreiung (§ 110 ASVG) abgewiesen werden. Wien, am 3. Oktober 2002

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