VwGH 2002/05/0846

VwGH2002/05/084623.9.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerden 1. der Dietmund Köstlin in Berlin, 2. der Adelgunde Prinzessin von und zu Liechtenstein in Vaduz, 3. der Marie Eleonore Prinzessin von und zu Liechtenstein in Judenau, alle vertreten durch Brandstetter, Pritz & Partner, Rechtsanwälte KEG in Wien I, Herrengasse 5, gegen die Bescheide der Niederösterreichischen Landesregierung

1. vom 8. Feber 2001, Zl. RU1-V-01018/00 (Beschwerde Zl. 2002/05/0846), sowie 2. vom 19. Feber 2002, Zl. RU1-V-01018/02 (Beschwerde Zl. 2002/05/0847), betreffend jeweils Parteistellung in einem Bauverfahren (mitbeteiligte Parteien in beiden Verfahren:

1. Paul Dufek in Wien XX, Dammstraße 26/37, 2. Stadtgemeinde Klosterneuburg, vertreten durch den Bürgermeister), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art131 Abs1 Z1;
VwGG §33 Abs1;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
VwGG §33 Abs1;

 

Spruch:

Beide Beschwerden werden als gegenstandlos geworden erklärt und die Beschwerdeverfahren eingestellt.

Kostenersatz findet jeweils nicht statt.

Begründung

Die erstmitbeteiligte Partei (kurz: Bauwerber) kam mit Eingabe vom 3. Mai 2000 (eingelangt am 12. Mai 2000) bei der Baubehörde um Bewilligung der "Sanierung des bestehenden Gebäudes" auf einem Grundstück im Gemeindegebiet der zweitmitbeteiligten Partei ein. Die Baubehörde teilte den Beschwerdeführerinnen als Nachbarn mit, dass die Sanierung des bestehenden Gebäudes keine Nachbarrechte im Sinne des § 6 Abs. 2 und 3 der Niederösterreichischen Bauordnung 1996 berühre. Die Beschwerdeführerinnen gaben eine ablehnende Stellungnahme ab.

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 21. Juni 2000 wurde dem Bauwerber die angestrebte Baubewilligung erteilt. Mit weiterem Bescheid vom selben Tag wies die Baubehörde die Einwände der Beschwerdeführerinen gemäß § 6 NÖ Bauordnung 1996 zurück. Gestützt auf § 6 Abs. 1 und 2 leg. cit. kam die Baubehörde zum Ergebnis, dass die Beschwerdeführerinnen nicht Partei des Bauverfahrens seien und ihnen daher der Baubewilligungsbescheid nicht zuzustellen sei.

Ihre dagegen erhobene Berufung wurde mit Berufungsbescheid vom 6. Dezember 2000 als unbegründet abgewiesen.

Mit dem erstangefochtenen Bescheid vom 8. Feber 2001 hat die belangte Behörde die dagegen erhobene Vorstellung als unbegründet abgewiesen. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Beschwerdeführerinnen Hangrutschungen befürchteten, ihnen diesbezüglich aber kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht zukomme.

Zwischenzeitig hatten die Beschwerdeführerinnen mit Schriftsatz vom 27. Dezember 2000 Einwendungen gegen das Vorhaben erhoben und beantragt, ihre Parteistellung bescheidmäßig festzustellen und ihnen sämtliche allenfalls ergangenen Bescheide zuzustellen.

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 21. Feber 2001 wurde der Antrag auf Einräumung der Parteistellung abgewiesen.

Mit Berufungsbescheid vom 30. Oktober 2001 wurde der dagegen erhobenen Berufung nicht stattgegeben, aber aus Anlass der Berufung der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides hingegen dahin abgeändert, dass die "Anträge (Einwendungen) vom 27.12.2000 um Parteistellung" wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurden (Spruchteil 1.).

Weiters wurde mit diesem Bescheid (Spruchteil 2.) aus Anlass der Berufung (vom Stadtrat als Oberbehörde) der erstinstanzliche Bescheid vom 21. Juni 2000 gemäß § 68 Abs. 4 Z 4 AVG für nichtig erklärt (was näher begründet wurde).

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid vom 19. Feber 2002 wurde die von der Beschwerdeführerin gegen den Spruchteil 1. erhobene Vorstellung als unbegründet abgewiesen, was im Wesentlichen damit begründet wurde, dass das Bauverfahren bereits - formell - rechtskräftig abgeschlossen sei (im Übrigen sei gegen die Nichtigerklärung (vom Bauwerber) keine Vorstellung erhoben worden).

Die Beschwerdeführerinnen erhoben gegen beide Vorstellungsentscheidungen zunächst Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 10. Juni 2002, B 388/01-10 und B 581/02-7, die Behandlung der Beschwerden ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

In ihren über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerden verweisen die Beschwerdeführerinnen zunächst darauf, dass die den Verfahren zugrundeliegende Baubewilligung mit dem Bescheid vom 30. Oktober 2001 gemäß § 68 Abs. 4 Z 4 AVG für nichtig erklärt worden sei, weshalb der Verwaltungsgerichtshof prüfen möge, ob Gegenstandslosigkeit eingetreten sei. Bejahendenfalls sprachen sie Kostenersatz an. In der Hauptsache machen sie jeweils inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, beide Beschwerdeverfahren zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden.

Gemäß § 33 Abs. 1 VwGG ist, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde, nach dessen Einvernahme die Beschwerde in nichtöffentlicher Sitzung als gegenstandlos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

Bei einer Beschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG kann eine "Klaglosstellung" nur in einer formellen Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides durch die belangte Behörde oder die allenfalls in Betracht kommende Oberbehörde oder durch den Verfassungsgerichtshof bestehen. Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch ein bei ihm anhängiges Verfahren wegen Gegenstandslosigkeit einzustellen, wenn einerseits die Voraussetzungen für eine Sachentscheidung nicht vorliegen, andererseits aber auch kein Zurückweisungsgrund oder auch nicht Klaglosstellung im vorstehend angeführten Sinn vorliegt (siehe dazu beispielsweise den hg. Beschluss vom 26. Mai 1999, Zl. 98/12/0499, mwN).

Der Verwaltungsgerichtshof tritt der Beurteilung der Beschwerdeführerinnen bei, dass im Hinblick auf die mit dem Bescheid vom 30. Oktober 2001 (auch) erfolgte Behebung des zugrundeliegenden erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheides Gegenstandslosigkeit im zuvor umschriebenen Sinn eingetreten ist. Die Beschwerden waren daher als gegenstandslos geworden zu erklären und die Verfahren einzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht § 58 Abs. 2 VwGG in der Fassung BGBl. I Nr. 98/1997. Die Beurteilung des hypothetischen Verfahrensausganges würde einen unverhältnismäßigen Aufwand bedeuten, zumal es für einen Kostenzuspruch an die Beschwerdeführerinnen, wie angestrebt, erforderlich wäre, jedenfalls noch die belangte Behörde in die Beschwerdeverfahren einzubeziehen. Im Beschwerdefall erscheint es daher sachgerecht, den Beschwerdeführerinnen keinen Kostenersatz zuzuerkennen (vgl. abermals den zuvor genannten Beschluss vom 26. Mai 1999, Zl. 98/12/0499.

Wien, am 23. September 2002

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