VwGH 2002/05/0758

VwGH2002/05/075812.11.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Beschwerde der Margarete Haider in Wien, vertreten durch Dr. Paul Georg Appiano, Dr. Bernhard Kramer und Dr. Vera Scheiber, Rechtsanwälte in Wien I, Bösendorferstraße 7, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 25. April 2002, Zl. MD-VfR-B XIX-4/02, betreffend Gehsteigherstellung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §58 Abs1;
AVG §59 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
AVG §58 Abs1;
AVG §59 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37/19, hat mit Datum vom 22. November 2001 einen Bescheid mit folgendem Spruch erlassen:

"Der Magistrat erteilt gemäß § 54 der Bauordnung für Wien (BO) die (richtig wohl: der) Eigentümerin der Liegenschaft EZ 336 der Kat.-Gem. Untersievering, den Auftrag, binnen 6 Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides entlang der Baulinie einen bauordnungsgemäßen Gehsteig herstellen zu lassen."

Die Zustellverfügung lautete:

"Ergeht an: Margarete Haider als Gebäudeeigentümerin."

Gegen diesen Bescheid brachte die Beschwerdeführerin, die Alleineigentümerin der gegenständlichen Liegenschaft mit dem darauf befindlichen Gebäude ist, Berufung ein, die sie inhaltlich ausführte.

Mit Bescheid vom 25. April 2002 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin als unzulässig zurückgewiesen. Aus dem Spruch der verfahrensgegenständlichen Erledigung folge, dass Adressatin abstrakt die Eigentümerin der im Betreff genannten Liegenschaft sei. In der Zustellverfügung dieser Erledigung sei hingegen die Gebäudeeigentümerin als Bescheidadressatin angeführt. Aus der gegenständlichen Erledigung sei, bedingt durch den Widerspruch zwischen Spruch und Zustellverfügung, nicht erkennbar, an wen er sich richte, es liege somit kein Bescheid vor, weshalb die Berufung zurückzuweisen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 134 Abs. 7 der Bauordnung für Wien (BO) in der hier maßgeblichen Fassung der Novelle LGBl. Nr. 34/1992 ist, sofern es sich um einen von Amts wegen erlassenen Bescheid handelt, die Person Partei, die hiedurch zu einer Leistung, Unterlassung oder Duldung verpflichtet wird. Alle sonstigen Personen, die hiedurch in ihren Privatrechten oder Interessen betroffen werden, sind Beteiligte (§ 8 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes).

Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, dass die Bestimmungen der §§ 58 und 59 AVG nicht ausdrücklich die Pflicht normieren, im Bescheid den Adressaten zu nennen; dennoch müsse der Bescheid eindeutig erkennen lassen, wer Bescheidadressat sei, dies gerade auch im Hinblick auf eine allfällige Vollstreckung. Der Verwaltungsgerichtshof hat etwa in seinem Erkenntnis vom 12. Jänner 1970, Slg. 7703/A, unter Hinweis auf seine Vorjudikatur ausgesprochen, dass es keinen Verstoß gegen die Vorschrift des § 59 Abs. 1 AVG bedeute, wenn die Behörde im Spruch zwar den Verpflichteten zunächst abstrakt bezeichne (z.B. Eigentümer der Liegenschaft), dann aber in der Zustellverfügung diejenige physische oder juristische Person benenne, auf welche sich der Spruch beziehe; dann könne man nicht sagen, dass durch eine solche Erfassung der Person des zu einer Leistung Verpflichteten das im Spruch des Bescheides zu begründende Rechtsverhältnis nicht klar zum Ausdruck kommen würde. Werde also im Spruch eine Person nur abstrakt bezeichnet, so komme der Zustellverfügung, in der sie dann namentlich bezeichnet sei, wesentliche Bedeutung zu, weil dadurch erst die notwendige Individualisierung bewirkt werde. Werde aber im Spruch des Bescheides niemand, so auch nicht die Eigentümer bzw. Miteigentümer der Liegenschaft angesprochen, sei der Bescheid mangels ausdrücklicher Spezifikation ausschließlich an den in der Zustellverfügung genannten Bescheidadressaten gerichtet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. April 1994, Zl. 94/05/0075).

Dem hg. Erkenntnis vom 24. März 1992, Zl. 88/07/0072, auf das sich die belangte Behörde in ihrem Bescheid stützte, lag ein Bescheid zu Grunde, in dem der Name des Bescheidadressaten nicht enthalten war, lediglich im Zustellnachweis schien neben dem Namen des Rechtsvertreters der damalige Beschwerdeführer auf, weshalb der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis zu der Rechtsansicht gelangte, dass kein Bescheid vorliege, weil der Zustellnachweis keinen Bescheidbestandteil bilde.

Anders ist aber der vorliegende Fall zu beurteilen: Hier ist nicht im Zustellnachweis der gemeinte Bescheidadressat genannt, sondern in der Zustellverfügung, die Teil dieses Bescheides ist, sodass im Sinne des hg. Erkenntnisses vom 26. April 1994 davon auszugehen ist, dass in der Zustellverfügung die für einen Bescheid notwendige Individualisierung erfolgte. Im Beschwerdefall lag damit ein erstinstanzlicher Bescheid vor und nicht eine keinen Bescheid darstellende "Erledigung". Die inhaltlich ausgeführte Berufung der Beschwerdeführerin hätte die belangte Behörde daher inhaltlich erledigen müssen, wobei es ihr unbenommen geblieben wäre, im Rahmen der inhaltlichen Erledigung die Unschärfe des erstinstanzlichen Bescheides in der abstrakten Bezeichnung im Spruch " Eigentümerin der Liegenschaft" und jener in der Zustellverfügung "Frau Margarete Haider als Gebäudeeigentümerin" auszuräumen, was bezogen auf den Beschwerdefall weder den Austausch der Partei, noch die Beseitigung einer ursprünglich zweiten Partei bedeutet hätte, weil die Beschwerdeführerin sowohl Eigentümerin der Liegenschaft als auch des darauf errichteten Gebäudes ist und der erstinstanzliche Bescheid erkennbar ausschließlich an die Beschwerdeführerin als Verpflichtete gerichtet war.

Da die belangte Behörde der Beschwerdeführerin zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert hat, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 12. November 2002

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