VwGH 2002/03/0163

VwGH2002/03/016316.10.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des H in Wien, vertreten durch Dr. Michael Mayrhofer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Fleischmarkt 20, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 22. November 2001, Zl. UVS-04/G/21/7748/2000/4, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §13 Abs1;
VStG §51;
VStG §51e;
VwRallg;
AVG §13 Abs1;
VStG §51;
VStG §51e;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Mit Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 15. Bezirk, vom 12. Juli 2000 wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen Berufener der "S Gesellschaft m.b.H. zu verantworten, dass diese Gesellschaft am 5. Februar 2000 gegen 1.10 Uhr in St. Pölten/Niederösterreich auf der A-1 Westautobahn, Richtungsfahrbahn Wien, von 4052 Ansfelden, Traunuferstraße 105a kommend (Ort der Anhaltung: A-1, Richtungsfahrbahn Wien, km 59,0), mit einem nach dem Kennzeichen bestimmten LKW samt Anhänger, gelenkt durch den Fahrer D, unbefugt, und somit in der Absicht, einen wirtschaftlichen Ertrag zu erzielen, das konzessionierte Gewerbe "Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen im Fernverkehr" betrieben habe, indem von der Firma G GmbH in 4052 Ansfelden, Waren (WAB 148 und WAB 19) zu G GmbH in 1210 Wien, transportiert worden seien. Dadurch habe er § 366 Abs. 1 Z. 1 der Gewerbeordnung 1994, BGBl. 154, idgF im Zusammenhalt mit "§§ 23 Abs. 2 und 2 Abs. 1" des Güterbeförderungsgesetzes 1995, BGBl. Nr. 593, übertreten. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 366 Abs. 1 Einleitungssatz der Gewerbeordnung 1994 eine Geldstrafe in der Höhe von S 8.000,-- (entspricht EUR 581,38; Ersatzfreiheitsstrafe im Uneinbringlichkeitsfall von 4 Tagen) verhängt.

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer (vor dem genannten Bezirksamt am 28. August 2000 niederschriftlich aufgenommen) Berufung und führte darin im Wesentlichen aus, dass die in Rede stehende Güterbeförderung "von der Gewerbetreibenden Frau E in Wöllersdorf durchgeführt" worden sei, die auch im Besitz der Gewerbeberechtigung für den Güterfernverkehr sei. Die Waren (Pakete) seien bei der Firma G in Ansfelden abgeholt und nach Wien transportiert worden, der Lkw sei von dem genannten Lenker gelenkt worden, weil Frau E zu diesem Zeitpunkt keinen Chauffeur gehabt habe.

Die belangte Behörde führte am 22. November 2001 eine mündliche Verhandlung durch. Im Verhandlungsprotokoll ist lediglich folgende Aussage des Beschwerdeführers wörtlich wiedergegeben: "Ich bin aus der Firma komplett ausgeschieden und habe keine Funktion mehr dort. Ich bin auch nicht mehr GF. Ich bin mittlerweile in Pension. Ich verweise auf meine schlechte gesundheitliche Situation. Ich sehe ein, dass ich eine Konzession für die Güterbeförderung gebraucht hätte. Auf Grund des Umstandes, dass ich keine berufliche Tätigkeit mehr ausübe und auf Grund meines schlechten gesundheitlichen Zustandes ersuche ich um eine milde Bestrafung."

Mit dem vorliegend angefochtenen Bescheid wurde der Berufung, die sich nach Auffassung der belangten Behörde nur gegen die Höhe der Strafe richtete, gemäß § 66 Abs. 4 AVG insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe von S 8.000,-- (entspricht EUR 581,38) auf S 5.000,-- (entspricht EUR 363,36) und die Ersatzfreiheitsstrafe im Uneinbringlichkeitsfall von vier auf zwei Tage und 12 Stunden herabgesetzt wurde.

Begründend wurde unter anderem ausgeführt, dass die belangte Behörde am 22. November 2001 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt habe, an der der Beschwerdeführer persönlich teilgenommen habe. Im Zuge der mündlichen Verhandlung habe dieser seine gegen den Erstbescheid erhobene Berufung - nach ausführlicher Erörterung der Sach- und Rechtslage - auf die Strafhöhe eingeschränkt.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens erwogen hat:

2.1. Mit ihrem Einwand, die belangte Behörde habe den angefochtenen Bescheid erst nach Ablauf der im § 51 Abs. 7 VStG vorgesehenen Frist von 15 Monaten nach Einlangen der Berufung erlassen, übersieht die Beschwerde, dass die belangte Behörde nach Ausweis der Verwaltungsstrafakten den angefochtenen Bescheid schon bei der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 22. November 2001 - somit etwas weniger als 15 Monate nach der vom Beschwerdeführer vor der Erstbehörde am 28. August 2000 mündlich erhobenen Berufung - mündlich verkündet und damit gegenüber dem Beschwerdeführer erlassen hat.

2.2. Der Beschwerdeführer wendet aber zu Recht ein, dass er bei der besagten mündlichen Verhandlung seine - nach Ausweis der Verwaltungsstrafakten uneingeschränkt - erhobene Berufung gegen den Erstbescheid nicht auf die Strafhöhe eingeschränkt habe. Nach der hg. Rechtsprechung sind Parteienerklärungen im Zweifel so auszulegen, dass eine Partei nicht um ihren Rechtsschutz gebracht wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 1994, Zl. 92/07/0070). Im Lichte dieses Grundsatzes kann aus der (oben unter 1.) wiedergegebenen Aussage des (zudem bei dieser Verhandlung anwaltlich unvertretenen) Beschwerdeführers keine Einschränkung seiner Berufung auf die Strafhöhe abgeleitet werden. Diese allenfalls als Geständnis einzustufende Aussage ist - entgegen der belangten Behörde - nicht ohne weiteres als Prozesserklärung zu werten.

2.3. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

2.4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 16. Oktober 2002

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