VwGH 2001/14/0213

VwGH2001/14/021328.5.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur Mag (FH) Schärf, über die Beschwerde der S-Gesellschaft mbH in L, vertreten durch Dr. Alexander Koch, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Schillerstraße 1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 19. September 2001, Zl. RV349/1-8/1998, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum 1. Jänner 1994 bis 31. Dezember 1996, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §22 Z2;
FamLAG 1967 §41 Abs1;
FamLAG 1967 §41 Abs2;
FamLAG 1967 §41 Abs3;
EStG 1988 §22 Z2;
FamLAG 1967 §41 Abs1;
FamLAG 1967 §41 Abs2;
FamLAG 1967 §41 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Roland S und Heinz S sind die Geschäftsführer der beschwerdeführenden GmbH. Roland S ist zu 79%, Heinz S zu 3% (mittelbar) an der Beschwerdeführerin beteiligt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurden der Beschwerdeführerin im Instanzenzug für die Jahre 1994 bis 1996 Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen unter Berufung auf § 41 Abs 1 Familienlastenausgleichsgesetz (im Folgenden kurz: FLAG) und Zuschläge zum Dienstgeberbeitrag (Handelskammerumlage) unter Berufung auf § 57 Abs 7 und 8 des Handelskammergesetzes vorgeschrieben. Begründend wird u.a. ausgeführt, im Zuge einer Lohnsteuerprüfung im Unternehmen der Beschwerdeführerin sei festgestellt worden, dass die Vergütungen der Geschäftsführer nicht in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag einbezogen gewesen seien. Der Bezug des Roland S habe 3,538.000 S im Jahr 1994, 4,290.000 S im Jahr 1995 und 3,180.000 S im Jahr 1996 betragen. Der Bezug des Heinz S habe in den Jahren 1994 bis 1996 jährlich jeweils 1,800.000 S betragen. In der Berufung sei eingewendet worden, dass die Geschäftsführer ein monatliches Entgelt erhielten, welches an das Unternehmensergebnis angepasst werde. Nach den Feststellungen der belangten Behörde ermittle die Beschwerdeführerin ihren Gewinn nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr. Die Bezüge des Roland S seien wie folgt den Wirtschaftsjahren zuzuordnen: 4,290.000 S dem Wirtschaftsjahr 1995/96, 3,180.000 S dem Wirtschaftsjahr 1996/97, 3,280.000 S dem Wirtschaftsjahr 1997/98 und 4,335.000 S dem Wirtschaftsjahr 1998/99. In diesen Wirtschaftsjahren habe die Beschwerdeführerin nachstehend genannte Betriebsergebnisse erzielt: 25,018.204 S im Wirtschaftsjahr 1995/96, 33,522.297 S im Wirtschaftsjahr 1996/97, 43,074.389 S im Wirtschaftsjahr 1997/98 und 35,741.322 S im Wirtschaftsjahr 1998/99. Es gebe keine solche Abhängigkeit der Entlohnung des Geschäftsführers vom Betriebsergebnis, dass von einem Unternehmerwagnis des Geschäftsführers gesprochen werden könnte. Die Schwankungen des Einkommens des Roland S, die "mit der betriebswirtschaftlichen Realität nicht im Einklang" stünden, begründeten kein Unternehmerwagnis. Die Entlohnung zeige keinen direkten Bezug zum Geschäftsergebnis auf. Auf Grund der vom Geschäftsführer zu erfüllenden Aufgaben könne die faktische Eingliederung in den betrieblichen Ablauf der Beschwerdeführerin nicht bestritten werden. Diese ergebe sich aus der kontinuierlichen Leistungserbringung an die Beschwerdeführerin. Das Vertragsverhältnis des Geschäftsführers Roland S weise sohin - bei Außerachtlassung der Weisungsgebundenheit - die Merkmale eines Dienstverhältnisses auf, sodass seine Einkünfte solche iSd § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 seien und deshalb in die Beitragsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag einzubeziehen seien. Der Geschäftsführer Heinz S habe laufend monatliche Bezüge von 120.000 S erhalten. Diese Bezüge seien erfolgsunabhängig ausbezahlt worden. Bei diesem Geschäftsführer liege ein Dienstverhältnis vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 41 Abs 1 bis 3 FLAG in der für die Streitjahre geltenden

Fassung lautet:

"(1) Den Dienstgeberbeitrag haben alle Dienstgeber zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen; als im Bundesgebiet beschäftigt gilt ein Dienstnehmer auch dann, wenn er zur Dienstleistung ins Ausland entsendet ist.

(2) Dienstnehmer sind Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des § 22 Z 2 des Einkommensteuergesetzes 1988.

(3) Der Beitrag des Dienstgebers ist von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen, die jeweils in einem Kalendermonat an die im Abs. 1 genannten Dienstnehmer gewährt worden sind, gleichgültig, ob die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer unterliegen oder nicht (Beitragsgrundlage). Arbeitslöhne sind Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b des Einkommensteuergesetzes 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Z 2 des Einkommensteuergesetzes 1988."

Im Erkenntnis vom 1. März 2001, G 109/00, hat der Verfassungsgerichtshof den Antrag des Verwaltungsgerichtshofes auf Aufhebung bestimmter, auch im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommender gesetzlicher Bestimmungen abgewiesen. Er hat dazu in Auslegung des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 u.a. ausgeführt, dass verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses, die im Zusammenhang mit einer weisungsgebundenen Tätigkeit Indizien für ein Dienstverhältnis seien, im Fall der - auf die gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführenden - Weisungsungebundenheit ihre Unterscheidungskraft verlieren und daher für die Lösung der Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen, nicht brauchbar sind. Zu den Merkmalen, die in diesem Sinn vor dem Hintergrund der Weisungsungebundenheit ihre Indizwirkung zur Bestimmung des durch eine Mehrzahl von Merkmalen gekennzeichneten Typusbegriffes des steuerlichen Dienstverhältnisses verlieren, gehören vor allem folgende: fixe Arbeitszeit, fixer Arbeitsort, arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Tätigkeit, Anwendbarkeit typischer arbeitsrechtlicher Vorschriften wie Abfertigungs- und Urlaubsregelung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz, sowie die Heranziehung von Hilfskräften in Form der Delegierung von bestimmten Arbeiten (vgl. dazu und zu den folgenden Ausführungen insbesondere die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. April 2001, 2001/14/0052 und 2001/14/0054).

Insgesamt stellt somit das in § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 für wesentlich beteiligte Gesellschafter normierte Vorliegen der sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses - abgesehen vom hinzuzudenkenden Merkmal der Weisungsgebundenheit - vor allem auf die Kriterien der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Kapitalgesellschaft und das Fehlen des Unternehmerwagnisses ab. Von Bedeutung ist noch das Merkmal der laufenden (wenn auch nicht notwendig monatlichen) Entlohnung. Eine laufende Entlohnung liegt auch dann vor, wenn der Jahresbezug nicht in monatlich gleich bleibenden Monatsbeträgen ausbezahlt wird (vgl das oben zitierte Erkenntnis 2001/14/0052).

Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige auf Dauer einen Teil des rechtlichen bzw. wirtschaftlichen Organismus bildet und seine Tätigkeit im Interesse dieses Organismus ausüben muss. Die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung spricht für die Eingliederung (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis 2001/14/0054).

Unternehmerwagnis liegt vor, wenn der Erfolg der Tätigkeit des Steuerpflichtigen weitgehend von der persönlichen Tüchtigkeit, vom Fleiß, von der persönlichen Geschicklichkeit sowie von den Zufälligkeiten des Wirtschaftslebens abhängt und der Steuerpflichtige für die mit seiner Tätigkeit verbundenen Aufwendungen selbst aufkommen muss. Dabei kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse an: Im Vordergrund dieses Merkmales steht, ob den Steuerpflichtigen tatsächlich das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmenschwankungen trifft.

Vor dem Hintergrund dieser in der Rechtsprechung zu § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 ergangenen Rechtsprechung sowohl des Verfassungs- als auch des Verwaltungsgerichtshofes kann der Verwaltungsgerichtshof nicht finden, dass die belangte Behörde im Beschwerdefall die Betätigung des Geschäftsführers Roland S zu Unrecht als solche iSd § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 qualifiziert und daraus die Rechtsfolgen hinsichtlich des Dienstgeberbeitrages und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag gezogen hat. Die für die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin wesentliche kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung ist im Beschwerdefall unbestritten geblieben. Gleiches gilt für die laufende Entlohnung. Ein für das Unternehmerwagnis sprechendes Risiko ins Gewicht fallender Schwankungen auf der Ausgabenseite wurde von der Beschwerdeführerin nicht dargetan. Da die Jahresbezüge des Roland S in einem Zeitraum von sechs Jahren zwischen 3,18 Mio S und 4,34 Mio S schwankten und zudem kein konkreter Zusammenhang zwischen der Höhe der Entlohnung und dem von der Beschwerdeführerin erzielten Ergebnis (Gewinn) erkennbar ist, hat die belangte Behörde auch zutreffend ein relevantes einnahmenseitiges Unternehmerrisiko des Geschäftsführers Roland S verneint (vgl das hg Erkenntnis vom 27. März 2002, 2001/13/0071).

Wenn in der Beschwerde vorgebracht wird, die im angefochtenen Bescheid angeführten Jahresbezüge des Roland S seien, wie sich das aus der Beilage zum Lohnsteuer-Prüfungsbericht ergebe, entgegen der Darstellung im angefochtenen Bescheid Bezüge des Kalenderjahre und nicht des Wirtschaftsjahres, wird damit kein Umstand aufgezeigt, der für ein Unternehmerrisiko spräche. Mit dem Vorbringen, das "EGT" (Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit) der Beschwerdeführerin sei im Wirtschaftsjahr 1995/96 um 46 % höher gewesen als im Wirtschaftsjahr 1994/95, während sich der Bezug des Roland S von 1995 auf 1996 "entsprechend reduziert" habe (von 4,290.000 S im Jahr 1995 auf 3,180.000 S im Jahr 1996), das "EGT" im Wirtschaftsjahr 1996/97 sei um 28 % niedriger gewesen als im Wirtschaftsjahr 1997/98, während sich der Bezug des Roland S von 1997 auf 1998 erhöht hätte (von 3,280.000 S im Jahr 1997 auf 4,335.000 S im Jahr 1998), wird nicht dargetan, in welcher Weise der Jahresbezug des Geschäftsführers vom Ergebnis der Beschwerdeführerin abhängt. Die dargestellte prozentuelle Veränderung des Ergebnisses der Beschwerdeführerin findet nämlich keine exakte Entsprechung in der Veränderung der Jahresbezüge. Zudem geht die Beschwerde nicht darauf ein, dass ihr "EGT" im Wirtschaftsjahr 1996/97 um 34% höher gewesen ist als im Wirtschaftsjahr 1995/96, während der Bezug des Roland S beinahe konstant geblieben ist (3,180.000 S im Jahr 1996 und 3,280.000 S im Jahr 1997). In dieses Bild fügt sich das Beschwerdevorbringen, wonach die Geschäftsführer niemanden darüber Rechenschaft zu geben hätten, wie hoch ihre Entgelte seien, und die Entgelte sich "von keinerlei gesetzlichen Bestimmungen, Kollektivverträgen und dgl."

ableiteten. Gerade wenn der Geschäftsführer ohne Vorgaben (und nach seinen Bedürfnissen) über die Höhe seiner Bezüge entscheiden kann, kommt ihm nicht jenes Risiko zu, welches für Unternehmer typisch ist.

Hinsichtlich des Geschäftsführers Heinz S ist die laufende Entlohnung zu einem Fixbezug (monatlich 120.000 S) unbestritten. Im Hinblick auf die kontinuierliche und gleich bleibende Entlohnung kann es weder der bloß allgemein gehaltene Hinweis, der Geschäftsführer schulde nicht seine Arbeitskraft, noch das Vorbringen, die Geschäftsführer seien einzelzeichnungsberechtigt und könnten sich daher gegenseitig vertrete, nach dem HGB bzw dem GmbHG könnten sie sogar kollektiv- oder einzelzeichnungsberechtigte Prokuristen ernennen, als rechtswidrig erkennen lassen, dass die belangte Behörde die Bezüge dieses Geschäftsführers als solche aus einem Dienstverhältnis (§ 25 Abs 1 Z 1 EStG) beurteilt hat.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 28. Mai 2002

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