Normen
BVergG 1997 §15 Z2;
LVergG Bgld 1995 §7 Abs1 Z2;
LVergG Bgld 1995 §9 Abs2;
BVergG 1997 §15 Z2;
LVergG Bgld 1995 §7 Abs1 Z2;
LVergG Bgld 1995 §9 Abs2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Burgenland hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei hat mit Eingabe vom 19. September 2001 um Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens und um Erlassung einer einstweiligen Verfügung ersucht. Bekämpft wurde das Vergabeverfahren im Zusammenhang mit dem "Zu- und Umbau der HLW/HAK Neusiedl am See".
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurden die Anträge gemäß §§ 93 und 96 Abs. 1 und 8 in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Bgld. Vergabegesetz infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde zurückgewiesen.
In der Begründung dieses Bescheides heißt es, die Eingabe der beschwerdeführenden Partei sei der mitbeteiligten Partei zur Stellungnahme übermittelt worden. Daraufhin sei der "4. Nachtrag zur Vereinbarung vom 27.06. bzw. 03.09.1975, abgeschlossen zwischen der Stadt und dem Bund, datiert mit 21.08.2000, vorgelegt und außerdem mitgeteilt" worden, dass der Zuschlag im angefochtenen Vergabeverfahren bereits erfolgt sei. Diesbezüglich sei das "von der Stadt und von Unternehmerseite am 11./14.09.2001 unterfertigte Auftragsschreiben" vorgelegt worden. Mit der
4. Nachtragsvereinbarung vom 21. August 2000 sei zwischen dem Bund und der Stadt festgelegt worden, dass die Stadt auf einem bestimmten, ihr gehörigen Grundstück die Errichtung eines Zubaues für das Bundesschulzentrum samt Sanierung des Altbestandes vornehme und dem Bund ein unentgeltliches Gebrauchsrecht bis zum Jahre 2070 einräume. Für die Planung und Baudurchführung sei, soweit es entscheidungswesentlich sei, zusammengefasst vorgesehen worden, dass
- die Planung nach dem vom Bund bekannt gegebenen Raum- und Funktionsprogramm und den vom Bund approbierten Plänen und Beschreibungen erfolgt,
- das Siegerprojekt des Wettbewerbes, der mit Zustimmung des Bundes durchgeführt wurde, mit der Durchführung der Planung beauftragt wird,
- der Bund einen Prüfingenieur bestellt,
- die Planungsergebnisse die Zustimmung des Bundes haben
müssen,
- sämtliche einschlägigen Ausschreibungen und Vergaben nach den Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes durchzuführen sind und die Vergaben und Zuschläge von der Stadt nur nach schriftlicher Zustimmung des Prüfingenieurs vorgenommen werden dürfen,
- sämtliche Gewährleistungsansprüche von der Stadt als Bauherr geltend zu machen sind,
- die Abrechnungen dem Bund bzw. seinem Beauftragten vorzulegen sind,
- die Stadt als Bauherr die Originalbelege aufzubewahren hat."
Weiters sei vereinbart worden, dass der Bund ein Entgelt in Höhe von maximal 136,8 Mio. S leiste, welches nach seiner Wahl entweder nach dem Baufortschritt oder in zehn Jahresraten fällig sei. Die Versicherung des Objektes übernehme der Bund auf eigene Rechnung namens der Stadt und bestimme der Bund den Versicherer. Der Bund trage während der Vertragsdauer alle mit der Benützung des Objektes und der Liegenschaft verbundenen Lasten und sorge für die Erhaltung. Unter Bezugnahme auf den vorstehend dargestellten Vertrag sei das Amt der Landesregierung als Prüfingenieur bestellt und die Rechte und Pflichten der Vertragspartner konkretisiert worden.
Wie es in der Begründung sodann heißt, sei die gegenständliche Ausschreibung im Rahmen eines Schulbauvorhabens erfolgt, welches die Sanierung bzw. die Erweiterung des Bundesschulzentrums Neusiedl am See zum Ziel habe. Ausgangspunkt sei daher ein Schulbauvorhaben der Republik. Möge die Stadt auch ein Interesse an der Verwirklichung des Projektes haben und möge sie sich daran auch durch das Zurverfügungstellen des Grundes bzw. Gebäudes und durch die Mitwirkung entsprechend der Vereinbarung mit dem Bund beteiligen, sei sie aber dennoch nicht als Auftraggeberin des gegenständlichen Vorhabens anzusehen. Nach der dargestellten Vereinbarung zwischen dem Bund und der Stadt bestimme der Bund sämtliche Zielvorgaben, von ihm seien die Pläne und Beschreibungen zu approbieren, er bestelle den Prüfingenieur und dürften die Vergaben durch die Stadt nur nach Zustimmung dieses Prüfingenieurs vorgenommen werden. Die begleitende Kontrolle erfolge somit durch einen Vertragspartner des Bundes. Außerdem finanziere der Bund das gegenständliche Bauvorhaben nach den vorliegenden Unterlagen mit 100 % und sei ihm ein Gebrauchsrecht auf 70 Jahre eingeräumt worden, wobei er in dieser Zeit sämtliche Lasten trage. Darüber hinaus sei auch die Einhaltung des Bundesvergabegesetzes ausdrücklich in der Vereinbarung vorgesehen. Aus diesen Kriterien ergebe sich, dass im Anlassfall der Bund "als wahrer öffentlicher Auftraggeber" anzusehen sei. Dass dies im gegenständlichen Vergabeverfahren nicht offen gelegt, sondern im Zuge der Verwirklichung des Projektes vielmehr immer mehr verdunkelt worden sei, vermöge daran nichts zu ändern. Die Bundesvergabekontrollkommission habe hinsichtlich ihrer Zuständigkeit in zwei bei ihr anhängigen Schlichtungsverfahren nicht einheitlich entschieden. Während ursprünglich betreffend den Stahlbau nach der Begründung der Empfehlung davon ausgegangen worden sei, dass die Stadt als Vertreter aufgetreten sei, wurde das später eingebrachte Schlichtungsersuchen der beschwerdeführenden Partei abgelehnt. Der OGH habe in seiner E.vom 28. März 2000, Zl. 1 Ob 201/99m (JBl. 2000, 519 = ecolex 2000, 646) im Zusammenhang mit der Verletzung von Vergaberegeln durch einen mit der Durchführung beauftragten Dritten, der die Ausschreibung im eigenen Namen ohne Hinweis auf den öffentlichen Auftraggeber vorgenommen habe, erkannt, dass der öffentliche Auftraggeber, der die Durchführung eines Bauvorhabens, mit welchem eine im allgemeinen Interesse wahrzunehmende Aufgabe nicht gewerblicher Art erfüllt werden sollte, einem Dritten übertrage, selbst dann einen zu Unrecht übergangenen Bieter hafte, wenn die Ausschreibung durch den Beauftragten vorgenommen worden sei. Auch in diesem Fall sei die Einladung zur Anboterstellung ausdrücklich vom Beauftragten des Bundes persönlich erfolgt und habe weder die Einladung noch die Angebotsunterlagen einen Hinweis auf eine Beteiligung des Bundes enthalten. Es bestehe kein Grund, diese Überlegungen nicht auch auf den Anlassfall zu übertragen und müsse daher beim vorliegenden Sachverhalt nach seinem Gesamtzusammenhang davon ausgegangen werden, dass die Stadt für den Bund tätig geworden sei. Welche Rechtsstellung der Gemeinde durch dieses Tätigwerden eingeräumt worden sei, sei nicht entscheidungswesentlich und brauche daher im gegebenen Zusammenhang nicht untersucht zu werden. Zwar unterscheide sich der vorliegende Fall von dem der Entscheidung des OGH zu Grunde liegenden Fall insofern, als hier nicht ein Architekt (der als solcher selbst nicht öffentlicher Auftraggeber sei), sondern eine Gemeinde (die selbst öffentliche Auftraggeberin sei) den Zu- und Umbau an der öffentlichen Berufsschule durchführen sollte, was aber - angesichts der dargestellten rigorosen Bindung der Gemeinde an die Vorgaben des Bundes - nichts daran ändere, dass die Gemeinde (ebenso wie der Architekt) nur als "verlängerter Arm" des Bundes anzusehen sei. Insofern könne auch aus dem Umstand, dass das gegenständliche Grundstück und damit der darauf zu errichtende Bau im Eigentum der Gemeinde stehe, nichts Gegenteiliges abgeleitet werden. Durch die bereits dargestellten Einschränkungen, denen die Gemeinde hier unterliege, bleibe ihr nichts als das nudum ius. Dass die Stadt weiters an zwei Stellen der 4. Zusatzvereinbarung formell als "Bauherr" genannt sei, vermöge an der dargestellten rechtlichen Beurteilung auch nichts zu ändern. Inhaltlich könne nach dem geschilderten Sachverhalt die Bauherrneigenschaft der Gemeinde nicht begründet werden. Außerdem könne der Bund die Verpflichtungen nach dem Bundesvergabegesetz und die sich daraus ergebenden Zuständigkeiten nicht dadurch umgehen, dass in der Ausschreibung die Gemeinde als Auftraggeber genannt werde. Schließlich stelle auch der Bund die öffentlichen Mittel zur Verfügung, für deren rechtlich einwandfreien Einsatz in einem fairen Vergabeverfahren er zu sorgen habe und dessen Kontrolle durch die dafür zuständige Stelle er sich gefallen lasse müsse. Mögen die von einem öffentlichen Auftraggeber in einem Vergabeverfahren nach dem bundes- und landesgesetzlichen Vorschriften einzuhaltende Bestimmungen auf Grund der europarechtlichen Vorgaben auch sehr ähnlich sein, seien die im Streitfall zuständigen Nachprüfungsinstanzen aber nicht identisch und liege es nicht im Belieben der Parteien, das anzuwendende Recht und damit die Zuständigkeit über eine derartige Vertragskonstruktion "zu vereinbaren".
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 7 Abs. 1 des hier noch anzuwendenden (vgl. § 142 Abs. 2 Bgld. Vergabegesetz 2001) Bgld. Vergabegesetz, LGBl. 1/1995, gilt dieses Gesetz für die Vergabe von Aufträgen durch öffentliche Auftraggeber, das sind (u.a.) die Gemeinden (Z. 2).
Nach § 9 Z. 2 Bgld. Vergabegesetz ist Auftraggeber jede natürliche oder juristische Person, die vertraglich an einen Auftragnehmer einen Auftrag zur Erbringung von Leistungen gegen Entgelt erteilt oder zu erteilten beabsichtigt.
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides bekämpft die beschwerdeführende Partei die Auffassung der belangten Behörde, als Auftraggeber sei nicht die mitbeteiligte Partei, sondern der Bund anzusehen. Vor dem Hintergrund der Definition des § 9 Z. 2 Bgld. Vergabegesetz könne kein Zweifel daran bestehen, dass Auftraggeber für die verfahrensgegenständlichen Leistungen eben die mitbeteiligte Partei sei. Der der Ausschreibung beigeschlossene Werkvertrag werde auch ausdrücklich zwischen der mitbeteiligten Partei und dem Auftragnehmer abgeschlossen. Auch zivilrechtlich sei daher die mitbeteiligte Partei als Werkbesteller zu sehen und müssten sämtliche allfälligen Ansprüche gegenüber der mitbeteiligten Partei - und nicht etwa gegenüber dem Bund - durchgesetzt werden. Soweit die belangte Behörde auf Zusatzvereinbarungen bzw. Nachträge verweise, seien diese den Bietern bzw. Bewerbern nicht zugänglich, deren Inhalt daher auch unbekannt gewesen. In der Ausschreibung sei ausdrücklich als anzuwendende Vorschrift das Bgld. Vergabegesetz sowie näher zitierte ÖNORMEN genannt worden. Es könne nicht so sein, dass im Zuge einer EU-weiten Ausschreibung ausdrücklich die mitbeteiligte Partei als Auftraggeber genannt werde, ausdrücklich auch die Anwendung des Bgld. Vergabegesetzes statuiert werde und in der Folge im Rechtsweg einem Bieter mitgeteilt werde, dass dies alles nicht so gelten solle, sondern Vertragspartner bzw. Auftraggeber nunmehr ein völlig anderer sein solle und zudem auch ein anderes rechtliches Regime zur Anwendung gelangen solle. Im Übrigen ergebe sich daraus, dass laut Nachtragsvereinbarung vom 21. August 2000 sämtliche Gewährleistungsansprüche von der mitbeteiligten Partei als Bauherr geltend zu machen seien, dass die mitbeteiligte Partei als Bauherr fungiere und Eigentümer des Grundstückes sowie des darauf errichteten Schulbaues eben die mitbeteiligte Partei sei.
Die beschwerdeführende Partei ist damit im Ergebnis im Recht.
Die mitbeteiligte Partei ist eine Gebietskörperschaft, die im Grunde des § 7 Abs. 1 Z. 2 vom persönlichen Geltungsbereich des Bgld. Vergabegesetzes erfasst ist.
Der Verwaltungsgerichtshof teilt auch die Auffassung der beschwerdeführenden Partei über die Auftraggebereigenschaft der mitbeteiligten Partei im Sinne des § 9 Z. 2 Bgld. Vergabegesetz:
Die vorgelegten Verwaltungsakten belegen, dass die mitbeteiligte Partei das zu Grunde liegende Vergabeverfahren im eigenen Namen durchgeführt hat und den Zuschlag nicht etwa für den Bund, sondern im eigenen Namen erteilt hat.
Unabhängig von der Frage einer (allfälligen) Verletzung von Verfahrensvorschriften - die beschwerdeführende Partei macht auch geltend, dass ihr die 4. Nachtragsvereinbarung vom 21. August 2000 unbekannt geblieben sei - kann selbst aus der
4. Nachtragsvereinbarung vom 21. August 2000 zwischen dem Bund und der mitbeteiligten Partei nicht abgeleitet werden, dass für die beschwerdeführende Partei erkennbar gewesen sei, dass die mitbeteiligte Partei für einen anderen Auftraggeber tätig geworden wäre. So enthält auch die 4. Nachtragsvereinbarung vom 21. August 2000 keine Vertragsbestimmung, dass die mitbeteiligte Partei namens des Bundes - und nicht im eigenen Namen - tätig zu werden habe. Die in Frage stehende Vereinbarung stellt auch ausdrücklich darauf ab, dass die mitbeteiligte Partei Bauherr ist und sie Grundeigentümerin bleibt, ihr als Grundeigentümerin das Eigentum an den Um- und Zubauten an ihrem Gebäude auf ihrem Grund schon mit der Verbindung des dazu erforderlichen Materials mit Grund und Gebäude zuwächst. In diesem Kontext vermag der Verwaltungsgerichtshof auch der Vertragsbestimmung, wonach Ausschreibungen und Vergaben nach den Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes durchzuführen seien, nicht das Gewicht beizumessen, es wäre im Hinblick auf die 4. Nachtragsvereinbarung (zumindest) erkennbar gewesen, die mitbeteiligte Partei wäre (als direkte Stellvertreterin) für einen anderen Auftraggeber, nämlich dem Bund, tätig geworden (zur Auftraggebereigenschaft nach § 15 Z. 2 Bundesvergabegesetz 1997 vgl. auch die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 2. März 2000, B 1383/98, und vom 9. Oktober 2001, G 10/01). Im Übrigen ist anzumerken, dass die Frage, welches Recht anzuwenden ist - jedenfalls im Bereich der Vergabekontrollinstanzen -, nicht der Parteiendisposition unterliegt.
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt damit die Auffassung, dass in dem hier zu beurteilenden Vergabeverfahren eine etwaige Vertretungsfunktion der mitbeteiligten Partei nach außen weder kundgetan, noch erkennbar gewesen wäre. Die mitbeteiligte Partei war vielmehr als Auftraggeber i.S.d. § 9 Z. 2 Bgld. Vergabegesetz anzusehen, weil sie (für sich) " einen Auftrag zur Erbringung von Leistungen gegen Entgelt erteilt oder zu erteilten beabsichtigt" hat.
An dieser Beurteilung vermag auch die Bezugnahme der belangten Behörde auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vom 28. März 2000, 1 Ob 201/99m (JBl. 2000, 519 = ecolex 2000, 646) nichts zu ändern. Wie Ralf D. Pock (RPA 2001, 222, 225) zutreffend ausführt, weicht der Sachverhalt der diesbezüglichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vom vorliegenden Sachverhalt wesentlich ab (vgl. auch den Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 12. Juli 2000, 7 Ob 110/99y, in dem hinsichtlich der Entscheidung 1 Ob 201/99m darauf hingewiesen wird, dass es auf eine beabsichtigte Umgehung von Vergabevorschriften bzw. sonst auf eine zivilrechtlich relevante Umgehungsabsicht ankomme).
Die belangte Behörde verkannte somit die Rechtslage, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 25. Februar 2002
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