Normen
AsylG 1997 §14 Abs1 Z5;
FlKonv Art33 Abs2;
SGG §12 Abs1;
SGG §12 Abs3 Z3;
SGG §12 Abs3;
StGB §15;
AsylG 1997 §14 Abs1 Z5;
FlKonv Art33 Abs2;
SGG §12 Abs1;
SGG §12 Abs3 Z3;
SGG §12 Abs3;
StGB §15;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 12. März 1984 wurde der Beschwerdeführer, ein jugoslawischer Staatsangehöriger, als Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes (1968) anerkannt.
Mit Bescheid vom 31. März 1995 hat das Bundesasylamt gemäß § 5 Abs. 1 Z 3 Asylgesetz (1991) festgestellt, dass der Beschwerdeführer keinen Anspruch mehr auf Asylgewährung habe, weil er eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeute. Nach der Begründung sei der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 26. Juli 1993 wegen Suchtgifthandels nach § 12 Abs. 3 Suchtgiftgesetz 1951 (SGG) und § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zu einer Geldstrafe von S 300.000,-- rechtskräftig verurteilt worden.
Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung des Beschwerdeführers gab der Bundesminister für Inneres mit Bescheid vom 2. Juli 1996 keine Folge und führte begründend aus, der Beschwerdeführer habe durch das genannte Delikt ein schweres Verbrechen begangen, das dann vorliege, wenn ein Delikt mit mehr als fünfjähriger Freiheitsstrafe bedroht sei.
Die gegen diesen Bescheid zur Zl. 96/01/0706 erhobene Beschwerde wies der Verwaltungsgerichtshof in Anwendung des § 44 Abs. 2 Asylgesetz (1997) zurück, wodurch das Verfahren in das Stadium vor Erlassung des angefochtenen Ministerialbescheides zurücktrat.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers "gemäß § 14 Abs. 1 Z 5 AsylG" ab und traf in der Begründung zur Person des Beschwerdeführers folgende Feststellungen:
"Im Jahre 2000 wurde die Ehe des Berufungswerbers (Beschwerdeführers) geschieden und ist er für einen in seinem Haushalt lebenden Sohn sorgepflichtig. Seit Mitte Mai 2001 geht er einer Beschäftigung nach.
Der Berufungswerber wurde im Zeitraum 1983 bis 1992 wegen fünf Delikten (Körperverletzung, Diebstahl) rechtskräftig verurteilt. Im Jahre 1993 wurde er zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren auf Grund des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 und 3 Z 3 SGG und § 15 StGB sowie zu einer Geldstrafe von S 300.000,-- verurteilt. Bei der Strafzumessung wurde als mildernd das Geständnis und dass es teilweise beim Versuch geblieben ist und als erschwerend die Vorstrafen, mehrfache Tatbegehung und die Tatbegehung aus Gewinnsucht gewertet. Nach der vollzogenen zweijährigen Freiheitsstrafe wurde der Asylwerber am 7.7.1996 wegen fahrlässiger Körperverletzung (§ 88 Abs. 1 StGB) verurteilt und ist dieses Urteil seit dem 6.8.1996 rechtskräftig. Am 5.4.2001 wurde der Berufungswerber vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen § 87 Abs. 1 StGB (absichtliche schwere Körperverletzung) zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten sowie einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von 11 Monaten mit einer Probezeit von 3 Jahren verurteilt und ist dieses Urteil seit dem 9.4.2001 rechtskräftig. Bei der Strafzumessung wurden keine Milderungsgründe berücksichtigt, lediglich die drei einschlägigen Vorstrafen wurden als erschwerend gewertet.
Während des zweijährigen Strafvollzuges verhielt sich der Berufungswerber ruhig und wurde diesem keine interne Ordnungsstrafe von der Justizanstalt Sonnberg erteilt.
Der Berufungswerber ist einfaches Mitglied der LDK.
Auf Grund des wiederholt strafbaren Verhaltens, in dem eine krasse Missachtung der körperlichen Integrität und des Eigentums anderer zum Ausdruck kommt ist auch zukünftig damit zu rechnen, dass sich der Berufungswerber nicht gesetzeskonform verhalten wird und stellt er eine Gefahr für die Gemeinschaft dar."
Nach Feststellungen zur allgemeinen Situation in der Provinz Kosovo und einer kurzen Beweiswürdigung führte die belangte Behörde in rechtlicher Hinsicht aus, dass die gemäß § 44 Abs. 1 AsylG am 1. Jänner 1998 bei den Asylbehörden anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen seien. Unter Hinweis auf das Erkenntnis vom 6. Oktober 1999, Zl. 99/01/0288, legte die belangte Behörde weiter dar, dass nach der nunmehr geltenden Rechtslage von einer Konkretisierung des Begriffs "besonders schweres Verbrechen" abgesehen worden sei und "die aus dem Völkerrecht stammenden Wendungen 'aus gewichtigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit' der Republik darstellen oder die 'wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt' worden sind und wegen dieses strafbaren Verhaltens 'eine Gefahr für die Gemeinschaft' bedeuten" würden, übernommen worden seien. Unter dem Begriff des "besonders schweren Verbrechens" seien nach herrschender Lehre des Völkerrechtes nur Straftaten zu verstehen, die objektiv besonders wichtige Rechtsgüter verletzten. Typischer Weise schwere Verbrechen seien etwa Tötungsdelikte, Vergewaltigung, Kindesmisshandlung, Brandstiftung, Drogenhandel, bewaffneter Raub und dergleichen. Für die Asylaberkennung gemäß § 14 Abs. 1 Z 5 AsylG müssten folgende Voraussetzungen gegeben sein: Begehung eines besonders schweren Verbrechens, rechtskräftige Verurteilung wegen desselben, Feststellung der Gefahr für die Gemeinschaft, Überwiegen der öffentlichen Interessen an der Außerlandesbringung im Verhältnis zu den Interessen des Flüchtlings am Weiterbestehen des Schutzes durch den Zufluchtstaat. Im vorliegenden Fall seien sämtliche Voraussetzungen für die Asylaberkennung gegeben. In der Folge wiederholte die belangte Behörde die im Rahmen des Sachverhaltes zu den strafrechtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers getroffenen Feststellungen und folgerte aus dieser "kriminellen Vergangenheit", dass auch bei einer Beschäftigung des Beschwerdeführers seit dem 15. Mai 2001 und der für einen im gemeinsamen Haushalt lebenden Sohn bestehenden Sorgepflicht keine günstige Zukunftsprognose vorliege und das Verhalten des Beschwerdeführers, in dem eine krasse Missachtung der körperlichen Integrität und des Eigentums anderer zum Ausdruck komme, eine Gefahr für die Gemeinschaft darstelle. Auch die Güterabwägung gehe zu Lasten des Beschwerdeführers, weil dieser als einfaches Mitglied der LDK "keine asylrechtlich relevanten ihm drohenden Maßnahmen zu gewärtigen" habe.
Über die gegen diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Die belangte Behörde gibt zutreffend wieder, welche Voraussetzungen für die Aberkennung von Asyl nach der ab 1. Jänner 1998 geltenden Rechtslage gemäß § 14 Abs. 1 Z 5 zweite Alternative AsylG gegeben sein müssen, verkennt jedoch die Bedeutung des Begriffs des "besonders schweren Verbrechens". Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit der Frage, wann ein "besonders schweres Verbrechen" im Sinne des Art. 33 Abs. 2 zweiter Fall FlKonv vorliegt, im Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 99/01/0449, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, auseinander gesetzt. Bei Anwendung der in diesem Erkenntnis entwickelten Kriterien auf das vorliegende Verfahren ist keine der von der belangten Behörde festgestellten Straftaten geeignet, unter den Begriff des "besonders schweren Verbrechens" subsumiert zu werden. Dies gilt auch für die von der belangten Behörde zur Begründung herangezogene (lange zurückliegenden) Verurteilung wegen Suchtgifthandels. Ohne Hinzutreten besonderer Umstände nämlich, aus denen sich ergäbe, dass sich das vom Beschwerdeführer begangene Delikt bei einer Strafdrohung von einem bis zu fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe (§ 12 Abs. 3 SGG) als objektiv und subjektiv besonders schwerwiegend erwiesen hätte, kann - selbst unter Berücksichtigung der im Urteil als erschwerend für die Strafzumessung gewerteten Gewinnsucht als Motiv für die Tatbegehung (sowie die mehrfache Tatbegehung) - aus der Verurteilung zu einer bloß zweijährigen Freiheitsstrafe, in deren Höhe die als erschwerend angenommenen Umstände bereits zum Ausdruck gekommen sind, wegen eines "typischer Weise" schweren Deliktes nicht geschlossen werden, dass der Straftat die für ein "besonders schweres Verbrechen" erforderliche außerordentliche Schwere anhaftet.
Indem die belangte Behörde verkannt hat, dass es im vorliegenden Fall schon an der für die Asylaberkennung notwendigen ersten Voraussetzung eines "besonders schweren Verbrechens" fehlt, hat sie den angefochtenen Bescheid mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001; die Mehrwertsteuer ist von der Pauschalvergütung für den Schriftsatzaufwand umfasst, weshalb das - erkennbar - darauf gerichtete Mehrbegehren abzuweisen war.
Wien, am 3. Dezember 2002
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