VwGH 2001/01/0256

VwGH2001/01/025622.10.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Pelant, Dr. Köller und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde der V, geboren 1974, vertreten durch Mag. Dr. Reimer Bahr, Rechtsanwalt in 9500 Villach, Italiener Straße 29, gegen den am 21. Dezember 2000 schriftlich ausgefertigten Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 6. Dezember 2000, Zl. 204.921/8- IX/26/00, betreffend § 15 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997 §13;
AsylG 1997 §15 Abs1;
AsylG 1997 §15 Abs2;
AsylG 1997 §15 Abs3;
AsylG 1997 §15 Abs4;
AsylG 1997 §21 Abs3;
AsylG 1997 §8;
FrG 1997 §52;
FrG 1997 §55;
FrG 1997 §56;
FrG 1997 §57;
FrG 1997 §75 Abs1;
FrG 1997 §75 Abs4;
FrG 1997 §75 Abs5;
AsylG 1997 §13;
AsylG 1997 §15 Abs1;
AsylG 1997 §15 Abs2;
AsylG 1997 §15 Abs3;
AsylG 1997 §15 Abs4;
AsylG 1997 §21 Abs3;
AsylG 1997 §8;
FrG 1997 §52;
FrG 1997 §55;
FrG 1997 §56;
FrG 1997 §57;
FrG 1997 §75 Abs1;
FrG 1997 §75 Abs4;
FrG 1997 §75 Abs5;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine der albanischen Volksgruppe angehörende Staatsangehörige der Bundesrepublik Jugoslawien aus dem Kosovo, reiste am 24. Juli 1998 in das Bundesgebiet ein. Sie stellte einen Asylantrag, den das Bundesasylamt mit Bescheid vom 10. August 1998 gemäß § 7 AsylG abwies; zugleich sprach das Bundesasylamt - erkennbar im Hinblick auf die im Kosovo stattfindenden Kampfhandlungen - gemäß § 8 AsylG aus, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin in die Bundesrepublik Jugoslawien nicht zulässig sei.

Die belangte Behörde bestätigte mit Bescheid vom 4. Februar 1999 die Abweisung des Asylantrages. Überdies erteilte sie der Beschwerdeführerin gemäß § 15 Abs. 2 und 3 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 4. Februar 2000. Seitens des Bundesasylamtes wurde diese Aufenthaltsberechtigung zunächst bis zum 31. März 2000 verlängert. Einen neuerlichen Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung wies das Bundesasylamt hingegen mit Bescheid vom 10. April 2000 (spruchgemäß: "Da Ihnen eine Ausreise in den Herkunftsstaat BR Jugoslawien, Provinz Kosovo, zugemutet werden kann") gemäß § 15 Abs. 3 AsylG ab. Ergänzend wurde "e contrario zu § 8 AsylG" festgestellt, dass eine Abschiebung in die BR Jugoslawien, Provinz Kosovo, zulässig sei.

Über die dagegen erhobene Berufung entschied die belangte Behörde mit dem nunmehr bekämpften Bescheid wie folgt:

"Die Berufung ... wird mit der Maßgabe abgewiesen, dass der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides zu lauten hat: 'Der Antrag von K. V. vom 30.03.2000 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung wird gemäß § 15 Abs. 3 AsylG abgewiesen.'"

Dieser Entscheidung legte die belangte Behörde zugrunde, dass die Beschwerdeführerin römisch-katholischen Glaubens sei und den Kosovo Mitte Juli 1998 in Begleitung ihres Bruders und ihrer Mutter verlassen habe. Das ehemalige Wohnhaus stehe leer, ein Onkel der Beschwerdeführerin lebe im Heimatort, eine Schwester in der näheren Umgebung; daneben hielten sich noch weitschichtige Verwandte im Kosovo auf. Außerdem traf die belangte Behörde umfassende Feststellungen "zur allgemeinen Situation im Kosovo", die sie dahingehend zusammenfasste, dass die ursprüngliche Bedrohungssituation nach der tatsächlichen und nachhaltigen Übernahme der Hoheitsgewalt durch UNMIK und KFOR infolge des gänzlichen Abzuges der serbischen Sicherheitskräfte weggefallen sei. Den vorliegenden Berichten könne kein Hinweis darauf entnommen werden, dass derzeit zurückkehrende kosovarische Albaner grundsätzlich in ihrer notdürftigsten Lebensgrundlage bedroht wären.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde - ausdrücklich zum Thema "Nichtverlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung" - aus, dass das Vorliegen eines Widerrufstatbestandes nach § 15 Abs. 3 AsylG auch die (nicht geregelte) Verlängerung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung ausschließen müsse. Nach den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage könne die Ausreise in den Herkunftsstaat insbesondere dann zugemutet werden (zu ergänzen: und sei daher der Widerrufstatbestand erfüllt), wenn im Herkunftsstaat jegliche Verfolgungsgefahr weggefallen sei. Dies sei angesichts dessen, dass eine weitere asylrelevante Verfolgung von Angehörigen der albanischen Volksgruppe im Kosovo durch "Serbien" bzw. die BR Jugoslawien nunmehr nachhaltig unwahrscheinlich erscheine, gegenständlich der Fall. Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführerin im Herkunftsstaat keine Verfolgung mehr drohe, finde sich aber auch kein Anhaltspunkt dafür, dass sie bei einer Rückkehr in ihre Heimat einer sonstigen Gefährdungssituation oder einer ausweglosen Situation ausgesetzt wäre, welche allenfalls eine Rückkehr unzumutbar machen könnte.

Zum Thema "Non-refoulement-Prüfung" (ersichtlich bezogen auf die erstinstanzliche "e contrario"-Feststellung zu § 8 AsylG) begründete die belangte Behörde ihre Entscheidung weiter damit, dass die Zulässigkeit "der in Rede stehenden Feststellungsbescheide" im Hinblick auf § 8 AsylG im Gesetz geregelt sei. Damit sei jedoch noch nicht die Frage geklärt, ob die Asylbehörden auch in anderen als den in den §§ 8 und 14 Abs. 3 AsylG anführten Fällen sachlich zur Erlassung von Feststellungsbescheiden zuständig seien. Aus § 14 AsylG und den Gesetzesmaterialien ergebe sich, dass eine Zuständigkeit der Asylbehörden aus Gründen der Verfahrenskonzentration im Fall der Abweisung eines Asylantrages und im Fall der Asylaberkennung bestehe, dass jedoch im Übrigen eine subsidiäre Allzuständigkeit der Fremdenpolizeibehörden anzunehmen sei. In diesem Zusammenhang sei - so die belangte Behörde weiter - auf die "objektiven Grenzen" der Rechtskraft hinzuweisen. Mit Bescheid werde über eine "bestimmte Verwaltungssache" entschieden, die durch den angenommenen Sachverhalt in Relation zur angewandten Rechtsvorschrift bestimmt werde. Es liege daher nicht mehr die selbe Verwaltungssache vor, wenn es sich um einen anderen Sachverhalt, insbesondere auch um einen später entstandenen, handle, oder wenn der selbe Sachverhalt einer anderen Rechtvorschrift unterstellt werde. Das bedeute, dass die Unzulässigkeit der Entscheidung der Fremdenpolizeibehörde nach § 75 Abs. 1 FrG (zu ergänzen: gemäß dem zweiten Satz dieser Bestimmung, wenn über die Frage der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat die Entscheidung einer Asylbehörde vorliegt oder diese festgestellt hat, dass für den Fremden in einem Drittstaat Schutz vor Verfolgung besteht) insbesondere dann nicht angenommen werden könne, wenn sich der Sachverhalt seit Erlassung einer Entscheidung der Asylbehörde gemäß § 8 AsylG wesentlich geändert habe. Durch § 75 Abs. 5 FrG würden die Fremdenpolizeibehörden ausdrücklich dazu ermächtigt, rechtskräftige Feststellungsbescheide nach Abs. 1 der genannten Bestimmung von Amts wegen abzuändern, wenn sich der maßgebliche Sachverhalt wesentlich geändert habe, sodass die Entscheidung hinsichtlich dieses Landes anders zu lauten habe. Im Hinblick auf das in dieser Bestimmung vorgesehene amtswegige Einschreiten bei maßgeblicher Sachverhaltsänderung dränge sich die Überlegung auf, ob nicht § 75 Abs. 5 FrG für den nicht geregelten Fall einer nachträglichen Sachverhaltsänderung in Fällen, in denen eine Asylbehörde eine Feststellung gemäß § 8 AsylG über die Unzulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung getroffen habe, zur Lückenfüllung herangezogen werden könne. Schließlich sei zu bedenken, dass gemäß § 15 Abs. 2 und 3 AsylG zwar eine Entscheidung der Asylbehörde zu ergehen habe, wenn ein Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung vorliege oder deren Widerruf vorzunehmen sei; nicht erfasst würden dagegen Fälle, in denen nach Ablauf einer einmal erteilten befristeten Aufenthaltsberechtigung kein Antrag auf Verlängerung derselben gestellt werde. In diesen Fällen ergäbe sich für die Asylbehörden kein Handlungsbedarf. Ginge man nun davon aus, dass § 15 AsylG eine echte Lücke aufwiese und die Asylbehörden im Zusammenhang mit dem Widerruf oder der Verlängerung befristeter Aufenthaltsberechtigungen - bei Sachverhaltsänderung - zur Schließung dieser Lücke auch zugleich eine Feststellung über die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat zu treffen hätten, so wäre der Fall der abgelaufenen Aufenthaltsberechtigung "in Verbindung mit dem Nichtvorliegen eines Antrages auf Verlängerung" davon nicht erfasst. In diesem Fall - im Folgenden die belangte Behörde wörtlich - "könnten weder die Asylbehörden noch - bei Nichtannahme einer gleichzeitig vorliegenden Lücke des § 75 Abs. 5 FrG, welche interpretativ wohl nur schwer von jener nach § 15 AsylG abzugrenzen wäre - die Fremdenbehörden tätig werden". § 8 AsylG scheide zur Lückenschließung von vornherein aus, weil diese Vorschrift im gegenständlichen Fall nicht anzuwenden sei. Zusammenfassend ergebe sich, dass nicht § 15 AsylG lückenhaft geregelt sei, sondern allenfalls § 75 Abs. 5 FrG. Diese Norm ordne nämlich - im Folgenden die belangte Behörde wieder wörtlich - "die amtswegige Abänderung von Bescheiden, welche über einen Antrag gemäß § 75 Abs. 1 FrG ergangen sind, bei wesentlicher Sachverhaltsänderung an und bietet damit Grundlage für die Annahme einer unpräzisen Norm, welche dahingehend zu vervollständigen ist, dass die Fremdenbehörden auch eine Abänderungsbefugnis hinsichtlich solcher amtswegiger Bescheide von Asylbehörden haben, welche auf Grund einer wesentlichen Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes keine Bindungswirkung mehr entfalten". Der unzulässigerweise einen Abspruch nach § 8 AsylG enthaltende Spruch des erstinstanzlichen Bescheides sei daher abzuändern gewesen.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

1. Im vorliegenden Fall sind folgende Bestimmungen des AsylG - § 15 idF des BGBl. I Nr. 4/1999 - von Bedeutung:

"Non-refoulement-Prüfung

§ 8. Ist ein Asylantrag abzuweisen, so hat die Behörde von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist (§ 57 FrG); diese Entscheidung ist mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden.

Befristete Aufenthaltsberechtigung

§ 15. (1) Fremden, deren Asylantrag aus anderen Gründen als den Asylausschlussgründen (§ 13) rechtskräftig abgewiesen wurde und die sich ohne rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet befinden, ist mit Bescheid eine befristete Aufenthaltsberechtigung zu erteilen, wenn gemäß § 8 festgestellt wurde, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung unzulässig ist.

(2) Würden die Fremden die Berechtigung zum Aufenthalt mit der Abweisung des Antrages verlieren, so hat das Bundesasylamt die befristete Aufenthaltsberechtigung mit dieser Abweisung zu verbinden; fällt die Berechtigung zum Aufenthalt später weg, so kann sie dann erteilt werden. Verlieren die Fremden die Berechtigung zum Aufenthalt erst mit der Bestätigung der Abweisung, so hat der unabhängige Bundesasylsenat die befristete Aufenthaltsberechtigung mit dem Berufungsbescheid zu verbinden. Die Verlängerung solcher befristeter Aufenthaltsberechtigungen sowie deren Widerruf obliegt jedoch dem Bundesasylamt.

(3) Die befristete Aufenthaltsberechtigung ist für höchstens ein Jahr und nach der zweiten Verlängerung für jeweils höchstens drei Jahre zu bewilligen. Befristete Aufenthaltsberechtigungen sind mit Bescheid zu widerrufen, wenn den Fremden die Ausreise in den Herkunftsstaat zugemutet werden kann, oder wenn sie einen Asylausschließungsgrund (§ 13) verwirklichen.

(4) Befristete Aufenthaltsberechtigungen sind nicht zu erteilen oder mit Bescheid zu widerrufen, soweit den Fremden ein dauerndes Aufenthaltsrecht in einem sicheren Drittstaat gewährt wird.

Schutz vor Aufenthaltsbeendigung

§ 21. (1) ...

(2) ...

(3) Fremde, deren Asylantrag rechtskräftig abgewiesen wurde, dürfen in den Herkunftsstaat nur zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden, wenn die Asylbehörde rechtskräftig festgestellt hat, dass dies nach § 57 FrG zulässig ist."

Maßgeblich ist weiter die Bestimmung des § 57 FrG. Sie hat nachstehenden Inhalt:

"Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat"

§ 75. (1) Auf Antrag eines Fremden hat die Behörde mit Bescheid festzustellen, ob stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dieser Fremde in einem von ihm bezeichneten Staat gemäß § 57 Abs. 1 oder 2 bedroht ist. Dies gilt nicht, insoweit über die Frage der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat die Entscheidung einer Asylbehörde vorliegt oder diese festgestellt hat, dass für den Fremden in einem Drittstaat Schutz vor Verfolgung besteht.

(2) Der Antrag kann nur während des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes eingebracht werden; hierüber ist der Fremde rechtzeitig in Kenntnis zu setzen.

(3) Die Behörde kann in Fällen, in denen die Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes auf besondere Schwierigkeiten stößt, eine Äußerung des Bundesasylamtes zum Vorliegen einer Bedrohung einholen. Über Berufungen gegen Bescheide, mit denen die Zulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat festgestellt wurde, ist binnen Wochenfrist zu entscheiden, es sei denn, die Anhaltung hätte vorher geendet.

(4) Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag darf der Fremde in diesen Staat nicht abgeschoben werden. Nach Abschiebung des Fremden in einen anderen Staat ist das Feststellungsverfahren als gegenstandslos einzustellen.

(5) Der Bescheid, mit dem über einen Antrag gemäß Abs. 1 rechtskräftig entschieden wurde, ist auf Antrag oder von Amts wegen abzuändern, wenn sich der maßgebliche Sachverhalt wesentlich geändert hat, sodass die Entscheidung hinsichtlich dieses Landes anders zu lauten hat. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über einen von einem Fremden eingebrachten Antrag darf dieser in den betroffenen Staat nur abgeschoben werden, wenn der Antrag offensichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen ist."

2. § 15 Abs. 1 AsylG nennt drei Voraussetzungen für die Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung. Zunächst muss der Asylantrag des Fremden aus anderen als den Asylausschlussgründen des § 13 AsylG abgewiesen worden sein; weiter darf dem Fremden keine Berechtigung zum Aufenthalt im Bundesgebiet zukommen - woraus sich der subsidiäre Charakter der befristeten Aufenthaltsberechtigung ableiten lässt - und schließlich bedarf es einer Feststellung gemäß § 8 AsylG, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat unzulässig ist. Sind diese Bedingungen erfüllt (und liegt nicht der Fall des § 15 Abs. 4 AsylG vor), so ist - ohne dass die Stellung eines darauf abzielenden Antrages erforderlich wäre (Rohrböck, Das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (1999), Rz 493; Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 1997 (2001), 265) - die befristete Aufenthaltsberechtigung zu erteilen, und zwar gemäß § 15 Abs. 3 erster Satz AsylG zunächst für höchstens ein Jahr.

Wie sich aus § 15 Abs. 2 letzter Satz und Abs. 3 erster Satz AsylG ergibt, ist eine Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung vorgesehen. Dafür normiert das Gesetz keine spezifischen Voraussetzungen, woraus in der Literatur zum Teil gefolgert wird, dass für die Verlängerung die gleichen Regeln anzuwenden seien wie für die erstmalige Erteilung, weil es sich bei der Verlängerung nur um einen Unterfall der Erteilung handle (Feßl/Holzschuster, aaO., 267; Muzak, Rechtsfragen befristeter Aufenthaltsberechtigungen im Asylrecht, Zeitschrift der Unabhängigen Verwaltungssenate 2001/4, 13). Diesem Standpunkt kann indes nicht ohne Weiteres beigepflichtet werden. Wie die belangte Behörde richtig erkannt hat, muss die Frage der Verlängerung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung nämlich im Zusammenhang mit der ausdrücklich geregelten Widerrufsmöglichkeit gesehen werden. Der Widerruf einer befristeten Aufenthaltsberechtigung hat jedoch - unter Beschränkung auf die hier interessierende Problematik im Zusammenhang mit Sachverhaltsänderungen im Herkunftsstaat - schon dann zu unterbleiben, wenn dem Fremden die Ausreise in den Herkunftsstaat nicht zugemutet werden kann. Dem Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 30. November 2001,

B 719/01, folgend sind bei Beurteilung des Kriteriums der Zumutbarkeit der Ausreise neben einer allfälligen Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat auch mittlerweile gewonnene persönliche und soziale Bindungen im Aufenthaltsstaat im Verhältnis zur nunmehrigen Beziehung zum Herkunftsstaat zu beachten. Das ergibt sich einerseits schon aus der Diktion des § 15 Abs. 3 AsylG, weil dem Gesetzgeber zugesonnen werden muss, dass er mit Grund von der Verwendung der sonst eine Verfolgungsgefahr umschreibenden Wortfolge abgesehen hat (vgl. auch Rohrböck, aaO., Rz 496). Andererseits war es (vgl. die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu §§ 12 Abs. 3 und 15 FrG; 685 BlgNR 20. GP 65) erklärte Absicht, im Fall der Unzulässigkeit der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes einen titellosen Inlandsaufenthalt weitgehend auszuschließen, sodass die Prüfung einer Art "Aufenthaltsverfestigung" schon in dieser Phase nur folgerichtig erscheint. Mithin sind die Voraussetzungen für die Verlängerung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung - gemessen an den Voraussetzungen für deren erstmalige Erteilung - unter dem eben erwähnten Aspekt weniger streng. Davon abgesehen ist den zuvor erwähnten Autoren aber insofern zuzustimmen, als - unter Ausklammerung anderer Aspekte wie etwa der Verwirklichung eines Asylausschlussgrundes - im Hinblick auf die vom Verfassungsgerichtshof im eben zitierten Erkenntnis konkret für geboten erachtete verfassungskonforme Interpretation das Ergebnis einer (aktuellen) Non-refoulement-Prüfung zugunsten des Fremden jedenfalls zur Verlängerung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung zu führen hat. Davon ausgehend ist im Folgenden zunächst der Frage nachzugehen, wer zur Herstellung der Voraussetzungen für eine aufenthaltsbeendende Maßnahme mit dem Herkunftsstaat als Zielstaat (im Gegensatz zur verfahrensgegenständlichen Nichtverlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung) in welcher Form eine derartige Nonrefoulement-Prüfung vorzunehmen hat, wenn es zu einer maßgeblichen Sachverhaltsänderung gekommen ist, sodass der ursprüngliche "positive" § 8-Bescheid seine verbindliche Wirkung verloren hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Mai 1999, Zl. 99/21/0027).

3. Die belangte Behörde geht davon aus, dass einer Sachverhaltsänderung in Bezug auf die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen im Wege einer analogen Anwendung des § 75 Abs. 5 FrG Rechnung zu tragen sei. Sie gelangt also zu dem Ergebnis, dass den Fremdenpolizeibehörden - auch von Amts wegen - die Kompetenz zur Abänderung von Aussprüchen nach § 8 AsylG zukomme. Die dazu angestellten Überlegungen treffen nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes - zumindest im Ergebnis - auf den Fall zu, dass es um die Änderung eines ("negativen") § 8- Ausspruches geht, mit dem die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung eines Fremden in seinen Herkunftsstaat festgestellt wurde. Haben die Asylbehörden hingegen ursprünglich erkannt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung eines Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig sei, so steht der Auffassung der belangten Behörde § 21 Abs. 3 AsylG entgegen, welche Bestimmung die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung eines Fremden, dessen Asylantrag rechtskräftig abgewiesen wurde, in seinen Herkunftsstaat ausschließlich für den Fall erlaubt, dass die Asylbehörde rechtskräftig festgestellt hat, dass dies nach § 57 FrG zulässig ist. Liegt eine derartige rechtskräftige Feststellung nicht vor, so ist umgekehrt eine aufenthaltsbeendende Maßnahme nach den §§ 52, 55 und 56 FrG - bezogen auf den Herkunftsstaat des Fremden - nicht statthaft, und zwar nach dem klaren Gesetzeswortlaut unabhängig davon, ob diese rechtskräftige Feststellung deshalb fehlt, weil überhaupt noch kein rechtskräftiger § 8-Ausspruch ergangen ist (etwa weil das Verfahren über eine nur gegen die Non-refoulement-Entscheidung des Bundesasylamtes erhobene Berufung noch offen ist) oder weil das gerade Gegenteil (also die Unzulässigkeit der in Frage stehenden fremdenpolizeilichen Maßnahmen) festgestellt wurde. Daraus ergibt sich aber weiter, dass den Asylbehörden - den Eintritt einer Sachverhaltsänderung vorausgesetzt - eine Kompetenz zur Abänderung ihrer "positiven" § 8-Aussprüche zukommen muss, gelangte man doch andernfalls zu dem paradoxen Resultat, dass eine einmal im Rahmen eines Asylverfahrens ergangene Feststellung über die Unzulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat ein für allemal die Ergreifung dieser Maßnahmen ausschlösse. Für die Annahme einer durch analoge Anwendung des § 75 Abs. 5 FrG zu füllenden Lücke bleibt bei dieser Ausgangssituation - im Bereich der vom Wortlaut des § 21 Abs. 3 AsylG erfassten Fälle - kein Raum.

Der belangten Behörde ist zuzugestehen, dass das AsylG keine ausdrücklichen Regelungen betreffend das Verfahren zur Erlassung eines "Abänderungsbescheides" (im Sinn des gerade Ausgeführten) enthält. Angesichts des § 21 Abs. 3 AsylG erscheint es dem Verwaltungsgerichtshof allerdings unausweichlich, dass derartige Bescheide von den Asylbehörden erlassen werden, zumal damit insgesamt ein in sich schlüssiges Konzept sichtbar wird: Hat ein Fremder Refoulement-Schutz durch Stellung eines Antrages nach § 75 Abs. 1 FrG geltend gemacht, so kann er - wie sich aus § 75 Abs. 4 und 5 leg. cit. ergibt - in den von diesem Antrag erfassten Staat nur abgeschoben werden, wenn dies von den Fremdenpolizeibehörden ausdrücklich bescheidmäßig für zulässig erklärt wird. Hat er einen Asylantrag (dem das Gesetz im Ergebnis die Wirkung eines Antrages auf Gewährung von Refoulement-Schutz hinsichtlich des Herkunftsstaates beimisst) gestellt, so genießt er in gleicher Weise Schutz bis zur ausdrücklichen bescheidmäßigen Zulässigerklärung einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat durch die Asylbehörden. Um einmal im jeweiligen Sinn positiv beschiedene Fremde nicht für immer in Bezug auf eine Außerlandesschaffung in den betreffenden Staat zu immunisieren, bedarf es nach Erlöschen der Rechtskraftwirkung der ersten, für sie günstigen Entscheidung zusätzlich einer amtswegigen Änderungsbefugnis hinsichtlich des bescheidmäßig erklärten Refoulement-Schutzes. Diese findet sich einerseits, soweit es um einen Bescheid der Fremdenpolizeibehörden geht, in § 75 Abs. 5 FrG. Andererseits, soweit "positive" § 8- Aussprüche in Rede stehen, ergibt sich diese Änderungsbefugnis aus § 21 Abs. 3 AsylG, womit insoweit auch das Argument der belangten Behörde entkräftet ist, dass ohne Stellung eines Antrages auf Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung für die Asylbehörden kein "Handlungsbedarf" bestehe (und daher ein contrarius actus von vornherein nicht in Frage komme). Ob davon abgesehen befristete Aufenthaltsberechtigungen nicht ohnehin auch von Amts wegen zu verlängern sind (so Muzak, aaO., 13), braucht im vorliegenden Zusammenhang nicht näher untersucht zu werden. Nicht stichhältig ist jedenfalls das Argument, das Wort "bewilligen" in § 15 Abs. 3 AsylG bringe zum Ausdruck, dass jede Verlängerung einen Antrag erfordere (so aber Schmid/Frank, Asylgesetz 1997 (2001), K 13. zu § 15); auch die erstmalige Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung, die zweifellos unabhängig von einer diesbezüglichen Antragstellung zu erfolgen hat, ist nämlich nach dem Gesetzeswortlaut (und zwar für höchstens ein Jahr) "zu bewilligen".

4. Hat man erkannt, dass die Asylbehörden bei einer maßgeblichen Sachverhaltsänderung (gegebenenfalls) zur Abänderung "positiver" § 8-Aussprüche berufen sind, so kann kein Zweifel bestehen, dass ihnen damit auch die im Rahmen des § 15 Abs. 3 AsylG vorausgesetzte (siehe oben zu Punkt 2.) Non-refoulement-Prüfung obliegen muss, wie dies der Verfassungsgerichtshof auch angenommen hat. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet das aber weiter, dass die Entscheidung über den Widerruf oder die Nichtverlängerung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung, die sich ihrerseits keinesfalls als Feststellung nach § 21 Abs. 3 AsylG verstehen lässt, an einen entsprechenden contrarius actus zum ursprünglich "positiven" Ausspruch nach § 8 AsylG anknüpfen muss und dass nicht statt dessen auch ein Widerruf/eine Nichtverlängerung und erst im Anschluss daran eine für eine zwangsweise Verbringung eines abgewiesenen Asylwerbers in seinen Herkunftsstaat jedenfalls erforderliche Abänderung des § 8- Ausspruches rechtmäßig sein kann. Das ergibt sich einmal aus dem schon erwähnten Umstand, dass titellose, jedoch zu duldende Inlandsaufenthalte weitgehend zurückgedrängt werden sollen. Vor allem aber liegt es im System der befristeten Aufenthaltsberechtigung, darüber erkennende Bescheide an die Entscheidung über den Abschiebungsschutz anzuschließen, und zwar ungeachtet dessen, dass der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 15. Juni 2001, G 138/00 ua., nur die erstmalige Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung als bloße "Nebenbestimmung" zu asylrechtlichen Entscheidungen angesehen hat. Nichtsdestotrotz wird nämlich davon auszugehen sein, dass auch eine Entscheidung nach § 15 Abs. 3 AsylG in der Regel als Annex zu einem § 8-Ausspruch zu begreifen ist. Dass es Fälle gibt, in denen das nicht zutrifft (etwa bei Beurteilung des Vorliegens eines Asylausschließungsgrundes oder bei Zumutbarkeitserwägungen außerhalb des § 57 FrG), vermag an der Richtigkeit dieses Befundes im Rahmen des Komplexes "Abschiebungsschutz" nichts zu ändern. Knüpft die Erteilung der befristeten Aufenthaltsberechtigung an den § 8-Ausspruch an, so ist es nur sachgerecht, quasi spiegelbildlich zur Erteilung auch ihren Widerruf bzw. die Nichtverlängerung so daran zu binden, dass zunächst die Frage der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat neu beantwortet wird und dann in einem zweiten Schritt unter Einbeziehung der durch das Zumutbarkeitskalkül gebotenen Prüfung weiterer Umstände gegebenenfalls den Widerruf bzw. die Nichtverlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung auszusprechen. Dass beide Entscheidungen zur Erzielung der auch von der belangten Behörde ins Treffen geführten Verfahrensökonomie unter einem zu fällen sein werden, steht dieser Betrachtungsweise nicht entgegen. Wesentlich ist nach dem Konzept des Gesetzgebers - wiederum auch unter dem Gesichtspunkt Verfahrensökonomie -, dass sich die Entscheidung über den Widerruf bzw. die Nichtverlängerung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung auf eine nicht durch Sachverhaltsänderungen überholte Entscheidung über die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat gründet und von dieser ausgeht. Dass andernfalls - mag dies auch praktisch nur in seltenen Fällen zu befürchten sein - divergierende Beurteilungen der Gefährdungslage nach § 57 FrG möglich wären, sei bloß der Vollständigkeit halber erwähnt (im Ergebnis ebenso, freilich ohne Bezugnahme auf die dem Verwaltungsgerichtshof wesentlich erscheinende Bestimmung des § 21 Abs. 3 AsylG Muzak, aaO., 13 ff.).

5. Für den vorliegenden Fall folgt aus dem Gesagten, dass die belangte Behörde zunächst insoweit rechtswidrig vorgegangen ist, als sie den "e contrario" Ausspruch im erstinstanzlichen Bescheid des Bundesasylamtes vom 10. April 2000 im Ergebnis ersatzlos behoben hat. Es ergibt sich aber weiter, dass sie ohne bescheidmäßigen Widerruf des seinerzeitigen "positiven" § 8- Ausspruches vom 10. August 1998 nicht zu dem Ergebnis gelangen durfte, der Antrag der Beschwerdeführerin auf Verlängerung der ihr bis 31. März 2000 erteilten befristeten Aufenthaltsberechtigung sei abzuweisen. Der angefochtene Bescheid erweist sich daher zur Gänze, ohne auf die in der Beschwerde geltend gemachte Verfolgungsgefahr für die Beschwerdeführerin im Kosovo einzugehen, als mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Mangels eines darauf gerichteten Begehrens konnten Kosten nicht zugesprochen werden.

Wien, am 22. Oktober 2002

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