VwGH 2000/20/0374

VwGH2000/20/037412.9.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Sulzbacher, Dr. Grünstäudl und Dr. Berger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hohenecker, über die Beschwerde des GF in R, vertreten durch Dr. Walter Heel, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Schöpfstraße 6b/III, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 27. Juli 2000, Zl. Wa 4618-29/00, betreffend Entziehung einer Waffenbesitzkarte, zu Recht erkannt:

Normen

WaffG 1996 §25 Abs3;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z2;
WaffV 02te 1998 §3 Abs3;
WaffG 1996 §25 Abs3;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z2;
WaffV 02te 1998 §3 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 6. Juli 2000 entzog die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck dem Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs. 3 i.V.m. § 8 Abs. 1 Z 2 des Waffengesetzes 1996, BGBl. I Nr. 12/1997 (WaffG), die 1985 ausgestellte Waffenbesitzkarte. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, bei der Gendarmeriekontrolle am 23. März 2000 habe sich ergeben, dass die Schusswaffe samt Munition in der Wohnung des Beschwerdeführers in einem Tresor aufbewahrt werde und der Beschwerdeführer den Tresorschlüssel in der Wohnung versteckt habe. Die Ehegattin des Beschwerdeführers kenne den Aufbewahrungsort des Schlüssels und habe "freien Zugriff zum Tresor, obwohl sie nicht im Besitze von waffenrechtlichen Dokumenten ist". Der 1992 geborene Sohn des Beschwerdeführers könne durchaus den Tresorschlüssel finden und (gleichfalls) zur Waffe gelangen.

In seiner Berufung gegen diese Entscheidung machte der Beschwerdeführer geltend, in dem genannten Tresor befinde sich die ungeladene Waffe, wohingegen die Munition in einem gesondert versperrbaren Handtresor verwahrt werde, dessen Schlüssel der Beschwerdeführer an seinem Schlüsselbund trage. Mit einer Auffindung des versteckten (anderen) Tresorschlüssels durch den Sohn des Beschwerdeführers sei aus näher dargestellten Gründen nicht zu rechnen. Letztlich stelle sich daher die Frage, ob das Wissen der Ehegattin um den Verwahrungsort des Schlüssels die mangelnde Verlässlichkeit des Beschwerdeführers begründe. Dies sei im Hinblick auf die Ergebnisse früherer Verlässlichkeitsprüfungen sowie deshalb, weil die Ehegattin des Beschwerdeführers die Voraussetzungen für die Erlangung einer Waffenbesitzkarte erfüllen würde und die Waffe 15 Jahre lang nie an sich genommen habe, zu verneinen. Der Beschwerdeführer berufe sich auch auf § 3 Abs. 3 der 2. Waffengesetz-Durchführungsverordnung. Er habe sich beim Kauf der Waffe vom Verkäufer, einem Angestellten des Jagdhauses T., über die genauen Vorschriften für die Verwahrung der Waffe informiert und die Waffe "immer zu den damals herrschenden, ihm genannten Bestimmungen verwahrt", was sich 15 Jahre lang bewährt habe. Eine eventuelle Mangelhaftigkeit der Verwahrung sei für ihn vor allem auch wegen der getrennten Verwahrung von Waffe und Munition nicht erkennbar gewesen. Selbst einer der bei der Kontrolle anwesenden Gendarmeriebeamten habe die Verwahrung der Waffe als ausreichend bezeichnet.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Sie vertrat die Ansicht, die Verwahrung der Waffe sei sowohl gegenüber der Ehegattin des Beschwerdeführers als auch gegenüber seinem Sohn unzureichend gewesen und aus § 3 Abs. 3 der 2. Waffengesetz-Durchführungsverordnung sei für den Beschwerdeführer schon deshalb nichts zu gewinnen, weil die Unzulänglichkeit der Verwahrung in Bezug auf den völlig ungehinderten Zugang der Ehegattin des Beschwerdeführers für einen um die sichere Verwahrung besorgten Waffenbesitzer deutlich erkennbar gewesen sei. Die Meinung eines bei der Kontrolle anwesenden Gendarmeriebeamten sei bedeutungslos.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 25 Abs. 3 WaffG hat die Behörde waffenrechtliche Urkunden zu entziehen, wenn sich aus Anlass einer Überprüfung der Verlässlichkeit gemäß § 25 Abs. 1 oder 2 WaffG ergibt, dass der Berechtigte nicht mehr verlässlich ist. Verlässlich ist ein Mensch gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 zweiter Fall WaffG u.a. nur dann, wenn keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er Waffen nicht sorgfältig verwahren werde. Gemäß § 3 Abs. 1 der 2. Waffengesetz-Durchführungsverordnung, BGBl. II Nr. 313/1998, ist eine Schusswaffe sicher verwahrt, wenn ihr Besitzer sie "in zumutbarer Weise vor unberechtigtem - auf Aneignung oder unbefugte Verwendung gerichteten - Zugriff schützt". Nach § 3 Abs. 2 Z 2 bis 4 der 2. Waffengesetz-Durchführungsverordnung gehört zu den maßgeblichen Umständen für die Beurteilung der Sicherheit der Verwahrung u.a. der Schutz vor fremdem Zugriff durch Gewalt gegen Sachen, insbesondere eine der Anzahl und der Gefährlichkeit von Waffen und Munition entsprechende Ein- oder Aufbruchsicherheit des Behältnisses oder der Räumlichkeit (Z 2), der Schutz von Waffen und Munition vor dem Zugriff von Mitbewohnern, die zu deren Verwendung nicht befugt sind (Z 3), und der Schutz vor Zufallszugriffen rechtmäßig Anwesender (Z 4).

§ 3 Abs. 3 der 2. Waffengesetz-Durchführungsverordnung lautet:

"Verwahrt der Besitzer einer genehmigungspflichtigen Schusswaffe diese entsprechend der Information jenes Gewerbetreibenden, bei dem er die Waffe erworben hat, so ist ihm dies gegebenenfalls nur dann als seine Verlässlichkeit beeinträchtigend anzulasten, wenn die Mangelhaftigkeit für einen um die sichere Verwahrung besorgten Waffenbesitzer deutlich erkennbar ist."

Zu der im vorliegenden Fall zu beurteilenden Frage der Verwahrungspflichten des Besitzers einer Schusswaffe gegenüber dem Zugriff von Personen in seinem persönlichen Nahebereich ist zunächst gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Ausführungen zur diesbezüglichen Rechtsprechung - insbesondere in Bezug auf die Verwahrungspflichten gegenüber einem im selben Haushalt wohnenden Ehegatten - in dem Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2000/20/0070, zu verweisen. Nach den Maßstäben der in diesem Erkenntnis dargestellten Judikatur unterliegt es keinem Zweifel, dass die Verwahrung in einem Tresor, von dem der Ehegattin das Versteck des Schlüssels bekannt ist, nicht den gesetzlichen Erfordernissen genügt (vgl. insbesondere das Erkenntnis vom 25. Jänner 2001, Zl. 2000/20/0520, betreffend die Verwahrung in einem Tresor, dessen Zahlenkombination der Ehegattin bekannt war). Dies gilt auch ohne Vorliegen besonderer Gründe für erhöhte Vorsicht, wie etwa einer psychischen Ausnahmesituation beim Ehegatten bzw. der Ehegattin (vgl. auch dazu die Nachweise in dem erwähnten Erkenntnis vom heutigen Tag). Aus dem langjährigen Wohlverhalten und der - ausgehend vom Vorbringen des Beschwerdeführers - persönlichen Verlässlichkeit seiner Ehegattin ist für den Beschwerdeführer, da es nicht zum Erwerb einer waffenrechtlichen Berechtigung durch seine Ehegattin gekommen ist, im gegebenen Zusammenhang daher nichts zu gewinnen.

Was die Berufung des Beschwerdeführers auf § 3 Abs. 3 der 2. Waffengesetz-Durchführungsverordnung anlangt, so ist dem Vorbringen des Beschwerdeführers zunächst nicht zu entnehmen, dass ihm das "Verstecken" des Tresorschlüssels an einem seiner Ehegattin bekannten Ort empfohlen worden sei. Sollte dies dennoch zutreffen, so wäre aber der diesfalls maßgeblichen Argumentation der belangten Behörde, dass die Unzulänglichkeit der Verwahrung gegenüber der Ehegattin (in Ermangelung jedweden ins Gewicht fallenden Hindernisses gegenüber einem Zugriff auf die Waffe) für einen um die sichere Verwahrung besorgten Waffenbesitzer deutlich erkennbar gewesen sei, zu folgen. Dies gilt mit Rücksicht auf die nie auszuschließende Möglichkeit, dass die Waffe - insbesondere im Falle einer Weitergabe an Dritte - mit nicht vom Beschwerdeführer stammender Munition geladen wird, ohne Rücksicht auf den Umstand, dass die Waffe im vorliegenden Fall nicht geladen und die Munition gesondert verwahrt war (vgl. in diesem Zusammenhang etwa die bei Hauer/Keplinger, Waffengesetz 1996 (1997), 53, nachgewiesene Judikatur).

Dass die Ehegattin des Beschwerdeführers "nichts vom Tresor ... in der Wohnung" gewusst habe, ist eine - wie die belangte Behörde in der Gegenschrift zutreffend aufzeigt - erstmals in der Beschwerde vorgetragene und angesichts der Feststellungen im erstinstanzlichen Bescheid unzulässige Neuerung, deren inhaltliche Relevanz daher nicht beurteilt werden muss.

Die Beschwerde war bereits aus den dargestellten Gründen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, sodass es sich erübrigt, auf die Gefahr eines Zugriffes durch den Sohn des Beschwerdeführers einzugehen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.

Wien, am 12. September 2002

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