VwGH 2000/17/0095

VwGH2000/17/009518.12.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des PV in Wien, vertreten durch Dr. Erwin Bajc und Dr. Peter Zach, Rechtsanwälte in 8600 Bruck an der Mur, Mittergasse 28, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 17. März 2000, Zl. 7-481-227/99-2, betreffend Vorschreibung eines Kanalisationsbeitrages (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Krieglach, 8670 Krieglach, Bürstadtstraße 6), zu Recht erkannt:

Normen

BAO §93 Abs3 lita;
B-VG Art119a Abs5;
KanalabgabenG Stmk 1955 §2 Abs1;
KanalG Stmk 1988 §4 Abs1;
KanalG Stmk 1988 §4 Abs5;
LAO Stmk 1963 §70 Abs3 lita;
LAO Stmk 1963 §94 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
BAO §93 Abs3 lita;
B-VG Art119a Abs5;
KanalabgabenG Stmk 1955 §2 Abs1;
KanalG Stmk 1988 §4 Abs1;
KanalG Stmk 1988 §4 Abs5;
LAO Stmk 1963 §70 Abs3 lita;
LAO Stmk 1963 §94 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Der Bürgermeister der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mitbeteiligten Marktgemeinde schrieb dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 26. Mai 1999 einen Kanalisationsbeitrag in der Höhe von S 79.668,60 (ausgehend von einer Beitragsfläche von 482,84 m2 und einem Einheitssatz von S 150,-- zuzüglich 10 % Umsatzsteuer) für ein näher bezeichnetes "Objekt" vor.

1.2. Der Beschwerdeführer rügte in seiner Berufung, dass der angefochtene Bescheid "lediglich eine Scheinbegründung, welche einer nachprüfenden Kontrolle durch den Rechtsunterworfenen nicht zugänglich" sei, enthalte. Die Behörde erster Instanz begnüge sich mit der "unsubstantiierten Wiedergabe der bezugnehmenden Rechtsvorschriften"; dem angefochtenen Bescheid könne nicht entnommen werden, auf welche Art und Weise die Beitragsfläche von 482,84 m2 ermittelt worden sei. Die Behörde wäre verpflichtet gewesen, die Berechnungsgrundlagen offen zu legen. Eine derartige Offenlegung könne jedoch nicht nur darin bestehen, dass die Behörde die von ihr ermittelte Gesamtfläche unaufgeschlüsselt der Kanalisationsbeitragsberechnung zugrunde lege, dies insbesondere da § 4 des Steiermärkischen Kanalabgabengesetzes 1955 in der geltenden Fassung (im Folgenden: Stmk KanalAbgG 1955) der Behörde detaillierte und umfassende Vorgaben für die Ermittlung der Beitragsfläche erteile. Weiters habe ein Abgabenbescheid gemäß § 8 leg.cit. gewährte Teilzahlungen zu enthalten. Die Behörde erster Instanz habe im erstinstanzlichen Ermittlungsverfahren dem Beschwerdeführer keine Möglichkeit gegeben, um die Gewährung von Teilzahlungen zu ersuchen, noch sei dem Beschwerdeführer im angefochtenen Bescheid die Möglichkeit zur Bezahlung des Kanalisationsbeitrages in Raten eingeräumt worden. Auch daraus folge eine Rechtswidrigkeit des Bescheides der Abgabenbehörde erster Instanz.

Diese habe ferner den "fundamentalen Grundsatz der Wahrung des Parteiengehörs verletzt", weil sie dem Beschwerdeführer keinerlei Möglichkeit gegeben habe, sich im erstinstanzlichen Ermittlungsverfahren zu den Ermittlungsergebnissen zu äußern. Dies wiege um so schwerer, als es von Anfang an zwischen der Behörde und dem Beschwerdeführer strittig gewesen sei, ob die Voraussetzungen für eine Anschlusspflicht nach § 4 des Steiermärkischen Kanalgesetzes 1988 in der geltenden Fassung tatsächlich vorlägen. Diesbezüglich habe sich die Abgabenbehörde nur auf eine Wiedergabe der maßgeblichen Norm des Kanalgesetzes 1988 gestützt.

1.3. Der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde "änderte" mit Bescheid vom 15. Juli 1999 den erstinstanzlichen Bescheid insoferne ab, als nunmehr die Berechnungsgrundlagen in den Spruch des Bescheides aufgenommen würden, gab im übrigen jedoch der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge. Die nunmehr in den Spruch aufgenommene "Objektsaufnahme zur Berechnung der Kanalanschlussbeiträge für Wohn- und Geschäftsgebäude" betreffend das danach im Eigentum des Beschwerdeführers stehende Gebäude enthält eine nähere Aufschlüsselung der verbauten Flächen des Kellergeschosses, des Erdgeschosses und des Dachgeschosses, wobei die Flächen des Kellergeschosses und des Dachgeschosses zur Hälfte angerechnet wurden, mit der Summe von 482,84 m2, woraus die Berufungsbehörde in Multiplikation mit dem Einheitssatz und unter Berücksichtigung der Umsatzsteuer den im erstinstanzlichen Bescheid genannten Betrag errechnete.

In der Begründung ihres Bescheides verwies die Abgabenbehörde zweiter Instanz hinsichtlich des Parteiengehörs auf die Ausführungen im Spruch, hinsichtlich der Teilzahlungen auf die Möglichkeit, ein gesondertes Ansuchen einzubringen. Die Vorschreibung des Kanalisationsbeitrages gründe sich auf die vorgenommene Vermessung des Objektes am 18. Mai 1999.

Weiters führte der Gemeinderat der mitbeteiligten Partei in einem offenbar begründenden Teil seines Bescheides vom 15. Juli 1999 noch aus, dem Beschwerdeführer sei mit Schreiben vom 28. September 1998 mitgeteilt worden, dass am 8. Oktober 1998 um 9.00 Uhr eine Besprechung hinsichtlich des Kanal- und Wasserleitungsanschlusses bei seinem Objekt im Sitzungszimmer der Marktgemeinde stattfinde. Zu dieser Besprechung sei in seiner Vertretung sein Rechtsfreund erschienen, dem über Verlangen das Kanalabgabengesetz 1955, das Kanalgesetz 1988 und die gültige Kanalabgabenordnung der Marktgemeinde übermittelt worden seien. Für den 14. Oktober 1998 sei zu einer Begehung der Objekte eingeladen worden. Bei dieser sei der Beschwerdeführer persönlich anwesend gewesen und es habe insoweit eine Einigung über die Strangführung und Schachtsetzung beim Objekt des Beschwerdeführers erreicht werden können. Am 15. Mai 1999 sei das Objekt zum Zweck der Berechnung der Kanalanschlussbeiträge vermessen worden, bei dieser Aufnahme sei der vom Beschwerdeführer entsandte Jakob R. anwesend gewesen.

1.4. In seiner dagegen erhobenen Vorstellung brachte der Beschwerdeführer vor, dass nunmehr die Berechnungsgrundlage für die Festsetzung des Kanalisationsbeitrages offengelegt worden sei. Auffällig sei allerdings, dass einmal von einer Vermessung am 15. Mai 1999 und ein anderes Mal von einer am 18. Mai 1999 gesprochen werde. Es gehe aus dem angefochtenen Bescheid nicht näher hervor, an welchem Tag nun tatsächlich die Vermessung durchgeführt worden sei. Insbesondere sei nicht nachvollziehbar, ob vielleicht sogar zwei Vermessungen durchgeführt worden seien und ob bei beiden Vermessungen der erwähnte Jakob R. anwesend gewesen sei. Es sei weiters nicht zu erkennen, ob Jakob R. lediglich zugegen gewesen oder vom Vorstellungswerber (Beschwerdeführer) entsandt, also bevollmächtigt worden wäre. Aus dem Akt der Behörde ergebe sich nicht, dass der Beschwerdeführer den Jakob R. im gegenständlichen Verwaltungsverfahren zur Vornahme einer Parteihandlung bevollmächtigt habe. Ein derartiges Vollmachtsverhältnis liege auch nicht vor.

Die Vermessung des Objektes (unabhängig, ob diese nun am 15. Mai 1999 oder am 18. Mai 1999 durchgeführt worden sei) stelle eine Amtshandlung dar, zu der der Beschwerdeführer zu laden gewesen wäre. Dies sei jedoch nicht erfolgt. Es wäre jedenfalls erforderlich gewesen, den Beschwerdeführer von den Ergebnissen der durchgeführten Vermessung zu verständigen und diesem Gelegenheit zur Erstattung einer Stellungnahme einzuräumen; dadurch, dass dies nicht geschehen sei, sei der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Wahrung des Parteiengehörs verletzt worden. Der Umstand, dass ein Rechtsunterworfener von einer beabsichtigten Amtshandlung bzw. einem vorhersehbaren Verwaltungsverfahren Kenntnis habe, befreie die Behörde nicht davon, dem Rechtsunterworfenen die Gelegenheit zur Teilnahme am Verwaltungsverfahren im Sinne einer Replik auf die behördlichen Ermittlungsergebnisse zu ermöglichen. Die Verletzung dieses Verfahrensgrundsatzes wiege umso schwerer, als es von Anfang an zwischen den Behörden und dem Beschwerdeführer strittig gewesen sei, ob die Voraussetzungen für eine Anschlusspflicht tatsächlich vorlägen. Es sei unrichtig, dass allfällige Fragen der Anschlusspflicht mit dem Beschwerdeführer gemeinsam festgelegt worden seien. Überdies sei "nach wie vor rätselhaft und nicht nachvollziehbar", wie eine Vermessung durch die Behörde hätte durchgeführt werden können, wo doch der Beschwerdeführer niemals bei einer derartigen Amtshandlung anwesend gewesen sei und sohin eine ordnungsgemäße Vermessung im Sinne einer "Beschreitung des Inneren" nicht durchgeführt worden sein könne. Es hätte "bestenfalls" eine Vermessung von außen durchgeführt werden können, weshalb es für den Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar sei, wie die Behörde zu den Rauminnenmaßen gekommen sei. Überdies lasse die Behörde den Beschwerdeführer im Unklaren darüber, ob irgendwelche Pläne des Objektes, welche unter Umständen nicht mehr dem aktuellen Stand entsprächen, der angefochtenen Entscheidung zugrundegelegt worden seien.

Überdies begnüge sich die Behörde zweiter Instanz mit einer im Wesentlichen den Gesetzestext wiedergebenden Scheinbegründung. Zwar werde im Spruch ausgeführt, dass gemäß § 4 des Kanalgesetzes eine Anschlusspflicht an den in Betracht kommenden Kanalstrang bestehe, wenn die kürzeste Entfernung des Bauwerkes nicht mehr als 100 m betrage. Ob diese Voraussetzung vom gegenständlichen Objekt tatsächlich erfüllt würden, bliebe im angefochtenen Bescheid jedoch unklar, insbesondere, da es die Behörde unterlasse, diesbezügliche Entfernungsangaben zu machen. Sich für die Feststellung der Anschlusspflicht nur auf eine Vermessung eines Organes der Behörde zu berufen, bei der der Beschwerdeführer nicht anwesend gewesen sei, sei für die "Erstattung eines ordnungsgemäßen Bescheides nicht ausreichend, da dem Rechtsunterworfenen jede Möglichkeit für eine nachprüfende Kontrolle genommen" werde.

1.5. Mit ihrem vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid vom 17. März 2000 gab die belangte Behörde der Vorstellung des Beschwerdeführers keine Folge.

Gemäß § 150 Abs. 2 der Steiermärkischen Landesabgabenordnung hätten Abgabenbescheide im Spruch die Art und Höhe der Abgaben, den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit und die Grundlagen der Abgabenfestsetzung (Bemessungsgrundlagen) zu enthalten. Ergänzend dazu sehe § 8 Abs. 2 lit. f des KanalAbgG 1955, LGBl. Nr. 70, in der Fassung LGBl. Nr. 80/1988, vor, dass in den Abgabenbescheiden die Berechnungsgrundlagen, aus denen sich die Höhe der Abgabe ergebe, aufzunehmen seien. Zwar lasse der Abgabenbescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde nicht mit hinlänglicher Deutlichkeit erkennen, was die Bemessungsgrundlagen dieses Bescheides gewesen seien, doch sei dieser der Abgabenbehörde erster Instanz unterlaufene Fehler durch die Anführung der Grundlagen der Abgabenfestsetzung im Spruch des Berufungsbescheides saniert worden.

Entscheidend dafür, ob in der gegenständlichen Angelegenheit überhaupt eine Beitragspflicht bestehe, sei, ob die unbestritten Wohnzwecken dienende Baulichkeit am Tag der von der belangten Behörde angenommenen Entstehung des Abgabenanspruches anschlusspflichtig gewesen sei oder nicht. Fehle es wie im vorliegenden Fall zum Zeitpunkt der Festsetzung des Kanalisationsbeitrages an einer bescheidmäßigen Feststellung der gesetzlichen Anschlusspflicht, so habe die Gemeindeabgabenbehörde das Vorliegen des Tatbestandselements der Anschlusspflicht der betreffenden Liegenschaft vorfrageweise zu beurteilen. In der Berufung und in der Vorstellung werde nichts vorgebracht, was die Richtigkeit dieser Beurteilung durch die Abgabenbehörden in Frage stellen würde. Der Beschwerdeführer bekämpfe die Abgabenvorschreibung vielmehr mit Argumenten, die im vorliegenden Verfahrenszusammenhang nicht zielführend seien. Zwar hätten die Gemeindebehörden tatsächlich nicht den genauen Abstand zwischen dem Bauwerk und den für den Anschluss in Betracht kommenden Kanalstrang in die Begründung des Bescheides aufgenommen. Dieser Begründungsmangel sei aber deshalb nicht von ausschlaggebender Bedeutung, weil die Abgabenbehörde zweiter Instanz unter Hinweis auf die relevanten Gesetzesbestimmungen klargestellt habe, dass für das gegenständliche Bauwerk grundsätzlich eine Anschlusspflicht an das öffentliche Kanalnetz bestehe. Unter Bedachtnahme auf den der Aufsichtsbehörde mit Schreiben vom 2. September 1999 vorgelegten Kanalplan erweise sich die Einschätzung der Gemeindebehörde auf der Basis des von ihr festgestellten Sachverhaltes in Bezug auf die Anschlusspflicht als zutreffend, ohne dass es einer "Beantwortung" der aufgeworfenen Frage der tatsächlichen Entfernung zwischen Wohngebäude und Kanalstrang bedurft hätte.

Zum Einwand, wonach das Parteiengehör durch die Berufungsbehörde nicht ausreichend wahrgenommen worden sei, sei festzuhalten, dass der Beschwerdeführer jene entscheidenden Tatsachen in der Vorstellung nicht bekannt gegeben habe, die geeignet wären, eine seiner Meinung nach andere Entscheidung herbeizuführen. Auch sei es zur Ermittlung der "verbauten Grundfläche" keinesfalls erforderlich, die "Rauminnenmaße" zu kennen.

Zwar sei die danach vorzunehmende Berechnung des Kanalisationsbeitrages für ein dreigeschossiges Objekt gemäß § 4 Abs. 1 erster Halbsatz Stmk KanalAbgG 1955 insofern unrichtig, als die Gesamtberechnungsfläche zu gering angenommen worden sei; dadurch werde jedoch der Beschwerdeführer in seinen Rechten nicht beeinträchtigt, sodass dieser Fehler nicht aufzugreifen sei.

1.6. Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Er erachtet sich in "seinem Recht auf Unterscheidung zwischen der natürlichen Person des nunmehrigen Beschwerdeführers und der juristischen Person der Dkfm. V & Co Kommanditgesellschaft", sowie "in seinen elementarsten Rechten auf Einhaltung der Grundsätze eines ordnungsgemäßen Verwaltungsverfahrens" und in seinem Recht auf Berücksichtigung des "Faktums" verletzt, dass die der genannten Kommanditgesellschaft gehörige Liegenschaft samt dem ebenfalls dieser gehörigen darauf errichteten Gebäude über eine zeitgemäße Entsorgungsmöglichkeit für Regenwasser im Wege der Versickerung und für Abwasser im Wege eines Dreikammersystems verfüge. Weiters würden Rechte des Beschwerdeführers bzw. der genannten Kommanditgesellschaft verletzt, wenn die mitbeteiligte Marktgemeinde den Kanal von einer in der näheren Umgebung des gegenständlichen Objektes neuerrichteten Siedlungsanlage "unerlaubt" bis in die Nähe des gegenständlichen Objektes ziehe, um in die Grenze des 100 m-Bereiches des § 4 Abs. 1 Stmk Kanalgesetz zu kommen. Die Liegenschaft liege außerhalb eines zusammenhängenden Baulandbereiches.

1.7. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Die mitbeteiligte Marktgemeinde hat im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht Stellung genommen.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Nach § 1 des Gesetzes vom 28. Juni 1955 über die Erhebung der Kanalabgaben durch die Gemeinden des Landes Steiermark (Kanalabgabengesetz 1955), LGBl. Nr. 71 in der Fassung LGBl. Nr. 80/1988, werden die Gemeinden des Landes Steiermark, welche öffentliche Kanalanlagen zur Ableitung von Abwässern errichten und betreiben, auf Grund des § 8 Abs. 5 des Finanzverfassungsgesetzes 1948, BGBl. Nr. 45, ermächtigt, durch Beschluss des Gemeinderates eine einmalige Abgabe zur Deckung der Kosten der Errichtung und der Erweiterung der öffentlichen Kanalanlage (Kanalisationsbeitrag) nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu erheben.

Nach § 2 Abs. 1 leg. cit. ist der Kanalisationsbeitrag einmalig für alle Liegenschaften im Gemeindegebiet zu leisten, für welche eine gesetzliche Anschlusspflicht an das bereits bestehende öffentliche Kanalnetz besteht, ohne Rücksicht darauf, ob sie an das Kanalnetz tatsächlich angeschlossen sind oder nicht.

Nach § 2 Abs. 2 leg. cit. ist bei Neulegung öffentlicher Kanäle der einmalige Kanalisationsbeitrag für alle anschlusspflichtigen Liegenschaften ohne Rücksicht auf ihren tatsächlichen Anschluss zu leisten. Ein weiterer Kanalisationsbeitrag ist, unbeschadet der Bestimmungen des § 1, auch für den Umbau, die Erneuerung oder die Verbesserung der technischen Einrichtungen von Abwasserreinigungsanlagen für bereits bestehende Kanäle zu entrichten, sofern diese baulichen Maßnahmen im Hinblick auf die technische Entwicklung auf Grund von gesetzlichen Bestimmungen bescheidmäßig festgelegt werden. Die Beitragspflicht entsteht zur Hälfte bei Baubeginn und zur Hälfte bei Vorliegen der technischen Anschlussmöglichkeit an die öffentliche Kanalanlage oder Fertigstellung der Abwasserreinigungsanlage.

Die Höhe des Kanalisationsbeitrages bestimmt sich gemäß § 4 Abs. 1 Stmk KanalAbgG 1955 aus dem mit der verbauten Grundfläche (in Quadratmetern) mal Geschossanzahl vervielfachten Einheitssatz (Abs. 2), wobei Dachgeschosse und Kellergeschosse je zur Hälfte eingerechnet werden; Wirtschaftsgebäude, die keine Wohnung oder Betriebsstätte enthalten, werden nach der verbauten Fläche ohne Rücksicht auf die Geschosszahl, Hofflächen, das sind ganz oder teilweise von Baulichkeiten umschlossene Grundflächen, deren Entwässerung durch die Kanalanlage erfolgt, nach dem Flächenausmaß eingerechnet.

Der Einheitssatz ist gemäß § 4 Abs. 2 leg. cit. vom Gemeinderat in der Kanalabgabenordnung (§ 7) nach den durchschnittlichen ortsüblichen Baukosten je Meter der Kanalanlage höchstens bis zu fünf von Hundert dieser Baukosten für den Meter festzusetzen. Bei der Festsetzung des Einheitssatzes sind aus Bundes- und Landesmitteln für die Errichtung und die Erweiterung der öffentlichen Kanalanlage gewährte Beiträge und Zuschüsse in Abschlag zu bringen.

Zur Entrichtung des einmaligen Kanalisationsbeitrages ist der Eigentümer der anschlusspflichtigen Liegenschaft nach § 5 Abs. 1 leg. cit., sofern dieser aber mit dem Bauwerkseigentümer nicht identisch ist, der Eigentümer der anschlusspflichtigen Baulichkeit verpflichtet.

§ 4 des Gesetzes vom 17. Mai 1988 über die Ableitung von Wässern im bebauten Gebiet für das Land Steiermark (Kanalgesetz 1988), LGBl. Nr. 79, idF LGBl. Nr. 82/1998, verpflichtet in seinem Abs. 1 die Eigentümer von bebauten Grundstücken in Gemeinden, in denen öffentliche Kanalanlagen betrieben oder errichtet werden, die Schmutz- und Regenwässer ihrer bestehenden oder künftig zu errichtenden Bauwerke auf eigene Kosten über die öffentliche Kanalanlage abzuleiten, sofern die kürzeste Entfernung eines Bauwerkes von dem für den Anschluss in Betracht kommenden Kanalstrang nicht mehr als 100 m beträgt. Die Verpflichtung erstreckt sich auch auf Bauwerke desselben Grundstückseigentümers, die mit dem anschlusspflichtigen Bauwerk in unmittelbarer baulicher Verbindung stehen oder ihm eng benachbart sind und wenn Schmutz- oder Regenwässer anfallen (Hof- und sonstige Nebengebäude). Befinden sich die Grundstücke im Bauland und wird ein zusammenhängender Baulandbereich durch einen Kanalstrang erschlossen, so entsteht die Anschlusspflicht unabhängig vom Abstand zum Kanalstrang.

Ausnahmen von der Verpflichtung nach Abs. 1 sind nach Abs. 5 leg. cit. von der Baubehörde u.a. für Bauten mit einer nach den Erfahrungen der technischen Wissenschaften, den Erfordernissen des Umweltschutzes und der Hygiene entsprechenden Schmutzwasserentsorgung zu erteilen, wenn dadurch eine schadlose Entsorgung der Abwässer nach § 1 Abs. 1 gewährleistet ist und eine Schädigung öffentlicher Interessen sowie ein Nachteil für die Nachbarschaft nicht entsteht.

2.2. Das Schwergewicht der Ausführungen des Beschwerdeführers vor dem Verwaltungsgerichtshof geht dahin, dass die Abgabe zu Unrecht ihm vorgeschrieben worden sei; richtiger Weise wäre sie der erwähnten KG vorzuschreiben gewesen, diese sei nämlich Eigentümerin der Liegenschaft. Damit verstößt er gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bestehende Neuerungsverbot. Entgegen seinen diesbezüglichen Ausführungen wäre es ihm auch freigestanden, etwa in seiner Berufung auf diesen Umstand und die daraus abgeleitete Ansicht, er sei nicht Abgabepflichtiger, hinzuweisen.

Eine Verletzung des Parteiengehörs liegt daher nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes insoweit jedenfalls nicht vor.

Der Beschwerdeführer vermag sich aber auch nicht - bei Zutreffen seiner Tatsachenbehauptungen - auf den Grundbuchstand im Sinne einer offenkundigen Tatsache zu berufen, muss dieser doch nicht immer mit den tatsächlichen Eigentumsverhältnissen übereinstimmen (vgl. nur Hinteregger im Schwimann, Praxiskommentar zum ABGB2, Rz 11 ff zu § 431) und ist andererseits, wie sich aus der zuletzt zitierten Bestimmung des § 5 Abs. 1 Stmk KanalAbgG 1955 ergibt, der Liegenschaftseigentümer nicht immer der abgabepflichtige Eigentümer.

2.3. Soweit der Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof vorbringt, die mitbeteiligte Marktgemeinde habe den Kanal "unerlaubt" in die Nähe der gegenständlichen Liegenschaft "nachgezogen, um innerhalb des 100 m-Bereiches des § 4 Abs. 1 Kanalgesetz zu gelangen", so bleibt dieses Vorbringen unverständlich, ist doch nicht erkennbar, welche Erlaubnis die mitbeteiligte Marktgemeinde nach Ansicht des Beschwerdeführers hiezu hätte einholen müssen.

2.4. Der Beschwerdeführer verweist weiters darauf, dass für die gegenständliche Liegenschaft bisher keine Anschlusspflicht im Sinne des § 2 Abs. 1 Stmk KanalAbgG 1955 bescheidmäßig festgesetzt worden sei. Zu dieser Frage hat allerdings die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend darauf verwiesen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. nur etwa das hg. Erkenntnis vom 20. März 2000, Zl. 99/17/0420, mwN), bei Fehlen einer solchen bescheidmäßigen Feststellung die Gemeindeabgabenbehörden das Vorliegen des Tatbestandselements der Anschlusspflicht der betreffenden Liegenschaft vorfrageweise zu beurteilen haben. Warum diese Beurteilung im Beschwerdefall aber unzutreffend sein sollte, hat der Beschwerdeführer nicht dargelegt, insbesondere hat er eine konkrete Behauptung hinsichtlich des Abstandes des allenfalls anzuschließenden Objektes zum Kanalstrang in diesem Zusammenhang unterlassen. Er hat vielmehr (s. Punkt 2.3. oben) selbst angegeben, dass die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 des Steiermärkischen Kanalgesetzes 1988 gegeben seien.

2.5. Während also das Bestehen einer gesetzlichen Anschlussverpflichtung von der Abgabenbehörde als Vorfrage zu prüfen ist, kann der Abgabepflichtige das Vorliegen von Gründen für eine Ausnahme von dieser Verpflichtung im Sinne des § 4 Abs. 5 des Steiermärkischen Kanalgesetzes 1988 im Abgabenbemessungsverfahren - entgegen der diesbezüglichen Ansicht des Beschwerdeführers - nicht relevieren. Eine Ausnahme von der Anschlussverpflichtung nach der letztgenannten Gesetzesbestimmung setzt die Erlassung eines entsprechenden Bescheides der Baubehörde voraus. Solange ein solcher nicht existiert, ist das Vorliegen der in § 4 Abs. 5 des Steiermärkischen Kanalgesetzes 1988 angeführten Umstände für die Beurteilung der Anschlusspflicht durch die Abgabenbehörde ohne Bedeutung (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 20. März 2000 mwN). Aus diesem Grunde kommt es auch nicht darauf an, dass nach dem Beschwerdevorbringen durch die vorhandene Abwasserentsorgung betreffend Regenabwässer und Hausabwässer nach den Erfahrungen der technischen Wissenschaften und den Erfordernissen des Umweltschutzes und der Hygiene für eine schadlose Entsorgung der Abwässer bereits vorgesorgt sein soll.

2.6. Soweit der Beschwerdeführer davon ausgeht, dass die gegenständliche Liegenschaft während des gesamten Ermittlungsverfahrens von der Erstbehörde nicht betreten worden wäre, entfernt er sich vom Akteninhalt, wonach am 18. Mai 1999 in Gegenwart (auch) des Jakob R. eine Vermessung des bestehenden Objektes stattgefunden hat. Es trifft daher nach dem Akteninhalt nicht zu, dass sich die Abgabenbehörden auf aus der Ferne vorgenommene Schätzungen zur verbauten Grundfläche verlassen hätten. Dass die betreffenden Flächen in Wirklichkeit kleiner wären, hat der Beschwerdeführer - woran er nicht gehindert gewesen wäre - im Vorstellungsverfahren nicht vorgebracht, sodass ihm nunmehr infolge des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbotes eine Berufung darauf verwehrt ist. Überdies gibt er auch vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht bekannt, welches Flächenausmaß seiner Ansicht nach richtiger Weise der Berechnung zugrunde zu legen wäre.

2.7. Soweit der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des Inhaltes aus dem Umstand ableitet, dass im bekämpften Bescheid "nicht der geringste Nachweis zur Erklärung und Berechnung sowie Zusammensetzung des Einheitssatzes nach "§ 4 Abs. 2 KanalAbgG" ersichtlich sei, die Errechnung des Einheitssatzes daher in keiner Weise nachvollziehbar und überprüfbar sei, hat die belangte Behörde in der Gegenschrift auch hiezu zutreffend darauf verwiesen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. März 2002, Zl. 2002/17/0015, mwN) im Abgabenbescheid keine Begründung für die Höhe der in der Abgabenordnung festgesetzten Höhe des Einheitssatzes erforderlich ist; die Pflicht der Abgabenbehörde zur Begründung ihrer Bescheide erstreckt sich nicht auf die Darlegung der für den Verordnungsgeber bei Erlassung der Verordnung bestimmend gewesenen Faktoren. Da der vom Gemeinderat in der Kanalabgabenordnung als Teil derselben festgesetzte Einheitssatz Verordnungscharakter aufweist, stellt es weder eine inhaltliche Rechtswidrigkeit noch einen Begründungsmangel dar, wenn in den gemeindebehördlichen Abgabenbescheiden nur der in der Kanalabgabenordnung der Gemeinde der festgesetzte - im Beschwerdefall nicht weiter konkret in Zweifel gezogene - Einheitssatz, nicht aber die für dessen Berechnung maßgebenden Faktoren dargestellt werden.

2.8. Schließlich verweist die Beschwerde unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides noch darauf, dass zu Unrecht eine sofortige Vorschreibung des vollen Kanalisationsbeitrages anstatt einer Teilung gemäß § 2 Abs. 2 Stmk KanalAbgG 1955 in den halben Betrag bei Baubeginn und in den halben Betrag bei Vorliegen der technischen Anschlussmöglichkeit vorgenommen worden sei. Auf dieses Vorbringen ist schon deshalb nicht näher einzugehen, weil der Beschwerdeführer - unzulässiger Weise - vor dem Verwaltungsgerichtshof erstmals vorbringt, dass die technischen Anschlussmöglichkeiten noch nicht gegeben gewesen seien.

2.9. Hinsichtlich der unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gerügten Verfahrensmängel, nämlich der Unterlassung des Parteiengehörs, kann auf das bereits bisher Ausgeführte verwiesen werden.

2.10. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich somit, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.11. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

2.12. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 18. Dezember 2002

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