VwGH 2000/08/0196

VwGH2000/08/01963.7.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Köller und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der C in W, vertreten durch Dr. Werner J. Loibl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Riemergasse 14, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 25. Februar 2000, Zl. LGSW/Abt. 10-AlV/1218/56/1999-2182, betreffend Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Normen

AlVG 1977 §17 Abs1;
AlVG 1977 §33 Abs1;
AlVG 1977 §33 Abs2;
AlVG 1977 §33 Abs3;
AlVG 1977 §36;
AlVG 1977 §38;
AVG §66 Abs4;
NotstandshilfeV §1;
NotstandshilfeV §2;
NotstandshilfeV §5 Abs1;
AlVG 1977 §17 Abs1;
AlVG 1977 §33 Abs1;
AlVG 1977 §33 Abs2;
AlVG 1977 §33 Abs3;
AlVG 1977 §36;
AlVG 1977 §38;
AVG §66 Abs4;
NotstandshilfeV §1;
NotstandshilfeV §2;
NotstandshilfeV §5 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, die seit Jahren Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezieht, hat am 22. September 1999 unter Verwendung des bundeseinheitlich aufgelegten Formblattes neuerlich die Gewährung von Notstandshilfe beantragt. Im Antrag hat sie zur Frage nach einem eigenen Einkommen angegeben, sie erhalte Unterhaltsleistungen von monatlich S 6.138,--.

Dieser Antrag ist mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid abgewiesen worden. In der Begründung hat die belangte Behörde nach Gesetzeszitaten und einer kurzen Darstellung des Verwaltungsgeschehens ausgeführt, seit Änderung des § 36 AlVG mit Juni 1999 durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/1999 gelten Unterhaltszahlungen als eigenes Einkommen; diese seien auf die gebührende Notstandshilfe anzurechnen. Die von der Beschwerdeführerin angegebene Unterhaltszahlung erreiche ihren Anspruch auf Notstandshilfe, sodass der darauf abzielende Antrag abzuweisen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte deren Behandlung ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab (Beschluss vom 25. September 2000, B 497/00).

Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Gewährung der Notstandshilfe verletzt. In Ausführung des so umschriebenen Beschwerdepunktes macht sie geltend, die belangte Behörde gehe davon aus, dass für den Fall, dass der gesetzliche Unterhaltsanspruch die Höhe des Notstandshilfeanspruches erreiche oder übersteige, beim Arbeitslosen immer Bedarfsdeckung gegeben sei. Der ihr gewährte Unterhalt reiche aber für die Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse nicht aus, sodass Notlage vorliege. Die von der belangten Behörde gewählte Auslegung stehe mit dem primären Ziel der Notstandshilfe, nämlich der Sicherung der notwendigen Lebensbedürfnisse, im Widerspruch und sei daher rechtswidrig. Die Beschwerdeführerin beantragt daher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zunächst ist daran zu erinnern, dass nach der ständigen, auf das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 4. Mai 1977, Slg. Nr. 9315/A, gestützten, Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der geltend gemachte Anspruch auf Notstandshilfe zeitraumbezogen zu beurteilen ist. Daraus folgt, dass die in den jeweiligen - frühestens mit der Antragstellung beginnenden und mit Erlassung des Berufungsbescheides endenden - Zeiträumen, für welche die Leistung beantragt wurde, gegebene Sach- und Rechtslage maßgebend ist.

Die Voraussetzungen des Anspruches auf Notstandshilfe werden im § 33 AlVG für den vorliegenden Zeitraum in der Weise festgelegt, dass Arbeitslosen, die den Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Karenz(urlaubs)geld erschöpft haben, auf Antrag Notstandshilfe gewährt werden kann. Voraussetzung für die Gewährung der Notstandshilfe ist, soweit im Beschwerdefall von Bedeutung, dass der Arbeitslose sich in Notlage befindet (§ 33 Abs. 2 leg. cit.). Notlage liegt vor, wenn dem Arbeitslosen die Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse unmöglich ist (§ 33 Abs. 3 AlVG). Die näheren Voraussetzungen, unter denen dies der Fall ist, sind - nach im Gesetz vorgegebenen Gesichtspunkten - durch Verordnung zu regeln (§ 36 AlVG); die Anknüpfung an § 33 Abs. 4 AlVG in § 36 Abs. 2 AlVG ist seit der Novelle BGBl. Nr. 416/1992 auf § 33 Abs. 3 AlVG zu beziehen.

Auf dieser gesetzlichen Grundlage bestimmt § 2 Abs. 1 der Notstandshilfeverordnung, BGBl. Nr. 352/1973, in der maßgeblichen Fassung der Novelle BGBl. Nr. 338/1989, dass Notlage vorliegt, wenn "das Einkommen des (der) Arbeitslosen und das seines Ehepartners (Lebensgefährten bzw. seiner Lebensgefährtin) zur Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse des (der) Arbeitslosen nicht ausreicht". Bei der Beurteilung der Notlage sind gemäß § 2 Abs. 2 Notstandshilfeverordnung die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse sowohl des Arbeitslosen als auch bestimmter mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebender Personen zu berücksichtigen, wobei der gemeinsame Haushalt weder durch eine bloß vorübergehende Abwesenheit aufgelöst wird noch dann als aufgelöst gilt, wenn der Arbeitslose die Hausgemeinschaft nur deshalb aufgegeben hat oder ihr ferngeblieben ist, um der "Anrechnung des Einkommens" zu entgehen.

Die Anrechnung des Einkommens, dass der Arbeitslose selbst erzielt, regelt § 5 Notstandshilfeverordnung.

Was unter "Einkommen" im Sinne des § 12 AlVG sowie bei der Anrechnung von Einkommen auf die Notstandshilfe zu verstehen ist, ergibt sich aus § 36a AlVG. Diese Bestimmung bezieht sich u.a. auf die Feststellung des Einkommens für die Anrechnung auf die Notstandshilfe (Abs. 1); nach Abs. 2 dieser Bestimmung gilt als Einkommen das Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 mit - soweit hier wesentlich - den Hinzurechnungen des dritten Absatzes; darin scheinen seit der Novelle BGBl. I Nr. 87/1999 als Hinzurechnungsbetrag die Bezüge nach § 29 Z. 1 zweiter Satz EStG 1988 auf. Danach sind Bezüge an eine gesetzlich unterhaltsberechtigte Person nicht steuerpflichtig.

Die belangte Behörde hat daher zutreffend die von der Beschwerdeführerin empfangenen Unterhaltszahlungen als "Einkommen" gewertet und auf den Anspruch auf die Notstandshilfe angerechnet. Die rechnerische Richtigkeit dieses Vorganges wird in der Beschwerde nicht bestritten.

Mit ihrer - bereits im Verwaltungsverfahren vorgetragenen - Rechtsauffassung, die Notstandshilfe müsse der konkreten Sicherung der notwendigen Lebensbedürfnisse des Arbeitslosen dienen, verkennt die Beschwerdeführerin diese Rechtslage. Wie sich aus den zitierten Bestimmungen ergibt, hat die Notstandshilfe - anders als das Arbeitslosengeld - den Charakter einer subsidiären Leistung (wovon auch die Beschwerdeführerin ausgeht), die nur dann gebührt, wenn dem Arbeitslosen (nach Maßgabe der auf Grund des § 36 AlVG erlassenen Notstandshilfeverordnung) die Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse unmöglich ist. Das Ausmaß der Notstandshilfe wird gemäß § 1 der Notstandshilfeverordnung mit einem Prozentsatz des in Betracht kommenden Grundbetrages des Arbeitslosengeldes bestimmt. Das Ausmaß der maximal zustehenden Notstandshilfe wird - entsprechend ihrer primär versicherungsrechtlichen Natur - nicht davon (zumindest mit-)bestimmt, ob der konkrete Arbeitslose mit ihrer Hilfe tatsächlich in die Lage versetzt wird, seine persönlichen notwendigen Lebensbedürfnisse zu befriedigen. Die solcherart abstrakt berechnete Notstandshilfe gebührt schon dann nicht, wenn das nach § 5 Abs. 1 Notstandshilfeverordnung anzurechnende Einkommen des Arbeitslosen die für ihn an sich in Betracht kommende Notstandshilfe zumindest erreicht.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Wien, am 3. Juli 2002

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