Normen
AsylG 1997 §8;
FrG 1997 §57;
FrG 1997 §61 Abs1;
FrG 1997 §69 Abs4 Z1;
FrG 1997 §73 Abs4;
FrG 1997 §75 Abs1;
FrG 1997 §88 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AsylG 1997 §8;
FrG 1997 §57;
FrG 1997 §61 Abs1;
FrG 1997 §69 Abs4 Z1;
FrG 1997 §73 Abs4;
FrG 1997 §75 Abs1;
FrG 1997 §88 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich des Spruchpunktes 2. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte sei auf den hg. Beschluss vom 30. Juni 2000, Zl. 2000/02/0087, verwiesen, womit die Beschwerde desselben Beschwerdeführers gegen einen Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 15. November 1999, betreffend Schubhaft, wegen verspäteter Einbringung zurückgewiesen wurde.
Mit Bescheid vom 11. Jänner 2000 gab die (nunmehr) belangte Behörde im Spruchpunkt 1. der vom Beschwerdeführer an sie erhobenen (weiteren) "Beschwerde wegen behaupteter Rechtswidrigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft" gemäß § 72 Abs. 1 und § 73 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 4 zweiter Satz des Fremdengesetzes 1997 (FrG) insoweit statt, als die Rechtswidrigkeit der Unterlassung der Aufnahme einer Niederschrift im Sinne des § 69 Abs. 5 FrG mit dem Beschwerdeführer festgestellt wurde. Weiters wurde im Spruchpunkt 2. festgestellt, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen (Spruchpunkt 3. enthält den Ausspruch über die Kosten).
In der Begründung wurde - soweit für die Erledigung der vorliegenden Beschwerde von Belang - u.a. ausgeführt, der Beschwerdeführer sei bulgarischer Staatsbürger und sei in der Nacht vom 29. auf den 30. Oktober 1999 illegal über die tschechisch-österreichische Grenze eingereist. Von Linz aus sei er am 30. Oktober 1999 mit dem Zug nach Bregenz gefahren, wo er am 31. Oktober 1999 angekommen sei. Er habe die Absicht gehabt, illegal in die Schweiz einzureisen. Am 31. Oktober 1999 sei er von einem Gendarmeriebeamten wegen des Verdachts der Übertretung des FrG festgenommen und noch am selben Tag der Fremdenpolizeibehörde vorgeführt worden. Die Bezirkshauptmannschaft Bregenz habe mit Bescheid vom 31. Oktober 1999 die Ausweisung des Beschwerdeführers verfügt. Gleichzeitig sei die Schubhaft verhängt worden. Der Asylantrag des im Polizeigefangenenhaus Steyr inhaftierten Beschwerdeführers sei vom Bundesasylamt mit Bescheid vom 12. November 1999 gemäß § 4 Abs. 1 Asylgesetz 1997 zurückgewiesen worden und die vom Beschwerdeführer dagegen erhobene Berufung sei noch anhängig. Bereits mit Bescheid vom 15. November 1999 habe der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich die am 5. November 1999 erhobene Schubhaftbeschwerde des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen und gleichzeitig festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen. Der Beschwerdeführer befinde sich zum Zeitpunkt der Entscheidung nach wie vor im Polizeigefangenenhaus Steyr in Schubhaft. Allerdings sei mit ihm keine dem § 69 Abs. 5 FrG entsprechende Niederschrift aufgenommen worden. Diese Vorschrift diene der Information des Beschwerdeführers und sei ein wesentliches Element des fremdenrechtlichen Rechtsschutzsystems, weshalb die Unterlassung der Aufnahme der Niederschrift für rechtswidrig zu erklären gewesen sei.
Offenbar unter Bezugnahme auf den von ihr zitierten § 68 Abs. 4 Z 1 FrG führte die belangte Behörde auch aus, die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft sei noch bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung im Asylverfahren zulässig.
Gegen diesen Bescheid - und zwar ausschließlich gegen dessen Spruchpunkt 2. - richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
§ 69 FrG hat (auszugsweise) folgenden Wortlaut:
"Dauer der Schubhaft
§ 69. (1) Die Behörde ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert.
(2) Die Schubhaft darf nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Sie darf außer in den Fällen des Abs. 4 insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern.
...
(4) Kann oder darf ein Fremder nur deshalb nicht abgeschoben werden,
1. weil über einen Antrag gemäß § 75 noch nicht rechtskräftig entschieden ist oder ...
..., so kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung (Z 1), ... insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden; ..."
Gemäß § 75 Abs. 1 FrG hat die Behörde auf Antrag eines Fremden mit Bescheid festzustellen, ob stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dieser Fremde in einem von ihm bezeichneten Staat gemäß § 57 Abs. 1 oder 2 bedroht ist. Dies gilt nicht, insoweit über die Frage der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat die Entscheidung einer Asylbehörde vorliegt oder diese festgestellt hat, dass für den Fremden in einem Drittstaat Schutz vor Verfolgung besteht.
Zunächst ist festzuhalten, dass die Entscheidung eines unabhängigen Verwaltungssenates gemäß § 73 Abs. 4 FrG, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung des Fremden in Schubhaft bestehen, einen neuerlichen Titel für die Anhaltung der betreffenden Person in Schubhaft darstellt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 1995, Zl. 94/02/0363, zur insoweit identen Vorschrift des § 52 Abs. 4 FrG 1992).
Die belangte Behörde ging bei ihrer Entscheidung offensichtlich davon aus, dass gemäß § 69 Abs. 4 Z 1 FrG auf Grund der noch nicht rechtskräftigen Erledigung des Asylantrages des Beschwerdeführers seine Anhaltung in Schubhaft für insgesamt länger als zwei Monate zulässig sei. Damit verkannte sie aber den Inhalt der Ausnahmebestimmung des § 69 Abs. 4 Z 1 FrG, welche - wie der Beschwerdeführer zutreffend ausführt - ausschließlich auf die nicht rechtskräftige Erledigung von Anträgen "gemäß § 75" FrG abstellt:
Dass damit nur ein diesbezüglicher Antrag an die (Fremden-)Behörde (vgl. § 88 Abs. 1 FrG) gemeint ist, ergibt sich schon aus dem klaren Wortlaut des § 75 Abs. 1 leg. cit. Auch § 8 des Asylgesetzes 1997, wonach die Asylbehörde verpflichtet ist, "von Amts wegen" anlässlich der Abweisung eines Asylantrages bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Fremden in den "Herkunftsstaat" zulässig ist (§ 57 FrG), spricht gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Auslegung des § 75 Abs. 1 FrG (vgl. im Übrigen in diesem Zusammenhang das hg. Erkenntnis vom 22. April 1999, Zl. 98/20/0561).
Dass der Beschwerdeführer - wie er in der Beschwerde behauptet - keinen solchen Antrag "gem. § 75" FrG gestellt hat, wird von der belangten Behörde auch in der Gegenschrift nicht in Abrede gestellt, weshalb die Subsumtion des gegenständlichen Sachverhalts unter die Ausnahmebestimmung des § 69 Abs. 4 Z 1 FrG unzulässig war.
Der vorliegende Bescheid erweist sich somit im angefochtenen Umfang seines Spruchpunktes 2. - zum Zeitpunkt dieser Entscheidung befand sich der Beschwerdeführer bereits länger als zwei Monate in Schubhaft - als inhaltlich rechtswidrig und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG insoweit aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die § 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 501/2001.
Wien, am 5. September 2002
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)