VwGH 2000/01/0379

VwGH2000/01/03793.12.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Pelant, Dr. Köller und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Nichtowitz, über die Beschwerde des V in Wien, vertreten durch Dr. Robert Lirsch, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Singerstraße 27/II, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 27. Juni 2000, Zl. UVS- 02/V/5/36/1997/28, betreffend 1) Verfahrenshilfe und 2) Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §67a Abs1 Z2;
EMRK Art3;
PolizeigefangenenhaushausO 1988;
StVG §40 Abs1 Satz3;
StVG §40 Abs2 Z2;
StVG §40;
VStG §53c Abs2 Satz3;
VStG §53c Abs2;
VStG §53c;
AVG §67a Abs1 Z2;
EMRK Art3;
PolizeigefangenenhaushausO 1988;
StVG §40 Abs1 Satz3;
StVG §40 Abs2 Z2;
StVG §40;
VStG §53c Abs2 Satz3;
VStG §53c Abs2;
VStG §53c;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang seiner Anfechtung (Spruchpunkt 2.) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer verbüßte in der Zeit vom 28. Juni 1994,

10.10 Uhr, bis 29. Juni 1994, 19.00 Uhr, im Bezirkspolizeikommissariat Wien-Landstraße eine verwaltungsbehördliche Ersatzfreiheitsstrafe. Gegen den Vollzug dieser Strafe erhob er gemäß § 67c AVG Beschwerde an den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien (die belangte Behörde).

Mit hg. Erkenntnis vom 29. Juli 1998, Zl. 97/01/0764, wurde der Bescheid der belangten Behörde vom 2. September 1996 insoweit, als er die ihm zu Grunde liegende Beschwerde im Punkt "Haftbedingungen" abwies (und damit auch hinsichtlich seines Ausspruches über die dem Beschwerdeführer zum Ersatz auferlegten Kosten), wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zur näheren Darstellung des Verwaltungsgeschehens auf das zitierte hg. Erkenntnis verwiesen.

Im Zuge des weiteren Verfahrens ergänzte die belangte Behörde ihre Ermittlungen insbesondere durch Einvernahme des vom Beschwerdeführer zum Beweis der von ihm behaupteten Haftbedingungen als Zeugen ins Treffen geführten Mithäftlings.

Mit dem vorliegend angefochtenen Ersatzbescheid wies die belangte Behörde in Spruchabschnitt 1) den Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung der Verfahrenshilfe gemäß § 66 Abs. 4 AVG zurück und in Spruchabschnitt 2) die Maßnahmenbeschwerde im Beschwerdepunkt "Haftbedingungen" gemäß § 67c Abs. 3 AVG als unbegründet ab; weiters verpflichtete sie (in dem selben Spruchabschnitt) den Beschwerdeführer zum Ersatz von Verfahrenskosten. Begründend führte sie zu Spruchabschnitt 2) nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensganges zusammengefasst aus, sie habe mehrmals erfolglos versucht, den Beschwerdeführer zu laden und zu vernehmen. In der Verhandlung vom 5. Juni 2000 habe der Zeuge C. folgende Aussage getätigt:

"Es ist mit mir damals ein Herr in der Zelle gesessen, der wegen Beleidigung oder etwas Ähnlichen 24 oder 48 Stunden in Haft bleiben musste. Es war ein älterer Herr, ein Doktor, seinen Namen weiß ich allerdings nicht mehr. Ich bin in etwa 12 Stunden angehalten worden, genau weiß ich das allerdings auch nicht mehr ...

Wenn mir das im erstinstanzlichen Akt befindliche Foto ... vorgehalten wird, so gebe ich an, das ich mich nicht mehr erinnern kann, ob das der Mann war, mit dem ich in der Zelle saß. Es war jedenfalls damals nur eine Person gemeinsam mit mir in Haft. Dieser Mann war bereits in der Zelle als ich kam. Die Zelle war mit zwei Matten und Decken ausgestattet. Weiters hatte es in dieser Zelle gestunken.

Wenn ich gefragt werde, ob es nach Urin oder Fäkalien roch, gebe ich an, dass das nicht der Fall war, die Zelle jedoch einen ganz eigentümlichen Geruch hatte.

Ich habe mich, gleich nachdem ich in die Zelle gebracht wurde zum Schlafen hingelegt. Ich habe mich um die näheren Umstände nicht so sehr gekümmert.

Der Mann, der in der Zelle war, lag auf der Matte und war zugedeckt. Ich habe erst am Morgen mit ihm gesprochen. In der Zeit, in der ich in der Zelle war, bestand weder für mich noch für den anderen Häftling die Möglichkeit, eine Toilette aufzusuchen und wurde uns auch nichts zu essen und zu trinken gebracht. Ich habe mir sofort etwas zu Essen gekauft, als ich hinauskam. Ich musste während meiner Haftzeit nicht auf die Toilette, möglicherweise hätte man geöffnet, wenn ich geklopft hätte. In der Zelle bestand jedenfalls keine Möglichkeit, seine Notdurft zu verrichten. In der Zelle hat Licht gebrannt, ob das in der Folge abgedreht wurde, weiß ich nicht, da ich eingeschlafen bin. Ich wurde in der Früh, ca. um 8.00 Uhr oder um 9.00 Uhr geholt um meine Aussage zu machen. Das dauerte ca. 1 bis 1 1/2 Stunden. Was in der Zwischenzeit mit meinem Mithäftling geschah, kann ich nicht mehr angeben. Ich glaube, dass er gar nicht mehr da war als ich zurückkam. Ich kann mit Sicherheit sagen, dass er nicht mehr in der Zelle war, als ich von der Vernehmung zurückkam. Während der Zeit, in der ich mich in der Zelle befand, bekam auch der andere Häftling nichts zu essen, nichts zu trinken und konnte nicht die Toilette aufsuchen. In der Früh kam der Amtsarzt und fragte uns, wie es uns geht und ob wir etwas benötigen. Ich brauchte nichts und sagte das auch dem Amtsarzt. Der andere Häftling sprach auch kurz mit dem Amtsarzt, um was es sich handelte, weiß ich jedoch nicht. Ich glaube schon, dass der Amtsarzt etwas unternommen hätte, wenn ich ihm gesagt hätte, dass es mir nicht gut geht. Mein Mithäftling ist im wesentlichen die ganze Zeit gelegen. Ab und zu ist er aufgestanden und ein bisschen herumgegangen. Ob er gesundheitliche Probleme hatte, kann ich nicht angeben, aufgefallen ist mir nichts und hat er mir gegenüber auch diesbezüglich nichts erwähnt.

Ob das Licht in der Zelle besonders hell war, kann ich nicht

angeben.

...

Ich habe während meiner gesamten Haftzeit nicht gefragt, ob ich etwas zu essen oder zu trinken bekommen könne oder ob ich auf die Toilette gehen könne.

Soviel ich mich erinnern kann, hat auch der andere Häftling nicht danach gefragt ob er etwas zu essen oder zu trinken bekommen kann oder auf die Toilette gehen kann.

...

Ob meinem Mithäftling um 9.00 Uhr etwas zu trinken gebracht wurde, kann ich nicht sagen, da ich zu dieser Zeit, wie ich glaube, nicht in der Zelle war."

Die belangte Behörde habe erwogen, dass der Zeuge C. jene Person sei, die mit dem Beschwerdeführer die Zelle geteilt habe, zumal laut Haftprotokoll keine anderen Personen angehalten worden seien, auf die die Angaben dieses Zeugen über den Beschwerdeführer zugetroffen hätten und auch alle sonstigen amtswegigen Ermittlungen keinen Hinweis darauf ergeben hätten, dass eine der anderen von der belangten Behörde auf Grund des Anhalteprotokolles angeschriebenen Personen der Mithäftling des Beschwerdeführers gewesen wäre. Die Aussage dieses Zeugen stimme mit jener des Zeugen RvI S. insofern überein, als der Zeuge C. angegeben habe, die Zelle sei nicht mit Fäkalien und Urin verunreinigt gewesen. Auch spreche C. davon, dass der Amtsarzt routinemäßig vorbeigeschaut und mit dem Beschwerdeführer gesprochen habe, sonst jedoch nichts weiter geschehen sei. Dies decke sich mit den Angaben des Zeugen S., der angegeben habe, der Amtsarzt hätte routinemäßig am Kommissariat vorbeigeschaut, der Beschwerdeführer hätte jedoch dem Amtsarzt gegenüber keine Mitteilungen über eine allfällige Beeinträchtigung seiner Gesundheit gemacht. Soweit der Zeuge C. angeführt habe, er und sein Mithäftling hätten während seines Aufenthaltes in der Zelle zwischen der Einlieferung (C. sei am 29. Juni 1994 um 3. 45 Uhr eingeliefert worden) und seiner Einvernahme (C. sei laut seinen Angaben am 29. Juni 1994 gegen 9.00 Uhr einvernommen worden) nichts zu essen und zu trinken bekommen, stehe dies ebenfalls nicht im Widerspruch zu den Angaben der anderen Polizeibeamten, weil dem Beschwerdeführer vor der Einlieferung des Zeugen C. Essen und Trinken angeboten worden sei und er mehrmals die Zelle verlassen habe, um seine Notdurft zu verrichten. So sei dem Bericht des Zeugen Z. vom 27. August 1994 zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer am 28. Juni 1994 von ca. 11.00 Uhr bis 13.00 Uhr und von 16.00 Uhr bis 18.00 Uhr mehrmals die Zelle (richtig:) verlassen hätte, um seine Notdurft zu verrichten. Dem Beschwerdeführer wäre auch einige Male eine Tasse mit Wasser gereicht worden. Z. hätte alle 30 Minuten eine Zellenkontrolle durchgeführt, die Zelle wäre niemals mit Exkrementen verunreinigt gewesen. Auch hätte man extra ein Essenspaket aus dem Polizeigefangenenhaus für den Beschwerdeführer abgeholt, dieser hätte jedoch das Essen verweigert. Der Zeuge hätte am 28. (richtig:) Juni 1994 bis 18.00 Uhr Dienst gehabt und ihm seien keine Beschädigungen an den Effekten des Beschwerdeführers aufgefallen. Diese Angaben seien auch durch den Bericht von Insp. Ch. vom 27. August 1994 bestätigt worden, wonach der Beschwerdeführer zwischen 13.00 Uhr und 16.00 Uhr die Toilette übermäßig oft aufgesucht hätte und die Möglichkeit gehabt hätte, Wasser zu sich zu nehmen. Auch habe RvI S. in seinem Bericht vom 29. August 1994 angegeben, dass er am 29. Juni 1994 in der Zeit von 3.00 Uhr bis 7.00 Uhr als Arrestantenposten Dienst versehen und dabei die Zelle alle 30 Minuten überprüft hätte. Das Licht hätte gebrannt, doch wäre die Zelle weder durch Exkremente verunreinigt gewesen, noch wäre darin uriniert worden. Die Zelle sowie der Arrestantenraum wären am 29. Juni 1994 um 7.00 Uhr in ordnungsgemäßem Zustand übergeben worden. Weiters habe Insp. T. in seinem Bericht vom 1. September 1994 angegeben, dass er von 28. Juni 1994, 23.00 Uhr, bis 29. Juni 1994, 3.00 Uhr, die Tätigkeit des Arrestantenpostens wahrgenommen hätte. In diesem Zeitraum wären die Zelle und der Zustand der Insassen halbstündig kontrolliert worden. Es wären keine Verunreinigungen der Zelle festgestellt worden. Der Zustand des Beschwerdeführers wäre gut gewesen, weil er - der Tages- bzw. Nachtzeit entsprechend - geschlafen und nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hätte, mittels Knopfdruck auf sich aufmerksam zu machen, um einen Wunsch betreffend Flüssigkeits- bzw. Nahrungsaufnahme zu äußern.

Diese übereinstimmenden Angaben seien daher der Entscheidung zu Grunde gelegt worden und es habe den dazu im Widerspruch stehenden Angaben des Beschwerdeführers, die in keinem Ermittlungsergebnis Deckung gefunden hätten, kein Glauben geschenkt werden könne. Die weiteren Beweisanträge seien abzuweisen gewesen, weil der Sachverhalt auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens ausreichend habe festgestellt werden können und im Übrigen der Verwaltungsgerichtshof in seinem genannten Erkenntnis bereits rechtskräftig darüber abgesprochen habe. Die im fortgesetzten Verfahren aufgenommenen Beweise hätten kein anderes Ergebnis als im ursprünglichen Beschwerdeverfahren ergeben, sodass hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung auf die Ausführungen des Bescheides vom 2. September 1996 hingewiesen werden könne. Abschließend dürfe noch darauf hingewiesen werden, dass die Verwahrung in einer verschmutzten Arrestzelle nicht im Widerspruch zu Art. 3 EMRK stehe. Die belangte Behörde vertrete daher die Auffassung, dass der Beschwerdeführer durch die Unterbringung in der Arrestzelle keiner unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterworfen worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die - offensichtlich nur gegen Spruchabschnitt 2) des angefochtenen Bescheides gerichtete - Beschwerde erwogen:

Soweit der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vorweg darin sieht, dass der zu vollstreckende Strafbescheid der Sicherheitsdirektion für Wien vom 15. November 1990 stammte, der lange vor dem 28. Juni 1994 zugestellt worden sei und eine eingetretene Verjährung in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu berücksichtigen wäre, ist ihm zu entgegnen, dass der Bescheid der belangten Behörde vom 2. September 1996 durch das zitierte hg. Erkenntnis vom 29. Juli 1998 nur insoweit aufgehoben wurde, als er die ihm zu Grunde liegende Maßnahmenbeschwerde im Punkt "Haftbedingungen" abwies (und insofern er den Beschwerdeführer zum Kostenersatz verpflichtete). Dadurch beschränkte sich der Gegenstand und die Prüfungspflicht der belangten Behörde im weiteren Verfahren nur mehr auf den genannten Punkt.

Einen weiteren Grund für die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erblickt der Beschwerdeführer in den rechtswidrigen Haftbedingungen. So sei ihm seine Brille abgenommen worden; während der vorgeschriebenen Nachtruhe habe ständig unangenehm blendendes elektrisches Licht geleuchtet, es habe keine Lüftungsmöglichkeit bestanden, die Sanitäreinrichtungen seien mit Fäkalien verschmutzt gewesen; schließlich habe er nicht ausreichend feste und flüssige Nahrung bekommen. Im Zusammenhang damit rügt der Beschwerdeführer, der angefochtene Bescheid leide an einem erheblichen Begründungsmangel. Auf insgesamt neun (von zwölf) Seiten stelle die belangte Behörde das bisherige Verfahren und Vorbringen dar. Dem gemäß gelange die belangte Behörde erst am Ende der neunten Seite zur eigentlichen Bescheidbegründung, der verhältnismäßig kurze zwei Seiten eingeräumt würden. Diesen Erwägungen der belangten Behörde mangle es an den Erfordernissen nach § 60 AVG. Dem angefochtenen Bescheid könnten Feststellungen und Beweiswürdigung - soweit überhaupt vorhanden - nur rudimentär entnommen werden. Die Trennung zwischen dem Vorbringen, den Feststellungen, der Beweiswürdigung und der rechtlichen Würdigung sei großteils nicht nachvollziehbar. Insofern mangle es an einer klaren und übersichtlichen Zusammenfassung. Dem Bescheid der belangten Behörde könnten auch keine schlüssigen Feststellungen entnommen werden, ob und gegebenenfalls wann der Beschwerdeführer ausreichend Nahrung und Flüssigkeit bekommen habe. Die belangte Behörde lasse es bei der Gegenüberstellung der widersprüchlichen Aussagen des Beschwerdeführers, des Zeugen C. und der Polizeibeamten bewenden, ohne auf Grund einer schlüssigen Beweiswürdigung die notwendigen Feststellungen zu treffen. Ebenso fehlten klare Feststellungen zur Belüftung und zum Zustand der Arrestzelle im Allgemeinen. Schließlich sei die Beweiswürdigung der belangten Behörde unschlüssig.

Damit zeigt der Beschwerdeführer im Ergebnis Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:

§ 53c des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52,

lautet, soweit im Beschwerdefall von Relevanz:

"Durchführung des Strafvollzuges

§ 53c. (1) Häftlinge dürfen ihre eigene Kleidung tragen und sich, ohne dazu verpflichtet zu sein, angemessen beschäftigen. Sie dürfen sich selbst verköstigen, wenn dies nach den verfügbaren Einrichtungen weder die Aufsicht und Ordnung beeinträchtigt noch unverhältnismäßigen Verwaltungsmehraufwand verursacht. Sie sind tunlichst von Häftlingen, die nach anderen Bestimmungen als nach diesem Bundesgesetz angehalten werden, männliche Häftlinge jedenfalls von weiblichen Häftlingen getrennt zu halten.

(2) Häftlinge sind in einfach und zweckmäßig eingerichteten Räumen mit ausreichendem Luftraum und genügend Tageslicht unterzubringen. Die Hafträume sind gut zu lüften und in der kalten Jahreszeit entsprechend zu heizen. Bei Dunkelheit sind sie außerhalb der Zeit der Nachtruhe so zu beleuchten, dass die Häftlinge ohne Gefährdung des Augenlichtes lesen und arbeiten können. Es ist dafür zu sorgen, dass die Häftlinge Vorfälle, die das unverzügliche Einschreiten eines Aufsichtsorgans erforderlich machen könnten, diesem jederzeit zur Kenntnis bringen können.

...

(6) Die obersten Behörden haben für den Strafvollzug in den Hafträumen der Bezirksverwaltungsbehörden oder Bundespolizeibehörden eine Hausordnung zu erlassen. Darin sind die Rechte und Pflichten der Häftlinge unter Bedachtnahme auf die Aufrechterhaltung der Ordnung sowie unter sinngemäßer Berücksichtigung der sich aus dem Strafvollzugsgesetz ergebenden Grundsätze des Strafvollzuges und der räumlichen und personellen Gegebenheiten zu regeln.

..."

Die ErläutRV 133 BlgNR 17. GP 13 führten zur Neufassung des § 53c VStG durch die Verwaltungsstrafgesetz-Novelle 1987, BGBl. Nr. 516, u.a. aus:

"Der Abs. 2 enthält eine Regelung über die erforderliche Ausstattung der Hafträume. Sie wurde dem § 40 des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, nachgebildet, wobei insbesondere auch vorgesehen werden soll, dass der Inhaftierte mit den Aufsichtsorganen jederzeit in Kontakt treten kann."

§ 40 des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969 - StVG, lautete:

"Unterbringung

§ 40. (1) Die Strafgefangenen sind in einfach und zweckmäßig eingerichteten Räumen mit ausreichendem Luftraum und genügendem Tageslicht unterzubringen. Die Hafträume sind gut zu lüften und in der kalten Jahreszeit entsprechend zu heizen. Bei Dunkelheit sind sie außerhalb der Zeit der Nachtruhe so zu beleuchten, dass die Strafgefangenen, ohne Gefährdung des Augenlichtes lesen und arbeiten können.

(2) Als Vergünstigung kann Strafgefangenen gestattet werden:

  1. 1. ...;
  2. 2. die längere Beleuchtung des Haftraumes am Abend im Ausmaß von höchstens zwei Stunden."

    Die für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum maßgebliche Polizeigefangenenhaus-Hausordnung, BGBl. Nr. 566/1988, lautete, soweit für den Beschwerdefall von Relevanz:

    "Gemäß § 53c Abs. 6 VStG 1950 wird verordnet:

    Anwendungsbereich

§ 1. Diese Hausordnung findet auf Personen Anwendung, die sich zum Vollzug von Freiheitsstrafen im Polizeigefangenenhaus in Haft befinden. Sie ist in gekürzter, die Rechte und Pflichten der Häftlinge wiedergebender Fassung in allen Zellen anzuschlagen.

Pflichten der Häftlinge

§ 2 (1) ...

(2) Die Häftlinge haben die von ihnen benützten Räume und Einrichtungen sauber und in Ordnung zu halten, die ihnen überlassenen Gegenstände schonend zu behandeln, nicht ungebührlicherweise störenden Lärm zu erregen und nicht den Anstand zu verletzen.

...

Anhaltung

§ 4. (1) Die Häftlinge sind unter Achtung der Menschenwürde und mit möglichster Schonung der Person anzuhalten. Ihnen dürfen nur solche Beschränkungen auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung im Polizeigefangenenhaus notwendig und mit einer Freiheitsentziehung üblicherweise verbunden sind.

...

Nachtruhe

§ 8. Die Zeit der Nachtruhe ist von der Behörde generell festzulegen; sie hat mindestens acht Stunden zu dauern. Außerdem kann die Behörde die Benützung der Betten außerhalb der Zeit der Nachtruhe, frühestens ab 16.00 Uhr, gestatten.

...

Hygiene

§ 12. (1) Die Behörde hat dafür Sorge zu tragen, dass die Erfordernisse der einem Häftling zustehenden hygienischen Versorgung gesichert sind.

...

(4) Die Hafträume sind von den Insassen täglich zu reinigen und zu lüften; die Fußböden sind einmal wöchentlich, die sanitären Anlagen täglich zu säubern.

(5) Die üblichen Räumlichkeiten des Polizeigefangenenhauses und die ihm angeschlossenen Höfe sind nach den Erfordernissen der Hygiene und Ordnung sauber zu halten. Hiezu ist von der Behörde ein Reinigungsplan zu erstellen, der unter Bedachtnahme auf die Verpflichtung gemäß § 2 Abs. 2 und auf die Möglichkeit, Häftlinge zu Hausarbeiten heranzuziehen, den zeitlichen Ablauf der Reinigungsarbeit festlegt.

Verpflegung

§ 13. (1) ...

(2) Die Häftlinge haben Anspruch auf ausreichende und einmal täglich auf warme Verpflegung durch die Behörde. Trinkwasser hat jederzeit zur Verfügung zu stehen. ..."

Entgegen der von der belangten Behörde zum Ausdruck gebrachten Ansicht kommt fallbezogen eine Verletzung des Beschwerdeführers in seinen Rechten im Sinn des § 67a Abs. 1 Z 2 AVG nicht nur dann in Betracht, wenn der Vollzug der Freiheitsstrafe dem Verbot der Folter nach Art. 3 EMRK widerspricht, sondern bestimmen sich die Rechte (und Pflichten) des Beschwerdeführers auch anhand der Bestimmungen des § 53c VStG über die Durchführung des Strafvollzuges und der zum beschwerdegegenständlichen Zeitpunkt maßgeblichen Polizeigefangenenhaus-Hausordnung.

Der Beschwerdeführer weist zutreffend darauf hin, dass der angefochtene Bescheid einer nachvollziehbaren Begründung im Sinn des § 60 AVG entbehrt, in welcher darzustellen gewesen wäre, inwieweit eine allfällige Verletzung des Beschwerdeführers in seinen - vom Verwaltungsgerichtshof zu prüfenden - einfachgesetzlich gewährleisteten Rechten durch den gegenständlichen Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe eintrat. Wohl legte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens - teils durch Verweis auf ihren Bescheid vom 2. September 1996 - dar, sie unterließ es jedoch, in eindeutiger, einer nachprüfenden Kontrolle zugänglichen Weise darzutun, von welchen konkreten Tatsachenfeststellungen (über die Haftbedingungen) sie im angefochtenen Bescheid ausging. Nach Wiedergabe der Ermittlungsergebnisse stellte sie eigenständig nur zusammenfassend fest, der Entscheidung seien die übereinstimmenden Angaben zu Grunde gelegt worden und den dazu im Widerspruch stehenden Angaben des Beschwerdeführers, die in keinem Ermittlungsergebnis Deckung gefunden hätten, hätte kein Glauben geschenkt werden können. Damit überließ es die belangte Behörde der individuellen Auslegung, in welchen Punkten die wiedergegebenen Aussagen (betreffend die Haftbedingungen) übereinstimmten und ob bzw. inwiefern Angaben des Beschwerdeführers hiezu im Widerspruch standen, um daraus die - im angefochtenen Bescheid nicht ausgesprochene - Schlussfolgerung zu ziehen, von welchen konkreten Haftbedingungen die belangte Behörde in tatsächlicher Hinsicht ausging (zur Notwendigkeit von konkreten Sachverhaltsfeststellungen als Teil der Bescheidbegründung vgl. etwa die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze, Band I2, unter E 75 ff zu § 60 AVG wiedergegebene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).

Darüber hinaus weist die Beschwerde zutreffend darauf hin, dass nach übereinstimmenden Angaben von Zeugen - und ohne dass diese in diesem Punkt erkennbar den Behauptungen des Beschwerdeführers widersprechen würden - die Zelle auch während der Zeit der Nachtruhe beleuchtet war. § 53c Abs. 2 dritter Satz VStG, wonach die Hafträume während der Dunkelheit außerhalb der Zeit der Nachtruhe so zu beleuchten sind, dass die Häftlinge ohne Gefährdung des Augenlichtes lesen und arbeiten können, trifft zwar keine unmittelbare Aussage darüber, ob die Hafträume während der Zeit der Nachtruhe ebenfalls zu beleuchten sind. Die zitierten ErläutRV 133 BlgNR 17. GP 13 führen jedoch aus, § 53c Abs. 2 VStG sei dem § 40 StVG nachgebildet worden. § 40 Abs. 1 dritter Satz StVG ordnete wortlautgleich mit § 53c Abs. 2 dritter Satz VStG die Beleuchtung der Hafträume bei Dunkelheit außerhalb der Zeit der Nachtruhe an. Aus § 40 Abs. 2 Z 2 StVG, wonach einem Strafgefangenen als Vergünstigung die längere Beleuchtung des Haftraumes am Abend im Ausmaß von höchstens zwei Stunden gewährt werden kann, ist jedoch jedenfalls zu schließen, dass der Haftraum während der übrigen Zeit der Nachtruhe - auch nach allfälliger längerer Beleuchtung als Vergünstigung - nicht oder zumindest nicht in einer die Nachruhe störenden Weise zu beleuchten ist.

Sollte die belangte Behörde in tatsächlicher Hinsicht davon ausgegangen sein, dass der Haftraum auch während der Zeit der Nachtruhe in einer diese störenden Weise beleuchtet war, hätte sie daher insofern die dargestellte Rechtslage verkannt, als der Beschwerdeführer hiedurch in seinem Recht nach § 53c Abs. 2 VStG verletzt worden wäre. Sollte sie jedoch dem entgegen dem diesbezüglichen Vorbringen des Beschwerdeführers - obwohl in keinem erkennbaren Widerspruch zu Aussagen von Zeugen - keinen Glauben geschenkt haben, entbehrt der angefochtene Bescheid insbesondere auch in diesem Punkt einer nachvollziehbaren Begründung, weshalb die belangte Behörde dem Beschwerdeführer und den diesbezüglichen Bezeugungen nicht folgte.

Ähnliches gilt auch für die strittige Frage, ob der Haftraum - wie in § 53c Abs. 2 VStG vorgesehen - gut belüftet war.

Nach dem Gesagten belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, weshalb er im Umfang seiner Anfechtung gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.

Wien, am 3. Dezember 2002

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