Normen
AVG §66 Abs2;
AVG §66 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §66 Abs2;
AVG §66 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg (der belangten Behörde) vom 10. August 1999 wurde der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 22. Juni 1999, mit dem gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 iVm den §§ 37 und 39 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein auf die Dauer von sechs Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden war, gemäß § 66 Abs. 2 AVG behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn (zurück)verwiesen.
Dieser Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer laut erstinstanzlichem Bescheid mit Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 16. Februar 1999 wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt worden sei. Diesem Urteil sei zu Grunde gelegen, dass er in D auf dem Vorplatz eines Wohnblocks ein Messer gezogen, damit vor mehreren Personen "herumgefuchtelt" und zwei Personen mit dem Messer verfolgt hätte, als sie geflüchtet wären, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen. Die Behörde erster Instanz habe ferner ausgeführt, der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers laufe wegen dieses Verhaltens und des zweimaligen Lenkens eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit zuwider, sodass die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes dringend notwendig sei.
Der Beschwerdeführer habe sich vom 26. Juni 1987 bis zum 19. August 1987 sichtvermerksfrei zu Besuchszwecken im österreichischen Bundesgebiet aufgehalten und sei anschließend in die Türkei zurückgekehrt. Am 5. Februar 1989 sei er wiederum sichtvermerksfrei eingereist und am 16. Februar 1989 hätte er sich beim Meldeamt der Stadt Salzburg erstmals angemeldet und sich bis zum 8. April 1989 dort aufgehalten. Anschließend sei er in die Türkei zurückgekehrt und am 25. April 1989 wieder zugezogen. Seit diesem Zeitpunkt halte er sich ununterbrochen in Österreich auf.
Die erstinstanzliche Behörde habe ferner festgestellt, der Beschwerdeführer sei verheiratet, seine Familienangehörigen befänden sich jedoch in der Türkei. Er wohne derzeit alleine in L, arbeite seit 4. September 1989 bei der selben Firma und verfüge somit über ein regelmäßiges Einkommen zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes. Durch die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes fände wegen des langen Aufenthaltes und der Beschäftigung ein gravierender Eingriff in sein Privatleben statt. In sein Familienleben würde nicht eingegriffen, da sich seine Familienangehörigen in der Türkei befänden und er somit in Österreich kein Familienleben führe. Dem Beschwerdeführer komme zwar auf Grund seines seit 31. August 1992 bestehenden, ununterbrochenen und rechtmäßigen Aufenthaltes eine gewisse Aufenthaltsverfestigung zu, doch wäre auf Grund des bisher gezeigten Verhaltens die Aufenthaltsverbotserlassung zulässig und auch im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK dringend geboten.
In der Berufung habe der Beschwerdeführer vorgebracht, die Mutter seiner beiden Kinder lebe tatsächlich in der Türkei, er sei aber von dieser schon seit über zehn Jahren geschieden. Seit rund zehn Jahren sei er mit der österreichischen Staatsbürgerin D verheiratet.
Auf Grund der vorliegenden Unterlagen - so sei aus der Anzeige des Gendarmeriepostens Dornbirn ersichtlich, dass der Beschwerdeführer Sorgepflichten gegenüber seiner geschiedenen Ehegattin und drei minderjährigen Kinder in der Türkei habe und neuerlich verheiratet sei, im Widerspruch dazu sei dem Urteil des Landesgerichtes Feldkirch zu entnehmen, dass er geschieden sei - seien zusätzliche Erhebungen bezüglich der tatsächlichen Familienverhältnisse durchzuführen und diese sodann im Hinblick auf allfällige Aufenthaltsverfestigungstatbestände zu berücksichtigen. Der belangten Behörde scheine ein Ermittlungsverfahren unumgänglich.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte unter Abfassung einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde den bei ihr angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz zurückverweisen, wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Außer diesem Fall hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden.
Die Berufungsbehörde darf daher eine kassatorische Entscheidung nicht bei jeder Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes, sondern nur dann treffen, wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Die Mangelhaftigkeit des Verfahrens berechtigt demnach die Berufungsbehörde gemäß § 66 Abs. 2 AVG nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, wenn sich dieser Mangel nicht anders als mit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung beheben lässt. In allen anderen Fällen hat die Berufungsbehörde immer in der Sache selbst zu entscheiden und die dafür notwendigen Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens unter Heranziehung der Behörde erster Instanz oder selbst vorzunehmen (vgl. die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I, 2. Auflage 1998, unter E 357 zu § 66 Abs. 2 AVG angeführte hg. Rechtsprechung).
Im vorliegenden Fall ist nicht ersichtlich und geht auch aus der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht hervor, aus welchen Gründen die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erschienen wäre, bzw. warum sich die belangte Behörde nicht in der Lage sah, die für die Entscheidung in der Sache selbst (§ 66 Abs. 4 AVG) erforderlichen Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens selbst vorzunehmen oder durch die Behörde erster Instanz durchführen zu lassen (§ 66 Abs. 1 AVG). Die Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG war daher nicht zulässig, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Wien, am 5. September 2002
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