VwGH 99/21/0189

VwGH99/21/018925.4.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des A in G, geboren am 2. September 1967, vertreten durch Dr. Rudolf Breuer, Rechtsanwalt in 2700 Wiener Neustadt, Hauptplatz 28, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 26. April 1999, Zl. Fr 156/99, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §104 Abs1;
FrG 1997 §104 Abs3;
FrG 1997 §105 Abs1 Z1;
FrG 1997 §105 Abs2;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z5;
FrG 1997 §37 Abs2;
FrG 1997 §104 Abs1;
FrG 1997 §104 Abs3;
FrG 1997 §105 Abs1 Z1;
FrG 1997 §105 Abs2;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z5;
FrG 1997 §37 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen rumänischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 Z. 1 iVm § 36 Abs. 2 Z. 5 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein auf zehn Jahre befristetes Aufenthaltsverbot.

Zur Begründung dieser Maßnahme verwies die belangte Behörde vorerst auf die rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers vom 3. Dezember 1998 nach § 105 Abs. 2 FrG zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von sechs Monaten. Dieser Verurteilung sei zu Grunde gelegen, dass der Beschwerdeführer im Juni 1998 von einem rumänischen Staatsbürger als Schlepper angeworben worden sei, um für diesen rumänische Staatsbürger mit dem Pkw von Österreich nach Italien zu führen. Er habe im Juli 1998 sechs rumänische Staatsbürger übernommen und mit dem Pkw nach Italien gebracht. Dafür habe er DM 1.000,-- erhalten. Im August 1998 und ein weiteres Mal am 27. September 1998 hätten sich diese Schlepperfahrten wiederholt, wobei er für jede Fahrt wieder DM 1.000,-- erhalten habe. Am 28. September 1998 sei er beim Versuch, ein weiteres Mal fünf bis sieben rumänische Staatsbürger zu übernehmen und nach Italien zu führen, festgenommen worden. Die vom Gericht ausgesprochene bedingte Strafnachsicht vermöge an dem öffentlichen Interesse an der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes nichts zu ändern. Sein Verhalten in der Vergangenheit lasse den Schluss auf eine Neigung zur Missachtung österreichischer Rechtsvorschriften, die zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer dienten, zu. Auf Grund der mehrmaligen Schlepperei (dreimal vollendet, ein Versuch) sei von einer besonders sozialschädlichen Neigung des Beschwerdeführers auszugehen. Gerade wegen der vom Beschwerdeführer behaupteten finanziellen Notlage sei anzunehmen, dass er auch in Zukunft österreichische Rechtsvorschriften gröblichst missachten werde und die Prognose der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit auch in Hinkunft zu gelten habe. Schlepperei sei der ordnungsgemäßen Handhabung der Fremdenpolizei hinderlich und es entstünden der Republik Österreich aus der Rücknahmeverpflichtung und den Schubkosten hohe finanzielle Aufwendungen. Außerdem dürfe nicht übersehen werden, dass der Ausbeutung der an der rechtswidrigen Ein- oder Ausreise interessierten Personen mit der Verhängung von Aufenthaltsverboten gegen die Schlepper entgegengewirkt werden könnte. Der Verhinderung der schwerwiegenden Kriminalitätsform der Schlepperei komme somit aus fremden- und sicherheitspolizeilicher Sicht eine besondere Bedeutung zu. Aus dem umfassenden fremdenrechtlichen Regelungspaket, insbesondere § 36 Abs. 2 Z. 5 und § 105 FrG, sei das besondere Interesse an der Verhinderung der Schlepperei abzuleiten. § 39 Abs. 1 FrG lasse beim Vorliegen der Schlepperei sogar ein unbefristetes Aufenthaltsverbot zu.

Der Beschwerdeführer lebe seit mehr als acht Jahren rechtmäßig in Österreich und verfüge über einen unbefristeten Aufenthaltstitel. Im Bundesgebiet seien auch seine Ehefrau sowie das gemeinsame Kind legal aufhältig. Der Beschwerdeführer gehe seit Juli 1990 einer Beschäftigung nach. Durch die Verhängung des Aufenthaltsverbotes erfolge ein nicht unerheblicher Eingriff in sein Privat- und Familienleben. Auf Grund des besonderen Gewichts, das der Verhinderung der Schlepperei beizumessen sei, seien die öffentlichen Interessen aber wesentlich höher zu gewichten als die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers. Eine Aufenthaltsverfestigung nach § 38 FrG stehe dem Aufenthaltsverbot nicht entgegen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Der Beschwerdeführer stellt seine rechtskräftige Verurteilung vom 3. Dezember 1998 nicht in Abrede. Nach der im Verwaltungsakt erliegenden gekürzten Urteilsausfertigung hat er dreimal gewerbsmäßig um seines Vorteiles Willen Schlepperei begangen und damit die gemeinsame rechtswidrige Ein- und Ausreise von jeweils mehr als fünf Fremden gefördert, nämlich im Juli 1998, im August 1998 und in der Nacht zum 28. September 1998. Weiters hat er sich am 28. September 1998 nach Schwarzenbach begeben, um rumänische Staatsangehörige in seinem Pkw aufzunehmen und nach Italien zu transportieren. Auf Grund dieser Verurteilung nach § 105 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 FrG (in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 34/ 2000) hegt der Gerichtshof keine Bedenken gegen die behördliche Auffassung, der Beschwerdeführer habe den Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 5 FrG erfüllt. Im Blick auf die erhebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch das Schlepperunwesen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. März 2002, Zlen. 99/21/0029, 0030) kann weiters die Ansicht der belangten Behörde, es sei die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt, nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Die Beschwerde versucht eine Rechtswidrigkeit des Ergebnisses der von der belangten Behörde nach § 37 FrG vorgenommenen Interessenabwägung aufzuzeigen und verweist dazu im Wesentlichen auf den Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich seit dem Jahr 1990, seine durchgehende Beschäftigung, den Aufbau einer inländischen wirtschaftlichen Existenz sowie darauf, dass der Beschwerdeführer ein reumütiges und umfassendes Geständnis abgelegt habe und die über ihn verhängte Strafe bedingt nachgesehen worden sei.

Angesichts der vorhandenen Integration des Beschwerdeführers in Österreich nahm die belangte Behörde einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen beträchtlichen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers an. Ebenso zutreffend verwies sie aber auch auf das besonders große öffentliche Interesse an der Bekämpfung des Schlepperunwesens. In dem bereits genannten Erkenntnis Zlen. 99/21/0029, 0030 erachtete der Gerichtshof die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nach § 48 Abs. 1 FrG gegen einen begünstigten Drittstaatsangehörigen für zulässig, der auf Grund einer einmaligen Schleppereihandlung wegen §§ 104 Abs. 1, 105 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 FrG in der genannten Fassung zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt worden war. Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde zutreffend dem Umstand besondere Bedeutung zugemessen, dass der Beschwerdeführer innerhalb eines kurzen Zeitraums dreimal gewerbsmäßig um seines Vorteils willen rumänische Staatsangehörige nach Italien schleppte und ein viertes Mal rumänische Staatsangehörige aufnahm, um sie nach Italien zu transportieren. Wenn sie auf Grund dessen zur Prognose gelangt ist, dass vom Beschwerdeführer eine massive Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit auf dem Gebiet des Fremdenwesens ausgehe, kann dies keinesfalls als rechtswidrig erkannt werden. Daran ändert der Umstand nichts, dass die Freiheitsstrafe bedingt nachgesehen wurde, zumal aus § 36 Abs. 2 Z. 1 dritter Fall FrG abzuleiten ist, dass trotz einer bedingten Strafnachsicht die Annahme gerechtfertigt sein kann, dass der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet. Da an der Bekämpfung der gewerbsmäßigen Schlepperei ein Grundinteresse der Gesellschaft besteht (vgl. auch dazu das bereits zitierte Erkenntnis Zlen. 99/21/0029, 0030), erweist sich das Aufenthaltsverbot trotz der beträchtlichen privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich als nach § 37 Abs. 2 FrG zulässig.

Soweit die Beschwerde auf eine Bedrohungssituation im Herkunftsland des Beschwerdeführers verweist, war der belangten Behörde eine Bedachtnahme auf dieses Vorbringen verwehrt, weil mit dem Aufenthaltsverbot nicht ausgesprochen wird, dass der Fremde in ein bestimmtes Land auszureisen habe oder dass er (dorthin) abgeschoben werde.

Da somit dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.

Wien, am 25. April 2002

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