VwGH 99/18/0210

VwGH99/18/021024.4.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des D in B, geboren 1959, vertreten durch Dr. Andreas Brandtner, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Drevesstraße 6, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 13. April 1999, Zl. Pab-4321-40/98, betreffend Entziehung eines Reisepasses, zu Recht erkannt:

Normen

PaßG 1992 §14 Abs1 Z3 litf;
PaßG 1992 §15 Abs1;
PaßG 1992 §14 Abs1 Z3 litf;
PaßG 1992 §15 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg (der belangten Behörde) vom 13. April 1999 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 15 Abs. 1 iVm § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f des Passgesetzes 1992, BGBl. Nr. 839, idF BGBl. Nr. 507/1995, (im Folgenden: PassG) der von der Bezirkshauptmannschaft Bludenz (der Erstbehörde) am 3. Juni 1998 ausgestellte, bis 2. Juni 2008 gültige Reisepass mit der Nr. C 0748649 entzogen.

Nach Wiedergabe des wesentlichen Inhaltes des erstinstanzlichen Bescheides vom 2. Dezember 1998 und des Berufungsvorbringens sowie der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer mit in Rechtskraft erwachsenem Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 1. September 1998 für schuldig befunden worden sei, gemeinsam mit einer Mittäterin den bestehenden Vorschriften zuwider im Zeitraum Sommer 1996 bis Ende Mai 1996 (nach Ausweis des in den Verwaltungsakten erliegenden Urteils offensichtlich gemeint: 1998) in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken Suchtgift in einer großen Menge dadurch in Verkehr gesetzt zu haben, dass beide Mittäter ca. 100 g Heroin an diverse Drogenkonsumenten verkauft hätten. Ferner habe der Beschwerdeführer im Zeitraum 1992 bis Ende Mai 1998 Cannabis konsumiert und fallweise Kollegen zum Mitkonsum eingeladen, somit Suchtgift auch anderen überlassen, sowie im Zeitraum Sommer 1997 bis Februar 1998 30 bis 40 mal Kokain und im Zeitraum Anfang 1996 bis 20. Juli 1998 Heroin konsumiert. Der Beschwerdeführer habe hiedurch das Verbrechen nach § 28 Abs. 2 und das Vergehen nach § 27 Abs. 1 Suchtmittelgesetz - SMG begangen und sei hiefür zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt worden. Als erschwerend seien das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, als mildernd die durch Suchtgiftergebenheit bedingte Einschränkung der Zurechnungsfähigkeit, das Geständnis und die Unbescholtenheit gewertet worden. Zur Absolvierung einer Drogentherapie sei die verhängte Strafe gemäß § 39 Abs. 1 SMG aufgeschoben worden.

Da der Beschwerdeführer rechtskräftig schuldig gesprochen worden sei, entgegen den bestehenden Vorschriften Suchtgift in einer großen Menge in Verkehr gesetzt habe, seien die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Z 3 lit. f PassG erfüllt.

Wie sich aus kriminaltechnischer Sicht ergebe, sei gerade in diesem Deliktsbereich mit einer sehr hohen Rückfälligkeit zu rechnen. Da die Verurteilung bzw. der letztmalige Heroinkonsum des Beschwerdeführers noch nicht einmal ein Jahr zurückliege, könne noch nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer auch über einen längeren Zeitraum in der Lage sei, drogenfrei zu bleiben. So liege es an ihm, nunmehr seine feste Absicht, sich hinkünftig von Drogen fernzuhalten, unter Beweis zu stellen, um ihm für einen längeren Zeitraum eine positive Prognose ausstellen zu können.

Bei der Entscheidung über eine Entziehung eines Reisepasses komme der Behörde kein Ermessen zu. Die Entziehung des Reisepasses stelle eine Maßnahme zum Schutz der Republik Österreich, insbesondere im Hinblick auf die Volksgesundheit, dar. So seien vom Begriff der Abwehr von Gefahren für die innere Sicherheit der Republik Österreich all jene polizeilichen Maßnahmen erfasst, die zum Schutz der Allgemeinheit gegen die Gefährdung durch Einzelpersonen oder durch Sachen getroffen werden müssten. Unter jenen polizeilichen Maßnahmen sei die Vollziehung von Vorschriften zu verstehen, die in erster Linie der Abwehr und der Unterdrückung der allgemeinen Gefahr u.a. für das Leben und die Sicherheit dienten. Bei der Auslegung dieses Begriffes müsse die Behörde auf objektive Maßstäbe und Vorstellungen Bedacht nehmen, wie sie sich in bestimmten Lebens- und Sachbereichen herausgebildet hätten. Der Handel mit Suchtgiften aller Art stelle in Anbetracht des um sich greifenden Missbrauchs von Suchtgiften jedenfalls eine Gefährdung der Allgemeinheit und damit zugleich auch eine Bedrohung der inneren Sicherheit der Republik Österreich dar. Verstärkt werde die Gefährdung der Volksgesundheit auch dadurch, dass der Beschwerdeführer nicht "nur" kleine, sondern sogar große Mengen Rauschgift in Verkehr gesetzt habe. Dass dieser Verkauf lediglich zur Finanzierung des Eigenkonsums erfolgt sei, ändere dabei nichts an der Tatsache, dass durch sein Verhalten eine Gefährdung Dritter geschaffen worden sei.

Der Beschwerdeführer werde darauf hingewiesen, dass als Mindestdauer für den Entzug eines Reisedokumentes ein Zeitraum absoluten Wohlverhaltens von ca. zwei bis drei Jahren ab "Begehung der letzten strafbaren Verurteilung" nach dem SMG verlangt werde. Als Durchschnittszeitraum werde eine Dauer von fünf Jahren angesehen, welche im Einzelfall unter- oder überschritten werden könne.

Dass der Beschwerdeführer derzeit eine Therapie absolviere, reiche nicht aus, um davon ausgehen zu können, dass er nicht neuerlich rückfällig werde und damit eine Gefährdung des öffentlichen Wohles eintrete.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 15 Abs. 1 PassG ist ein Reisepass, dessen Gültigkeitsdauer nicht länger als fünf Jahre abgelaufen ist, zu entziehen, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, die die Versagung der Ausstellung des Reisepasses rechtfertigen.

Gemäß § 14 Abs. 1 Z 3 lit. f leg. cit. ist die Ausstellung eines Reisepasses zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Passwerber den Reisepass benützen will, um entgegen den bestehenden Vorschriften Suchtgift in einer großen Menge zu erzeugen, einzuführen, auszuführen oder in Verkehr zu setzen.

2. Die Beschwerde bestreitet nicht die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen betreffend die strafgerichtliche Verurteilung und das dieser Verurteilung zu Grunde liegende Fehlverhalten des Beschwerdeführers, sie bringt jedoch vor, dass die (bloße) Verurteilung des Beschwerdeführers keine Tatsache im Sinn des § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f PassG darstelle und er in all den Jahren, in denen er Rauschgifte besessen und weitergegeben habe, weder Rauschgift geschmuggelt noch seinen Reisepass missbraucht habe, um Suchtgifte einzuführen, auszuführen oder in Verkehr zu setzen. Ferner habe ihm das Strafgericht einen Strafaufschub für eine Drogenentzugstherapie gewährt und verlaufe diese erfolgreich. Da sich die belangte Behörde mit der von ihm vorgelegten Therapiebestätigung bzw. dem Therapieverlauf nicht auseinandergesetzt habe, sei das Verfahren mangelhaft geblieben. Die Annahme im Sinn des § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f PassG sei daher nicht gerechtfertigt.

3. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Entgegen der Beschwerdeansicht hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht nur die strafgerichtliche Verurteilung, sondern auch das dieser Verurteilung zu Grunde liegende Fehlverhalten des Beschwerdeführers nach dem SMG ihrer Beurteilung unterzogen. Im Hinblick auf die von ihm verübten Straftaten, insbesondere den über nahezu zwei Jahre betriebenen Handel mit Heroin in einer großen Menge (von ca. 100 g), und in Anbetracht des Erfahrungswissens, dass gerade bei Suchtgiftdelikten die Wiederholungsgefahr besonders groß ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. September 2001, Zl. 2001/18/0169, mwN), erscheint die Auffassung der belangten Behörde, dass wegen der hohen Rückfallsgefahr für den Beschwerdeführer eine positive Verhaltensprognose nicht gestellt werden könne und die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f PassG erfüllt seien, gerechtfertigt. Dabei ist es nicht von entscheidungswesentlicher Bedeutung, ob der Beschwerdeführer seinen Reisepass bei der Begehung der ihm angelasteten Straftaten nach dem SMG verwendet hat, ist es doch eine Erfahrungstatsache, dass der inländische Drogenmarkt und Drogenhandel in den meisten Fällen mit Suchtgiftimporten aus dem Ausland verknüpft ist (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das hg. Erkenntnis vom 11. Oktober 2001, 2001/18/0193). Im Übrigen würde die Verwendung eines Reisepasses dem Beschwerdeführer einen (weiteren) Handel mit Suchtmitteln jedenfalls erleichtern. Da ihn strafrechtliche Vorschriften nicht davon abhalten konnten, über nahezu zwei Jahre Heroin in einer großen Menge in Verkehr zu setzen, besteht keine Gewähr dafür, dass er im Bedarfsfall nicht auch seinen Reisepass zur Begehung solcher Straftaten verwenden würde.

Dem weiteren Beschwerdevorbringen, der Beschwerdeführer unterziehe sich erfolgreich einer Drogentherapie, ist zu entgegnen, dass auch diese keine Gewähr dafür bieten kann, dass er nicht erneut mit Suchtgiften in einer großen Menge handeln und seinen Reisepass nicht zu den im § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f PassG genannten Handlungen missbrauchen werde. Abgesehen davon ist der seit den besagten Straftaten verstrichene Zeitraum zu kurz, um die vom Beschwerdeführer ausgehende Gefahr der Begehung weiterer Suchtgiftdelikte als weggefallen oder auch nur entscheidend gemindert anzusehen. Von daher ist die in der Beschwerde erhobene Verfahrensrüge, dass sich die belangte Behörde mit der vom Beschwerdeführer vorgelegten Therapiebestätigung bzw. dem Therapieverlauf nicht auseinander gesetzt habe, nicht zielführend.

4. Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 24. April 2002

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