Normen
ASVG §410 Abs1 Z7;
ASVG §69;
AVG §13 Abs3;
VwRallg;
ASVG §410 Abs1 Z7;
ASVG §69;
AVG §13 Abs3;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Kostenbegehren der Beschwerdeführerin wird abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin nahm am 13. August 1998 bei der Mitbeteiligten eine Beitragsprüfung vor. Hiebei wurde festgestellt, dass für den Dienstnehmer Hans O. die Sonderzahlung für das zehnjährige Dienstjubiläum laut dem anzuwendenden Kollektivvertrag nicht berücksichtigt worden war. Nach Einholung der entsprechenden Sonderzahlungsmeldung wurden der Mitbeteiligten Sonderbeiträge mit drittem Nachtrag 12/98 vorgeschrieben. Die Mitbeteiligte entrichtete die vorgeschriebenen Beiträge am 1. Februar 1999. Am 2. Februar 1999 langte bei der Beschwerdeführerin das mit 25. und 28. Jänner 1999 datierte Schreiben ein, worin die Mitbeteiligte beantragte, die Beitragsvorschreibung "im Ausmaß der nachverrechneten Beiträge und Verzugszinsen zu beheben, in eventu die genannten Beiträge mittels Bescheides vorzuschreiben".
Mit Bescheid vom 5. März 1999 lehnte die Beschwerdeführerin den Antrag der Mitbeteiligten "auf Rückerstattung" der für den Dienstnehmer Hans O. für die Sonderzahlung für 1993 entrichteten Dienstgeberanteile der Sonderbeiträge zur Krankenversicherung, Unfallversicherung und Pensionsversicherung gemäß § 69 Abs. 1 ASVG als unbegründet ab. In der Begründung ging die Beschwerdeführerin davon aus, dass der genannte Dienstnehmer der Mitbeteiligten gemäß dem Zusatz-Kollektivvertrag zum Kollektivvertrag für die Handelsangestellten Österreichs, welcher auch für die dem Bundesgremium der Tabakverschleisser angehörenden Tabaktrafiken gültig sei, Anspruch auf Jubiläumsgeld in Höhe eines Monatsgehaltes gehabt habe. Solche Jubiläumsgelder seien beitragspflichtig. Die Nachverrechnung der Sonderzahlungen sei daher zu Recht erfolgt. Von zu Ungebühr entrichteten Beiträgen könne daher keine Rede sein, weshalb der Rückerstattungsantrag abzuweisen gewesen wäre.
Die Mitbeteiligte erhob Einspruch. Darin führte sie aus, die Beschwerdeführerin hätte - ergänzend zum eingangs dargestellten Sachverhalt - feststellen müssen, dass Hans O. seit 1. August 1983 als Verkäufer beschäftigt sei und am 31. Juli 1993 das 10. Jahr seiner Dienstzugehörigkeit vollendet habe. Im Jahr 1993 habe Hans O. seinen Urlaub vom 13. bis 29. Juli konsumiert. Hans O. habe anlässlich des Dienstjubiläums ausdrücklich auf die Bezahlung des Jubiläumsgeldes im Sinne des genannten Kollektivvertrages verzichtet.
Die Mitbeteiligte führte weiters aus, gemäß § 49 Abs. 3 Z. 10 ASVG gelten Jubiläumsgeschenke des Dienstgebers, welche aus Anlass eines Dienstnehmerjubiläums oder eines Firmenjubiläums gewährt werden, sowie Prämien für Diensterfindungen nicht als Entgelt. Die gegenteilige Auffassung der Beschwerdeführerin, die sich auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes berufe, sei verfehlt. Im vorliegenden Fall sei das Jubiläumsgeld für den genannten Dienstnehmer mit 13. Juli 1993 fällig gewesen. Die Beitragsprüfung habe erst am 13. August 1998 stattgefunden, allfällige Sozialversicherungsbeiträge für das Jubiläumsgeld seien daher jedenfalls verjährt.
Im Übrigen übersehe die Beschwerdeführerin, dass die Mitbeteiligte einen Antrag auf bescheidmäßige Beitragsvorschreibung und keinen (bloßen) Antrag auf Rückforderung von Dienstgeberanteilen gestellt habe.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid hob die belangte Behörde den bekämpften Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG auf. In der Begründung führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens aus, im Hinblick darauf, dass die Beschwerdeführerin mit dem bekämpften Bescheid nicht über den Antrag der Mitbeteiligten hinsichtlich ihrer Verpflichtung zur Bezahlung von Sonderbeiträgen (zuzüglich Verzugszinsen) abgesprochen, sondern das Schreiben vom 28. Jänner 1999 in einen von der Mitbeteiligten nicht gestellten Antrag auf bescheidmäßige Absprache über die Rückerstattung von Dienstgeberanteilen umgedeutet habe, sei der angefochtene Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG aufzuheben gewesen. Der Vollständigkeit halber werde darauf hingewiesen, dass im vorliegenden Fall zu prüfen sein werde, ob die nunmehr strittigen Sonderbeiträge nicht allenfalls verjährt seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Bescheidbehebung gemäß § 66 Abs. 4 AVG durch die belangte Behörde gründet sich auf ihre Auffassung, die Beschwerdeführerin hätte über den Antrag der Mitbeteiligten, ihr die nachverrechneten Beiträge und Verzugszinsen mit Bescheid vorzuschreiben, absprechen müssen.
Die Beschwerdeführerin macht dagegen unter Berufung auf das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 1971, 693/71, geltend, der Antrag auf Bescheiderlassung sei erst nach vollständiger Entrichtung der vorgeschriebenen Beiträge gestellt worden, weshalb lediglich eine Heranziehung des § 69 ASVG in Frage komme.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in dem von der Beschwerdeführerin angesprochenen Erkenntnis mit der Frage befasst, ob nach vorbehaltsloser Entrichtung der in einer Nachtragsbelastung ausgewiesenen Beiträge über eine sodann vorgenommene Antragstellung auf Bescheiderlassung hinsichtlich der Nachtragsbelastung noch abzusprechen sei. Der Verwaltungsgerichtshof hat dies unter Hinweis auf § 410 Abs. 1 Z. 7 ASVG verneint, weil sich aus dieser Bestimmung nicht ergebe, dass in allen Fällen schlechthin vom Versicherten oder Dienstnehmer ohne zeitliche Begrenzung ein Feststellungsbescheid verlangt werden könne. Für eine Entscheidung über einen Antrag auf Bescheiderlassung nach vorbehaltsloser Entrichtung der nachverrechneten Beiträge bestehe keine rechtliche Veranlassung mehr. Für ein Abgehen von dieser Rechtsprechung bietet der Beschwerdefall keinen Anlass. Es ist daher daran festzuhalten, dass einer Partei, die auf dem Boden ihrer Rechtsauffassung Leistungen (auch Rückerstattungen) verlangen kann, auch im Rahmen des § 410 Abs. 1 Z. 7 ASVG, wonach ein Feststellungsbescheid im Allgemeinen zulässig ist, kein rechtlich geschütztes Interesse an der Erlassung eines bloßen Feststellungsbescheides zukommt. Umso mehr ist der Partei kein Rechtsanspruch darauf zuzubilligen, dass ihr gegenüber ein Leistungsbescheid über Beiträge erlassen wird, die sie schon entrichtet hat. Ein solcher Bescheid wäre - würde er von Amts wegen erlassen werden - vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage rechtswidrig. Daher wäre der angefochtene Bescheid nur unter der Voraussetzung rechtmäßig, dass die mitbeteiligte Partei nur einen Feststellungsantrag oder nur unzulässige Anträge gestellt hätte.
Die Mitbeteiligte hat aber, wie oben dargestellt, den Antrag gestellt, die formlose Beitragsvorschreibung "aufzuheben" oder die genannten Beiträge mit Bescheid vorzuschreiben. Die belangte Behörde war, wie auch die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse, zunächst gehalten, über den Primärantrag zu entscheiden. Dieser enthält aber keinen ausdrücklichen Antrag, der nach dem Vorgesagten unzulässig wäre. Im Hinblick darauf, dass der mitbeteiligten Partei Zahlungen offenbar formlos vorgeschrieben worden sind, eine formlose Vorschreibung aber einer förmlichen Aufhebung nicht zugänglich ist, handelt es sich um eine Antragsformulierung, die auslegungsbedürftig ist. Ein solcher Antrag darf nach der ständigen Judikatur (vgl. Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I, 2. Auflage, § 13 E 54 ff, insbesonders E 57) nicht so ausgelegt werden, dass er unzulässig wäre. Nach der dargestellten Rechtslage konnte jedenfalls weder ein Beitrags- noch ein Feststellungsbescheid ergehen. Die belangte Behörde hätte daher zunächst zu beurteilen gehabt, ob die von der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse vorgenommene Auslegung des Antrages der Mitbeteiligten dazu führte, dass die Mitbeteiligte in ihren Rechten verletzt wurde. Dies ist aber zu verneinen, weil die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse es zwar zunächst unterlassen hat, die antragstellende Mitbeteiligte aufzufordern, den Antrag zu präzisieren, aber an Stelle dessen diesen Antrag der Mitbeteiligten ohnehin im Sinne einer rechtsschutzfreundlichen Vorgangsweise in einer Weise gedeutet hat, die den Antrag vor dem Hintergrund des Parteienvorbringens als sinnvoll und zulässig erscheinen lässt. Die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse hat daher in zulässiger Weise einen Rückerstattungsantrag angenommen. Durch diese Deutung des Primärantrages war sie einer Entscheidung über den - unzulässigen - Eventualantrag enthoben.
Die belangte Behörde hätte daher in der Frage der Rückerstattung meritorisch absprechen müssen. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG. Der nicht durch einen Rechtsanwalt vertretenen Beschwerdeführerin steht ein Kostenersatzanspruch nicht zu (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. Juni 1999, 96/08/0365).
Wien, am 30. Jänner 2002
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