Normen
B-VG Art10 Abs1 Z7;
SPG 1991 §27a idF 1996/201;
SPG 1991 §3;
SPG 1991 §48a idF 1996/201;
SPG 1991 §5a idF 1996/201;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
B-VG Art10 Abs1 Z7;
SPG 1991 §27a idF 1996/201;
SPG 1991 §3;
SPG 1991 §48a idF 1996/201;
SPG 1991 §5a idF 1996/201;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom 23. November 1998 genehmigte der Bürgermeister der Marktgemeinde U.-S. eine vom Beschwerdeführer für den 5. Jänner 1999 im Gasthaus A. unter dem Titel "Party" geplante Veranstaltung; in diesem Bescheid wurde - neben anderen Auflagen - die Besucherzahl mit höchstens 360 festgelegt und dem Beschwerdeführer bis 4. Jänner 1999 die Namhaftmachung von 15 Ordnern - bei sonstiger Versagung der Genehmigung - aufgetragen.
Mit Schreiben vom 22. Dezember 1998 teilte der Bürgermeister der Marktgemeinde U.-S. der Bezirkshauptmannschaft M. mit, dass der Beschwerdeführer die genannte Veranstaltung im Gasthaus A. angemeldet habe. Bei derartigen Veranstaltungen in diesem Lokal sei es im abgelaufenen Jahr wiederholt zu "Übertretungen der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit" gekommen. Nach einem dem Schreiben beigelegten Bericht des Gendarmeriepostens S. vom 6. November 1998 seien bei einer (nicht vom Beschwerdeführer veranstalteten) Party im Gasthaus A. am 31. Oktober 1998 anstelle der genehmigten 360 Personen rund 700 Teilnehmer gezählt worden. Es habe ein Ordnerdienst des Veranstalters gefehlt; während der Veranstaltung sei es zu tätlichen Auseinandersetzungen gekommen, 100-150 Personen hätten außerhalb des Lokals Verunreinigungen verursacht und den Autoverkehr behindert. Anlässlich einer (ebenfalls nicht vom Beschwerdeführer geplanten) anderen Veranstaltung im Gasthaus A. am 26. September 1998 habe eine zwischen 21.30 Uhr und 23.30 Uhr durchgeführte Messung der Lautstärke - deren Protokoll dem Schreiben beigeschlossen wurde - in einem angrenzenden Wohnhaus Werte zwischen 35 und 57 dBA, somit für das Bauland-Kerngebiet beträchtliche Überschreitungen, ergeben. Da bei der angemeldeten Veranstaltung mit gleichartigen Verhältnissen zu rechnen sei und der Veranstalter (Beschwerdeführer) nach seinen Angaben für Vorfälle außerhalb des Veranstaltungslokales nicht verantwortlich sein wolle, werde um sicherheitspolizeiliche Überwachung der Veranstaltung ersucht.
Mit Bescheid vom 28. Dezember 1998 ordnete die Bezirkshauptmannschaft M. für die Dauer der genannten Veranstaltung ("Party") deren Überwachung durch vier Organe der Bundesgendarmerie an. Begründend wurde insbesondere auf den Inhalt des erwähnten Schreibens des Bürgermeisters der Marktgemeinde U.- S. vom 22. Dezember 1998 und des darin genannten Berichtes des Gendarmeriepostens S. vom 6. November 1998 verwiesen.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung brachte der Beschwerdeführer unter anderem vor, er habe als Verantwortlicher bisher immer alle Vorkehrungen getroffen, die einen reibungslosen Ablauf der von ihm geplanten Veranstaltungen - darunter eine am 10. Oktober 1998 im Gasthaus A. - gewährleistet hätten.
Bei einer niederschriftliche Einvernahme vor der Bezirkshauptmannschaft M. am 2. Februar 1999 verwies der Beschwerdeführer insbesondere auf den Umstand, dass er bei Veranstaltungen im Gasthaus A. alle veranstaltungsrechtlichen Auflagen eingehalten habe.
Mit Bescheid vom 16. Februar 1999 wies die Bezirkshauptmannschaft M. die Vorstellung als unbegründet ab und fügte der Begründung des zunächst erlassenen Bescheides vom 28. Dezember 1998 einen Bericht über Vorfälle bei der vom Beschwerdeführer durchgeführten Veranstaltung am 5. Jänner 1999 hinzu.
Der gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid keine Folge. In der Begründung führte die belangte Behörde nach Darstellung der Rechtslage aus, dass der Bürgermeister der Marktgemeinde U.-S. in dem besagten Schreiben vom 22. Dezember 1998 darauf hingewiesen habe, dass es bei Veranstaltungen im Gasthaus A. wiederholt zu Übertretungen der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit gekommen sei; in einem Bericht des Gendarmerieposten S. sei festgestellt worden, dass es im Zusammenhang mit Veranstaltungen im Gasthaus A. zu Sachbeschädigungen, Lärmbelästigungen und auch zur Überschreitung der von der Gemeinde festgesetzten Personenhöchstzahl gekommen sei. Aus diesen Gründen habe die Bezirkshauptmannschaft M. zu Recht geschlossen, dass bei der angemeldeten Veranstaltung mit gleichen Verhältnissen zu rechnen sei. Dies sei eine schlüssige und nachvollziehbare Zukunftsprognose, die die Anordnung einer Überwachung im Sinne des SPG zwingend vorschreibe. Die Überwachung einer Veranstaltung erfolge auch deshalb - so die belangte Behörde resümierend -, weil allein die Anwesenheit von Exekutivorganen beruhigen und bei sich anbahnenden Auseinandersetzungen "deeskalierend" wirken könne; bei Veranstaltungen jeder Art wirke die Anwesenheit von Exekutivorganen positiv im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit. Abschließend hielt die belangte Behörde noch fest, dass vom Beschwerdeführer bei der Veranstaltung am 5. Jänner 1999 sämtliche behördliche Auflagen eingehalten worden seien; trotz geeigneten Ordnerdienstes und Überwachung durch vier Gendarmeriebeamte sei es dennoch zu "Interventionen" gekommen.
Über die gegen diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des SPG in der durch das Strukturanpassungsgesetz 1996 novellierten Fassung BGBl. Nr. 201/1996 lauten:
"Überwachungsgebühren
§ 5a. (1) Für besondere Überwachungsdienste durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, die auf Grund der Verwaltungsvorschriften für Vorhaben mit Bescheid angeordnet oder bewilligt werden, sind Überwachungsgebühren einzuheben, wenn es sich um die Überwachung von Vorhaben handelt, die - wenn auch nur mittelbar - Erwerbsinteressen dienen, oder um Vorhaben, für die die Zuseher oder Besucher ein Entgelt zu entrichten haben oder die nicht jedermann zur Teilnahme offenstehen.
(2) Die Bestimmungen des Abs. 1 finden auf Vorhaben der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften, der politischen Parteien und der ausländischen in Österreich akkreditierten Vertretungsbehörden keine Anwendung. Dies gilt auch für Überwachungen, die dem vorbeugenden Schutz nach § 22 Abs. 1 Z 2 und 3 dienen.
(3) Die Festsetzung der Gebührensätze erfolgt nach Maßgabe der durchschnittlichen Aufwendungen; hiebei ist auf das öffentliche Interesse an Vorhaben im Hinblick auf die Gesundheitsvorsorge Bedacht zu nehmen. Die Festsetzung erfolgt
1. für den Bund (§ 5 Abs. 2 Z 1 bis 3 und 5) durch Verordnung des Bundesministers für Inneres und
2. für die Länder und Gemeinden (§ 5 Abs. 2 Z 4 und 5) durch Verordnung der Landesregierung.
Besonderer Überwachungsdienst
§ 27a. Den Sicherheitsbehörden obliegt im Rahmen des Streifen- und Überwachungsdienstes (§ 5 Abs. 3) die besondere Überwachung gefährdeter Vorhaben, Menschen oder Sachen in dem Maße, in dem der Gefährdete oder der für das Vorhaben oder die Sache Verantwortliche nicht bereit oder in der Lage ist, durch zumutbare Vorkehrungen den erforderlichen Schutz zu gewährleisten und die dadurch entstehende Gefahr im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit nicht hingenommen werden kann.
Anordnung von Überwachungen
§ 48a. Soferne eine besondere Überwachung im Rahmen des Streifen- und Überwachungsdienstes nach § 27a erforderlich ist und die Voraussetzungen für die Einhebung der Überwachungsgebühren (§ 5a Abs. 1) vorliegen, hat die Sicherheitsbehörde die Überwachung von Amts wegen oder auf Antrag desjenigen, der das Vorhaben durchführt, mit Bescheid anzuordnen."
Die Erlassung eines Überwachungsbescheides gemäß § 48a SPG setzt neben dem - im Beschwerdefall unstrittigen - Vorliegen der Voraussetzungen für die Einhebung von Überwachungsgebühren gemäß § 5a SPG das Erfordernis einer besonderen Überwachung nach § 27a SPG voraus. Diese besondere Überwachung bezieht sich auf gefährdete Vorhaben, Menschen oder Sachen. Letztere sind demnach nicht Gefahrenquelle, sondern Objekt der Gefährdung (vgl. Hauer/Keplinger, Kommentar zum Sicherheitspolizeigesetz2, S. 249).
Die besondere Überwachung gemäß § 27a letzter Satz SPG - daneben gibt es auch besondere Überwachungsdienste auf Grund anderer Verwaltungsvorschriften -soll die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit gewährleisten, wobei diese Aufgabe, soweit es sich nicht bloß um Angelegenheiten der örtlichen Sicherheitspolizei handelt, den Sicherheitsbehörden übertragen ist (vgl. Art. 10 Abs. 1 Z 7 B-VG iVm § 3 SPG und das denselben Beschwerdeführer betreffende Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 25. September 2001, B 1499/00-8).
§ 27a SPG überträgt den Sicherheitsbehörden die Überwachung gefährdeter Vorhaben aber nur in dem Maße, in dem der dafür Verantwortliche zur Schutzgewährung nicht bereit oder nicht in der Lage ist.
In seiner Beschwerde rügt der Beschwerdeführer das Fehlen von Feststellungen einerseits zu einer konkreten Gefährdung der Veranstaltung sowie andererseits zur Erforderlichkeit von Vorkehrungen für die Veranstaltung und dazu, dass er nicht bereit oder in der Lage gewesen sei, zumutbare Vorkehrungen zu treffen. Mangels Feststellung einer konkreten Gefährdung oder eines sonstigen Grundes, der eine Überwachung notwendig gemacht hätte, sei deren Anordnung rechtswidrig gewesen.
Die belangte Behörde geht im angefochtenen Bescheid - rückblickend - davon aus, dass bei der vom Beschwerdeführer durchgeführten Veranstaltung die - veranstaltungsrechtlichen - Auflagen der Bezirkshauptmannschaft M. und der Gemeinde U.-S. zur Gänze eingehalten worden seien, die Besucherhöchstzahl nicht überschritten worden sei und ein geeigneter Ordnungsdienst vorhanden gewesen sei. Die drohende Gefährdung der bevor gestandenen Tanzveranstaltung hat die belangte Behörde mit dem Umstand begründet, dass es bei früheren Veranstaltungen im Gasthaus A. wiederholt zu "Übertretungen der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit" sowie "im Zusammenhang" mit solchen Veranstaltungen zu Sachbeschädigungen, Lärmbelästigungen und zur Überschreitung der von der Gemeinde festgelegten Personenhöchstzahl gekommen sei. "Aus diesen Gründen" sei bei der vom Beschwerdeführer geplanten Veranstaltung "mit gleichen Verhältnissen " zu rechnen.
Dieser von der belangten Behörde in Form der vom Gesetz geforderten Prognoseentscheidung über das Maß der Gefährdung der Veranstaltung gezogene Schluss ist aber unzulässig, weil er sich auf keine konkretisierten bzw. individualisierten Ereignisse oder Tatsachen stützt, sondern auf allgemein umschriebene - teilweise nur den Gesetzeswortlaut wiedergebende - Vorfälle, die mitunter auch nur "im Zusammenhang mit Veranstaltungen" passiert sein sollen. Eine Überprüfung der von der belangten Behörde getroffenen Prognose ist dem Verwaltungsgerichtshof mangels Nachvollziehbarkeit ihrer Begründung nicht möglich.
Dazu kommt, dass die belangte Behörde gänzlich außer Acht gelassen hat, dass die Überwachung nur für den Fall angeordnet werden darf, dass der Verantwortliche keine zumutbaren Vorkehrungen zur Schutzgewährung zu treffen bereit oder in der Lage ist. Ob diese Voraussetzung angesichts der vom Beschwerdeführer - gemäß dem veranstaltungsrechtlichen Genehmigungsbescheid - beizustellenden Ordnern zu verneinen gewesen wäre, lässt sich der Begründung des angefochtenen Bescheides ebenfalls nicht entnehmen.
An dieser Stelle ist noch anzumerken, dass die belangte Behörde auch die vermutete Verletzung veranstaltungsrechtlicher Vorschriften bzw. Auflagen (etwa die vorgeschriebene Teilnehmerhöchstzahl) als Grund für die Überwachung herangezogen hat, während nach den zitierten Gesetzesstellen für die Prognoseentscheidung ausschließlich sicherheitspolizeilichen Erwägungen in Frage kommen.
Wegen der aufgezeigten Verfahrensmängel - zur Beurteilung der entscheidungswesentlichen Fragen bedarf der Sachverhalt noch einer Ergänzung in den dargestellten Punkten - war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b) und c) VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001. Die in dieser Verordnung angeführten Pauschalbeträge enthalten bereits die Umsatzsteuer, weshalb das auf Ersatz der Umsatzsteuer gerichtete Mehrbegehren abzuweisen war.
Wien, am 17. September 2002
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