VwGH 98/21/0138

VwGH98/21/013824.5.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde des J in G, geboren am 10. September 1975, vertreten durch Dr. Manfred Thorineg, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Kalchberggasse 8/1, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 4. November 1997, Zl. FR 1165/97, betreffend Feststellung nach § 54 Fremdengesetz, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Nigeria und nach seinen Angaben christlichen Glaubens, reiste am 16. Jänner 1997 in das Bundesgebiet ein und ersuchte um Asyl. Zu seinem beruflichen Werdegang brachte er im Zuge der Erstvernehmung vor, seiner Mutter bis Dezember 1996 in der Landwirtschaft geholfen zu haben. Hinsichtlich seiner Fluchtgründe gab er vor dem Bundesasylamt zusammengefasst an, er habe am 15. November 1995 an einer Demonstration wegen der Hinrichtung von Ken Saro Wiwa teilgenommen und sei deshalb noch während der Demonstration von Soldaten verhaftet und in das Militärgefängnis nach Bori gebracht worden. Aus seiner dortigen Haft habe er am 10. November 1996, als Demonstranten in das Gefängnis eingedrungen seien, fliehen können. Die Demonstranten seien nicht bewaffnet gewesen, sondern hätten Blumen gehabt, die Leute hätten "in dem Gefängnis aus- und eingehen" können, da zwar die Zellen, nicht aber die Tore des Gefängnisses verschlossen gewesen seien. Auf welche Weise seine Zellentüre geöffnet worden sei, könne er nicht angeben. Auch könne er nicht sagen, wie viele Personen in seiner Zelle gewesen seien. Das Gefängnis habe aus mehreren Gebäuden bestanden, die von einer Mauer mit einem Tor umgeben gewesen seien. Auf den Vorhalt der Behörde, die Angaben des Beschwerdeführers über seine Haft ließen sich mit seinen ursprünglichen Angaben in Bezug auf seine Tätigkeit in der Landwirtschaft bis zum Dezember 1996 zeitlich nicht in Einklang bringen, gab der Beschwerdeführer an, er habe "bis zum Dezember 1995 gearbeitet".

Am 21. Juli 1997 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag nach § 54 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, und gab an, er müsse im Falle seiner Rückkehr nach Nigeria "auf Grund der Art, wie ich mein Heimatland verlassen habe" mit dem Tod rechnen, dies "schon alleine deshalb, weil ich aus dem Gefängnis geflüchtet bin". In Nigeria würden unter der Militärregierung alle Leute, die aus dem Gefängnis flüchteten, einfach aufgehängt. Die Gründe für seine Haft habe er bereits bei seiner Vernehmung im Asylverfahren angegeben, der er nichts mehr hinzuzufügen habe.

Mit Bescheid vom 23. Juli 1997 stellte die Bundespolizeidirektion Graz gemäß § 54 Abs. 1 FrG fest, es bestünden keinerlei Gründe für die Annahme, dass der Beschwerdeführer in Nigeria im Sinn des § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht sei, zumal sein Vorbringen nicht den Tatsachen entspreche. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er im Wesentlichen auf die lebensgefährlichen Haftbedingungen in den nigerianischen Gefängnissen und die durch seine Teilnahme an der Demonstration zum Ausdruck gebrachte politische Gegnerschaft zum herrschenden Regime in Nigeria verwies.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge und begründete dies zusammengefasst mit der Unglaubwürdigkeit seiner Angaben zu der von ihm behaupteten Bedrohung. Auf Grund der wiederholt widersprüchlichen Angaben des Beschwerdeführers sei insbesondere seinem Vorbringen über die Teilnahme an der genannten Demonstration sowie über seine anschließende Gefangennahme und seine Flucht kein Glauben zu schenken. Sowohl seine erste Angabe, er habe "bis zum Dezember 1996" in der Landwirtschaft gearbeitet, als auch sein korrigiertes Vorbringen, seine Tätigkeit in der Landwirtschaft habe "bis zum Dezember 1995" gedauert, stünden zu dem von ihm genannten Gefängnisaufenthalt (vom 15. November 1995 bis zum 10. November 1996) im Widerspruch. Unglaubwürdig sei, dass die Demonstranten in der vom Beschwerdeführer geschilderten, oben wiedergegebenen Art ungehindert in das Gefängnis gelangen und Häftlinge befreien hätten können, obwohl dieses von staatlichen Organen bewacht worden sei. Gegen die Glaubwürdigkeit der vom Beschwerdeführer geschilderten Gefahr spreche weiters, dass dieser nicht einmal Angaben darüber habe machen können, wie viele Personen sich in seiner Zelle befunden hätten, wohingegen er die Anzahl der in seinem österreichischen Flüchtlingsquartier lebenden Personen habe nennen können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Sowohl unter dem Gesichtspunkt eines wesentlichen Verfahrensmangels als auch der Verletzung materiellen Rechts macht die Beschwerde geltend, die belangte Behörde habe es unterlassen, festzustellen, "dass Christen in Nigeria verfolgt werden". Es sei bekannt, dass die Regierung in Nigeria nicht nur von Moslems eingesetzt sei, sondern auch von diesen unterstützt werde, was zur Unterdrückung bzw. Verfolgung der Christen, insbesondere im Norden Nigerias, führe.

Diese Beschwerdeausführungen gehen schon deshalb ins Leere, weil der Beschwerdeführer seine behauptete Bedrohung im Verwaltungsverfahren nicht mit seiner Religion begründet hat. Die in Rede stehenden Ausführungen der Beschwerde sind daher im Hinblick auf das verwaltungsgerichtliche Neuerungsverbot (§ 41 VwGG) unbeachtlich.

Der Beweiswürdigung der belangten Behörde, die vom Beschwerdeführer angegebene Flucht aus dem Gefängnis sei unglaubwürdig, tritt die Beschwerde nicht entgegen. In Anbetracht der wiedergegebenen Argumente der belangten Behörde vermag der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der ihm diesbezüglich zukommenden Überprüfungsbefugnis (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) eine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid nicht zu erkennen. Die belangte Behörde hat ihren Bescheid daher entgegen der Beschwerdemeinung nachvollziehbar begründet, indem sie aufgrund der Unglaubwürdigkeit der Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen eine Gefährdung seiner Person im Sinn des § 37 Abs. 1 oder 2 FrG als nicht gegeben erachtete.

Da dem angefochtenen Bescheid eine Rechtswidrigkeit somit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.

Wien, am 24. Mai 2002

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