Normen
BAO §293b;
BAO §303 Abs4;
UStG 1972 §10 Abs1;
UStG 1972 §10 Abs2 idF 1998/410;
BAO §293b;
BAO §303 Abs4;
UStG 1972 §10 Abs1;
UStG 1972 §10 Abs2 idF 1998/410;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein akademischer Maler, wies in seinen für die Jahre 1989 bis 1991 eingereichten Umsatzsteuererklärungen jeweils (ausschließlich) nach § 10 Abs 2 UStG 1972, somit mit dem ermäßigten Steuersatz zu versteuernde Umsätze aus. Nach jeweils erklärungsgemäßer Veranlagung zur Umsatzsteuer der betreffenden Jahre stellte das Finanzamt fest, dass in den den Umsatzsteuererklärungen angeschlossenen Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen unter dem Titel Erlöse aus freiberuflicher Tätigkeit jeweils "Erlöse Lehrbeauftragter" ausgewiesen waren. In der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung des Jahres 1989 waren überdies "Erlöse Bilder" erfasst. In der Folge erließ das Finanzamt für die Jahre 1989 bis 1991 gemäß § 293b BAO berichtigte Bescheide, in welchen die Umsätze des Beschwerdeführers aus der Tätigkeit als Lehrbeauftragter dem Normalsteuersatz unterzogen wurden. Begründend verwies das Finanzamt auf den oben aufgezeigten Inhalt der Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen und den Umstand, dass ab 1. Jänner 1989 die Z 7 des § 10 Abs 2 UStG 1972 weggefallen sei.
In einer dagegen erhobenen Berufung wurde die Berichtigung der Steuerbescheide mit der Begründung gerügt, es liege keine offensichtliche Unrichtigkeit vor, weil die Tätigkeit des Beschwerdeführers an der Universität nicht die eines "Lehrers" sei, sondern er im künstlerischen Hilfsdienst beschäftigt sei. Die Tätigkeit des Beschwerdeführers sei im Wesentlichen eine gestalterische Tätigkeit für Ausstellungen, daher künstlerisch. Er habe auch keine Lehrbefähigung und halte auch keine Vorlesungen. Die Umsätze des Beschwerdeführers seien nach § 10 Abs 2 Z 8 UStG 1972 "(Künstler)" mit 10 % zu versteuern, wie sie auch bisher in den Steuererklärungen behandelt worden seien. Sollte die Finanzbehörde zu einer anderen Rechtsansicht bezüglich des anzuwendenden Steuersatzes gelangen, so bedürfe es sicherlich weiterer Erhebungen im Hinblick auf die Einstufung seiner Tätigkeit. In einer Berufungsergänzung legte der Beschwerdeführer ein Schreiben der Hochschule für künstlerische und industrielle Gestaltung vor, wonach der Beschwerdeführer in der Meisterklasse Malerei und Grafik an der Hochschule für Gestaltung in Linz als "künstlerischer Hilfsdienst - so die offizielle Bezeichnung -" tätig sei. Seine Tätigkeit sei also eine rein künstlerische. Der Beschwerdeführer habe keine eigenen Lehrveranstaltungen und scheine daher im Vorlesungsverzeichnis nur im Zusammenhang mit dem Namen des Meisterklassenleiters auf, der für die betreffenden Lehrveranstaltungen zuständig sei. Demgemäß stelle der Beschwerdeführer auch keine Zeugnisse aus. Im Rahmen seiner 20 Wochenstunden werde der Beschwerdeführer vom Meisterklassenleiter für künstlerische Aufgaben im Zusammenhang mit künstlerisch orientierten Lehrveranstaltungen herangezogen. Über Vorhalt des Finanzamtes teilte der Beschwerdeführer in der Folge mit, seine Tätigkeit bestehe darin, den Studenten Maltechniken, Materialauswahl, Farbmischtechniken, etc anhand von eigenen Bildern (teilweise auch von fremden Kunstwerken) zu vermitteln. Weiters werde er laufend für die künstlerische Gestaltung von Ausstellungen im Rahmen der Hochschule herangezogen. Der Unterschied eines Lehrbeauftragten zur Tätigkeit des Beschwerdeführers liege darin, dass Lehrbeauftragte eigene Lehrveranstaltungen (Vorlesungen) hielten und Prüfberechtigung hätten. Der Beschwerdeführer scheine in keinem Vorlesungsverzeichnis der Lehrenden an der Kunsthochschule als Vortragender auf. Seine Tätigkeit sei seiner Ansicht nach unter § 9 des Kunsthochschulorganisationsgesetzes einzureihen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Begründend wurde ausgeführt, Voraussetzung für die Anwendung der Berichtigungsbestimmung des § 293b BAO sei, dass es bei der Veranlagung zur Übernahme einer offensichtlichen Unrichtigkeit gekommen sei. Nach Lehre und Rechtsprechung sei eine Unrichtigkeit nur dann nicht offensichtlich, wenn sie auf einer vertretbaren Rechtsansicht beruhe. Zur Klärung der berufungsgegenständlichen Frage sei somit zu untersuchen, ob die in der Berufungsschrift - somit also erst nachträglich - geäußerte Rechtsansicht, die vom Beschwerdeführer an der Kunsthochschule ausgeübte Tätigkeit sei nicht die eines Lehrbeauftragten, sondern die eines Künstlers, vertretbar sei oder nicht. Der Oberste Gerichtshof habe zu § 1299 ABGB eine Rechtsmeinung dann als vertretbar bezeichnet, "wenn sie schon einmal in Lehre oder Rechtsprechung" aufgeschienen sei. Dabei sei ein Abgehen von den Gesetzen der Logik nur dann ein Verschulden, wenn der Gedanke geradezu sinnlos sei. Es komme darauf an, ob die irrige Auffassung mit einem Teil der Rechtsprechung oder einem Teil der Lehre in Einklang stehe. Aus diesen Ausführungen gehe zweifelsfrei hervor, dass die Ansicht des Beschwerdeführers unvertretbar sei. Nirgends in Lehre und Rechtsprechung sei die Auffassung zu finden, dass eine Lehrbeauftragtentätigkeit, auch wenn sie an einer Kunsthochschule ausgeübt werde, eine künstlerische sei, weshalb darauf der ermäßigte Umsatzsteuersatz anzuwenden wäre. Die Behauptung, der Beschwerdeführer sei an der Kunsthochschule Linz künstlerisch und nicht als Lehrbeauftragter tätig, sei erst in der Berufungsschrift geäußert worden. In den einzelnen Jahreserklärungen bzw den jeweils beigelegten Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen seien immer dezidiert Erlöse als "Lehrbeauftragter" erklärt worden. Nach Ansicht des Senates sei die Behauptung, die berufungsgegenständliche Tätigkeit des Beschwerdeführers sei nicht die eines Lehrers, weil er im künstlerischen Hilfsdienst beschäftigt sei, eine reine "Schutzbehauptung", um die Vornahme einer Berichtigung gemäß § 293b BAO zu verhindern. Auf diese Art und Weise - nämlich zum Teil durch Aufstellen eindeutig unrichtiger Behauptungen - habe der steuerliche Vertreter die Abgabenbehörde erster Instanz veranlassen wollen, ein Vorhalteverfahren durchzuführen, um im Berufungsverfahren besser gegen die Anwendbarkeit des § 293b BAO argumentieren zu können. Im gegenständlichen Fall liege keine Unrichtigkeit vor, die erst im Weg eines über die Bedachtnahme auf die Aktenlage hinausreichenden Ermittlungsverfahrens erkennbar gewesen wäre. Die Unrichtigkeit sei von der Abgabenbehörde erster Instanz auf Grund der Aktenlage erkannt worden, nur sei nachträglich durch Behauptung eines anderen Sachverhaltes versucht worden, die Unrichtigkeit als nicht offensichtlich erscheinen zu lassen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:
Gemäß Abschnitt I Art I Z 8 des Bundesgesetzes vom 7. Juli 1988, BGBl Nr 410/1988, entfällt § 10 Abs 2 Z 7 UStG 1972, wonach sich die Steuer u.a. für die sonstigen Leistungen aus der Tätigkeit als Lehrbeauftragter auf 10 % ermäßigte. Diese Bestimmung ist gemäß Abschnitt I Art III Z 3 leg cit auf steuerbare Umsätze anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 1988 ausgeführt werden. Demgemäß unterlagen Umsätze aus der Tätigkeit als Lehrbeauftragter ab dem 1. Jänner 1989 dem Normalsteuersatz nach § 10 Abs 1 UStG 1972.
Vor diesem Hintergrund erweist sich die mit dem angefochtenen Bescheid im Instanzenzug gemäß § 293b BAO erfolgte Berichtigung als nicht rechtswidrig: Der Beschwerdeführer wies in seinen Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen der streitgegenständlichen Jahre jeweils Erlöse aus der Tätigkeit als Lehrbeauftragter aus. Ungeachtet der oben aufgezeigten, die Tätigkeit von Lehrbeauftragten betreffende Gesetzesänderung reihte der Beschwerdeführer diese Erlöse in den jeweiligen Erklärungsvordrucken unter den mit dem ermäßigten Steuersatz zu versteuernden Umsätzen (Kennzahl 029) ein. Die Abgabenbehörde übernahm diese Einreihung im Rahmen der Veranlagung. Unter Berücksichtigung der aufgezeigten Gesetzesänderung war die aus den Erklärungsformularen übernommene Vorschreibung (nur) des ermäßigten Steuersatzes für Erlöse aus der Tätigkeit als Lehrbeauftragter offensichtlich unrichtig. Auf die vom Beschwerdeführer im Berufungsverfahren vertretene Rechtsansicht, seine Erlöse aus der entsprechenden Tätigkeit seien als solche eines Künstlers zu beurteilen - die Steuerermäßigung der Z 8 des § 10 Abs 2 UStG 1972 für die Umsätze aus der Tätigkeit als Künstler blieb weiter anwendbar -, kommt es dabei nicht an, weil der Beschwerdeführer jedenfalls Erlöse aus der Tätigkeit als Künstler (abgesehen von den für 1993 in der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung erfassten "Erlöse Bilder", hinsichtlich derer eine Änderung des Steuersatzes von der Behörde nicht vorgenommen wurde) in seinen Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen nicht ausgewiesen hat.
Da es für die Frage, ob eine die Berichtigung nach § 293b BAO rechtfertigende offensichtliche Unrichtigkeit vorliegt, wesentlich ist, dass für die Abgabenbehörde die Unrichtigkeit der in der Abgabenerklärung ihren Niederschlag findenden Rechtsauffassung klar erkennbar gewesen wäre, wenn sie die Abgabenerklärung einschließlich der ihr angeschlossenen Beilagen diesbezüglich geprüft hätte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. April 1998, 93/13/0277), ist es für die im vorliegenden Beschwerdefall ausschließlich strittige Frage der Zulässigkeit einer Berichtigung eines Bescheides nach § 293b BAO unerheblich, ob die einem gesetzlichen Tatbestand zweifelsfrei subsumierbaren Sachverhaltsangaben des Abgabepflichtigen den Tatsachen entsprechen (und vollständig sind). Dies wird dadurch bestätigt, dass es bei allfälliger Unrichtigkeit (oder auch Unvollständigkeit) des vom Beschwerdeführer dargelegten Sachverhaltes zur Erreichung des Zieles der gesetzlichen Bestimmung des § 293b BAO, nämlich der Herbeiführung eines der Gleichmäßigkeit der Besteuerung entsprechenden Ergebnisses (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. August 1992, 91/14/0150), dieser gesetzlichen Bestimmung nicht bedürfte, weil dieses Ziel dann auf anderem Weg, nämlich durch Anwendung des § 303 Abs 4 BAO, erreichbar wäre.
Der Verwaltungsgerichtshof teilt daher nicht die von beiden Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vertretene Ansicht, es sei gegenständlich darauf abzustellen, ob die Beurteilung, dass die in Rede stehende Tätigkeit des Beschwerdeführers (allenfalls auch) die eines Künstlers sei, vertretbar ist oder nicht.
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers (und teilweise auch der belangten Behörde) durfte das Vorhalteverfahren der Behörde erster Instanz daher auch nicht zur Untersuchung der Frage dienen, ob gegenständlich eine Unrichtigkeit ausreichend deutlich erkennbar war. Die Behörde konnte das Vorhaltsverfahren allenfalls zur Entscheidung der in der Folge allerdings im Ergebnis verneinten Frage durchführen, ob den Behauptungen des Beschwerdeführers im Berufungsverfahren, er habe nicht Erlöse aus der Tätigkeit als Lehrbeauftragter, sondern solche aus der Tätigkeit als Künstler erzielt, Berechtigung zukommt. Die Entscheidung dieser Frage kann aber für die Zulässigkeit der gegenständlichen Anwendung des § 293b BAO rechtlich nicht mehr von Bedeutung sein. Es ist daher auch die Rüge des Beschwerdeführers verfehlt, die Anwendung des § 293b BAO sei im Hinblick auf die Ermittlungen im durchgeführten Vorhaltsverfahren zu Unrecht erfolgt.
Auch die nicht näher begründete Behauptung des Beschwerdeführers, dass die steuerlichen Folgen der Unrichtigkeit bloß geringfügig gewesen seien und auch aus diesem Grund eine Berichtigung gemäß § 293b BAO nicht vorzunehmen gewesen wäre, vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Abgesehen davon, dass die steuerlichen Folgen der Unrichtigkeit bei jeweils mehr als S 10.000,-- übersteigenden Beträgen nicht geringfügig gewesen sind, hat der Beschwerdeführer Billigkeitsgründe, die einer Berichtigung entgegenstehen, in der Beschwerde nicht vorgebracht. In der Berufung war die Ermessensübung nicht bekämpft worden. Bei dieser Sachlage ist die fehlende ausdrückliche Begründung der Ermessensübung im angefochtenen Bescheid kein wesentlicher Verfahrensmangel, weil angesichts der im vorliegenden Fall für die Berichtigung schon wegen des Gebotes der Gleichbehandlung aller Abgabepflichtigen im Sinne des § 114 BAO sprechenden Gründe nicht gefunden werden kann, dass die belangte Behörde bei Vermeidung des Begründungsmangels zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können.
Wesentliche Verfahrensmängel anlässlich der mündlichen Berufungsverhandlung zeigt der Beschwerdeführer schon deshalb nicht auf, weil er nicht darlegt, welche Verfahrensschritte er zur "vollständigen Erörterung der Rechtssache" im Sinne des § 285 BAO vermisst.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl II Nr 501/2001.
Wien, am 29. Jänner 2002
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