VwGH 98/03/0125

VwGH98/03/012529.4.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Gall, Dr. Bernegger und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde der MK in B, vertreten durch Dr. Peter Cardona, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Kaigasse 20, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 27. Mai 1997, Zl. 3/01-26.269/2-1997, betreffend Behindertenhilfe, zu Recht erkannt:

Normen

SHG Slbg 1975 §43 Abs1;
VwRallg;
SHG Slbg 1975 §43 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin stellte mit Eingabe vom 30. Mai 1996 einen Antrag auf Hilfeleistung nach dem Salzburger Behindertengesetz 1981, LGBl. Nr. 93 (im Folgenden SBG). Als Art der beantragten Hilfeleistung wurde "Heilbehandlung (Restkosten) Psychotherapie" angegeben.

Diesen Antrag wies die Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau mit Bescheid vom 23. Dezember 1996 gemäß § 17 Abs. 1 SBG ab.

Nach der Begründung würden auf Grund der bekannt gegebenen Einkommens- und Belastungsnachweise die der Beschwerdeführerin monatlich zur Verfügung stehenden Mittel den Sozialhilferichtsatz monatlich um S 2.138,50 übersteigen. Die Beschwerdeführerin habe die Möglichkeit, sich die Restkosten der Therapie von monatlich S 1.974,48 selbst zu finanzieren.

Die Beschwerdeführerin erhob dagegen Berufung, und zwar mit dem Begehren auf Heranziehung des doppelten Richtsatzes für die Berechnung der Eigenleistung.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde der Berufung keine Folge gegeben.

In der Begründung heißt es im Wesentlichen, gemäß § 17 Abs. 1 SBG habe der Behinderte zu den Kosten der Eingliederungshilfe mit Ausnahme der Hilfe durch geschützte Arbeit entsprechend seiner finanziellen Leistungskraft beizutragen. Entsprechend dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. September 1994, Slg. Nr. 14.132/A, könne eine psychotherapeutische Behandlung sowohl als Leistung nach dem SBG als auch entsprechend § 14 Abs. 1 Z. 1 als Leistung nach dem Salzburger Sozialhilfegesetz, LGBl. Nr. 19/1975, (im Folgenden SSHG) gewährt werden. "Gemäß § 12 Abs. 1 SSHG analog" habe die Beurteilung der Hilfsbedürftigkeit unter Anwendung von Richtsätzen zu erfolgen. Der Richtsatz für den Alleinunterstützten habe den Bedarf eines Hilfe Suchenden zu decken, der keine mit ihm in Familiengemeinschaft lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen habe. Der Richtsatz sei "gemäß § 12 Abs. 3 SSHG analog" so zu bemessen, dass er den monatlichen Bedarf an Nahrung, Instandsetzung der Bekleidung, Körperpflege, Wäschereinigung sowie den Aufwand für die Pflege der Beziehungen zur Umwelt und zur Teilnahme am kulturellen Leben decke. Gemäß § 1 der Verordnung über die Richtsätze in der Sozialhilfe 1997 betrage der Richtsatz für den Alleinunterstützten S 4.785,--. Um eine Ungleichbehandlung der Psychotherapiepatienten zu vermeiden, erfolge die Leistungsberechnung auch im Verfahren der Behindertenhilfe grundsätzlich nach den dem Verfahren in der Sozialhilfe vergleichbaren Kriterien, zumal es dem SBG an einer näheren Determinierung der Ermittlung des Kostenbeitrages gemäß § 17 Abs. 1 SBG fehle und keine Gesichtspunkte erkennbar seien, die für eine sachliche Differenzierung und die Schaffung eines qualitativ und quantitativ verschiedenen Zuganges zu ein und derselben Hilfe sprechen würden.

Die entsprechende Berechnung laute für die Beschwerdeführerin wie folgt:

"Alleinunterstütztenrichtsatz S 4.785,--

Miete S 3.289,10

Strom S 260,--

Arbeitnehmerfreibetrag S 1.290,--

Lebensbedarf insgesamt S 9.624,10

Eigene Mittel S 11.762,60"

Die vorhandenen Eigenmittel überstiegen somit den monatlichen Lebensbedarf um S 2.138,50 (Restkosten der Therapie monatlich S 1.974,48). Das Ausmaß des Kostenbeitrages erreiche somit die Gesamtkosten der Hilfeleistung, welche für die Beschwerdeführerin daher nicht in Betracht komme.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der gegen diesen Bescheid zunächst vor ihm erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 23. Februar 1998, B 1693/97-6, ab; antragsgemäß wurde die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 17 SBG - in der hier anzuwendenden Fassung vor der Novelle

LGBl. Nr. 28/2001 - lautet:

"Kostenbeiträge

§ 17.

(1) Der Behinderte sowie die für ihn gesetzlich unterhaltspflichtigen Personen haben zu den Kosten der Eingliederungshilfe mit Ausnahme der Hilfe durch geschützte Arbeit entsprechend ihrer finanziellen Leistungskraft im Rahmen ihrer gesetzlichen Unterhaltspflicht beizutragen. Als gesetzlich unterhaltspflichtige Personen im Sinne dieses Gesetzes habe nur der Ehegatte (frühere Ehegatte) sowie die im ersten Grad Verwandten des Behinderten zu gelten. Erreichte das Ausmaß des Kostenbeitrages die Gesamtkosten der Hilfeleistung, kommt eine solche nicht in Betracht. Von einem Kostenbeitrag kann insoweit abgesehen werden, als dadurch der Erfolg der Hilfeleistung gefährdet oder ihrer Zielsetzung widersprochen würde.

(2) Die gemäß Abs. 1 beitragspflichtigen Personen sind zu einem nachträglichen Kostenbeitrag nur verpflichtet, wenn nachträglich bekannt wird, dass sie zur Zeit der Durchführung der Hilfeleistung zu Beitragsleistungen hätten herangezogen werden können.

(3) Für diese Kostenbeiträge und den Ersatz der Kosten der Eingliederungshilfe durch Dritte gelten, soweit nicht anderes bestimmt ist, die Bestimmungen des 9. Abschnittes des Sozialhilfegesetzes."

Im 9. Abschnitt des SSHG bestimmt der § 43 Abs. 1 erster Satz SSHG - in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 18/1998 -, dass der Sozialhilfeempfänger zum Ersatz der für ihn aufgewendeten Kosten verpflichtet ist, wenn er zu hinreichendem Einkommen oder Vermögen gelangt, oder wenn nachträglich bekannt wird, dass er zur Zeit der Hilfeleistung hinreichendes Einkommen oder Vermögen hatte.

Im Beschwerdefall ist die Qualifizierung der Beschwerdeführerin als Behinderte im Sinne der §§ 2 Abs. 1, 3 und 18 Abs. 4 SBG unstrittig. Auf dem Boden dieser Prämisse war es daher zutreffend, wenn der verfahrensgegenständliche Antrag nach dem SBG gestellt und dieser auch nach dem SBG beurteilt wurde. Dabei ist es auch nicht rechtswidrig, wenn sich die belangte Behörde hinsichtlich der Anwendbarkeit des SBG auf das hg. Erkenntnis vom 30. September 1994, Slg. Nr. 14.132/A, gestützt hat, in dem sich der Gerichtshof (auch) mit der Frage auseinander gesetzt hat, inwiefern psychotherapeutische Behandlungen unter das SBG einerseits und das SSHG andererseits zu subsumieren sind. Für den Verwaltungsgerichtshof ist nicht zu erkennen, inwiefern die Beschwerdeführerin in ihren Rechten verletzt wurde, weil - nach den Beschwerdeausführungen - die genannte Entscheidung ohne rechtliche Relevanz für den vorliegenden Fall sei.

Die Beschwerde ist aber auch nicht begründet, wenn vorgebracht wird, der Richtsatz betrage im gegenständlichen Fall S 4.785,--, sohin der zweifache S 9.570,--. Damit sei - bei Wohnkosten von S 3.289,10 - insgesamt von einem Betrag von S 12.879,10 (richtig wohl: S 12.859,10) auszugehen. Die Beschwerdeführerin stützt sich dabei - hinsichtlich des doppelten Richtsatzes - auf einen Erlass der Salzburger Landesregierung vom 8. Mai 1991.

Die Beschwerdeführerin ist diesbezüglich auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach Erlässe, die nicht gehörig kundgemacht sind, was hier unstrittig der Fall ist, selbst dann keine auf der Stufe einer Verordnung, geschweige denn eines Gesetzes, stehende Rechtsvorschriften sind, wenn sie generelle Anordnungen an einen unbestimmten Personenkreis enthalten. Sie können keinen Anspruch auf allgemeine Rechtsverbindlichkeit erheben, aus ihnen können weder Rechte noch Pflichten abgeleitet werden (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 9. Juli 1991, Zl. 90/12/0218, und die dort angegebene Literatur und Judikatur).

Der Verwaltungsgerichtshof vermag aber auch nicht zu finden, dass die Beschwerdeführerin durch die von der belangten Behörde vorgenommene Berechnung ihres "Lebensbedarfes" in ihren Rechten verletzt wurde (und erschöpft sich das diesbezügliche Beschwerdevorbringen darauf, dass der oben genannte Erlass vom 8. Mai 1991 für die Berechnung herangezogen hätte werden müssen). Dabei ist anzumerken, dass § 17 Abs. 3 SBG auf die Bestimmungen des 9. Abschnittes des SSHG verweist. Nach dessen § 43 Abs. 1 ist der Sozialhilfeempfänger zum Ersatz der für ihn aufgewendeten Kosten verpflichtet, wenn er zu "hinreichendem" Einkommen oder Vermögen gelangt, oder wenn nachträglich bekannt wird, dass er zur Zeit der Hilfeleistung hinreichendes Einkommen oder Vermögen hatte. Der Begriff "hinreichend" bedeutet nach der Rechtsprechung, dass der Hilfeempfänger auf Einkommen oder Vermögen greifen kann, ohne dass es ihm in Ansehung der Bestreitung des eigenen Lebensunterhaltes (bzw. seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen) unzumutbar wäre. Dabei ist die gleiche Grenze maßgebend, wie für die Beurteilung der Hilfsbedürftigkeit, weshalb auf die Regelungen über die Anrechenbarkeit von Einkommen oder Vermögen zurückgegriffen werden kann (vgl. das zur vergleichbaren Bestimmung des § 41 Abs. 1 lit. a des NÖ Sozialhilfegesetzes ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Februar 1986, Zl. 83/11/0279, sowie das zu § 26 Abs. 1 Wiener Sozialhilfegesetz ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. November 1992, Zl. 91/08/0027; ferner Pfeil, Österreichisches Sozialhilferecht, 1989, S. 520 ff). Insofern war es im Ergebnis zutreffend, dass die belangte Behörde bei ihrer Berechnung des Lebensbedarfes (auch) auf den (einfachen) Sozialhilferichtsatz zurückgriff. Bei diesem Ergebnis wurde die Beschwerdeführerin auch nicht in ihren Rechten verletzt, wenn die belangte Behörde die Rechtslage damit verkannt hat, dass sie vom Fehlen einer Determinierung der Ermittlung des Kostenbeitrages gemäß § 17 Abs. 1 SBG ausging. Eine derartige Determinierung ergibt sich vielmehr nach dem oben Gesagten durch die Verweisung auf den 9. Abschnitt des SSHG.

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolge dessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 29. April 2002

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