VwGH 96/15/0241

VwGH96/15/024128.2.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. U. Zehetner, über die Beschwerde der I in G, vertreten durch Dr. Johann Grasch, Rechtsanwalt in 8430 Leibnitz, Grazergasse 50, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark (Berufungssenat) vom 23. Mai 1996, Zl. B 31-3a/94, betreffend Umsatz- und Einkommensteuer für das Jahr 1991, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §2 Abs2;
EStG 1988 §2 Abs3 Z6;
EStG 1988 §28;
LiebhabereiV §1 Abs2 Z1;
LiebhabereiV 1993;
LiebhabereiV;
UStG 1972 §2 Abs5 Z2;
EStG 1988 §2 Abs2;
EStG 1988 §2 Abs3 Z6;
EStG 1988 §28;
LiebhabereiV §1 Abs2 Z1;
LiebhabereiV 1993;
LiebhabereiV;
UStG 1972 §2 Abs5 Z2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 938,52 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren (für Stempelgebühren) wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin erzielte im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit. Weiters erklärte sie in der Einkommensteuererklärung auch die Werbungskostenüberschüsse aus der Vermietung einer Eigentumswohnung und zur Umsatzsteuer auch die Umsätze aus der Vermietungstätigkeit sowie die aus dieser entstandenen abziehbaren Vorsteuern.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen die Bescheide des Finanzamtes, mit denen für das Jahr 1991 festgestellt wurde, dass die Umsatzsteuer gemäß § 21 Abs. 7 UStG 1972 nicht festgesetzt und die Einkommensteuer gemäß § 41 Abs. 1 EStG 1988 nicht veranlagt werde, als unbegründet abgewiesen.

Die belangte Behörde führte in den Entscheidungsgründen aus, die Beschwerdeführerin habe mit 1. Oktober 1991 von ihrem Sohn eine 90 m2 große Eigentumswohnung gegen Zahlung eines monatlichen Mietzinses von S 5.000,-- zuzüglich 10 % USt angemietet, um diese nach Sanierung und Ausstattung (Kosten hiefür S 378.642,--) zu vermieten.

Das Finanzamt habe ausgeführt, angesichts der Tatsache, dass nähere Modalitäten des Mietverhältnisses zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Sohn nicht bekannt seien, könne bei der Beurteilung der behaupteten Vereinbarung nicht davon ausgegangen werden, dass diese nach außen ausreichend zum Ausdruck gekommen sei und einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt habe. Somit stehe die Einkunftsquelle weiterhin in der alleinigen Verfügungsmacht des rechtlichen und wirtschaftlichen Eigentümers und wären die Einkünfte, wenn überhaupt, diesem zuzurechnen. Davon abgesehen habe die Beschwerdeführerin in ihrer Prognoserechnung keineswegs das Vorliegen einer ernsthaften Einkunftsquelle dargelegt. Die Beschwerdeführerin habe dem Finanzamt gegenüber angegeben, dass sich die bisherige Bewirtschaftung in Form der tageweisen Vermietung als ungeeignet erwiesen habe und sie deshalb ab 1994 auf Dauervermietung umgestellt habe. Eine Änderung der Bewirtschaftungsform führe aber außerhalb der Anwendbarkeit des § 2 Abs. 2 der Liebhabereiverordnung jedenfalls zu zwei voneinander völlig unabhängigen Beobachtungszeiträumen. Stehe hiebei fest, dass der erste abgeschlossene Zeitraum endgültig zu einem Gesamtverlust geführt habe, bleibe bei § 1 Abs. 2 Tätigkeiten für die Annahme einer Einkunftsquelle kein Raum.

Dagegen habe die Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren weiters vorgebracht, dass ihr Sohn finanziell nicht in der Lage gewesen sei, die Wohnung, die er von seiner Großmutter übernommen habe, zu adaptieren. Sie sei daher als Mieterin aufgetreten und habe die Wohnung völlig renoviert und ausgestattet, um sie zu vermieten. Die Renovierungsarbeiten hätten sich über rund ein Jahr bis zum Herbst 1992 erstreckt. Für die Nutzung der Wohnung sei "von hausaus" die "normale längerfristige Vermietung" vorgesehen gewesen. Die tageweise Vermietung nach Fertigstellung der Wohnung sei in Kauf genommen worden, um bis zur Dauervermietung, wenigstens diese Einnahmen zu erzielen. Eine weitere Konsequenz sei die Verringerung des Mietzinses, der ursprünglich mit S 15.000,-- pro Monat offenbar zu hoch gewesen sei, auf S 13.000,-- gewesen.

Im Erwägungsteil führte die belangte Behörde aus, Eigentumswohnungen seien im besonderen Maße zur Nutzung im Rahmen der privaten Lebensführung geeignet. Die Vermietung einer Eigentumswohnung sei daher eine Betätigung mit Liebhabereivermutung im Sinne des § 1 Abs. 2 Liebhabereiverordnung. Der Begriff des überschaubaren Zeitraumes, innerhalb dessen objektiv ein Gesamtüberschuss zu erwarten ist, um die Liebhaberei zu widerlegen, sei im Sinne der Judikatur mit 12 Jahren anzunehmen. Bezüglich der näheren Modalitäten des mündlichen Mietvertrages habe die Beschwerdeführerin über Vorhalt mitgeteilt, dass das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden sei und der Vermieter einen zehnjährigen Kündigungsverzicht geleistet habe. Die Beschwerdeführerin befinde sich somit lediglich zehn Jahre in einer rechtlich gesicherten Position in der Nutzung der Wohnung. Die für die steuerliche Beurteilung der Untervermietung als Einkunftsquelle anzustellende Prognoserechnung könne daher auch nur diesen Zeitraum umfassen. Die vorgelegten Überschussrechnungen hätten für 1991 einen Verlust von S 26.671,--, für das Jahr 1992 einen Verlust von S 125.119,--, für 1993 einen Verlust von S 128.334,-- und für 1994 einen Verlust von S 64.287,-- ergeben. Im Jahr 1995 sei ein Einnahmenüberschuss von S 12.091,-- verzeichnet worden. Die Prognoserechnung der Beschwerdeführerin weise bereits im 8. Jahr, also 1998 einen Gesamtüberschuss von S 8.000,-- auf. Diese Prognoserechnung erweise sich aber aus folgenden Gründen als unrealistisch und damit als untaugliches Beweismittel: Ab 1994 setze die Beschwerdeführerin Jahreseinnahmen von S 186.000,--, in den Folgejahren jeweils mit S 1.000,-- valorisiert, an. Damit gehe sie von einer monatlichen Nettomiete von S 15.500,-- aus. Im Mietvertrag vom 18. Juni 1994 mit der E. GmbH & Co KG sei aber tatsächlich eine monatliche Nettomiete von S 12.500,-- vereinbart worden. Damit erweise sich die Prognoserechnung einnahmenseitig als korrekturbedürftig. Die tatsächlich erzielten Jahresnettoeinnahmen 1995 seien nach den Ausführungen der Beschwerdeführerin in der Berufungsverhandlung ab dem Jahr 1996 um 10 % zu erhöhen. Wenn man demnach die Nettomieteinnahmen des Jahres 1996 in der Höhe von S 165.000,-- entsprechend der Prognoserechnung der Beschwerdeführerin mit einer jährlichen Valorisierung von S 1.000,-- bis zum Ende des Jahres 2001 fortschreibe (mit 1. Oktober 2001 ende der zehnjährige Kündigungsverzicht und damit auch die rechtlich gesicherte Position der Beschwerdeführerin) und im Übrigen ab dem Jahr 1996 bezüglich der Werbungskosten von den Ansätzen der Beschwerdeführerin, jeweils auch mit einer jährlichen Valorisierung in Höhe von S 1.000,-- ausgehe, ergebe diese Prognoserechnung von 1996 bis einschließlich 2001 jährliche Einnahmenüberschüsse in Höhe von jeweils S 41.000,--. Wenn man den in den Jahren 1991 bis einschließlich 1994 erzielten Verlusten in Höhe von insgesamt S 344.411,-- den im Jahre 1995 erzielten Einnahmenüberschuss von S 12.091,-- und die in den Jahren 1996 bis einschließlich 2001 jährlich erzielbaren Einnahmenüberschüsse von jeweils S 41.000,-- gegenüberstelle, ergebe sich ein Gesamtverlust von S 86.320,--. Bezüglich der Einnahmenentwicklung in dieser Prognoserechnung sei aber noch zu bemerken, dass es äußerst fraglich sei, ob die Beschwerdeführerin während des gesamten verbleibenden Beobachtungszeitraumes die im Jahr 1996 erzielten Monatsmiete tatsächlich erzielen werde. Selbst unter Zugrundelegung dieser für die Beschwerdeführerin günstigsten Einschätzung der erzielbaren Einnahmen ergebe sich der genannte Gesamtverlust.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte deren Behandlung ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab (Beschluss vom 24. September 1996, B 2313/96).

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Hinsichtlich der Einkommensteuerveranlagung für das Streitjahr ist für die Beurteilung der Liebhaberei die Liebhabereiverordnung 1990, BGBl. Nr. 322, anzuwenden. Gemäß § 1 Abs. 2 Z. 1 dieser Verordnung ist Liebhaberei bei einer Betätigung zu vermuten, wenn Verluste aus der Bewirtschaftung von Wirtschaftsgütern entstehen, die sich nach der Verkehrsauffassung in einem besonderen Maß für eine Nutzung im Rahmen der Lebensführung eignen (z.B. Wirtschaftsgüter, die der Sport- und Freizeitausübung dienen, Luxuswirtschaftsgüter, Wirtschaftsgüter, die der Befriedigung des persönlichen Wohnbedürfnisses dienen) und typischerweise einer besonderen in der Lebensführung begründeten Neigung entsprechen. Dass eine Eigentumswohnung ein Wirtschaftsgut ist, das der Befriedigung des persönlichen Wohnbedürfnisses dient und sich deshalb nach der Verkehrsauffassung in einem besonderen Maß für eine Nutzung im Rahmen der Lebensführung eignet, entspricht der ständigen Rechtsprechung (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 5. Mai 1992, 92/14/0006). Die belangte Behörde hat daher zu Recht die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Z. 1 Liebhabereiverordnung 1990 als verwirklicht angesehen.

Gemäß § 2 Abs. 4 Liebhabereiverordnung 1990 kann die Vermutung im Sinne des § 1 Abs. 2 leg. cit. nur widerlegt werden, wenn die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit einen Gesamtgewinn oder Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 3) erwarten lässt.

In seinem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Juli 1996, 93/13/0171, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, seine Rechtsanschauung darüber, dass ein Zeitraum von 12 Jahren zur Erwirtschaftung eines Gesamtüberschusses bei einer Vermietungstätigkeit als nicht mehr absehbar angesehen werden könne, aus den dort angeführten Gründen nicht mehr aufrecht erhalten zu können. Unter einem absehbaren Zeitraum zur Möglichkeit der Erzielung eines wirtschaftlichen Gesamterfolges bei einer Vermietungstätigkeit muss eine Zeitspanne verstanden werden, die zum getätigten Mitteleinsatz bei Betrachtung der Umstände des konkreten Falles in einer nach der Verkehrsauffassung vernünftigen, üblichen Relation steht. Absehbar ist ein solcher Zeitraum, der insbesondere im Verhältnis zum eingesetzten Kapital und zur verkehrsüblichen Finanzierungsdauer für die Abdeckung des insgesamt getätigten Aufwandes bis zur Erzielung des wirtschaftlichen Gesamterfolges nach bestehender Übung in Kauf genommen wird. Maßstab ist hiebei die Übung jener Personen, bei denen das Streben nach der Erzielung von Einkünften beherrschend im Vordergrund steht und anderweitige Motive, etwa jene nach Kapitalanlage, späterer Befriedigung eines Wohnbedürfnisses oder Steuervermeidung für ihr Handeln nicht maßgebend sind. Eine Einbeziehung von Zeiträumen, innerhalb derer zwar noch keine Einnahmen erzielt, aber bereits Mittel aufgewendet werden, in den Zeitraum, innerhalb dessen ein wirtschaftlicher Gesamterfolg erzielbar sein muss, ist entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin gerechtfertigt (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 24. März 1998, 93/14/0028, und vom 22. November 2001, 98/15/0056). Nach der an das genannte Erkenntnis eines verstärkten Senates anschließenden Judikatur ist bei der Vermietung unter "absehbar" eine Zeitspanne von rund 20 Jahren zu verstehen. Dieser Zeitraum von ca. 20 Jahren gilt sowohl für Zeiträume vor Inkrafttreten der Liebhabereiverordnungen als auch für Zeiträume, in welchen die Liebhabereiverordnung 1990 und auch die Liebhabereiverordnung 1993 (in der Stammfassung) zur Anwendung kommen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 25. November 1999, 97/15/0144, vom 23. März 2000, 97/15/0009, und vom 27. April 2000, 99/15/0012).

Die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid ausgedrückte allgemeine Auffassung, ein überschaubarer Zeitraum sei ein solcher von 12 Jahren, steht daher mit dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Widerspruch. Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde allerdings einen Zeitraum von zehn Jahren angenommen und dies damit begründet, dass die Beschwerdeführerin als Mieterin der gegenständlichen Eigentumswohnung zufolge eines Kündigungsverzichtes des Wohnungseigentümers für zehn Jahre nur in diesem Zeitraum sich in einer rechtlich gesicherten Position befinde.

Nach der hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 23. März 2000, 97/15/0009) kommt ein kürzerer Zeitraum als der oben genannte absehbare von 20 Jahren nur dann in Betracht, wenn die Betätigung von vornherein auf einen solchen angelegt ist. Feststellungen dazu, dass die Beschwerdeführerin das Vermieten von vornherein für einen solcherart begrenzten Zeitraum plante, hat die belangte Behörde nicht getroffen. Im Umstand, dass der Wohnungseigentümer für 10 Jahre auf eine Kündigung verzichtete, ist für sich allein keine Annahme für einen solchen Plan zu erblicken.

Gemäß § 2 Abs. 5 Z. 2 UStG 1972 gilt nicht als gewerbliche oder berufliche Tätigkeit eine Tätigkeit, die auf Dauer gesehen Gewinne oder Einnahmen-Überschüsse nicht erwarten lässt (Liebhaberei). Liebhaberei in umsatzsteuerrechtlicher Hinsicht ist anzunehmen, wenn unter Bedachtnahme auf den Betriebsgegenstand und die Art der Betriebsführung Gewinne oder Einnahmenüberschüsse überhaupt nicht erwirtschaftet werden können, sodass eine Person dann nicht Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes ist, wenn ihre Tätigkeit auf Dauer gesehen und unter Anwendung objektiver Kriterien Gewinne oder Einnahmenüberschüsse nicht erwarten lässt (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Juli 1996, 93/13/0171). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aus den angeführten nicht als zutreffend zu erkennenden Gründen bejaht.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Stempelgebühren für Beilagen waren nur für die in einfacher Ausfertigung (§ 28 Abs. 5 VwGG) erforderliche Beilage des angefochtenen Bescheides zuzusprechen. Die Umrechnung der entrichteten Stempelgebühren beruht auf § 3 Abs. 2 Z. 2 Eurogesetz, BGBl. Nr. 72/2000.

Wien, am 28. Februar 2002

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte