VwGH 2001/20/0052

VwGH2001/20/005229.3.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hohenecker, über den Antrag des S P, geboren am 15. Mai 1981, vertreten durch Mag. Michael-Thomas Reichenvater, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Herrengasse 13/II, ihm gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 14. November 2000, Zl. 219.363/0-V/15/00, betreffend §§ 6 und 8 Asylgesetz, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 1997 §6;
AsylG 1997 §8;
AVG §71 Abs1 Z1 impl;
VwGG §46 Abs1;
AsylG 1997 §6;
AsylG 1997 §8;
AVG §71 Abs1 Z1 impl;
VwGG §46 Abs1;

 

Spruch:

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird stattgegeben.

Begründung

Mit dem vorliegenden Antrag begehrt der Antragsteller unter gleichzeitiger Erhebung einer Beschwerde gegen den zitierten Bescheid die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und führt zu dessen Begründung aus, dass es die bei seinem Rechtsvertreter beschäftigte und mit der Postaufgabe beauftragte Kanzleiangestellte am 29. Dezember 2000 unterlassen habe, die bereits kuvertierte Beschwerde trotz Eintragung eines Erledigungsvermerkes im Fristenbuch zur Post zu bringen. Sie habe nämlich die Bescheidbeschwerde samt den anderen an diesem Tag anfallenden Einschreibesendungen in ihre Tasche gegeben und sei damit nach für sie geltendem Dienstschluss um 12.00 Uhr zunächst nach Hause gegangen, um ihren minderjährigen Sohn zu betreuen. Da sie in ihrer Tasche auch Weihnachtsgeschenke aus der Kanzlei mitgenommen habe, habe ihr minderjähriger Sohn nicht nur die Geschenke sondern offenbar auch das Kuvert mit der gegenständlichen Beschwerde aus der Tasche genommen. Der Kanzleiangestellten sei es daher bei der am gleichen Tage vorgenommenen Postaufgabe der übrigen Sendungen nicht aufgefallen, dass die gegenständliche Beschwerde fehlte. Erst am 25. Jänner 2001 habe sie in ihrer Wohnung das Kuvert mit der in Rede stehenden Beschwerde vorgefunden. Da die Kanzleiangestellte bereits seit mehreren Jahren in verschiedenen Rechtsanwaltskanzleien als Sekretärin tätig gewesen sei, ihr ein derartiges Fehlverhalten bislang noch nicht zur Last gelegen habe und der Beschwerdeführervertreter selbst die Einhaltung der Beschwerdefrist durch Kontrolle des von seiner Angestellten angebrachten Erledigungsvermerkes im Fristenbuch überwacht habe, liege nur ein minderer Grad des Versehens vor.

Dieses Vorbringen ist durch eine Kopie des Fristenbuches sowie eine eidesstättige Erklärung der erwähnten Angestellten glaubhaft gemacht.

Ausgehend von diesem Sachverhalt ist der vorliegende Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand berechtigt.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Dazu vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass ein Verschulden des Parteienvertreters einem Verschulden der Partei selbst gleichzusetzen ist (vgl. die bei Dolp, die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 656 f zitierte Judikatur).

Überlässt ein Rechtsanwalt nach Unterfertigung eines Beschwerdeschriftsatzes dessen Postaufgabe einer verlässlichen Kanzleikraft und unterläuft dieser hiebei ein Versehen, so liegt dem Rechtsanwalt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Verletzung seiner Sorgfaltspflicht zur Last (vgl. etwa die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. April 1990, 90/08/0047, 26. September 1991, Zl. 91/09/0129, 0157). Auf dem Boden dieser Rechtslage ist daher auch der gegenständliche Vorfall als ein für den Antragsteller unvorhergesehenes und von ihm nicht verschuldetes Ereignis anzusehen, das ihn an der rechtzeitigen Erhebung der Beschwerde gehindert hat.

Dem Antrag war daher stattzugeben.

Wien, am 29. März 2001

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