VwGH 90/08/0047

VwGH90/08/004724.4.1990

N wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Behebung eines Mangels der Beschwerde gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 10. Oktober 1988, Zl. VII/2-3851/3-1988, betreffend Beitragsgrundlagen nach § 25 GSVG (mitbeteiligte Partei: Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft).

Normen

AVG §71 Abs1 lita impl;
AVG §71 Abs1 Z1 impl;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs2;
VwGG §46 Abs1;
AVG §71 Abs1 lita impl;
AVG §71 Abs1 Z1 impl;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs2;
VwGG §46 Abs1;

 

Spruch:

Gemäß § 46 VwGG wird dem Antrag STATTGEGEBEN.

Begründung

Mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. August 1989 wurde der Antragsteller aufgefordert, seine vom Verfassungsgerichtshof abgelehnte und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetretene, zur Zl.89/08/0120 protokollierte Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 Z. 4 und 5 VwGG zu ergänzen und eine weitere Ausfertigung der Beschwerde für den Bundesminister für Arbeit und Soziales beizubringen. Ferner wurde dem Antragsteller aufgetragen, die zurückgereichte Verfassungsgerichtshof-Beschwerde gleichzeitig wiedervorzulegen und den ergänzenden Schriftsatz in vierfacher Ausfertigung beizubringen. Der Antragsteller wurde darauf hingewiesen, daß die Versäumung der Frist als Zurückziehung der Beschwerde gilt.

Der Antragsteller hat ein weiteres Exemplar der Verfassungsgerichtshof-Beschwerde (Ablichtung der zurückgereichten Urbeschwerde), den ergänzenden Schriftsatz jedoch nur in zweifacher Ausfertigung (nämlich auf den Seiten 7, 8 und 9 der Urbeschwerde) vorgelegt.

Daraufhin stellte der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 12. Dezember 1989, Zl. 89/08/0120-5, das Verfahren gemäß § 33 Abs. 1 VwGG mit der Begründung ein, daß auch die nur teilweise Erfüllung eines Mängelbehebungsauftrages als Zurückziehung der Beschwerde im Sinne des § 34 Abs. 2 VwGG gelte. Dieser Beschluß wurde den Rechtsvertretern des Antragstellers am 20. Februar 1990 zugestellt.

Am 27. Februar 1990 langte beim Verwaltungsgerichtshof der Antrag des Antragstellers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Mängelbehebungsfrist ein. Gleichzeitig wurden die fehlenden Ausfertigungen des ergänzenden Schriftsatzes vorgelegt. Im Wiedereinsetzungsantrag brachte der Antragsteller vor, daß seinem Vertreter Dr. S am 25. September 1989 von seiner Sekretärin Christina X die Postmappe vorgelegt worden sei, in der sich unter anderem der ergänzende Schriftsatz in vierfacher Ausfertigung befunden habe. Dr. S habe die Schriftsätze auch unterschrieben und dann die Postmappe seiner mit der postalischen Behandlung betrauten Sekretärin Magdalena C zur Absendung übergeben. Durch eine Fehlkuvertierung der Sekretärin C sei jedoch der ergänzende Schriftsatz nur in zweifacher Ausfertigung an den Verwaltungsgerichtshof gesandt worden. Beide Sekretärinnen seien langjährige tüchtige Fachkräfte und es sei ihnen bis jetzt noch nie ein Fehler unterlaufen, insbesondere habe Magdalena C bisher all die ihr übertragenen Agenden zur vollsten Zufriedenheit erledigt. Die nur teilweise Erfüllung des Mängelbehebungsauftrages sei somit für den Antragsteller unvorhergesehen und unabwendbar gewesen.

Der im Wiedereinsetzungsantrag behauptete Sachverhalt ist auf Grund der glaubwürdigen Angaben des Antragstellers und der eidesstättigen Erklärungen der beiden im Antrag genannten Sekretärinnen des Rechtsvertreters des Antragstellers als bescheinigt anzusehen.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, daß sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Überläßt ein Rechtsanwalt nach Unterfertigung eines Beschwerdeschriftsatzes dessen Postaufgabe einer verläßlichen Kanzleikraft und unterläuft dieser hiebei ein Versehen, so liegt dem Rechtsanwalt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Verletzung seiner Sorgfaltspflicht zur Last (vgl. unter anderem den Beschluß vom 24. Oktober 1989, Zl. 89/08/0259). Auf dem Boden dieser Rechtslage ist daher auch der gegenständliche Vorfall als ein für den Antragsteller unvorhergesehenes und von ihm nicht verschuldetes Ereignis anzusehen, das ihn an der vollständigen Erfüllung des Mängelbehebungsauftrages und damit (vgl. Beschluß eines verstärkten Senates vom 21. Juni 1988, Zl. 87/07/0049) an der Einhaltung der Mängelbehebungsfrist gehindert hat.

Dem Wiedereinsetzungsantrag war somit gemäß § 46 VwGG stattzugeben.

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