VwGH 2001/14/0066

VwGH2001/14/006625.9.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Dr. Urtz, über die Beschwerde der P Gesellschaft mbH in G, vertreten durch DDr. Gunter Peyrl, Rechtsanwalt in 4240 Freistadt, Salzgasse 2, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 16. August 1999, RV260/1-8/1998, betreffend Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum 1. Jänner 1996 bis 31. Dezember 1996, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §22 Z2;
FamLAG 1967 §41 Abs1;
FamLAG 1967 §41 Abs2 idF 1993/818;
FamLAG 1967 §41 Abs3 idF 1993/818;
EStG 1988 §22 Z2;
FamLAG 1967 §41 Abs1;
FamLAG 1967 §41 Abs2 idF 1993/818;
FamLAG 1967 §41 Abs3 idF 1993/818;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 15.000 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

LH ist Geschäftsführer der Beschwerdeführerin und zu 75% an ihr beteiligt. Die Beschwerdeführerin betreibt eine Tischlerei.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin für die Entlohnung des Geschäftsführers LH im Jahr 1996 Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag vorgeschrieben.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird ausgeführt, LH habe sich der Beschwerdeführerin gegenüber verpflichtet, seine Arbeitskraft auf unbestimmte Zeit zur Verfügung zu stellen. Es sei ein "Werkvertrag" abgeschlossen worden, nach dessen Punkt VI der Geschäftsführer ein monatliches Entgelt von 60.000 S erhalte. Tatsächlich seien monatlich 38.000 S ausbezahlt worden, weil die Beschwerdeführerin den Differenzbetrag (22.000 S) für die Bezahlung der Sozialversicherung und der Einkommensteuer einbehalten habe.

Die Reisekosten iSd § 26 EStG, die LH erwachsen seien, seien ihm von der Beschwerdeführerin ersetzt worden. Seine Eingliederung in den Betrieb der Beschwerdeführerin in zeitlicher, örtlicher und organisatorischer Hinsicht ergebe sich im gegenständlichen Fall schon aus den ihm übertragenen Aufgaben. Die Besorgung der täglichen Verkaufsgeschäfte und die Fachberatung für den Tischlereibetrieb stellten Rahmenbedingungen für die zeitliche und örtliche Erbringung der Arbeitsleistung dar.

Da dem Gesellschafter-Geschäftsführer LH somit eine erfolgsunabhängige monatliche Entlohnung zugestanden und auch tatsächlich gewährt worden sei und er auch den Ersatz der Reisekosten erhalten habe, trage er kein Unternehmerwagnis. Da auch die Eingliederung in der geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin vorliege, führe seine Entlohnung nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu Einkünften iSd § 22 Z 2 EStG 1988. Solche Bezüge unterlägen dem Dienstgeberbeitrag und dem Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag.

Den am 19. Dezember 2000 vom Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG gestellten Antrag auf Aufhebung bestimmter, im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommender gesetzlicher Bestimmungen hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 14. März 2001, G 148/00 ua, als unzulässig zurückgewiesen, weil er über die vorgetragenen Bedenken bereits in einem anderen Verfahren mit dem Erkenntnis vom 7. März 2001, G 110/00, unter Verweis auf sein Erkenntnis vom 1. März 2001, G 109/00 entschieden hatte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Gemäß § 41 Abs. 1 FLAG haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu entrichten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen.

Gemäß § 41 Abs. 2 FLAG in der ab 1994 geltenden Fassung BGBl. Nr. 818/1993 sind Dienstnehmer alle Personen, die in einem Dienstverhältnis iSd § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen iSd § 22 Z 2 EStG 1988.

Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG idF BGBl. Nr. 818/1993 ist der Dienstgeberbeitrag von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen. Arbeitslöhne sind dabei Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art. iSd § 22 Z 2 EStG 1988.

Gemäß § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 gehören zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2) aufweisende Beschäftigung gewährt werden.

Die Regelung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag, der von der in § 41 FLAG festgelegten Bemessungsgrundlage zu erheben ist, findet sich in § 57 Abs. 4 und 5 HKG idF BGBl. Nr. 958/1993 bzw. § 57 Abs. 7 und 8 HKG idF BGBl. Nr. 661/1994.

Das durch den Gesetzgeber festgelegte System der Besteuerung von Kapitalgesellschaften nach dem so genannten Trennungsprinzip (vgl. Doralt/Ruppe, Steuerrecht I7, 300 und 325) ermöglicht steuerlich wirksame Leistungsbeziehungen zwischen dem Gesellschafter (auch dem Alleingesellschafter) und der Kapitalgesellschaft.

Wie der Verwaltungsgerichtshof seit den Erkenntnissen vom 18. September 1996, 96/15/0121, SlgNF 7118/F, und vom 20. November 1996, 96/15/0094, SlgNF 7143/F, in ständiger Rechtsprechung zu Recht erkennt, ist dem in § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 enthaltenen Tatbestandsmerkmal "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses" das Verständnis beizulegen, dass nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die Voraussetzungen eines Dienstverhältnisses gegeben sein müssen. Dabei ist allerdings das Vorliegen der auf Grund des gesellschaftsrechtlichen Verhältnisses fehlenden Weisungsgebundenheit anzunehmen. Sodann ist zu beurteilen, ob die Voraussetzungen der Unselbständigkeit oder jene der Selbständigkeit im Vordergrund stehen.

Da allerdings, wie sich dies insbesondere auch aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1.März 2001, G 109/00, ergibt, einzelne Merkmale eines Dienstverhältnisses, die im Zusammenhang mit einer weisungsgebundenen Tätigkeit Indizien für ein Dienstverhältnis wären, im Falle der - auf die gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführenden - Weisungsungebundenheit ihre Unterscheidungskraft verlieren und daher für die Lösung der Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen, nicht brauchbar sind, hat der Verwaltungsgerichtshof in den Erkenntnissen vom 23. April 2001, 2001/14/0054, sowie 2001/14/0052, und vom 10. Mai 2001, 2001/15/0061 zu Recht erkannt, dass das in § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 normierte Vorliegen der sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses abgesehen vom hinzuzudenkenden Merkmal der Weisungsgebundenheit im Wesentlichen auf folgende Kriterien abstellt: die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Kapitalgesellschaft und das Fehlen des Unternehmerwagnisses. Von Bedeutung ist noch das Merkmal der laufenden (wenn auch nicht notwendig monatlichen) Entlohnung. Ausgehend von den genannten Kriterien ist zu beurteilen, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die für ein Dienstverhältnis sprechenden Kriterien im Vordergrund stehen.

Ob bzw in welcher Ausprägung und Intensität im konkreten Fall die einzelnen genannten Kriterien vorliegen, ist eine Sachverhaltsfrage. Auf die besonderen Schwierigkeiten der Feststellung des tatsächlichen Sachverhaltes, die sich bei den in Rede stehenden Leistungsverhältnissen insbesondere aus dem hier häufig vorzufindenden Umstand des Selbstkontrahierens ergeben, hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis G 109/00 hingewiesen. Dieser Aspekt hat zur Folge, dass bei der Sachverhaltsfeststellung, um dem Objektivierungserfordernis hinreichend Rechnung zu tragen, der nach außen in Erscheinung tretenden tatsächlichen Abwicklung der Leistungsbeziehung die wesentliche Bedeutung beizumessen ist (vgl. die hg. Erkenntnisse 2001/14/0054, 2001/14/0052, 2001/14/0061).

Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige auf Dauer einen Teil des rechtlichen bzw. wirtschaftlichen Organismus bildet und seine Tätigkeit im Interesse dieses Organismus ausüben muss. Die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung spricht für die Eingliederung.

Im gegenständlichen Fall konnte die belangte Behörde die Eingliederung des Gesellschafter-Geschäftsführers in den Betrieb der Beschwerdeführerin aus dem Umstand der auf Dauer angelegten Leistungserbringung ableiten.

Unternehmerwagnis liegt vor, wenn der Erfolg der Tätigkeit des Steuerpflichtigen weitgehend von der persönlichen Tüchtigkeit, vom Fleiß, von der persönlichen Geschicklichkeit sowie von den Zufälligkeiten des Wirtschaftslebens abhängt und der Steuerpflichtige für die mit seiner Tätigkeit verbundenen Aufwendungen selbst aufkommen muss. Dabei kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse an: Im Vordergrund dieses Merkmales steht, ob den Steuerpflichtigen tatsächlich das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmenschwankungen trifft. In die Überlegungen einzubeziehen sind aber auch Wagnisse, die sich aus Schwankungen bei nicht überwälzbaren Ausgaben ergeben.

Die Begründung eines Berufungsbescheides hat sich mit dem Berufungsvorbringen in der erforderlichen Weise auseinander zu setzen und vor allem den für die rechtliche Beurteilung erforderlichen Sachverhalt festzustellen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Juli 2001, 2001/13/0081).

Die Beschwerdeführerin hat im Verwaltungsverfahren in ihrer Berufung - unter Verweis auf den Werkvertrag ("Werkvertrag mit Pensionszusage" vom 29. Jänner 1996) - vorgebracht, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer statt eines Gehaltes eine Gewinnbeteiligung beziehe. Dieses Vorbringen war offenkundig nicht dahingehend zu verstehen, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer keine Entlohnung erhalte; dieses Vorbringen war vielmehr eine Bezugnahme auf Punkt VI des Werkvertrages, nach welcher Bestimmung die Entlohnung 40% des Brutto-cash-flows der Beschwerdeführerin, maximal 900.000 S pro Jahr betrage und in Anrechnung auf diese Entlohnung monatlich pauschale Gutschriften von 60.000 S zu erteilen seien.

Nun trifft es zwar zu, dass das Unternehmerrisiko - wie oben ausgeführt - in erster Linie nach der tatsächlichen Abwicklung der Entlohnung zu beurteilen ist. Zudem stellt die Gewährung eines Anspruches auf Betriebspension ein starkes Indiz gegen das Unternehmerrisiko dar, vermag doch eine Betriebspension als weitere Entlohnung für die Geschäftsführungstätigkeit ein allfälliges Risiko des Gesellschafter-Geschäftsführers betreffend die Höhe des Jahresbezuges abzufedern. Der belangten Behörde ist aber dennoch ein relevanter Verfahrensfehler vorzuwerfen, weil sie jegliche Auseinandersetzung mit dem genannten Berufungsvorbringen unterlassen hat. Sie hätte im vorliegenden Fall nicht von vornherein von Fixbezügen (von 60.000 S) ausgehen dürfen, sondern hätte - vornehmlich unter Ermittlung der von der Beschwerdeführerin über einen mehrjährigen Zeitraum geübten Praxis - Feststellungen darüber treffen müssen, ob die tatsächliche Entlohnung durch die Fixbeträge von monatlich 60.000 S (mögen sie auch als Akontozahlungen bezeichnet worden sein) geprägt war oder durch die Bezugnahme auf 40% des Bruttocash-flows. Im letzteren Fall könnte dann ein relevantes Unternehmerrisiko vorliegen, wenn die Regelung tatsächlich zu so starken - nicht willkürlich herbeigeführten - Schwankungen der Jahresbezüge und gelegentlichem Ausfallen dieser Bezüge (mit tatsächlicher Rückzahlung der Akontozahlungen) führt, dass trotz der Zusage einer Betriebspension und des Reisekostenersatzes von einem Wagnis auszugehen ist, wie es für Unternehmer eigentümlich ist.

Der angefochtene Bescheid war somit, weil die belangte Behörde durch die Unzulänglichkeit der Bescheidbegründung Verfahrensvorschriften verletzt hat, bei deren Beachtung die Erlassung eines anders lautenden Bescheides nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. 416/1994.

Wien, am 25. September 2001

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