Normen
AVG §6 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §73 Abs2;
FSG 1997 §35 Abs1;
AVG §6 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §73 Abs2;
FSG 1997 §35 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Mandatsbescheid vom 26. Mai 2000 entzog die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel dem Beschwerdeführer gemäß § 26 Abs. 2 FSG seine für Kraftfahrzeuge der Klasse B erteilte Lenkberechtigung für sechs Monate, gerechnet ab Zustellung dieses Bescheides. Gleichzeitig wurde ihm für die festgelegte Dauer gemäß § 32 Abs. 1 Z. 1 FSG das Lenken von Motorfahrrädern und vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen verboten und gemäß § 30 Abs. 1 FSG das Recht aberkannt, von einer allfälligen ausländischen Lenkberechtigung Gebrauch zu machen. Unter einem wurde gemäß § 26 Abs. 8 FSG angeordnet, dass sich der Beschwerdeführer einem Lenkerverhaltenstraining für alkoholauffällige Kraftfahrzeuglenker zu unterziehen habe, und weiters angeordnet, dass der Beschwerdeführer vor der Wiederaushändigung des Führerscheines ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten über seine gesundheitliche Eignung beizubringen habe. Der Beschwerdeführer erhob dagegen Vorstellung.
Nachdem der Beschwerdeführer mit am 2. Oktober 2000 zur Post gegebenen Schriftsatz gemäß § 73 Abs. 2 AVG beim Landeshauptmann von Tirol den Antrag auf Übergang der Entscheidungspflicht auf diesen gestellt hatte, gab der Landeshauptmann von Tirol mit Bescheid vom 23. November 2000 mit Spruchpunkt I dieses Bescheides dem Devolutionsantrag und mit Spruchpunkt II der Vorstellung mit der Maßgabe Folge, dass die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung mit vier Monaten bestimmt werde.
Der Beschwerdeführer erhob darauf (nur) gegen Spruchpunkt II des letztgenannten Bescheides Berufung. Diese Berufung wurde vom Landeshauptmann von Tirol mit Schreiben vom 12. Februar 2001 dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol (UVS Tirol) mit der Bitte um Entscheidung vorgelegt.
Der UVS Tirol erließ darauf hin einen mit 19. Februar 2001 datierten Bescheid mit folgendem Spruch:
"Gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 67a Abs. 1 Z. 1 AVG sowie i. V.m. § 35 Abs. 1 Führerscheingesetz wird die Berufung als unzulässig zurückgewiesen."
In der Begründung wurde ausgeführt, nach § 67a Abs. 1 Z. 1 AVG entschieden die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern (UVS) über Anträge und Berufungen in Angelegenheiten, die ihnen durch die Verwaltungsvorschriften zugewiesen sind. Die Zuständigkeit der UVS in Angelegenheiten des Kraftfahrwesens regle § 123 Abs. 1 KFG 1967, die Behördenzuständigkeit in Angelegenheiten des Führerscheingesetzes § 35 Abs. 1 FSG. Eine Zuständigkeit der UVS sei weder im § 35 Abs. 1 FSG noch in weiteren Bestimmungen des FSG normiert. Der 5. Abschnitt des FSG regle u.a. auch die Entziehung der Lenkberechtigung. Da in diesen Bestimmungen eine Zuständigkeit der UVS nicht normiert sei und diese Bestimmung darüber hinaus im Vergleich zur Bestimmung des § 123 Abs. 1 KFG 1967 die zeitlich spätere Norm sei, erweise sich § 123 Abs. 1 KFG in Fragen der Lenkberechtigung nicht mehr als geeignete Grundlage zur Begründung einer Zuständigkeit der UVS. Selbst dann, wenn man die Ansicht vertreten wollte, der Gesetzgeber habe entgegen dem klaren Wortlaut des § 35 Abs. 1 FSG die weitere Anwendung des § 123 Abs. 1 KFG 1967 in Führerscheinangelegenheiten beabsichtigt, wäre der Berufung kein anderes Schicksal beschieden gewesen, weil der Landeshauptmann von Tirol mit dem angefochtenen Bescheid lediglich eine Entzugsdauer im Ausmaß von vier Monaten festgesetzt und in dieser Angelegenheit nicht als Erstbehörde entschieden habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
§ 35 Abs. 1 FSG lautet:
"§ 35. (1) Für die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Amtshandlungen ist, soweit darin nichts anderes bestimmt ist, in erster Instanz die Bezirksverwaltungsbehörde, im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde diese, und in zweiter Instanz der Landeshauptmann zuständig."
Das FSG enthält, wie die belangte Behörde zutreffend erkannte, keine Bestimmung, aus der sich ein Instanzenzug vom Landeshauptmann an den UVS ergibt. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20. Februar 2001, 2001/11/0036, näher dargelegt hat, endet in erst nach dem Inkrafttreten des FSG anhängig gewordenen Verfahren betreffend die in diesem Gesetz geregelten Angelegenheiten der Instanzenzug im Rechtsmittelverfahren beim Landeshauptmann.
Entgegen der Auffassung der belangten Behörde hat der Landeshauptmann im vorliegenden Fall allerdings nicht als Rechtsmittelbehörde entschieden. Es liegt vielmehr ein erstinstanzlicher Bescheid des im Devolutionsweg zuständig gewordenen Landeshauptmannes vor, gegen den Berufung an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie zulässig ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. August 1999, Zl. 99/11/0092).
Mit der angefochtenen Entscheidung wurde die Berufung des Beschwerdeführers zurückgewiesen. Während die Wendung "als unzulässig" im Spruch darauf hindeutet, dass die Berufung schlechthin mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückgewiesen wird, deutet die im Spruch ebenfalls enthaltene Erwähnung der §§ 67a Abs. 1 Z. 1 AVG sowie 35 Abs. 1 FSG, mit denen die Zuständigkeit der UVS für die ihnen durch die Verwaltungsvorschrift zugewiesenen Angelegenheiten sowie die spezielle Zuständigkeitsregelung des FSG angesprochen wird, eher darauf hin, dass es sich im Beschwerdefall um eine Zurückweisung der Berufung mangels Zuständigkeit des UVS handelt. Da der Spruch des angefochtenen Bescheides somit nicht die gebotene Eindeutigkeit aufweist, ist zu seiner Auslegung die Bescheidbegründung heranzuziehen. Aus dieser geht freilich unmissverständlich hervor, dass die belangte Behörde ihre Zuständigkeit zur meritorischen Behandlung der Berufung verneint hat und ihre Unzuständigkeit mit einer Zurückweisung der Berufung zum Ausdruck bringen wollte.
Mit dieser Vorgangsweise (Zurückweisung der zulässigen Berufung) hat die belangte Behörde ihre Entscheidung allerdings mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 30. Mai 1996, Slg. Nr. 14.475/A, dargelegt hat, ergibt sich aus § 6 Abs. 1 AVG, dass die Behörden, aus welchem Grund auch immer und auf welchem Wege ihnen eine Berufung vorgelegt wird, in dem Fall, dass sie sich für nicht zuständig erachten, von Amts wegen wahrzunehmen haben, welche Berufungsbehörde für die Erledigung der in Frage stehenden Berufung die örtlich und sachlich zuständige ist. Die Behörde, der eine Berufung ihrer Auffassung nach zu Unrecht vorgelegt wird, ist hingegen nicht ermächtigt, eine an sich zulässige Berufung wegen Unzuständigkeit zurückzuweisen.
Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 20. September 2001
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