Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Auf Grund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Mit Bescheid des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Gemeinde vom 15. Oktober 1998 wurde gemäß § 40 Abs. 2 Stmk. BauG festgestellt, dass das auf dem näher angeführten Grundstück und im Eigentum des Franz S. stehende Einfamilienwohnhaus einschließlich der an der Nordostseite dieses Wohnhauses angebauten Terrasse rechtmäßig bestehe.
Mit weiterem Bescheid des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Gemeinde vom 10. Februar 2000 wurde wiederum gemäß § 40 Abs. 2 Stmk. BauG festgestellt, dass die auf demselben Grundstück stehenden Zubauten gemäß dem vorliegenden Einreichplan und zwar
- eine Bootsgarage an der Südostseite,
- eine Garage, deren Dach als Terrasse genutzt wird, an der Südostseite,
- an der Nordwestseite zwei Abstellräume im Kellergeschoß und darüber im Erdgeschoß ein Lagerraum und Holzlager,
- an der Südwestseite ein Windfang, ein Abstellraum und ein Wintergarten, im Dachgeschoß eine Terrasse in größerem Ausmaß als ursprünglich planlich vorgesehen,
rechtmäßig bestünden.
Mit Schreiben vom 22. September 2000 beantragte der Mitbeteiligte, ihm in diesen Feststellungsverfahren die Parteistellung einzuräumen, um seine Nachbarrechte geltend zu machen. Mit Bescheid des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Gemeinde vom 23. April 2001 wurde dieser Antrag des Mitbeteiligten abgewiesen. Begründet wurde dies damit, dass gemäß § 40 Stmk. BauG den Nachbarn im Feststellungsverfahren keine Parteistellung zukomme. Die dagegen vom Mitbeteiligten erhobene Berufung wurde mit dem Berufungsbescheid des Gemeinderates der beschwerdeführenden Gemeinde vom 7. Juni 2001 als unbegründet abgewiesen.
Auf Grund der dagegen erhobenen Vorstellung des Mitbeteiligten wurde der angeführte Berufungsbescheid wegen Verletzung von Rechten des Mitbeteiligten behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat der beschwerdeführenden Gemeinde verwiesen. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass es sich bei der Regelung des § 40 Abs. 3 Stmk. BauG, wonach die zum Zeitpunkt der Errichtung des Baues maßgebliche Rechtslage zu berücksichtigen sei, um eine ausdrückliche Ausnahme vom sonst geltenden Grundsatz handle, wonach für einen Bescheid regelmäßig die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung maßgebend sei. Es sei also jene materiell-, aber auch verfahrensrechtliche Rechtslage bedeutend, wie sie zum Zeitpunkt der Errichtung des Baues bestanden habe. Die Beurteilung der Rechtmäßigkeit nach § 40 Abs. 2 leg. cit. sei inhaltlich im Wesentlichen dem Baubewilligungsverfahren gleichgestellt. Insbesondere seien auch die Nachbarn im Sinne der verfahrensrechtlichen Rechtslage zum Zeitpunkt der Errichtung des Baues beizuziehen. Es sei daher den Nachbarn auch in einem Feststellungsverfahren gemäß § 40 Abs. 2 und 3 Stmk. BauG die Parteistellung einzuräumen. Der Mitbeteiligte sei somit durch die Berufungsentscheidung in Rechten verletzt worden.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 40 Abs. 2 Stmk. BauG, LGBl. Nr. 59/1995, gelten solche bauliche Anlagen und Feuerstätten als rechtmäßig, die zwischen dem 1. Jänner 1969 und 31. Dezember 1984 errichtet wurden und zum Zeitpunkt ihrer Errichtung bewilligungsfähig gewesen wären. Die Rechtmäßigkeit nach Abs. 2 ist gemäß § 40 Abs. 3 Stmk. BauG über Antrag des Bauwerbers oder von Amts wegen zu beurteilen. Dabei ist die zum Zeitpunkt der Errichtung des Baues maßgebliche Rechtslage zu berücksichtigen. Liegen die Voraussetzungen nach Abs. 2 vor, hat die Behörde die Rechtmäßigkeit festzustellen. Der Feststellungsbescheid gilt als Bau- und Benützungsbewilligung. Wird das Feststellungsverfahren von Amts wegen eingeleitet, ist gemäß § 40 Abs. 4 leg. cit. der Objekteigentümer zu beauftragen, die erforderlichen Projektunterlagen binnen angemessener Frist bei der Behörde einzureichen.
Die beschwerdeführende Gemeinde macht geltend, dass aus § 40 Stmk. BauG 1995 keine Parteistellung des Nachbarn abzuleiten sei. Es handle sich um ein Feststellungsverfahren, bei dem die damaligen Nachbarn zwar angehört werden könnten, ihnen sei aber keine Parteistellung eingeräumt. Hätte der Gesetzgeber den Nachbarn Parteistellung in diesem Feststellungsverfahren einräumen wollen, so hätte er dies ausdrücklich normieren müssen. § 40 Abs. 3 Stmk. BauG verweise nur auf die materielle Rechtslage im Zeitpunkt der Errichtung des Baues, nicht aber auch auf die verfahrensrechtliche Rechtslage.
Dieser Auffassung der beschwerdeführenden Gemeinde kann nicht gefolgt werden.
Gemäß § 8 AVG sind Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen und auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, Beteiligte und, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Frage, wer in einem konkreten Verwaltungsverfahren die Rechtsstellung einer Partei besitzt, anhand des AVG allein nicht gelöst werden. Die Parteistellung muss vielmehr aus den jeweils zur Anwendung kommenden Verwaltungsvorschriften abgeleitet werden. Die Begriffe "Rechtsanspruch" und "rechtliches Interesse" gewinnen erst durch die jeweils zur Anwendung kommende Verwaltungsvorschrift einen konkreten Inhalt, wonach allein die Frage der Parteistellung beantwortet werden kann (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 22. April 1992, Zl. 91/03/0067). Eine ausdrückliche Regelung der Parteistellung ist - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - für die Begründung der Parteistellung gerade nicht erforderlich. Im Regelfall muss die Parteistellung implizit aus den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen abgeleitet werden.
Die Frage der Parteistellung des Mitbeteiligten als Nachbarn ist in dem vorliegenden Feststellungsverfahren an Hand des § 40 Abs. 2 und 3 Stmk. BauG i.V.m. den darin verwiesenen Bestimmungen der Stmk. BauO 1968 zu beantworten. Gemäß § 40 Abs. 3 zweiter Satz ist für die Beurteilung für die Rechtmäßigkeit einer baulichen Anlage und Feuerstätte, die zwischen dem 1. Jänner 1969 und 31. Dezember 1984 errichtet wurde, nach der zum Zeitpunkt der Errichtung des Baues maßgeblichen Rechtslage vorzunehmen. Da ein gemäß § 40 Abs. 3 leg. cit. erlassener Feststellungsbescheid als Bau- und Benützungsbewilligung gilt, im Rahmen eines Baubewilligungsverfahrens gemäß der Stmk. BauO 1968 dem Nachbarn im Hinblick auf Nachbarrechte grundsätzlich Parteistellung eingeräumt ist, muss der in § 40 Abs. 3 zweiter Satz Stmk. BauG enthaltene Verweis auf die zum Zeitpunkt der Errichtung des Baues maßgebliche Rechtslage im Sinne der Auffassung der belangten Behörde dahin verstanden werden, dass damit - neben den materiellrechtlichen - auch auf die verfahrensrechtlichen Bestimmungen der Stmk. BauO 1968, soweit sie für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bauvorhabens von Bedeutung sind, verwiesen wird. Daraus ergibt sich aber auch, dass Nachbarn im Sinne der hg. Judikatur zu § 61 Stmk. BauO 1968 (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Februar 1978, VwSlg. Nr. 9485/A) gemäß der im Zeitpunkt der Errichtung des Baues maßgeblichen Rechtslage danach eingeräumte Nachbarrechte gegen ein solches Vorhaben geltend machen können (vgl. in diesem Sinne auch Hauer - Trippl, Steiermärkisches Baurecht3, S 298, Anm. 8). Gemäß der angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Nachbarn die Eigentümer jener Liegenschaften, die zu der zur Bebauung vorgesehenen Liegenschaft in einem solchen räumlichen Verhältnis stehen, dass durch den Bestand oder die konsensgemäße Benützung des geplanten Bauwerkes mit Einwirkungen auf diese Liegenschaft zu rechnen ist, zu deren Abwehr die Bauordnung eine Handhabe bietet. Schon die Möglichkeit einer Rechtsverletzung begründet nach der hg. Judikatur die Parteistellung gemäß § 61 Abs. 2 Stmk. Bauordnung 1968 und nicht erst das tatsächliche Eintreten nachteiliger Auswirkungen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 1986, Zl. 86/06/0185, 0195, BauSlg. Nr. 835).
Der Umstand, dass es sich dabei um einen Feststellungsbescheid handelt, ändert - entgegen der Ansicht der beschwerdeführenden Gemeinde - daran nichts. Es kann der Beschwerdeführerin gleichfalls nicht gefolgt werden, wenn sie meint, die Deutung des Verweises auch auf die verfahrensrechtlichen Bestimmungen sei deshalb schon nicht möglich, weil die verwiesene Rechtslage keinen § 40 Stmk. BauG enthält. § 40 Abs. 2 und 3 Stmk. BauG sind ja gerade jene Bestimmungen des geltenden Rechtes, auf Grund derer die verwiesenen früheren gesetzlichen Bestimmungen auch im Rahmen der geltenden baurechtlichen Bestimmungen anzuwenden sind. Für die Nachbarstellung kommt es daher darauf an, wer im Zeitpunkt der Erlassung eines Bescheides gemäß § 40 Abs. 2 und 3 Stmk. BauG Eigentümer eines benachbarten Grundstückes ist. Auch daraus, dass Nachbarn in baurechtlichen Bestimmungen anderer Länder in vergleichbaren Feststellungsverfahren keine Parteistellung eingeräumt wird, ist für die vorliegende Auslegungsfrage des Stmk. BauG nichts zu gewinnen.
Der Umstand, dass das Gebäude schon jahrzehntelang unbeanstandet bestanden hat, berührt die dargelegte Beurteilung ebenfalls nicht. § 71a Stmk. Bauordnung 1968 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 14/1989, gemäß dem eine übergangene Partei nur innerhalb von 5 Jahren ab dem Eintritt der Rechtskraft der Benützungsbewilligung ihre Rechte geltend machen kann, spielt im vorliegenden Beschwerdefall keine Rolle, da er jedenfalls nicht jener Rechtslage angehört, die gemäß § 40 Abs. 3 leg. cit. im vorliegenden Fall maßgeblich ist.
Die belangte Behörde hat daher zutreffend die Auffassung vertreten, dass dem Mitbeteiligten als Nachbarn im dargelegten Sinne (sein Grundstück grenzt - wie dies aus den der Beschwerde beigelegten Unterlagen ersichtlich ist - unmittelbar an das Baugrundstück des Franz S.) im Feststellungsverfahren gemäß § 40 Abs. 2 und 3 Stmk. BauG Parteistellung zukommt. Die Aufhebung des eine andere Rechtsauffassung vertretenden Berufungsbescheides erfolgte daher zu Recht.
Es trifft auch nicht zu, dass das als "Einspruch" bezeichnete Schreiben des Mitbeteiligten vom 29. Juni 2001 nicht als gesetzmäßig ausgeführte Vorstellung beurteilt werden könnte. Der Mitbeteiligte wendet sich darin ausdrücklich gegen den abweisenden Berufungsbescheid des Gemeinderates der beschwerdeführenden Gemeinde vom 31. Mai 2001 und beantragt die Aufhebung dieser Entscheidung. Dieses Schreiben enthält auch eine Begründung. Die verfahrensgegenständliche Vorstellung entspricht somit den Erfordernissen des § 94 Abs. 2 Stmk. Gemeindeordnung 1967 i.d.F. der Novelle LGBl. Nr. 1/1999, wonach in der Vorstellung der Bescheid zu bezeichnen ist, gegen den sie sich richtet, und sie einen begründeten Antrag zu enthalten hat.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die geltend gemachte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 22. November 2001
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)