VwGH 2001/05/0223

VwGH2001/05/02234.9.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, in der Beschwerdesache der Franz Rübig & Söhne GmbH & Co KG in Wels, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in Linz, Mozartstraße 11/6, gegen den Stadtsenat der Stadt Wels, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Bausache, den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §73 Abs2;
Statut Wels 1992 §46 Abs1 Z2;
VwGG §27 Abs1;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;
AVG §73 Abs2;
Statut Wels 1992 §46 Abs1 Z2;
VwGG §27 Abs1;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Stadt Wels Aufwendungen in der Höhe von S 4.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit der gegenständlichen, am 18. Mai 2001 zur Post gegebenen und am 21. Mai 2001 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Säumnisbeschwerde belangt die Beschwerdeführerin den Stadtsenat der Stadt Wels und bringt der Sache nach zusammengefasst vor, dieser habe durch mehr als sechs Monate über eine von ihr gegen einen erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheid eingebrachte Berufung nicht entschieden. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Mai 2001 wurde über diese Beschwerde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG das Vorverfahren eingeleitet.

Die belangte Behörde hat mit Schriftsatz vom 19. Juni 2001 bekannt gegeben, dass sie den versäumten Bescheid zwischenzeitig nachgeholt habe. Allerdings sei die Säumnisbeschwerde unzulässig, weil es die Beschwerdeführerin unterlassen habe, zuvor den Gemeinderat, der gemäß § 46 Abs. 1 Z. 2 des Statutes für die Stadt Wels 1992, LGBl. Nr. 8/1992 (StW. 1992) als Oberbehörde iS des § 73 Abs. 2 AVG anzusehen sei, mit Devolutionsantrag anzurufen.

Beantragt wurde, die Beschwerde kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Beschwerdeführerin hat diese Rechtsauffassung der

belangten Behörde bestritten.

Im Beschwerdefall ist strittig, ob der Gemeinderat der Stadt

Wels im Verhältnis zum Stadtsenat (belangte Behörde) die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde im Sinne des § 73 Abs. 2 AVG ist.

§ 46 StW. 1992 enthält nähere Bestimmungen über die Zuständigkeit des Gemeinderates; nach Abs. 1 Z. 2 dieses Paragraphen steht dem Gemeinderat die Ausübung der Oberaufsicht über die Geschäftsführung zu; der Gemeinderat ist insbesondere befugt, die Geschäftsführung des Magistrates in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches zu untersuchen bzw. untersuchen zu lassen sowie die Vorlage aller einschlägigen Akten, Urkunden, Rechnungen, Schriften und Berichte zu verlangen. Nun ist es zwar richtig, dass in dieser Bestimmung nicht ausdrücklich die Rede davon ist, dass der Gemeinderat die gegenüber dem Stadtsenat in den verfahrensgesetzlichen Bestimmungen vorgesehenen oberbehördlichen Befugnisse ausübt, es ergibt sich aber auch andererseits aus dem Stadtstatut Wels auch nicht das Gegenteil.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist unter anderem sachlich in Betracht kommende Oberbehörde jene, die - bei Ausschluss eines ordentlichen Rechtsmittels - durch Ausübung des Weisungs- oder Aufsichtsrechtes den Inhalt der unterbliebenen Entscheidung hätte bestimmen können. Kommt ein Weisungsrecht gegenüber der säumigen Behörde nicht in Betracht, so genügt die Ausübung der Dienst- und Fachaufsicht gegenüber der säumigen Behörde, um der hiezu berufenen Behörde die Stellung einer Oberbehörde in diesem Sinn zu verleihen (siehe dazu den hg. Beschluss eines verstärkten Senates vom 24. April 1986, Slg. Nr. 12.123/A, betreffend den Berufungssenat der Stadt Wien, unter Hinweis auf Vorjudikatur, aus jüngerer Zeit etwa den hg. Beschluss vom 27. November 1996, Zl. 96/12/0271, betreffend die Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz).

Betrachtet man vor diesem Hintergrund die Stellung des Gemeinderates der Stadt Wels gemäß dem Stadtstatut, so ist dieser im Verhältnis zum Stadtsenat als "sachlich in Betracht kommende Oberbehörde" anzusehen. Dieses Ergebnis stimmt auch mit der bundesverfassungsgesetzlichen Regelung der Gemeindeorgane insofern überein, als sich aus Art. 118 Abs. 5 B-VG, wonach alle Organe der Gemeinde für die Erfüllung ihrer dem eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zugehörigen Aufgaben dem Gemeinderat verantwortlich sind, ergibt, dass der Gemeinderat das oberste Organ der Gemeinde zu sein hat (vgl. dazu abermals den zuvor zitierten hg. Beschluss Slg. Nr. 12.123/A; siehe dazu auch den von der belangten Behörde genannten hg. Beschluss vom 22. Oktober 1985, Zl. 85/05/0136, zum Statut der Landeshauptstadt Linz; vgl. ebenfalls den hg. Beschluss vom 30. September 1997, Zl. 97/05/0160, zum Statut der Stadt Krems).

Da die Beschwerdeführerin den Gemeinderat nicht im Wege eines Antrages nach § 73 Abs. 2 AVG angerufen hat und vielmehr den Stadtsenat belangt, war die Beschwerde mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nicht öffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994 (Vorlageaufwand wurde nicht angesprochen).

Wien, am 4. September 2001

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