VwGH 2001/05/0168

VwGH2001/05/01684.9.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des Roman Blümel in Wien, vertreten durch die Rechtsanwälte Biel & Partner KEG in Wien I, Rauhensteingasse 1, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 28. Februar 2001, Zl. MD-VfR-B XI-8/98, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag, zu Recht erkannt:

Normen

BauO Wr §129 Abs10 idF 1996/042;
BauRallg;
GaragenG Wr 1957 §1 Abs2;
GaragenG Wr 1957 §2 Abs1;
GaragenG Wr 1957 §2 Abs2;
GaragenG Wr 1957 §2 Abs6;
BauO Wr §129 Abs10 idF 1996/042;
BauRallg;
GaragenG Wr 1957 §1 Abs2;
GaragenG Wr 1957 §2 Abs1;
GaragenG Wr 1957 §2 Abs2;
GaragenG Wr 1957 §2 Abs6;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Magistratsabteilung 37/11 hat am 18. Dezember 1997 an den Beschwerdeführer einen Bescheid mit folgendem Spruch erlassen:

"Der Magistrat erteilt gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien dem Lospächter auf der im Betreff genannten Liegenschaft nachstehenden Auftrag: Gemäß § 129 Abs. 10 BO für Wien in Verbindung mit § 7 Abs. 5 des Wiener Kleingartengesetzes, in der geltenden Fassung, ist das Abstellen von Kraftfahrzeugen in der Kleingartenanlage 11. Bezirk, Simmeringer Haide, Gruppe 6, Los 596, unverzüglich zu unterlassen."

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer insbesondere vor, auf Grund der Gesundheit seiner Kinder und seines Berufes müsse er einen Abstellplatz in unmittelbarer Nähe des Gebäudes haben. Bei einer eigens zu diesem Thema einberufenen Generalversammlung (offenbar der Mitglieder des betreffenden Kleingartenvereines) habe eine Mehrheit von 86 % für eine Parkgenehmigung im Garten gestimmt. § 7 Abs. 5 des Wiener Kleingartengesetzes vermeide es, die "Ein- oder Abstellung" gemäß § 2 Abs. 1 des Wiener Garagengesetzes zu verbieten, es verbiete nur die Errichtung neuer, nicht aber die Benützung bestehender Abstellplätze und schon gar nicht die Abstellung ohne feste Bindung an einen örtlichen Stellplatz im Gartenbereich.

Über Anfrage der Berufungsbehörde gab die Eigentümerin des Grundstückes, die Stadt Wien, vertreten durch die Magistratsabteilung 69, bekannt, dass sie keinen Antrag gemäß § 7 Abs. 5 des Wiener Kleingartengesetzes gestellt habe. Der Beschwerdeführer brachte ergänzend vor, dass er seinen PKW seit 1986 im Kleingarten parke.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde auf Grund der Berufung den erstinstanzlichen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1991 mit der Maßgabe bestätigt, dass der zweite Absatz des Spruches wie folgt zu lauten habe:

"Gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien (BO) in Verbindung mit § 7 Abs. 5 des Wiener Kleingartengesetzes 1996, in der geltenden Fassung, ist der Stellplatz in der Kleingartenanlage in Wien 11, Simmeringer Haide, Gruppe 6, Los Nr. 596, unverzüglich aufzulassen."

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, gemäß § 7 Abs. 5 des Wiener Kleingartengesetzes 1996 dürften Stellplätze nur in Gemeinschaftsanlagen errichtet werden. Ausnahmen hievon seien auf Antrag des Grundeigentümers (aller Miteigentümer) mit Bescheid zu bewilligen, wenn der Stellplatz über einen befahrbaren Aufschließungsweg mit einem mehrspurigen Kraftfahrzeug bis zu einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von 3.500 kg erreichbar sei. Aus der zitierten Bestimmung sei ersichtlich, dass das Abstellen eines Kraftfahrzeuges in Kleingartenanlagen außerhalb von Gemeinschaftsanlagen grundsätzlich verboten sei. Werde ein Fahrzeug ohne Bewilligung trotzdem abgestellt, stelle dies eine Abweichung von Bauvorschriften im Sinne des § 129 Abs. 10 erster Satz BO dar. Der Beschwerdeführer habe nicht bestritten, dass er einen PKW im gegenständlichen Kleingartenlos abgestellt habe. Er habe auch in keiner Phase des Verfahrens dargetan, dass eine Ausnahmebewilligung erteilt worden wäre. Im Übrigen hätte nur die Grundeigentümerin (die Stadt Wien), die zur Antragstellung befugt sei, für das gegenständliche Los einen Antrag stellen können, dies aber nicht getan. Vielmehr habe sie mitgeteilt, dass sie nicht beabsichtige, einen derartigen Antrag zu stellen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 3 Abs. 1 lit. b des Wiener Garagengesetzes bedarf die Verwendung von Flächen oder Räumen zum Einstellen von Kraftfahrzeugen, ohne dass eine Bauführung erfolgt, einer baubehördlichen Bewilligung, soweit hiefür eine behördliche Bewilligung noch nicht vorliegt.

Gemäß § 129 Abs. 10 BO ist jede Abweichung von den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften zu beheben. Ein vorschriftswidriger Bau, für den eine nachträgliche Bewilligung oder Kenntnisnahme einer Bauanzeige nicht erwirkt worden ist, ist zu beseitigen. Aufträge sind an den Eigentümer (jeden Miteigentümer) des Gebäudes oder der baulichen Anlage zu richten; im Falle des Wohnungseigentums sind sie gegebenenfalls an den Wohnungseigentümer der betroffenen Nutzungseinheit zu richten.

Auch bei einer Verletzung der Bestimmungen über die baubehördliche Bewilligungspflicht nach dem Wiener Garagengesetz sind die Bestimmungen des § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien über die Beseitigung vorschriftswidriger Zustände anzuwenden, weil nach § 1 Abs. 2 des Wiener Garagengesetzes die Bestimmungen der Bauordnung gelten, soweit das Wiener Garagengesetz keine abweichenden Vorschriften enthält (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 1995, Zl. 94/05/0351). Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde ist das Wiener Garagengesetz auch auf das Wiener Kleingartengesetz anzuwenden, weil das Wiener Garagengesetz in seinem § 1 Abs. 1 normiert, dass unter die Bestimmungen dieses Gesetzes Anlagen zum Einstellen von Kraftfahrzeugen und Tankstellen fallen, und keine diesbezüglichen Ausnahmen hinsichtlich des Wiener Kleingartengesetzes vorsieht. Im Übrigen gelten auch gemäß § 1 Abs. 2 des Wiener Kleingartengesetzes 1996, soweit dieses Gesetz nicht anderes bestimmt, die Bestimmungen der Bauordnung für Wien. Es ist daher grundsätzlich bei bewilligungslosen, aber bewilligungsbedürftigen Stellplätzen im Kleingartengebiet die Bestimmung des § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien anzuwenden.

Dennoch ist die Beschwerde im Ergebnis berechtigt:

Gemäß § 129 Abs. 10 4. Satz BO in der hier anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 42/1996 ist ein diesbezüglicher Auftrag an den Eigentümer (jeden Miteigentümer) des Gebäudes oder der baulichen Anlage zu richten, im Falle des Wohnungseigentums sind sie gegebenenfalls an den Wohnungseigentümer der betroffenen Nutzungseinheit zu richten. Wohl nennt das Gesetz den Grundeigentümer nicht ausdrücklich als Adressaten eines Bauauftrages; im Zusammenhang mit § 1 Abs. 2 des Wiener Garagengesetzes muss auch die Fläche, die (ohne erforderliche Bewilligung) dem Einstellen eines Kraftfahrzeuges dient (§ 2 Abs. 1 und 6 WGG) als Anlage gemäß § 2 Abs. 2 leg. cit., demnach wie eine bauliche Anlage im Sinne des § 129 Abs. 10 4. Satz BO angesehen werden.

Im gesamten Verwaltungsverfahren hat die jeweilige Behörde ausgeführt, dass die Stadt Wien Eigentümerin der Kleingartenanlage und der Beschwerdeführer lediglich Pächter des näher angeführten Loses ist. Der auf § 129 Abs. 10 BO gestützte Auftrag hätte daher an die Liegenschaftseigentümerin als Eigentümerin des Stellplatzes gerichtet werden müssen. Wenn in der Gegenschrift zu einem diesbezüglichen Beschwerdevorbringen ausgeführt wird, dass der Beschwerdeführer in der Beschwerde erstmals vorbringe, der Auftrag gemäß § 129 Abs. 10 BO hätte an die Liegenschaftseigentümerin gerichtet werden müssen, so ist damit für die belangte Behörde nichts zu gewinnen, unterliegt doch diese Rechtsfrage nicht dem aus § 41 Abs. 1 VwGG ableitbaren Neuerungsverbot. Wenn die belangte Behörde weiters meint, da - wie gegenständlich - keine Bauführung erfolgt sei, könne in solchen Fällen nur daran angeknüpft werden, wer den Stellplatz geschaffen habe, so ist ihr zu entgegnen, dass diese Auffassung in der Rechtslage keine Deckung findet. Der Verwaltungsgerichtshof hat auch wiederholt ausgesprochen, dass ein Beseitigungsauftrag gemäß § 129 Abs. 10 BO stets an den Eigentümer zu richten sei, dies unabhängig davon, ob er oder seine Rechtsvorgänger oder aber ein Dritter den konsenswidrigen Zustand herbeigeführt haben (vgl. dazu die bei Geuder-Hauer, Wiener Bauvorschriften, 3. Auflage, auf S. 598 unter 84, 89, 91 zitierte hg. Judikatur).

Da die belangte Behörde nicht erkannte, dass der auf § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien gestützte Auftrag nicht dem Pächter des Kleingartenloses zu erteilen war, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 4. September 2001

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