VwGH 2000/17/0211

VwGH2000/17/021124.10.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der VF in T, vertreten durch Dr. Heinz Pratter, Rechtsanwalt in 8430 Leibnitz, Kadagasse 5, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 1. September 2000, Zl. 7 - 481 - 245/00 - 4, betreffend Vorstellung i.A. der Vorschreibung eines Kanalisationsbeitrages (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Tillmitsch, 8430 Tillmitsch),

1. den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides richtet, zurückgewiesen.

2. zu Recht erkannt:

Normen

KanalabgabenG Stmk 1955 §4 Abs3;
KanalabgabenO Tillmitsch;
VwRallg;
KanalabgabenG Stmk 1955 §4 Abs3;
KanalabgabenO Tillmitsch;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird in seinem Spruchpunkt II wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit einem im Instanzenzug im zweiten Rechtsgang des Berufungsverfahrens ergangenen Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 18. Oktober 1996 wurde der Beschwerdeführerin und ihrem Ehegatten JF aufgetragen, alle Schmutzwässer einer in ihrem Miteigentum stehenden, näher genannten Liegenschaft künftig auf eigene Kosten in das öffentliche Kanalnetz der mitbeteiligten Gemeinde einzuleiten.

Die dagegen von der Beschwerdeführerin und JF erhobene Vorstellung wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 27. Jänner 1997 als unbegründet abgewiesen.

Aus einer in den Verwaltungsakten erliegenden Verhandlungsschrift der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz vom 15. Dezember 1994 geht hervor, dass zu diesem Zeitpunkt der Kanal "derzeit gebaut" werde, jedoch "im Bereich der Liegenschaft der Beschwerdeführerin bereits fertig gestellt worden" sei.

Aus einer gleichfalls im Akt erliegenden Verhandlungsschrift derselben Behörde vom 15. April 1996 geht weiters hervor, dass zu diesem Zeitpunkt in einer Entfernung von maximal 20 m von einer von der Beschwerdeführerin und JF errichteten Kleinkläranlage "eine Einleitungsmöglichkeit von Abwässern in die Kanalisation der mitbeteiligten Marktgemeinde" bestehe.

Mit Schreiben vom 5. September 1997 ordnete der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage des Kanalisationsbeitrages für die im Miteigentum der Beschwerdeführerin stehende Liegenschaft eine Vermessung an Ort und Stelle zu einem näher genannten Termin an. Die Beschwerdeführerin und JF wurden aufgefordert, im Falle der Verhinderung für eine entsprechende Vertretung zu sorgen. Andernfalls sei diese Verhinderung zeitgerecht vorher schriftlich mit ausreichender Begründung bekannt zu geben.

Die Beschwerdeführerin und ihr Ehegatte beantworteten dieses Schreiben damit, dass sie zu dem genannten Termin "aus zeitbedingten Gründen" nicht anwesend sein könnten.

Aus einem Schreiben der Beschwerdeführerin und ihres Ehegatten vom 12. September 1997 geht hervor, dass diese eine andere als jene Liegenschaft, für die die Anschlussverpflichtung ausgesprochen wurde, landwirtschaftlich nutzten und hiefür auch das auf der Liegenschaft, für die die Anschlussverpflichtung ausgesprochen wurde, anfallende Brauchwasser benötigt werde.

Mit Note vom 5. Dezember 1997 forderte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde u.a. die Beschwerdeführerin auf, bis zum 29. Dezember 1997 einen Plan oder eine Skizze mit den genauen Außenmaßen des auf der in Rede stehenden Liegenschaft errichteten Bauwerkes an die Gemeinde zu senden sowie weiters mitzuteilen, ob ein Kellergeschoß vorhanden bzw. das Dachgeschoß ganz oder teilweise ausgebaut sei. Weiters sprach der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde aus, dass die für die Errechnung des Kanalisationsbeitrages benötigten Flächen im Schätzungswege festgesetzt würden, falls die Unterlagen nicht bis zu diesem Termin beigebracht würden. Darauf erfolgte keine Reaktion der Beschwerdeführerin oder des JF.

Mit Spruchpunkt 1. des Bescheides des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 12. Mai 1998 wies dieser einen Antrag der Beschwerdeführerin und des JF auf Befreiung von der Anschlussverpflichtung zurück. Mit Spruchpunkt 2. dieses Bescheides wurde der Beschwerdeführerin und JF gemäß dem Steiermärkischen Kanalabgabengesetz, LGBl. Nr. 71/1955 (im Folgenden: Stmk KanalAbgG), in Verbindung mit der "geltenden Kanalabgabenordnung der Gemeinde Tillmitsch" der Kanalisationsbeitrag samt Umsatzsteuer in der Höhe von S 30.800,-- vorgeschrieben.

Dabei ging die erstinstanzliche Abgabenbehörde von einer verbauten Fläche von 100 m2, einer Geschoßzahl von 2, sohin einer Berechnungsfläche von 200 m2, aus und vervielfachte diese um den Einheitssatz von S 140,--, was einen Betrag von S 28.000,--, unter Hinzurechnung der Umsatzsteuer einen solchen von S 30.800,-- ergebe.

Begründend führte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde aus, gemäß § 2 Stmk KanalAbgG sei der Kanalisationsbeitrag für alle Liegenschaften im Gemeindegebiet zu leisten, welche der gesetzlichen Anschlusspflicht unterlägen, ohne Rücksicht darauf, ob sie tatsächlich angeschlossen seien oder nicht. Die Höhe des Kanalisationsbeitrages bestimme sich aus dem mit der verbauten Grundfläche mal der Geschoßzahl vervielfachten Einheitssatz, wobei Keller und Dachgeschoße je zur Hälfte gerechnet würden. Da die Liegenschaftseigentümer trotz der Aufforderung vom 5. Dezember 1997 keine entsprechenden Pläne beigebracht hätten, nachdem auch die Verhandlung an Ort und Stelle infolge Verhinderung der Liegenschaftseigentümer nicht habe stattfinden können, sei die Berechnungsfläche im Schätzungsweg gemäß § 153 Stmk LAO festgesetzt worden. Die erstinstanzliche Abgabenbehörde habe im Wege der Schätzung für das Wohnhaus eine Grundfläche von 100 m2 angenommen.

Mit Bescheid vom 22. Juni 1998 wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde eine sowohl der Beschwerdeführerin als auch dem JF zugerechnete Berufung vom 8. Juni 1998 gegen den Bescheid vom 12. Mai 1998 als unbegründet ab.

Am 25. Juni 1998 erhob die Beschwerdeführerin gegen den ihr am 29. Mai 1998 zugestellten Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 12. Mai 1998 Berufung.

Weiters erhob die Beschwerdeführerin und ihr Ehegatte gegen den Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 22. Juni 1998 (und damit auch gegen dessen Spruchpunkt 2) Vorstellung an die belangte Behörde.

Mit Spruchpunkt I ihres Bescheides vom 21. September 1998 hob die belangte Behörde daraufhin aus Anlass der Vorstellung der Beschwerdeführerin den Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 22. Juni 1998 auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde. Mit Spruchpunkt II. dieses Bescheid wies sie die Vorstellung des JF gegen den Bescheid vom 22. Juni 1998 als unbegründet ab. Begründend führte die belangte Behörde in diesem Bescheid aus, die Beschwerdeführerin habe im Zeitpunkt der Erlassung des mit Vorstellung angefochtenen Bescheides des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 22. Juni 1998 die mit 25. Juni 1998 datierte Berufung noch gar nicht erhoben.

In den Verwaltungsakten findet sich ein Bericht des Gendarmeriepostens Leibnitz an die Bezirkshauptmannschaft Leibnitz vom 21. Oktober 1999, wonach die Beschwerdeführerin über ein Einkommen aus Imkerei verfüge; ihr Ehegatte, der Miteigentümer der Liegenschaft, habe angegeben, dass er einen Großteil der zum täglichen Leben benötigten Lebensmittel selbst herstelle.

Mit einem ausschließlich an die Beschwerdeführerin adressierten Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 7. März 2000 wies dieser daraufhin deren Berufung vom 25. Juni 1998 gegen den Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 12. Mai 1998 ab. In diesem Zusammenhang teilte die Berufungsbehörde im Wesentlichen die Rechtsansicht der erstinstanzlichen Behörde.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführerin und JF neuerlich Vorstellung. Dieser Vorstellung wurde eine Skizze des auf der im Miteigentum der Beschwerdeführerin stehenden Liegenschaft befindlichen Gebäudes mit Maßangaben angeschlossen. Aus dieser Skizze geht hervor, dass sich das Gebäude aus einem Wohnhaus und einem als Wirtschaftsgebäude gewidmeten Gebäudeteil zusammensetzt. Nach den auf dieser Skizze enthaltenen Maßangaben beträgt die Grundfläche des Gesamtkomplexes 199,40 m2, wobei auf die Grundfläche des Wohnhauses 119,07 m2 entfallen. Weiters wurde in dieser Skizze angegeben, dass der Dachboden nicht ausgebaut sei und kein Keller existiere.

Mit Spruchpunkt I. des nunmehr angefochtenen Bescheides der belangten Behörde vom 1. September 2000 wies diese die Vorstellung des JF gegen den Bescheid vom 7. März 2000 (in Ansehung der Abgabenvorschreibung) mit der Begründung zurück, dass der letztgenannte Bescheid gegenüber JF gar nicht erlassen worden sei.

Mit Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gab die belangte Behörde der Vorstellung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 7. März 2000 in Ansehung die Abgabenvorschreibung (die Vorstellung in Angelegenheit der Befreiung vom Anschlusszwang war schon mit Bescheid der belangten Behörde vom 21. Juni 2000 abgewiesen worden) keine Folge.

Nach Schilderung des Verfahrensganges führte die belangte Behörde aus, gemäß § 149 Abs. 1 Stmk LAO habe die Abgabenbehörde, soweit sie die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen könne, diese zu schätzen. Gemäß Abs. 2 leg. cit. sie insbesondere dann zu schätzen, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermöge oder weitere Auskünfte über Umstände verweigere, die für die Ermittlung der Grundlagen wesentlich sei. Vorliegendenfalls habe die Beschwerdeführerin bezüglich der Ermittlung der Gebäudeflächen jegliche Mitwirkung unterlassen. Sie habe eine von der Abgabenbehörde der mitbeteiligten Gemeinde eigens zu diesem Zwecke anberaumte Vermessung vor Ort verhindert. In der Folge sei sie auch nicht der schriftlich ergangenen Aufforderung nachgekommen, die entsprechenden Pläne vorzulegen. Aus diesem Grunde habe die Grundfläche des gegenständlichen Gebäudes im Schätzungswege ermittelt werden müssen.

Was die Höhe des im Schätzungswege gewonnenen Ergebnisses betreffe, so sei auszuführen, dass die Gemeinde offensichtlich den Geschoßfaktor falsch bewertet habe. Sowohl aus einer Stellungnahme der Abgabenbehörden der mitbeteiligten Gemeinde als auch aus der von der Beschwerdeführerin im Vorstellungsverfahren vorgelegten Planskizze gehe offensichtlich hervor, dass das gegenständliche Gebäude über keinen Keller und wohl auch über kein der Bewertung unterliegendes Dachgeschoß verfüge. Der Geschoßfaktor wäre somit richtigerweise mit 1 anstatt mit 2 zu bewerten gewesen. Wie sich aber ebenfalls erst aus der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Skizze ergeben habe, sei an das Wohngebäude ein Wirtschaftsgebäude angebaut, welches auf Grund eines gemeinsamen Daches mit dem Wohnhaus eine Gebäudeeinheit bilde. Der als Wirtschaftsgebäude bezeichnete Gebäudeteil sei von der Gemeindebehörde bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage jedoch nicht berücksichtigt worden. Da die beiden zusammenhängenden Gebäudeteile zusammengenommen "aber mindestens die von der Behörde ihrer Berechnung zu Grunde gelegten 200 m2" umfassten, habe sich hiedurch nichts am Schätzungsergebnis der Gemeinde geändert. Die um 100 m2 vermehrte Grundfläche multipliziert mit dem um 1 verringerten Geschoßfaktor ergebe wiederum die im Abgabenbescheid angeführte beitragspflichtige Fläche von 200 m2. Laut der von der Vorstellungswerberin der Aufsichtsbehörde vorgelegten Skizze betrage die Grundfläche des Wohn- bzw. des Wirtschaftsgebäudes sogar mehr als die geschätzten 200 m2, sodass die Einschreiterin durch die Schätzung nicht schlechter gestellt worden sei.

Mittlerweile stehe auch die Anschlussverpflichtung des Grundstückes gemäß § 5 Abs. 4 des Steiermärkischen Kanalgesetzes in Ansehung der Beschwerdeführerin rechtskräftig fest.

Daraus folge, dass die im Instanzenzug ergangene Abgabenvorschreibung mit Bescheid vom 7. März 2000 die Beschwerdeführerin nicht in ihren Rechten verletzt habe. Ihre Vorstellung sei daher abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem subjektiven Recht verletzt, keinen höheren Kanalisationsbeitrag vorgeschrieben zu erhalten, als jenen, der im Gesetz seine Deckung findet. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben. Eine Einschränkung des Anfechtungsumfanges auf den Spruchpunkt II. des Bescheides erfolgte nicht.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 1, § 2 und § 4 Stmk KanalAbgG lauten (auszugsweise):

"§ 1.

Die Gemeinden des Landes Steiermark, welche öffentliche Kanalanlagen zur Ableitung von Abwässern errichten und betreiben, werden auf Grund des § 8 Abs. 5 des Finanzverfassungsgesetzes 1948, BGBl. Nr. 45, ermächtigt, durch Beschluss des Gemeinderates eine einmalige Abgabe zur Deckung der Kosten der Errichtung und der Erweiterung der öffentlichen Kanalanlage (Kanalisationsbeitrag) nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu erheben.

§ 2.

(1) Der Kanalisationsbeitrag ist einmalig für alle Liegenschaften im Gemeindegebiete zu leisten, für welche eine gesetzliche Anschlusspflicht an das bereits bestehende öffentliche Kanalnetz besteht, ohne Rücksicht darauf, ob sie an das Kanalnetz tatsächlich angeschlossen sind oder nicht.

(2) Bei Neulegung öffentlicher Kanäle ist der einmalige Kanalisationsbeitrag für alle anschlusspflichtigen Liegenschaften ohne Rücksicht auf ihren tatsächlichen Anschluss zu leisten. ... Die Beitragspflicht entsteht zur Hälfte bei Baubeginn und zur Hälfte bei Vorliegen der technischen Anschlussmöglichkeit an die öffentliche Kanalanlage oder Fertigstellung der Abwasserreinigungsanlage.

...

§ 4.

(1) Die Höhe des Kanalisationsbeitrages bestimmt sich aus dem mit der verbauten Grundfläche (in Quadratmetern) mal Geschoßanzahl vervielfachten Einheitssatz (Abs. 2), wobei Dachgeschosse und Kellergeschosse je zur Hälfte eingerechnet werden;

Wirtschaftsgebäude, die keine Wohnung oder Betriebsstätte enthalten, werden nach der verbauten Fläche ohne Rücksicht auf die Geschoßzahl, Hofflächen, das sind ganz oder teilweise von Baulichkeiten umschlossene Grundflächen, deren Entwässerung durch die Kanalanlage erfolgt, nach dem Flächenausmaß eingerechnet.

(2) Der Einheitssatz ist vom Gemeinderat in der Kanalabgabenordnung (§ 7) nach den durchschnittlichen, ortsüblichen Baukosten je Meter der Kanalanlage höchstens bis zu 5 v. H. dieser Baukosten für den Meter festzusetzen. ...

(3) Für nicht Wohnzwecken dienende Gebäude (Gebäudeteile) land- und forstwirtschaftlicher Betriebe und für die dazugehörigen Hofflächen, deren Entwässerung durch die öffentliche Kanalanlage erfolgt, darf höchstens die Hälfte und für unbebaute Flächen (in Quadratmeter) mit künstlicher Entwässerung in die öffentliche Kanalanlage höchstens ein Zehntel des Einheitssatzes in Anrechnung gebracht werden."

Die Kanalabgabenordnung der mitbeteiligten Gemeinde in der Fassung der Gemeinderatsbeschlüsse vom 27. Oktober 1989 und vom 14. April 1995 lautete auszugsweise:

"1) Für die öffentliche Kanalanlage der Gemeinde Tillmitsch werden Kanalisationsbeiträge gem. § 1 des Kanalabgabengesetzes 1955 und Kanalbenützungsgebühren gem. § 6 des Kanalabgabengesetzes 1955 erhoben.

2) Die Höhe des Einheitssatzes (§ 4 Abs. 2 Kanalabgabengesetz 1955) für die Berechnung der Kanalisationsbeiträge beträgt S 127,- pro Quadratmeter der anrechenbare Fläche."

In einem mit der Kanalabgabenordnung kundgemachten so

genannten Beiblatt zu derselben heißt es:

"...

Garagen und Wirtschaftsräume werden zur Berechnung nicht

herangezogen, wenn kein Abfluss vorhanden."

Mit Gemeinderatsbeschluss vom 19. Juni 1996 (nach der Aktenlage kundgemacht durch Anschlag in der Zeit vom 16. November 1998 bis 30. November 1998) wurde der Einheitssatz für die Berechnung der Kanalisationsbeiträge auf S 140,-- pro Quadratmeter der anrechenbaren Fläche erhöht. Punkt 2 der eben erwähnten "Kundmachung/Wiederverlautbarung der Kanalabgabenordnung der Gemeinde Tillmitsch" lautete:

"(2) Die Höhe des Einheitssatzes (§ 4 Abs. 2 Kanalabgabengesetz 1955) für die Berechnung der Kanalisationsbeiträge beträgt S 109,-- pro Quadratmeter der anrechenbaren Fläche ab 27.10.1989, S 127,-- ab 1.1.1993 bzw. S 140,-- ab 19.6.1996."

Weitere Veränderungen erhielt die Kanalgebührenordnung der mitbeteiligten Gemeinde durch den Gemeinderatsbeschluss vom 28. Mai 1999.

Die Beschwerde richtet sich formell auch gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides. Durch die Zurückweisung der Vorstellung des JF, demgegenüber der mit Vorstellung angefochtene Bescheid vom 7. März 2000 gar nicht erlassen wurde, konnte die Beschwerdeführerin jedoch in ihrem als Beschwerdepunkt formulierten Recht nicht verletzt worden sein. In Ermangelung einer Rechtsverletzungsmöglichkeit der Beschwerdeführerin durch diesen Bescheidpunkt war die Beschwerde, insoweit sie sich auch dagegen richtete, gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen.

Hinsichtlich des Spruchpunktes II. ist zunächst festzuhalten, dass die Abgabenbehörden der mitbeteiligten Gemeinde ihre Abgabenvorschreibung unter Heranziehung des Einheitssatzes nach Punkt 2 der Kanalabgabenordnung in seiner Fassung durch den Gemeinderatsbeschluss vom 19. Juni 1996, kundgemacht durch Anschlag in der Zeit vom 16. bis 30. November 1998, vorgenommen haben. Enthalten materiell-rechtliche Vorschriften keine besonderen Anordnungen über den Zeitpunkt ihrer Wirksamkeit, so ist prinzipiell jene Rechtslage maßgebend, unter deren zeitlicher Geltung der Abgabentatbestand verwirklicht wurde (vgl. Stoll, BAO I, 62, und die dort wiedergegebene Judikatur). Mangels einer Anordnung (die im Übrigen einer gesetzlichen Grundlage entbehrt hätte), wonach der Gemeinderatsbeschluss vom 19. Juni 1996 auch auf Abgabentatbestände anwendbar wäre, die vor dem in Punkt 2 seiner kundgemachten Fassung ausdrücklich genannten 19. Juni 1996 (dem Zeitpunkt der Beschlussfassung) verwirklicht wurden, wäre die Verordnung in der genannten Fassung jedenfalls dann nicht anzuwenden, wenn der Abgabentatbestand schon vor dem 19. Juni 1996 verwirklicht worden wäre.

Wie aus den Verwaltungsakten hervorleuchtet, erfolgte die hier in Rede stehende Abgabenvorschreibung offenbar aus Anlass der Neulegung eines öffentlichen Kanals. In diesem Fall entsteht die Beitragspflicht gemäß § 2 Abs. 2 KanalAbgG zur Hälfte bei Baubeginn und zur Hälfte bei Vorliegen der technischen Anschlussmöglichkeit an die öffentliche Kanalanlage oder Fertigstellung der Abwasserreinigungsanlage. Für die Berechnung der Höhe der jeweiligen Teilansprüche sind mangels gegenteiliger Übergangsbestimmungen die im Zeitpunkt der Entstehung der jeweiligen Teilansprüche in Geltung gestandenen Fassungen der Kanalabgabenordnung der mitbeteiligten Gemeinde, im Besonderen auch in Ansehung der Einheitssätze, maßgeblich.

In diesem Zusammenhang sei insbesondere auch auf die Verhandlungsschriften vor der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz vom 15. Dezember 1994 und vom 15. April 1996 verwiesen, nach deren Inhalt die für das Entstehen der ersten bzw. der zweiten Hälfte der Kanalanschlussgebühr maßgeblichen Zeitpunkte schon vor Fassung des Gemeinderatsbeschlusses vom 19. Juni 1996 gelegen sein dürften.

Schon aus diesen Gründen erweist sich der mit Vorstellung angefochtene Abgabenbemessungsbescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 7. März 2000 als rechtswidrig, weil es die Berufungsbehörde verabsäumt hat, Feststellungen über den Zeitpunkt des Entstehens des Abgabenanspruches zu treffen, und damit eine Begründung dafür schuldig geblieben ist, weshalb sie den in der Kanalabgabeordnung in der Fassung des Gemeinderatsbeschlusses vom 19. Juni 1996 verordneten Einheitssatz (und nicht etwa den niedrigeren nach der Kanalabgabenordnung in der vorangegangenen Fassung) zur Anwendung brachte.

Indem die belangte Behörde diese Rechtswidrigkeit nicht aufgegriffen hat, belastete sie ihrerseits ihren Vorstellungsbescheid in Ansehung des Spruchpunktes II. mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb dieser insoweit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Für das fortgesetzte Verfahren ist ergänzend Folgendes zu bemerken:

Es trifft zu, dass die Beschwerdeführerin im Abgabenverfahren vor den Behörden der mitbeteiligten Gemeinde ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen war, sodass im Zeitpunkt der Erlassung des Gemeinderatsbescheides vom 7. März 2000 die Voraussetzungen für die Vornahme einer Schätzung gemäß § 149 Abs. 1 und 2 Stmk LAO vorlagen.

Bemerkt wird hiezu jedoch, dass die Beschwerdeführerin im folgenden Vorstellungsverfahren, für welches kein Neuerungsverbot gilt, ihrer Mitwirkungspflicht in dem im Schreiben der erstinstanzlichen Behörde vom 5. Dezember 1997 umschriebenen Umfang nunmehr nachgekommen ist. Auf die konkreten Angaben der Beschwerdeführerin in der mit der Vorstellung vorgelegten Skizze wird daher im fortgesetzten Verfahren Bedacht zu nehmen sein. Bemerkt wird, dass die Feststellung der belangten Behörde, aus dieser Skizze ergebe sich eine Fläche des Gesamtgebäudes von über 200 m2, aktenwidrig ist. Vielmehr beträgt die sich aus dieser Skizze ergebende Gesamtfläche 199,40 m2.

Wenn nach der im Zeitpunkt der Entstehung der jeweiligen Abgaben(teil)ansprüche geltenden Kanalabgabenordnung eine Regelung gegolten hat, wonach Wirtschaftsräume zur Berechnung nicht herangezogen werden, wenn kein Abfluss vorhanden ist, so wird im fortgesetzten Verfahren auch darauf Bedacht zu nehmen sein. In diesem Zusammenhang ist ergänzend festzuhalten, dass die in dieser Verordnungsbestimmung enthaltene Ausnehmung der Fläche von "Wirtschaftsräumen" aus der Bemessungsgrundlage ihre gesetzliche Deckung in § 4 Abs. 3 Stmk KanalAbgG findet, wenn - und dies ist in gesetzeskonformer Interpretation dieser Verordnungsbestimmung anzunehmen - sich der Begriff "Wirtschaftsräume" auf nicht Wohnzwecken dienende Gebäudeteile land- und forstwirtschaftlicher Betriebe bezieht. Entsprechende Hinweise, dass dies bei dem auf der Liegenschaft der Beschwerdeführerin errichteten Wirtschaftstrakt der Fall sein könnte, bestehen, zumal - wie sich aus der Schilderung des Verfahrensganges ergibt - Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass JF (auch) landwirtschaftlich tätig ist.

Im Übrigen wird es der Beschwerdeführerin im folgenden Verwaltungsverfahren obliegen, im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht die ihr von den Verwaltungsbehörden abverlangen Auskünfte zu erteilen bzw. diesen auch den Zutritt zur gegenständlichen Liegenschaft zum Zwecke eines Augenscheins zu gewähren.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 24. Oktober 2001

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