VwGH 2000/12/0233

VwGH2000/12/023321.3.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Bayjones und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des K in W, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner, Rechtsanwalt in Wien I, Singerstraße 12/9, gegen den Bescheid der gemeinderätlichen Personalkommission vom 7. Juli 2000, Zl. RSa/w/Ref. 570 B, betreffend die Abweisung von Anträgen auf Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit gemäß § 68 Abs. 1 Z. 2 DO 1994, zu Recht erkannt:

Normen

DO Wr 1994 §19 Abs1;
DO Wr 1994 §68 Abs1 Z2;
DVG 1984 §8 Abs1;
DO Wr 1994 §19 Abs1;
DO Wr 1994 §68 Abs1 Z2;
DVG 1984 §8 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Stadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der 1956 geborene Beschwerdeführer steht als Kanzleikommissär seit 1. November 1974 in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Stadt Wien; er ist als Beamter der Verwendungsgruppe C in der Dienststelle "Geriatriezentrum Am Wienerwald" (GZW) diensteingeteilt.

Nach längeren "Krankenständen" und einer aus gesundheitlichen Gründen anerkannten eingeschränkten Dienstfähigkeit beantragte der Beschwerdeführer mit 20. September 1996 erstmals und nach weiteren "Krankenständen" neuerlich mit 27. Juli 1998 seine Ruhestandsversetzung gemäß § 68 Abs. 1 Z. 2 DO 1994 wegen Dienstunfähigkeit.

Auch in der weiteren Folge war der Beschwerdeführer - jeweils nur von einigen Tagen der Dienstleistung bzw. von Karenzurlaub und Urlaub unterbrochen - im Wesentlichen nahezu durchgehend dienstunfähig (vgl. auch die Sachverhaltsdarstellung in dem den Beschwerdeführer betreffenden hg. Erkenntnis vom 21. Februar 2001, Zl. 2000/12/0216, mit dem der über die Frage der ungerechtfertigten Abwesenheit des Beschwerdeführers vom Dienst in der Zeit vom 26. August bis 24. September 1998 ergangene Bescheid des Berufungssenates wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben wurde).

Hinsichtlich des Tätigkeitsbereiches des Beschwerdeführers in der Finanzabteilung des GZW findet sich bei den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens eine Stellungnahme der Dienststelle des Beschwerdeführers vom 19. November 1998 (Anm.: darauf nimmt die belangte Behörde in der zusammenfassenden Begründung des angefochtenen Bescheides ausdrücklich Bezug). Dieser Stellungnahme ist im Wesentlichen zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer "nicht in komplexere Tätigkeitsbereiche" habe eingeschult werden können. Er sei mit einfacheren Tätigkeiten wie z.B. der Mithilfe bei den Quartalsabrechnungen der Ambulanzgebühren u.a. - ohne besonderen Zeitdruck - betraut worden. Demnach habe er einen ruhigen Arbeitsplatz ohne besondere Belastungen inne gehabt. Trotz seines Bemühens sei aber sein Arbeitstempo zu langsam gewesen und habe er öfters längere Pausen benötigt. Ungeachtet der Einfachheit der Aufgabenstellung sei eine Leistungssteigerung bei ihm nicht zu erwarten; seine Leistungsfähigkeit entspreche nicht den Anforderungen an einen Beamten der Verwendungsgruppe C. Da "laut amtsärztlicher Untersuchungsstelle eine Besserung seines Gesundheitszustandes unwahrscheinlich" sei, könne eine weitere Verwendung des Beschwerdeführers in der Finanzabteilung nicht in Betracht gezogen werden.

Einem weiteren Schreiben des Verwaltungsdirektors seiner Dienststelle vom 12. August 1999 ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer ab Mitte 1997 auf dem Posten des Leiters der Kostenrechnung geführt worden sei. In wenigen Tagen seiner Anwesenheit sei er unter Berücksichtigung der Einschränkungen auf Grund der amtsärztlichen Gutachten und im Hinblick auf die in Aussicht gestellte Besserung seines Gesundheitszustandes in Teilbereiche eingeschult worden. Bei einer Besserung seines Gesundheitszustandes wären ihm sukzessive alle Agenden des Leiters der Kostenrechnung übertragen worden. Es liege der Direktion aber nun ein amtsärztliches Gutachten vom 11. August 1999 vor, in dem angeführt werde, dass eine Besserung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers unwahrscheinlich sei. Eine entsprechende Einsatzmöglichkeit in der Dienststelle für den Beschwerdeführer sei daher nicht mehr gegeben.

Auf Grund eines Ersuchens seiner Dienststelle wurde der Beschwerdeführer am 19. Mai 2000, und zwar unter Bezugnahme auf § 31 DO 1994 "Abwesenheit vom Dienst", neuerlich amtsärztlich begutachtet. Dieses Gutachten, auf das die belangte Behörde in der zusammenfassenden Begründung des angefochtenen Bescheides ausdrücklich Bezug nimmt, führt nach Darstellung der (aktuellen) Anamnese, des (lokalen) Befundes und der dem Beschwerdeführer verordneten Medikamente weiter aus:

"Diagnose (in deutscher Sprache):

derzeit Racheninfekt

Panikattaken bei ängstlich vermeidender Persönlichkeitsstörung

Somatisierungsneigung

chronische Lungenerkrankung (Asthma bronchiale)

behandelter Bluthochdruck (Hypertonie)

Zusammenfassung und Stellungnahme:

Herr Kwet befindet sich nach Dienstantritt am 15.5.2000 seit 17.5.2000 neuerlich in Krankenstand. An Beschwerden werden Halsschmerzen und eine Verschlechterung der Atembeschwerden bei bekanntem Asthma bronchiale angegeben. Bei der klinischen Untersuchung am 19.5.2000 ist eine deutliche Rötung der Rachenschleimhaut nachweisbar. Auch besteht fallweise ein trockener Hustenreiz. Herr Kwet ist auf Grund des vorliegenden Infektes derzeit nicht einsetzbar. Mit Wiedererlangung einer Einsetzbarkeit entsprechend folgendem Leistungskalkül ist voraussichtlich ab 29.5.2000 zu rechnen."

Diesem amtsärztlichen Gutachten ist eine durch Ankreuzen vorgenommene "Beurteilung" der vom Beschwerdeführer "voraussichtlich ab 29. Mai 2000" gegebenen Einsatzmöglichkeit angeschlossen. Die Kategorie "geistiges Leistungsvermögen" ist genauso wie beispielsweise Arbeiten "unt. starker Lärmeineinwirkung" uva nicht angekreuzt. Arbeiten "unter allgemein üblichen Zeitdruck" werden als möglich bezeichnet, die "psychische Belastbarkeit" als "durchschnittlich" und die "körperliche Beanspruchung" als "leicht". "Hebe- und Trageleistungen" kommen demnach "schwer: nicht", "mittelschwer: fallweise" und "leicht:

überwiegend" in Frage. Unter "Arbeitshaltung" wird "sitzen, stehen, gehen" mit "überwiegend", das "über Kopf arbeiten" mit "fallweise" und das "Arbeiten in gebeugter Haltung" mit "nicht" bezeichnet. Als "Arbeitsort" findet sich nur bei "in geschlossenen Räumen" eine Markierung; als "Arbeitsarten" werden "Fein- und Grobarbeiten sowie bildschirmunterstützter Arbeitsplatz" angegeben. Unter "sonstige Bemerkungen" wird der Beschwerdeführer als "derzeit nicht einsetzbar" bezeichnet. Mit Wiedererlangung seiner Einsetzbarkeit sei aber voraussichtlich ab 29. Mai 2000 zu rechnen; eine Besserung seines Gesundheitszustandes sei möglich.

Hiezu wurde dem Beschwerdeführer - wie bereits früher zu anderen amtsärztlichen Gutachten - mit Schreiben des Magistrates (Personalamt) vom 25. Mai 2000 unter Bezug auf das Ruhestandsversetzungsverfahren Parteiengehör binnen einer Woche gegeben. Diese Frist wurde dann auf Ersuchen des Beschwerdeführers bis 21. Juni 2000 erstreckt.

Datiert mit 20. Juni 2000 nahm der Beschwerdeführer unter Bezug auf die amtsärztlichen Gutachten vom 28. März, 11. April, 26. April, 8. Mai und 19. Mai 2000 im Wesentlichen wie folgt Stellung:

Die genannten Gutachten seien von einer falschen Einschätzung vor allem seiner psychischen Befindlichkeit ausgegangen (dies wird unter Bezugnahme auf das vom Beschwerdeführer vorgelegte psychologische Gutachten vom 30. Mai 2000 und das psychiatrische Gutachten vom 7. Juni 2000 näher ausgeführt). In dem genannten psychologischen Gutachten wird als "Zusammenfassung" ausgeführt:

Beim Beschwerdeführer "zeigte sich während der psychologischen Testung eine im Durchschnittsbereich liegende kognitive Leistungsfähigkeit, nur im ZVT zeigte sich eine Verlangsamung der Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit. Im Bezug auf die kognitiven Fähigkeiten wäre der Klient arbeitsfähig.

Aufgrund seiner neurotischen Fixierung bei einer grundsätzlich ängstlichvermeidenden Persönlichkeitsstruktur und der zur Zeit stark mangelnden Urteilsfähigkeit, Reflexionsfähigkeit und der bestehenden gedanklichen Einengung bzw. der fehlenden Behandlungscomplience erscheint mir eine Wiedereingliederung ins Berufsleben als unwahrscheinlich."

Dem genannten psychiatrischen Gutachten ist folgende "ergänzende und abschließende Beurteilung" zu entnehmen:

Der Beschwerdeführer "wurde oftmals einer Begutachtung unterzogen, wobei die amtsärztlichen Untersuchungsergebnisse in ihrem Kalkül, die Arbeitsfähigkeit betreffend, beträchtlich differieren. Ebenso differieren die Ergebnisse meines Gutachtens vom 6.1.99 und die Ergebnisse der zweimaligen Testuntersuchungen von Frau Mag. Kriz mit dem Kalkül von Prof.Dr. Joachim Maly.

Der Grund dafür dürfte wohl in dem Eindruck bestehen, den der kräftige, blühend aussehende Mann bei erstmaliger Begegnung in dem Untersucher erweckt. Man hält ihn für einen typischen Simulanten.

Ich kenne den Betroffenen seit Juli 1998 und habe mit ihm seither mindestens 30 Therapiesitzungen absolviert und konnte daher ein eindrucksvolles Bild seiner Erkrankung gewinnen.

Ich bleibe daher bei meiner Diagnose einer schweren depressiven Angststörung, die natürlich durch die Aufregungen seines nun jahrelangen Kampfes um die Anerkennung seines Leidenszustandes zu tiefst neurotisch fixiert sind.

Aufgrund jahrzehntelanger beruflicher Erfahrung weiß ich, dass diese Leidenszustände nun fast den Stellenwert einer Psychose erreicht haben und durch depressive Maßnahmen nur noch mehr verschlimmert werden und ihn unter Umständen in den Suicid treiben können.

Er ist also mit Sicherheit dauernd arbeitsunfähig."

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Anträge des Beschwerdeführers auf Ruhestandsversetzung vom 20. September 1996 und vom 27. Juli 1998 gemäß § 68 Abs. 1 Z. 2 DO 1994 ab.

Nach umfangreicher Darstellung des Verfahrensablaufes hinsichtlich der "Krankenstandsgeschichte" des Beschwerdeführers vom September 1995 bis zur Bescheiderlassung, der aber weder die Dienststelle des Beschwerdeführers noch Angaben hinsichtlich seiner dortigen Verwendung noch konkrete Feststellungen hinsichtlich des Gesundheitszustandes zu entnehmen sind, führt die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides lediglich Folgendes aus:

"Zusammenfassend ist zu bemerken, dass der Beschwerdeführer nach der Aufstellung des GZW vom 19. November 1998 ausnahmslos zur Verrichtung von Tätigkeiten unter geringem Zeitdruck, mit geringer psychischer Belastung und leichter körperlicher Beanspruchung herangezogen würde. Dieses Anforderungsprofil widerspricht in keinem Fall den in sämtlichen, schon genannten Gutachten angeführten medizinischen Leistungskalkülen des Beschwerdeführers, auch nicht dem im letzten amtsärztlichen Gutachten vom 19. Mai 2000, wonach der Bedienstete unter allgemein üblichem Zeitdruck, mit durchschnittlicher psychischer Belastbarkeit und unter leichter körperlicher Beanspruchung einzusetzen wäre.

Da sich das medizinische Leistungskalkül des Beschwerdeführers seit Juli 1998 nur geringfügig geändert hat, ist der Beschwerdeführer nach wie vor eingeschränkt dienstfähig.

Auf Grund der schlüssigen und widerspruchsfreien Gutachten der MA 15 im Vergleich zum obgenannten Anforderungsprofil der dienstlichen Tätigkeit des Beschwerdeführers sind die Voraussetzungen für eine Versetzung in den Ruhestand gemäß § 68 Abs. 1 Z. 2 DO 1994 nicht gegeben. Die vom Beschwerdeführer übermittelten ärztlichen Befundberichte waren nicht geeignet, die amtsärztlichen Gutachten zu entkräften, da sie nicht schlüssig darzustellen vermochten, ob und wie die beim Beschwerdeführer diagnostizierten Leiden das medizinische Leistungskalkül des Beschwerdeführers beeinträchtigen, sondern lediglich pauschal eine Arbeitsunfähigkeit des Beschwerdeführers ohne Bezug auf seine konkrete dienstliche Tätigkeit als Kanzleibediensteter im GZW feststellten.

Mit Schriftsatz vom 20. Juni 2000 legte der Beschwerdeführer ein psychologisches Gutachten von Frau Mag. Kriz vom 30. Mai 2000 und ein psychiatrisch-neurologisches Gutachten von Herrn Dr. Zgaga vom 07. Juni 2000 vor. Diese Gutachten entsprechen inhaltlich den bereits bisher vom Beschwerdeführer vorgelegten Gutachten und sind somit nicht geeignet, eine Änderung des im amtsärztlichen Gutachten vom 28. März 2000 enthaltenen Leistungskalkül herbeizuführen."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hatte die Akten des Verwaltungsverfahrens bereits im Zusammenhang mit dem unter VwGH Zl. 2000/12/0216 protokollierten Verfahren vorgelegt, sie erstattete im vorliegenden Verfahren aber eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde (unter Berücksichtigung des Aufwandes für die Vorlage der Akten).

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Ruhestandsversetzung gemäß § 68 Abs. 1 Z. 2 DO 1994 wegen Abweisung seiner Anträge vom 20. September 1996 und vom 27. Juli 1998 sowie durch das Fehlen einer entsprechenden Sachverhaltsermittlung, des Parteiengehörs und einer ordnungsgemäßen Bescheidbegründung verletzt.

Im Beschwerdefall ist die Frage der Dienstunfähigkeit des Beschwerdeführers strittig. Die Dienstunfähigkeit des Beamten ist sowohl für eine Ruhestandsversetzung auf Antrag nach § 68 Abs. 1 Z. 2 DO 1994 als auch für eine amtswegige Ruhestandsversetzung nach § 68 Abs. 2 Z. 1 DO 1994 Tatbestandsvoraussetzung.

Nach § 68 Abs. 1 Z. 2 der Dienstordnung 1994 (DO 1994), LGBl. Nr. 56-WV, ist der Beamte auf seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn er dienstunfähig ist und die Wiedererlangung der Dienstfähigkeit ausgeschlossen erscheint. Die Versetzung in den Ruhestand gemäß Abs. 1 Z. 2 wird nach Abs. 7 leg. cit. durch die gemeinderätliche Personalkommission verfügt.

Nach § 19 Abs. 1 erster Satz DO 1994 ist der Beamte im Allgemeinen nur zur Durchführung jener Geschäfte verpflichtet, zu deren Verrichtung er auf Grund seiner Anstellung und des allgemeinen Geschäftskreises seiner Beamtengruppe bestimmt ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 22. November 2000, Zl. 99/12/0303, zu einer amtswegigen Ruhestandsversetzung nach § 68 Abs. 2 Z. 1 DO 1994 ausgeführt:

"Die amtswegige Versetzung eines Beamten in den Ruhestand nach § 68 Abs. 2 Z. 1 DO setzt demnach voraus, dass der Beamte dienstunfähig ist und die Wiedererlangung der Dienstfähigkeit ausgeschlossen erscheint. Die Unfähigkeit eines Beamten, seine dienstlichen Aufgaben ordnungsgemäß zu versehen, kann nicht nur durch körperliche bzw. geistige Gesundheitsstörungen, sondern auch durch habituelle Charaktereigenschaften bedingt sein. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die "Dienstunfähigkeit" ein Rechtsbegriff, dessen Beurteilung der Dienstbehörde insbesondere auf Grund von ärztlichen Sachverständigengutachten obliegt. Der Schluss auf die Dienstunfähigkeit ist aber nicht nur auf Grund ärztlicher Feststellungen, sondern - insbesondere bei habituellen Charaktereigenschaften bzw. bestimmten offenkundigen geistigen Mängeln - auch aus der Art der Dienstleistung selbst zulässig (vgl. in diesem Sinne das hg. Erkenntnis zur Vorgängerbestimmung in der Wiener Dienstordnung 1966 vom 17. Dezember 1990, Slg. 13.343/A).

Daraus folgt für den Beschwerdefall, dass es Aufgabe der Dienstbehörde ist, unter Verwertung eingeholter Sachverständigengutachten bzw. nach Erhebung und Feststellung von wesentlichen Mängeln in der Dienstleistung die Frage der Dienstunfähigkeit unter konkreter Bezugnahme auf die dienstlichen Aufgaben am Arbeitsplatz, aber auch unter Berücksichtigung jener Geschäfte, zu deren Verrichtung der Beamte auf Grund seiner Anstellung und des allgemeinen Geschäftskreises seiner Beamtengruppe (§ 19 Abs. 1 erster Satz DO) verpflichtet ist, zu lösen. Das setzt demnach sowohl ordnungsgemäße Feststellungen zu den Beeinträchtigungen in der Sphäre des Beamten als auch solche Feststellungen zum vorher umschriebenen dienstlichen Aufgabenkreis des Beamten voraus."

Bezogen auf die im vorliegenden Beschwerdefall strittige Frage der Dienstunfähigkeit des Beschwerdeführers hätte die Behörde demnach die Verpflichtung getroffen, in einem ordnungsgemäßen Dienstrechtsverfahren unter Beachtung der Verpflichtung nach § 8 Abs. 1 DVG und unter Mitwirkung des Beschwerdeführers Feststellungen hinsichtlich seines dienstlichen Aufgabenkreises an seinem letzten Arbeitsplatz und hinsichtlich jener Geschäfte, zu deren Verrichtung er im Sinne des § 19 Abs. 1 erster Satz DO 1994 verpflichtet ist, zu treffen. In gleicher Weise hätte die Behörde zweifelsfreie Feststellungen hinsichtlich des unbestritten eingeschränkten Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers unter Einbeziehung seiner psychischen Leiden und unter Berücksichtigung von deren voraussichtlichen Auswirkungen sowohl auf den Dienstbetrieb als auch auf den Leidenszustand des Beschwerdeführers selbst nach einer inhaltlich sachlichen Auseinandersetzung mit den von ihm im Verwaltungsverfahren unter Vorlage von facheinschlägigen Gutachten erhobenen Einwendungen vorzunehmen gehabt. Erst darauf aufbauend wäre die Frage der dauernden Dienstunfähigkeit des Beschwerdeführers im Sinne einer nicht mehr zu erwartenden dienstlichen Einsatzmöglichkeit zu beurteilen gewesen.

Der Beschwerdeführer bringt als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften im Wesentlichen vor, der dem angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegte Sachverhalt bedürfe in wesentlichen Punkten der Ergänzung. Die im angefochtenen Bescheid auf Seite 10 der Begründung zitierte "Aufstellung des GZW vom 19. November 1998" sei ihm überhaupt nicht bekannt. Es habe aber ein Tätigkeitsprofil vom 30. Juli 1999 gegeben (Anm.: vgl. diesbezüglich die Ausführungen im Erkenntnis Zl. 2000/12/0216, S. 25 f), aus dem hervorgehe, dass er die dort beschriebenen Arbeiten erst nach erfolgter Einschulung hätte verrichten können (wird näher ausgeführt).

Bereits mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer eine wesentliche Mangelhaftigkeit des angefochtenen Bescheides auf, die eine inhaltliche Überprüfung des angefochtenen Bescheides auf seine Rechtmäßigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof unmöglich macht. Denn, wie bereits den bisherigen Ausführungen zu entnehmen ist, wäre es Aufgabe der belangten Behörde gewesen, die Rechtsfrage der Dienstunfähigkeit des Beschwerdeführers, und zwar im Vergleich zwischen seinem dienstlichen Aufgabenkreis und seinen unbestritten eingeschränkten Einsatzmöglichkeiten zu lösen. Dieser Vergleich hätte aber hinsichtlich beider Gesichtspunkte zweifelsfreie und in einem ordnungsgemäßen Dienstrechtsverfahren vorgenommene und darauf aufbauend getroffene Sachverhaltsfeststellungen vorausgesetzt. Diesen Anforderungen wird der angefochtene Bescheid aber nicht gerecht. Abgesehen von den im vorher dargelegten Sinne fehlenden Sachverhaltsfeststellungen können die vom Beschwerdeführer vorgelegten Gutachten nicht schon deshalb als inhaltlich unschlüssig abgetan werden, weil sie keinen hinlänglichen Bezug auf die "konkrete dienstliche Tätigkeit" des Beschwerdeführers "als Kanzleibediensteter im GWZ" haben. Es ist der belangten Behörde zwar einzuräumen, dass eine pauschale Angabe "Arbeitsunfähigkeit" - ausgenommen allenfalls bei offenkundig sehr schwer wiegenden Gesundheitsstörungen, zu denen auch psychisch bedingte gehören können - nicht genügt. Daraus allein kann aber noch nicht die Unschlüssigkeit der Gutachten hinsichtlich der angegebenen Gesundheitsstörungen abgeleitet werden. Auch unter Berücksichtigung der anerkannten gesundheitlichen Einschränkungen des Beschwerdeführers kann ein im Sinne des § 68 Abs. 1 Z. 2 DO 1994 für ihn günstigeres Ergebnis im Beschwerdefall nicht von vornherein ausgeschlossen werden.

Da die aufgezeigten Feststellungs- und Begründungsmängel des angefochtenen Bescheides von vornherein dessen Überprüfung auf seine Rechtmäßigkeit verhindern, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 21. März 2001

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte