Normen
FSG 1997 §24 Abs1 Z1;
FSG 1997 §25 Abs1;
FSG 1997 §7 Abs2;
FSG 1997 §7 Abs4;
FSG 1997 §7 Abs5;
StGB §127;
StGB §128 Abs2;
StGB §129 Z1;
StGB §129 Z2;
StGB §130;
StGB §15;
FSG 1997 §24 Abs1 Z1;
FSG 1997 §25 Abs1;
FSG 1997 §7 Abs2;
FSG 1997 §7 Abs4;
FSG 1997 §7 Abs5;
StGB §127;
StGB §128 Abs2;
StGB §129 Z1;
StGB §129 Z2;
StGB §130;
StGB §15;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Landeshauptmann von Oberösterreich entzog dem Beschwerdeführer mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid vom 29. Dezember 1999 gemäß §§ 24 Abs. 1 Z. 1 und 25 Abs. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 2, 4 und 5 des Führerscheingesetzes (FSG) die Lenkberechtigung für die Klassen A, B, C, E, F und G für die Dauer von vier Jahren, gerechnet ab 4. März 1999 (dem Zeitpunkt der Zustellung des Mandatsbescheides), wobei Haftzeiten in die Entziehungsdauer nicht einzurechnen seien. In der Begründung führte der Landeshauptmann von Oberösterreich im Wesentlichen aus, nach der Aktenlage sei der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichts Ried im Innkreis vom 10. Juni 1999 wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren und gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs. 2, 129 Z. 1 und 2, 130 und § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt worden, wobei ein Teil der Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen worden sei. Das Oberlandesgericht Linz habe mit Urteil vom 27. September 1999 dieses Urteil bestätigt bzw. der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers nicht Folge gegeben. Grund für die Verurteilung sei gewesen, dass der Beschwerdeführer in ca. 80 Angriffen einen Schadensbetrag von ca. 2,9 Mio S verursacht habe. Er sei zu beinahe allen diesen Einbrüchen mit seinem Pkw gefahren und habe die durch die Einbrüche erbeuteten Gegenstände mit demselben abtransportiert. Er habe bei nahezu all diesen Verbrechen von seinem Führerschein Gebrauch gemacht. Laut dem strafgerichtlichen Urteil weise der Beschwerdeführer eine einschlägige gerichtliche Vorstrafe auf, so sei er mit Urteil des Landesgerichtes Ried vom 8. September 1995 wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Monaten verurteilt worden. Der Landeshauptmann als Entziehungsbehörde sei an rechtskräftige Entscheidungen der Gerichte gebunden. Im Hinblick auf die große Zahl der Tathandlungen, jeweils unter Verwendung eines Pkw, liege jedenfalls eine bestimmte Tatsache im Sinn des § 7 Abs. 4 FSG vor. Überdies sei der Beschwerdeführer als Wiederholungstäter anzusehen. Das Ausmaß der vom Strafgericht verhängten Strafe sei für die Bemessung der Entzugsdauer nicht maßgebend, weil die Kraftfahrbehörden bei der Beurteilung einer Person als verkehrsunzuverlässig und bei der Prognose hinsichtlich der Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit von wesentlich anderen Kriterien auszugehen hätten als das Strafgericht bei Bemessung seiner Strafe. Zur Bemessung der Entziehungsdauer werde auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. Oktober 1985, Zl. 85/11/0106, verwiesen. In diesem Fall sei der Beschwerdeführer zum ersten Mal gerichtlich straffällig geworden, die Verurteilung sei allerdings wegen 52 verschiedener Einzelhandlungen (Einbruchsdiebstähle) erfolgt. Der Verwaltungsgerichtshof habe in diesem Fall eine Entziehungsdauer von vier Jahren als rechtmäßig befunden. Im Hinblick auf den Umstand, dass der Beschwerdeführer in einem Zeitraum von etwas mehr als dreieinhalb Jahren sogar 80 Einbruchsdiebstähle begangen und dabei eine Schadenssumme von 2,9 Mio S verursacht habe und darüber hinaus auch noch eine einschlägige gerichtliche Vorstrafe aufweise, sei daher zumindest eine gleich lange Entziehungsdauer (vier Jahre) festzusetzen gewesen. Die Rechtslage habe sich hinsichtlich der Beurteilung der Verkehrs(un)zuverlässigkeit von Personen durch die Erlassung des FSG nicht geändert, weshalb sehr wohl das zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes herangezogen werden könne.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des FSG lauten (auszugsweise):
"§ 7.
...
(2) Als nicht verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 4) und ihrer Wertung (Abs. 5) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart sich weiterer schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird, die durch das Lenken von Kraftfahrzeugen erleichtert werden.
...
(5) Für die Wertung der in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.
...
§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit
1. die Lenkberechtigung zu entziehen. ...
...
§ 25. (1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.
..."
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die Feststellungen der belangten Behörde zu seiner rechtskräftigen Verurteilung wegen der Delikte nach den §§ 127, 128 Abs. 2, 129 Z. 1 und 2, 130 und § 15 StGB. Nach der Aktenlage handelte es sich dabei um strafbare Handlungen in der Zeit zwischen März 1995 und Ende November 1998.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes können auch Diebstähle bei Zusammentreffen mit anderen strafbaren Taten oder besonders gelagerte schwere Diebstähle (insbesondere Einbruchsdiebstähle) die Annahme der Gleichwertigkeit mit dem in § 7 Abs. 4 FSG beispielsweise aufzählten Straftaten rechtfertigen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 14. März 2000, Zl. 99/11/0355 mwN). Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung hat die belangte Behörde zu Recht in der Gesamtheit der vom Beschwerdeführer (gehäuft) begangenen strafbaren Handlungen eine bestimmte Tatsache gemäß § 7 Abs. 2 FSG erblickt.
Angesichts der außerordentlich großen Zahl von Tathandlungen über einen Zeitraum von mehreren Jahren sowie des Umstands, dass es ungeachtet einer früheren strafgerichtlichen Verurteilung erneut zu einem schwer wiegenden länger dauernden Fehlverhalten des Beschwerdeführers gekommen ist, hegt der Verwaltungsgerichtshof keinerlei Zweifel an der Richtigkeit der dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Rechtsansicht der belangten Behörde, auf Grund der Wertung im Sinne des § 7 Abs. 5 FSG sei - und zwar auch noch im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides - von einer Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers auszugehen.
Dennoch ist der Beschwerde Erfolg beschieden.
Da die belangte Behörde die Lenkberechtigung des Beschwerdeführers für einen Zeitraum von vier Jahren ab 4. März 1999 entzogen hat und nach der Aktenlage die letzte Tathandlung am 21. November 1998 stattgefunden hat, legt sie dem angefochtenen Bescheid die Annahme einer Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers von wenigstens vier Jahren und dreieinhalb Monaten zu Grunde. Sie stützt sich bei ihrer Begründung auf ein früheres Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (vom 2. Oktober 1985, Zl. 85/11/0106), welches zur Rechtslage nach dem KFG 1967 ergangen ist.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag die im zitierten Erkenntnis aus 1985 vertretene Rechtsauffassung, wonach bei einer sehr großen Zahl von Einbruchdiebstählen selbst bei früherer Unbescholtenheit des Betreffenden eine Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit von vier Jahren gerechtfertigt sei, auf der Grundlage des FSG nicht aufrecht zu erhalten. Es trifft zweifellos zu, dass der Beschwerdeführer, der bereits früher wegen eines Einbruchdiebstahles verurteilt worden war, ein Verhalten von beträchtlicher Verwerflichkeit zu verantworten hat. Es trifft weiters zu, dass der Verwaltungsgerichtshof in seiner bisherigen Judikatur zum Ausdruck gebracht hat, dass die Strafbemessungsüberlegungen des Strafgerichts nicht ohne weiteres auf die Überlegungen der Kraftfahrbehörde bei der Bemessung der Entziehungszeit zu übertragen sind, weil bei der Entziehung der Lenkberechtigung - verstanden als administrative Maßnahme und nicht als Nebenstrafe - andere Kriterien im Vordergrund stehen. Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Strafbemessungsüberlegungen des Strafgerichts gänzlich außer Betracht bleiben könnten. Trotz der enormen Zahl der dem Beschwerdeführer zur Last fallenden Tathandlungen und seines Rückfalls war das Strafgericht zur Auffassung gelangt, dass mit einer teilbedingten Strafe das Auslangen gefunden werden könnte, wobei zwei Drittel der verhängten Freiheitsstrafe bedingt unter Bestimmung einer Probezeit nachzusehen gewesen seien. Im Hinblick auf diese für den Beschwerdeführer günstige Prognose bedürfte es im Entziehungsverfahren näherer Feststellungen über besondere Umstände des Einzelfalles, die den Rückschluss auf eine derart lange Zeit der Verkehrsunzuverlässigkeit im Sinne des § 7 Abs. 2 FSG zuließen, wie sie von der belangten Behörde angenommen wurde. Da die belangte Behörde, diesbezüglich in Verkennung der Rechtslage, keine Umstände festgestellt hat, die im Beschwerdefall die Annahme einer derart langen Zeit der Verkehrsunzuverlässigkeit erfordert hätten, hätte sie auf der Basis der von ihr getroffenen Feststellungen mit einer deutlich kürzeren Entziehungsdauer das Auslangen finden müssen.
Der angefochtene Bescheid war aus diesen Erwägungen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 23. Oktober 2001
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