VwGH 2000/03/0376

VwGH2000/03/037628.2.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hohenecker, über die Beschwerde des W S in V, vertreten durch Dr. Anton Gradischnig, Dr. Peter Gradischnig, Dr. Gerhard Gradischnig und Dr. Margit Niederleitner-Gradischnig, Rechtsanwälte in 9500 Villach, Moritschstraße 7, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 7. November 2000, Zl. KUVS-K2-1047/4/00, betreffend Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §5 Abs2;
VStG §6;
StVO 1960 §5 Abs2;
VStG §6;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 7. November 2000 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe sich am 24. Juni 2000 um 18. 30 Uhr auf dem Gendarmerieposten Velden/Wörthersee trotz Aufforderung eines besonderes geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organes der Straßenaufsicht geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl vermutet habe werden können, dass er sich beim Lenken eines nach dem Kennzeichen bestimmten Kraftfahrzeuges am 24. Juni 2000 um 17.30 Uhr an einer näher bezeichneten Örtlichkeit in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO 1960 begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 17.000,-- (und eine Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafakten vor und beantragt in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde ging in der Begründung des angefochtenen Bescheides hinsichtlich der Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 davon aus, dass beim Beschwerdeführer anlässlich einer Amtshandlung Alkoholisierungssymptome wie insbesondere Alkoholgehalt der Atemluft und ein schwankender Gang festgestellt worden seien, weshalb er von einem hiezu ermächtigten Straßenaufsichtsorgan zur Durchführung einer Atemalkoholuntersuchung aufgefordert worden sei. Nach vorangegangener Belehrung durch den Beamten habe der Beschwerdeführer fünf Blasversuche unternommen, wobei er jedoch jeweils am Mundstück des Alkomaten nur "gelutscht" und nur leicht hineingehaucht habe, sodass keine Registrierung durch den Alkomaten erfolgt und auch kein Messstreifen ausgedruckt worden sei. Vom Beschwerdeführer sei ein medizinischer Hinderungsgrund im Rahmen der Amtshandlung nicht geltend gemacht worden, obwohl er von den Beamten ausdrücklich danach befragt worden sei. In der Beweiswürdigung wog die belangte Behörde die Angaben des Beschwerdeführers, der im Verwaltungsverfahren behauptet hatte, dass er auf Grund eines Leistenbruches Schmerzen gehabt habe und deshalb keine gültigen Blasversuche zu Stande gebracht habe einerseits und die Aussagen der amtshandelnden Beamten andererseits gegeneinander ab und folgte den Aussagen Letzterer, wonach der Beschwerdeführer ihnen gegenüber keinen Einwand erhoben habe, ihm sei auf Grund eines Leistenbruchs bzw. davon herrührender Schmerzen die Durchführung des Alkomattests nicht möglich, und auch sie selbst hätten keine Anzeichen eines Hinderungsgrundes feststellen können.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er vor dem Lenken des Kraftfahrzeuges Alkohol zu sich genommen habe und bestreitet auch nicht, Alkoholisierungssymptome aufgewiesen zu haben, er macht jedoch geltend, er habe sich zum Tatzeitpunkt auf Grund des Leistenbruchs, der bei ihm bei starker Anstrengung und starkem Blasen solche Schmerzen verursacht habe, dass er ein starkes Blasen unterlassen habe, und es habe die Gefahr bestanden, dass er noch schwereren gesundheitlichen Schaden erleidet, in einer Notstandssituation befunden. Die belangte Behörde hätte ein Sachverständigengutachten zur Untermauerung seiner Behauptungen einholen und prüfen müssen, ob er an einem akuten Leistenbruch, wie behauptet, gelitten habe.

Der Beschwerdeführer bestreitet die Feststellung der belangten Behörde, er habe bei den ihm eingeräumten Blasversuchen in das Mundstück des Alkomaten nur leicht hineingehaucht und am Mundstück des Alkomaten nur "gelutscht" nicht. Er bestreitet auch die Feststellung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, er habe den amtshandelnden Beamten einen medizinischen Hinderungsgrund nicht genannt, nicht.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat (vgl. schon das hg. Erkenntnis vom 30. April 1992, Zl. 92/02/0149, mit weiterem Hinweis) ist einem geschulten Organ der Straßenaufsicht die einwandfreie Beurteilung der Frage, wieso bei der Alkomatuntersuchung kein brauchbares Ergebnis zu Stande gekommen ist, zuzumuten. Gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde, die wie dargestellt den Aussagen der amtshandelnden Beamten folgte, vermag der Beschwerdeführer keine Gründe vorzutragen, die sie als unschlüssig erkennen ließen. Es kann daher keine Rechtswidrigkeit darin erblickt werden, wenn die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid die Auffassung der Erstbehörde, die die Verantwortung des Beschwerdeführers als Schutzbehauptung gewertet hatte, gebilligt hat, würde es doch jeder Lebenserfahrung widersprechen, wenn ein zu einer Alkomatuntersuchung verpflichteter Fahrzeuglenker einen möglichen Grund für die Unmöglichkeit des Zustandekommens eines Untersuchungsergebnisses - im Beschwerdefall auf Grund von Schmerzen infolge eines erlittenen Leistenbruchs - nicht unverzüglich vorbringen würde (vgl auch das hg. Erkenntnis vom 13. September 1991, Zl. 91/18/0077).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 2000, Zl. 99/02/0374, mit weiterem Nachweis) wären die eingeschrittenen Beamten gar nicht verpflichtet gewesen, den Beschwerdeführer darüber zu befragen, ob er zur Durchführung eines gültigen Alkomattests gesundheitlich in der Lage sei (was im vorliegenden Fall die Beamten jedoch ohnehin, wie sich auch aus dem Inhalt der Verwaltungsakten entnehmen lässt, taten). Insoweit der Beschwerdeführer Notstand geltend macht, ist ihm Folgendes zu entgegnen: Zum Wesen des Notstandes gehört es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 19. Februar 1987, Zl. 86/02/0177, und vom 16. April 1997, Zl. 96/03/0334), dass die Gefahr zumutbarerweise nicht in anderer Art als durch die Begehung der objektiv strafbaren Handlung zu beheben ist. Diese Voraussetzung trifft jedoch im Beschwerdefall nicht zu. Dem Beschwerdeführer wäre es nämlich frei gestanden, schon an Ort und Stelle auf seinen Leidenszustand hinzuweisen, womit die Organe der Straßenaufsicht in die Lage versetzt worden wären, den Beschwerdeführer allenfalls zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden oder bei einer Bundespolizeibehörde tätigen Arzt zu bringen. Auf diese dem Beschwerdeführer durchaus zumutbare Weise hätten die ihm bei Durchführung der Atemluftuntersuchung - wie er behauptet - drohenden Schmerzen oder eine Verschlechterung des Leidenszustandes abgewendet werden können. Der Beschwerdeführer kann sich daher nicht auf strafbefreienden Notstand berufen.

Schließlich lässt auch die vom Beschwerdeführer vorgelegte Aufenthaltsbestätigung des Landeskrankenhauses Villach vom 10. Juli 2000 für seinen Standpunkt nichts gewinnen, denn sie dokumentiert zwar einen stationären Aufenthalt des Beschwerdeführers vom 3. Juli 2000 bis 10. Juli 2000 in der genannten Krankenanstalt, lässt aber keine Rückschlüsse auf akute Schmerzen zum Tatzeitpunkt zu. Aus den genannten Erwägungen kann es auch nicht als relevanter Verfahrensmangel angesehen werden, wenn die belangte Behörde dem Antrag des Beschwerdeführers auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den im Verwaltungsstrafverfahren genannten Thema, dass es "mit einem akuten Leistenbruch nicht möglich ist, einen ordentlichen Alkomatentest hinsichtlich der Dauer und des Volumens zu machen" nicht Folge leistete.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 28. Februar 2001

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