Normen
AVG §59 Abs2;
StVO 1960 §100 Abs4;
StVO 1960 §93 Abs1;
AVG §59 Abs2;
StVO 1960 §100 Abs4;
StVO 1960 §93 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Mandatsbescheid vom 22. Dezember 1999 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 100 Abs. 4 StVO 1960 in Verbindung mit § 93 Abs. 1 leg. cit. und § 57 Abs. 1 AVG der Auftrag erteilt, "unverzüglich, längstens jedoch bis zum Ablauf des der Zustellung dieses Bescheides folgenden Tages" (dieser Bescheid wurde vom Beschwerdeführer am 22. Dezember 1999 persönlich übernommen) dafür zu sorgen, den entlang seiner näher bezeichneten Liegenschaft in einer Entfernung von nicht mehr als drei Metern vorhandenen, dem öffentlichen Verkehr dienenden Gehsteig von Schnee zu säubern und bei Schnee und Glatteis zu bestreuen.
Auf Grund der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Vorstellung erging in dem folgenden Verwaltungsverfahren letztlich mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid gegenüber dem Beschwerdeführer mit Ausnahme der Zitierung von § 57 Abs. 1 AVG ein inhaltsgleicher Auftrag.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 93 Abs. 1 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), BGBl. Nr. 159, in der Fassung BGBl. I Nr. 92/1998, haben die Eigentümer von Liegenschaften in Ortsgebieten, ausgenommen die Eigentümer von unverbauten, land- und forstwirtschaftlich genutzten Liegenschaften, dafür zu sorgen, dass die entlang der Liegenschaft in einer Entfernung von nicht mehr als 3 m vorhandenen, dem öffentlichen Verkehr dienenden Gehsteige und Gehwege einschließlich der in ihrem Zuge befindlichen Stiegenanlagen entlang der ganzen Liegenschaft in der Zeit von 6 bis 22 Uhr von Schnee und Verunreinigungen gesäubert sowie bei Schnee und Glatteis bestreut sind. Ist ein Gehsteig (Gehweg) nicht vorhanden, so ist der Straßenrand in der Breite von 1 m zu säubern und zu bestreuen. Die gleiche Verpflichtung trifft die Eigentümer von Verkaufshütten.
Gemäß § 100 Abs. 4 StVO 1960 in der Stammfassung steht die Bestrafung einer Übertretung nach § 99 der Erlassung und Vollstreckung eines Bescheides, womit der Auftrag erteilt wird, einen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes zuwiderlaufenden Tatbestand zu beseitigen, nicht entgegen.
Der Beschwerdeführer rügt zunächst, die belangte Behörde sei nicht ermächtigt, ihm einen Auftrag in Bescheidform zu erteilen, dass er für die erforderliche Winterdienstbetreuung Sorge zu tragen habe. Die Bestimmung des § 100 Abs. 4 StVO 1960 biete keine ausreichende gesetzliche Grundlage für einen derartigen Auftrag.
§ 100 Abs. 4 StVO 1960 stelle lediglich klar, dass die verwaltungsrechtliche Bestrafung eines Verhaltens oder eines Unterlassens keinen Hinderungsgrund dafür darstelle, daneben auch verwaltungsrechtliche Aufträge in Bescheidform zu erlassen sowie zu vollstrecken. Dies sei jedoch in Entsprechung des Art. 18 B-VG nur auf Grundlage einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung (wie in § 35 oder 84 StVO 1960) zulässig. Würde man der Bestimmung des § 100 Abs. 4 StVO 1960 den Sinn beimessen, dass sie eine generelle Norm zur Erlassung von behördlichen Aufträgen darstelle, so wäre die diesbezüglich ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung in den genannten Paragraphen überflüssig bzw. unsinnig.
Im Ergebnis ist dem Beschwerdeführer - wie im Folgenden dargelegt wird -Recht zu geben, dass der verfahrensgegenständliche Auftrag in § 100 Abs. 4 StVO 1960 keine Deckung findet. § 100 Abs. 4 StVO 1960 bietet zwar - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - in Verbindung mit dem jeweiligen, den Vorschriften dieses Bundesgesetzes zuwiderlaufenden Tatbestand die Grundlage für die Erteilung eines Auftrages zur Beseitigung dieses Tatbestandes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. März 1983, Zlen. 82/03/0248, 0249, in dem § 91 Abs. 3 leg. cit. als Grundlage eines solchen Auftrages diente). Im vorliegenden Fall bezog sich der mit dem angefochtenen Bescheid durch dessen Zustellung am 13. April 2000 erlassene Auftrag im Sinne des § 93 Abs. 1 StVO darauf, den Gehsteig entlang des näher bezeichneten Grundstückes des Beschwerdeführers längstens bis 23. Dezember 1999 in einem bestimmten Umfang von Schnee und Verunreinigungen zu säubern sowie diesen bei Schnee und Glatteis zu bestreuen. Ein Beseitigungsauftrag gemäß § 100 Abs. 4 StVO setzt aber auch immer voraus, dass der zu beseitigende Tatbestand im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides noch besteht. Dies bedeutet für den Beschwerdefall, dass zu dem Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides entlang des Grundstückes des Beschwerdeführers noch Schnee gewesen sein müsste. Hiefür fehlen im vorliegenden Verwaltungsverfahren jegliche Feststellungen. Die belangte Behörde hat vielmehr den Auftrag gesetzwidrigerweise auf den bereits im Mandatsbescheid angeführten Zeitpunkt im Dezember 1999 bezogen.
§ 100 Abs. 4 StVO stellt aber auch keine gesetzliche Grundlage für die Auferlegung einer über die Beseitigung eines aktuellen Tatbestandes hinausgehenden Verpflichtung (wie einer allgemeinen Schneeräumungs- und Bestreuungspflicht, wie die belangte Behörde den Spruch gemäß ihrer Begründung im angefochtenen Bescheid offenbar verstanden wissen wollte) dar (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1999, Zl. 98/03/0335).
Im Übrigen ist die im angefochtenen Bescheid bestimmte Leistungsfrist ("unverzüglich, längstens bis zu" dem - im Zeitpunkt der Erlassung des Auftrages durch die belangte Behörde - bereits vergangenen 23. Dezember 1999) in sich widersprüchlich und widerspricht deshalb dem § 59 Abs. 2 AVG.
Der angefochtene Bescheid war daher aus den dargelegten Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Auf das weitere Beschwerdevorbringen brauchte nicht mehr eingegangen zu werden.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da in den in der angeführten Verordnungen vorgesehenen Pauschalbeträgen für Schriftsatzaufwand die Umsatzsteuer mitumfasst ist.
Wien, am 10. Oktober 2001
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)