VwGH 99/18/0027

VwGH99/18/002727.6.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag.iur. Mag.(FH) Schärf, über die Beschwerde der NM, (geb. 16.8.1966), vertreten durch Mag. Georg Bürstmayr, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stubenring 2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 23. Dezember 1998, Zl. SD 621/98, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §10 Abs2 Z1;
FrG 1997 §8 Abs1;
FrG 1997 §10 Abs2 Z1;
FrG 1997 §8 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 23. Dezember 1998 wurde gegen die Beschwerdeführerin, eine ukrainische Staatsangehörige, gemäß § 36 Abs. 1 Z. 1 und 2 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.

Die Beschwerdeführerin, die ein Stipendium für zwei Monate erhalten habe, sei im Mai 1995 mit einem zu diesem Zweck erteilten, bis Ende 1995 gültig gewesenen, Sichtvermerk der österreichischen Botschaft in Kiew, nach Österreich eingereist. Kurz vor Ablauf des Sichtvermerkes habe sie einen Verlängerungsantrag mit der Begründung gestellt, dass sie einen Aufenthalt aus Eigenmitteln weiter finanzieren wollte. Dieser Antrag sei vom Landeshauptmann von Wien mit Bescheid vom 29. September 1995 abgewiesen worden, weil er nicht vom Ausland aus gestellt worden sei. Die Beschwerdeführerin habe ihren Zweitwohnsitz in Wien beibehalten, im Oktober 1995 habe sie auf Grund ihrer Zulassung zum Medizinstudium von der österreichischen Botschaft in Kiew einen Sichtvermerk bis April 1996 erhalten, in der Folge habe sie dann Aufenthaltsbewilligungen bis Februar 1998 erhalten. Derzeit verfüge sie über eine Aufenthaltserlaubnis mit dem Aufenthaltszweck "Studium" bis April 1999.

Mitte April 1998 sei festgestellt worden, dass das ukrainische Reisebüro SANDRA für ukrainische Staatsangehörige in Wien Hotelzimmer reserviert habe und diese dann nicht bezogen worden seien.

Am 2. April 1998 habe die Beschwerdeführerin, die sich "Natalie" genannt habe, für eine Personengruppe in einem Wiener Hotel eine Unterkunft reserviert und eine Anzahlung für die erste Nacht geleistet. Zwei Tage später habe sie eine weitere Anzahlung geleistet, und zwar für insgesamt fünf Nächte "(d.h. die Hälfte der Zeit)" mit der Begründung, dass die österreichische Botschaft in Kiew dies "für bei der Erteilung des Visums verlange". Am 16. April 1998 (einen Tag, nachdem die Unterkunft hätte bezogen werden sollen) habe sie die Reservierung storniert und erklärt, dass die Reisegruppe nicht im Hotel Unterkunft nehmen, sondern gleich nach Italien weiterfahren würde. Sie habe dies nicht mit ihrem eigenen, sondern mit dem Namen "JEREMA JAROSLAVA", einer Angestellten des Reisebüros SANDRA in Kiew, unterfertigt. Der Differenzbetrag zwischen Anzahlung und Stornogebühr (vier Nächte pro Person) seien rückvergütet worden. Die Beschwerdeführerin habe erklärt, für zwei Wochen in ihre Heimat zu fahren; im Mai wäre eine neue Reisegruppe vorzumerken und derselbe Vorgangsmodus einzuhalten. Zu diesem Zeitpunkt sei die Polizei eingeschaltet worden.

Bemerkt werden dürfe, dass "eine der Reiseteilnehmer" ein Einreise- und Aufenthaltsverbot Italiens für das Schengen-Gebiet - ausgenommen bei Vorhandensein eines gültigen Titels eines Schengen-Staates - gehabt habe.

Am 25. April 1998 habe die Beschwerdeführerin über ein in "Lvov (Lemberg)" etabliertes Reisebüro BOLERO einen Fax-Auftrag mit demselben Reservierungsmodus geschickt. Die österreichische Botschaft in Kiew sollte aber von der Stornierung nicht in Kenntnis gesetzt werden. Dementsprechend seien dann auch eine am selben Tag ausgestellte Rechnung über den Gesamtbetrag, sowie eine Bestätigung einer Anzahlung über 50 Prozent und auch ein mit 6. Mai 1998 datiertes Schreiben über die Stornierung des Aufenthaltes und die Rückerstattung der Differenz zwischen Auszahlung und Stornogebühr (vier Fünftel der Anzahlung) dem Reisebüro BOLERO übermittelt worden.

Am 11. Mai 1998 sei wieder eine Reservierung persönlich durch die Beschwerdeführerin erfolgt, wobei sie sofort das Datum der Stornierung festgelegt habe. Es sei nur die Stornogebühr (für einen Tag) bezahlt worden, wohl aber seien auf der Rechnung für die Gesamtzeit die Anzahlung von 50 Prozent (fünf Tage) und mit dem Datum der Stornierung die Rückvergütung der Differenz bestätigt worden.

Am 16. Mai 1998 habe die Beschwerdeführerin telefonisch aus Cannes eine Reservierung für mehrere Gruppen für die Zeit ab dem 23. Mai gemacht, sei am 19. Mai erschienen und habe die Stornierung nach demselben Modus unterfertigt. Dabei habe sie erklärt, dass in Hinkunft Reservierungen nicht für zehn Tage, sondern für vier Wochen erfolgen würden, weil die Reisegruppen gleich nach Frankreich weiterfahren würden. Eine weitere derartige Reservierung sei durch die Beschwerdeführerin am 25. Mai 1998 erfolgt. Bei dieser Gelegenheit habe sie erklärt, dass mit solchen Reservierungen nicht sie allein, sondern mehr als zwanzig Personen befasst wären; sie würde für jede Reservierung S 10,-- erhalten. Außerdem habe sie erklärt, dass sie ihren Sohn nach Wien holen würde, und dass sie ihre beste Freundin als Kindermädchen für ihren Sohn nach Wien bringen wollte. Sie bräuchte daher eine Einladung des Hotelpächters für ihre Freundin. Außerdem habe ermittelt werden können, dass die Beschwerdeführerin auch die Absicht gehabt habe, ihre Mutter nach Österreich zu bringen.

Auch wenn ein Zusammenhang mit den Aktivitäten der Beschwerdeführerin nicht erkennbar sei, solle dennoch nicht unbemerkt bleiben, dass am 30. Mai 1998 und am 5. Juni 1998 ein näher genannter ukrainischer Staatsbürger in dem besagten Hotel abgestiegen sei und erklärt habe, dass demnächst zwei andere ukrainische Staatsbürger mit diesem Hotel Kontakt aufnehmen würden, die ebenfalls solche Reservierungsbestätigungen benötigten. Dazwischen sei der Genannte in Berlin gewesen und habe von dort ebenfalls (mit Fax) Reservierungsbestätigungen gewünscht, was jedoch abgelehnt worden sei.

Am 3. Juni 1998 seien in gleicher Weise Reservierungen für das Reisebüro BOLERO vorgenommen worden.

Am 7. Juni 1998 seien von der Beschwerdeführerin Reservierungen für ein Reisebüro in Odessa vorgenommen worden. Dabei habe die Beschwerdeführerin verlangt, dass bei einem zu erwartenden Anruf der österreichischen Botschaft die tatsächliche Unterkunftnahme bestätigt werden sollte.

Am 9. Juni 1998 hätte eine Vernehmung der Beschwerdeführerin stattfinden sollen, doch sei diese abgebrochen worden, weil sie ihr Kind bei sich gehabt habe und die Vernehmung nicht durchführbar gewesen sei.

Eine weitere Reservierung durch die Beschwerdeführerin sei am 14. Juni 1998, und zwar wieder für das Reisebüro in Odessa, erfolgt.

Die Beschwerdeführerin habe sich schließlich zu dieser Vorgangsweise damit verantwortet, dass die Reisebüroangestellte in der Ukraine eine gute Freundin von ihr wäre, die sie um die Erkundung von Hotel- und Einkaufsmöglichkeiten in Wien ersucht hätte. Sie hätte die erste Reisegruppe auch zu einem näher genannten Hotel gebracht, doch hätte diese Reisegruppe dort nicht Unterkunft genommen und wäre sofort weitergefahren, und sie hätte den Betrag abzüglich Storno zurückerhalten. Sie hätte daraufhin ihre Freundin dazu befragt und diese hätte ihr versichert, dass dies ein üblicher Vorgang wäre und dass der Zweck der Reisen Einkaufsfahrten nach Italien wären. Die Ausstellung italienischer Visa dauerte nämlich sechs bis acht Wochen. Dies hätte sie aber erst von ihrer Freundin vor kurzem erfahren. Die Reisegruppen wären dann gar nicht mehr ins Hotel gekommen. Es hätte sich um einen Freundschaftsdienst gehandelt, sie hätte kein Geld bekommen.

In ihrer Berufung habe die Beschwerdeführerin ausgeführt, es wäre ein völlig legaler Vorgang, wenn Drittstaatsangehörige ein Schengen-Visum eines Schengen-Staates erlangten und damit im Schengen-Raum - welchen Schengen-Staat auch immer - bereisten. Man könnte ihr nur anlasten, einen völlig legalen Vorgang beschleunigt haben zu wollen. Selbst wenn dies rechtswidrig wäre, wäre dies selbst für Organe der Fremdenpolizei zunächst nicht erkennbar gewesen und ihr Verschulden daher so gering, dass ihr Aufenthalt nicht die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährden würde, sodass eine positive Zukunftsprognose zu erstellen wäre. Außerdem müsste die Interessenabwägung zu ihren Gunsten ausfallen, weil sie mit einem österreichischen Staatsbürger in Lebensgemeinschaft lebte.

Darüber habe die belangte Behörde Folgendes erwogen: Bei der Beurteilung des maßgeblichen Sachverhaltes werde völlig übersehen, dass Fremde, die vor einer österreichischen Behörde (hier: Vertretungsbehörde) einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels (hier: "Visumsantrag") stellten, in diesem Antrag die von der Behörde verlangten Angaben zu machen hätten. Von der österreichischen Botschaft in Kiew sei von den Antragstellern insbesondere der Nachweis darüber verlangt worden, wo und wie lange sie in Österreich Unterkunft nehmen würden. Um dies sicherzustellen, sei auch ein Nachweis der tatsächlichen Vorauszahlung von 50 Prozent der Unterkunftskosten verlangt worden. Bei dieser Sachlage habe es - vor allem auch den Mitarbeitern des Reisebüros - klar sein müssen, dass die Erlangung eines Reisevisums durch die österreichische Botschaft davon abhängig gewesen sei, ob die Antragsteller nach Österreich reisten und für die angegebene Zeit hier Unterkunft zu nehmen beabsichtigten. Ob die Fremden selbst ein besonderes Verschulden an der Unrichtigkeit der Angaben über den Zielort ihrer Reise treffe, sei nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, doch stehe fest, dass das wahre Verschulden für die Unrichtigkeit der Angaben und dafür, dass für die Fremden unrichtige Nachweise, nämlich Scheinbuchungen, vorgelegt worden seien, bei jenen liege, die im Namen des Reisebüros diese Scheinbuchungen vorgenommen hätten.

Wenn aber ganz konkrete Angaben über Reisezweck und Reiseziel einschließlich der dafür erforderlichen Nachweise verlangt würden und die Erteilung eines Einreisetitels durch eine österreichische Vertretungsbehörde davon abhängig gemacht werde, so gefährde die aktive Mitwirkung anderer Fremder an solchen Malversationen in Bezug auf eine unbestimmte Zahl von Antragstellern in weit größerem Maß die öffentliche Ordnung (d.h. ein geordnetes Fremdenwesen) als allfällige Handlungen einzelner Antragsteller im Sinn des § 36 Abs. 2 Z. 6 FrG.

Entscheidend für die Gefährdung eines geordneten Fremdenwesens sei dabei nicht, ob mit den Täuschungshandlungen ein illegaler Aufenthalt der Antragsteller im Schengen-Gebiet bewirkt worden sei, sondern ob dadurch ein Einreisetitel einer österreichischen Behörde habe erwirkt werden sollen, der sonst nicht erteilt worden wäre. Entscheidend sei demnach auch nicht, ob von den Behörden eines anderen Schengen-Staates ein Einreisetitel mit demselben Berechtigungsumfang hätte erteilt werden können. Damit komme auch dem Argument der Beschwerdeführerin, es hätte sich ja nur um die Beschleunigung eines legalen Vorganges gehandelt, weil die Erteilung eines Einreisetitels durch italienische Behörden länger gedauert hätte bzw. weil deutsche Behörden "genauer" prüften, keine Berechtigung zu. Dass aber ein Einreisetitel im Rahmen des Ermessens von der österreichischen Vertretungsbehörde nicht erteilt worden wäre, sei nicht nur den Reisebüroangestellten in Kiew bekannt gewesen, sondern habe auch der Beschwerdeführerin - die bemerkenswerterweise nicht mit ihrem eigenen Namen unterfertigt habe - spätestens nach der ersten Reisegruppe bekannt sein müssen, und sei ihr offensichtlich auf Grund der von ihr durchzuführenden Prozedur mit den Scheinreservierungen, Scheinzahlungen und Rückvergütungen auch bekannt gewesen. Jedenfalls habe sie nicht annehmen können, dass es sich um eine Vorgangsweise im Einvernehmen mit der österreichischen Botschaft gehandelt habe. Die Beschwerdeführerin habe wissen müssen und habe auch gewusst, dass durch ihren persönlichen Einsatz und ihre Mitwirkung die österreichische Vertretungsbehörde hintergangen und Entscheidungen veranlasst worden seien, die sonst nicht getroffen worden wären. Auf der Grundlage dieses Sachverhalts komme dem Umstand, dass in juristischer Hinsicht erst die Möglichkeit der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes geprüft werden müsste, keine maßgebliche Bedeutung zu. Die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 FrG seien gegeben.

Ein Eingriff in das Privatleben der Beschwerdeführerin im Sinn des § 37 FrG liege vor, weil sie seit mehr als drei Jahren in Österreich sei und ihren eigenen Angaben zufolge eine Lebensgemeinschaft mit einem österreichischen Staatsbürger unterhalte. Dieser Eingriff werde jedoch erheblich dadurch relativiert, dass sie nur über eine Aufenthaltserlaubnis zum ausschließlichen Zweck eines Studiums verfüge und daher nicht davon habe ausgehen dürfen, sich in Österreich dauernd niederlassen zu können. Der mit dem Aufenthaltsverbot verbundene Eingriff sei im Hinblick auf die zahlreichen Fälle der Täuschungshandlungen, vor allem aber im Hinblick auf die Beharrlichkeit der Beschwerdeführerin, mit der sie ihr Verhalten fortgesetzt habe, zur Verteidigung eines geordneten Fremdenwesens dringend geboten. Die Auswirkungen auf die Lebenssituation der Beschwerdeführerin, die hier nur einem zusätzlichen weiteren Studium habe nachgehen wollen und deren andere Familienangehörige "(Kind, Mutter)" in der Heimat lebten, seien nicht so beträchtlich, dass die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens in Kauf genommen werden könnten. Die Behörde habe sich entschlossen, in der Hoffnung, dass sich die Beschwerdeführerin nach Ablauf dieser Frist an die österreichischen Rechtsvorschriften halten würde, das Aufenthaltsverbot mit fünf Jahren zu befristen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Die Beschwerdeführerin wendet sich dagegen, dass ihr Verhalten im Grund des § 36 Abs. 1 FrG die Annahme rechtfertige, dass ihr Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährde oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderlaufe. Das im angefochtenen Bescheid ins Treffen geführte Verlangen der genannten österreichischen Vertretungsbehörde, eine gesicherte Unterkunft im Schengen-Zielstaat nachzuweisen, widerspreche sowohl dem Inhalt und den Intentionen des Fremdengesetzes (weil dieses in seinem § 10 Abs. 2 Z. 1 zu Recht auf die gesicherten Mittel für den Unterhalt, nicht aber für den Fall der Erteilung befristeter Einreisetitel auf eine fixe Unterkunft abstelle) als auch Geist und Intention des Schengener Vertragswerkes, mit dem im sogenannten Schengener-Raum Reisefreiheit hergestellt werde. Berechtige aber ein Visum für einen Mitgliedsstaat dazu, den gesamten Schengener-Raum zu bereisen, könne schon daraus geschlossen werden, dass eben diese Reisefreiheit (auch für Drittstaatsangehörige, sofern sie ein Schengen-Visum hätten) nicht dadurch konterkariert werden solle, dass vom Sichtvermerkswerber (womöglich für die gesamte Dauer des beantragten Sichtvermerks) eine feste Unterkunft bzw. ein Nachweis hiefür verlangt werde. Dies stelle den Hintergrund für die Verantwortung der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren dar, dass sie einen ihrer Meinung nach legalen Vorgang (nämlich die Ausstellung von Schengen-Visa für den Schengen-Raum für Personen, die den Schengen-Raum bereisen wollten und nach Ablauf der Visa wieder aus diesem ausreisen wollten) habe beschleunigen wollen, nicht jedoch die Mitwirkung an der Umgehung italienischer Einreisebestimmungen oder Ähnliches gewollt habe. Die Beschwerdeführerin habe möglicherweise daran mitgewirkt, dass Beamte der österreichischen Botschaft in Kiew im Zuge der Erteilung sogenannter Schengen-Visa über das Vorliegen einer fixen Unterkunft in Österreich getäuscht worden seien. Diese Täuschung habe jedoch ein Kriterium betroffen, dessen Vorliegen von der österreichischen Botschaft in Kiew in dieser Form gar nicht zu prüfen gewesen sei bzw. hätte verlangt werden dürfen. Weder die Republik Österreich noch Italien noch ein anderer EU-Mitgliedsstaat sei - soweit aus den Verwaltungsakten ersichtlich - in irgendeiner Weise geschädigt worden, im Gegenteil: Die Einkaufsreisen ukrainischer Staatsbürger nach Italien hätten jedenfalls das Bruttoinlandsprodukt Italiens, indirekt wohl aber auch jenes Österreichs allenfalls erhöht. Es erscheine daher nicht ersichtlich, weshalb der weitere Aufenthalt der Beschwerdeführerin zum Zweck der Fortsetzung eines Medizinstudiums die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährden sollte. Dies umsomehr, als die Beschwerdeführerin von sich aus angegeben habe, bis zur Einvernahme vor der "Fremdenpolizei" keinerlei Unrechtsbewusstsein gehabt zu haben, jedoch freiwillig weitere derartige Tätigkeiten in Hinkunft zu unterlassen. Selbst dann, wenn ein rechtswidriges Verhalten der Beschwerdeführerin vorgelegen haben sollte, sei diese Rechtswidrigkeit für einen mit der österreichischen Rechtsordnung nicht vertrauten Fremden äußerst schwer erkennbar gewesen, weshalb auf ihrer Seite ein entschuldbarer Rechtsirrtum vorgelegen sei.

1.2. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Auf dem Boden der hg. Rechtsprechung setzt die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht zwingend voraus, dass einer der im § 36 Abs. 2 FrG angeführten Tatbestände verwirklicht worden ist; vielmehr kann ein Aufenthaltsverbot gemäß § 36 Abs. 1 FrG auch dann erlassen werden, wenn triftige Gründe - ohne die Voraussetzungen der im § 36 Abs. 2 FrG angeführten Fälle aufzuweisen - die im § 36 Abs. 1 umschriebene Annahme rechtfertigen (vgl. das Erkenntnis vom 26. März 1999, Zl. 98/18/0344, mwH).

Wenn die belangte Behörde vorliegend diese Annahme für gerechtfertigt erachtet hat, so begegnet dies keinen Bedenken. Der Gerichtshof hat im Rahmen der ihm diesbezüglich zukommenden Schlüssigkeitskontrolle (vgl. dazu insbesondere das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) gegen die von der belangten Behörde an Hand der ausführlich dargestellten relevanten Beweisergebnisse vorgenommene Beweiswürdigung und daher auch gegen die darauf beruhenden und maßgeblichen Tatsachenfeststellungen keinen Einwand. Danach steht fest, dass die Beschwerdeführerin durch ihre wiederholten, im angefochtenen Bescheid näher beschriebenen, von ihr bewußt gesetzten (und im Übrigen auch in der Beschwerde nicht in Abrede gestellten) Täuschungshandlungen an der Erwirkung von Einreisetiteln für andere Fremde, die - wie sich aus den diesbezüglich unbestrittenen Feststellung ergibt - diese auch zum (kurzfristigen) Aufenthalt (§ 6 Abs. 1 Z. 3 FrG ) und nicht bloß zum Transit (§ 6 Abs. 1 Z. 1 FrG) bzw. zur Durchreise (§ 6 Abs. 1 Z. 2 FrG) berechtigten, mitgewirkt hat, die diesen Fremden sonst nicht erteilt worden wären. Damit hat sie aber das öffentliche Interesse an der Einhaltung der für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen durch den Normadressaten, dem aus der Sicht der Aufrechterhaltung und des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. aus der hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 16. April 1999, Zl. 99/18/0103, mwH) in erheblichem Ausmaß verletzt, bezogen sich doch diese Täuschungshandlungen - unstrittig - nicht nur auf einen einzelnen, sondern auf eine ganze Reihe von Fremden, weshalb - wie im angefochtenen Bescheid zutreffend festgehalten - die öffentliche Ordnung in einem weit größeren Ausmaß beeinträchtigt wurde als durch eine dem § 36 Abs. 2 Z. 6 FrG zu subsumierende Täuschungshandlung in einem Einzelfall.

Entgegen der Beschwerde durfte die besagte österreichische Vertretungsbehörde bei der Erteilung eines zum Aufenthalt berechtigenden Einreisetitels in Ansehung der Beurteilung des Vorhandenseins ausreichender eigener Mittel zum Unterhalt im Sinn des § 10 Abs. 2 Z. 1 FrG auch die Frage einer gesicherten Unterkunft in Österreich prüfen. An diesem Ergebnis vermag (wie die belangte Behörde ebenfalls richtig erkannt hat) der Hinweis der Beschwerdeführerin, dass die Fremden, die im Wege dieser Täuschungshandlungen einen solchen Einreisetitel nach Österreich erhalten hätten, nach dem Schengener Vertragswerk ohnehin von hier in einen anderen Vertragsstaat hätten reisen können, nichts zu ändern. Weiters geht das Vorbringen, dass weder die Republik Österreich noch Italien noch ein anderer EU-Mitgliedsstaat durch das Verhalten der Beschwerdeführerin in irgendeiner Weise geschädigt worden sei, vielmehr die Einkaufsreisen ukrainischer Staatsbürger nach Italien dort und indirekt (allenfalls) in Österreich das Bruttoinlandsprodukt erhöht hätten, fehl, tun doch diese (behaupteten) Umstände der besagten gravierenden Verletzung des maßgeblichen öffentlichen Interesses keinen Abbruch. Die Beschwerdeführerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ihr die Regelungen des Fremdengesetzes nicht hätten bekannt sein müssen, sind doch diese Regelungen im Bundesgesetzblatt kundgemacht, weshalb von ihr die Kenntnis der damit geschaffenen Rechtslage (die für sie als sich in Österreich aufhaltende Fremde von besonderer Bedeutung ist) erwartet werden kann. Überdies erscheinen die von der belangten Behörde angestellten näheren Überlegungen (vgl. die Wiedergabe des angefochtenen Bescheides oben unter I. 1.), wonach das Verhalten der Beschwerdeführer habe erkennen lassen, dass dieser bekannt gewesen sei, dass durch ihren persönlichen Einsatz und ihre Mitwirkung die österreichische Vertretungsbehörde hintergangen worden sei und Entscheidungen veranlasst worden seien, die sonst nicht getroffen worden wären, überzeugend.

1.3. Auf dem Boden des Gesagten ist auch die Verfahrensrüge der Beschwerdeführerin, die belangte Behörde habe die von ihr zum Nachweis eines bei ihr vorgelegenen entschuldbaren Rechtsirrtums beantragte Einvernahme des leitenden Beamten der Erstbehörde, der bei der Aufnahme der Niederschrift am 22. Juni 1998 nicht auf den ersten Blick habe erklären können, dass ihr besagtes Verhalten rechtswidrig sei, unterlassen, weshalb der Sachverhalt nicht hinreichend ermittelt und der angefochtene Bescheid nicht ausreichend begründet worden sei, nicht zielführend.

2.1. Die Beschwerdeführerin lebe nach ihrem weiteren Vorbringen in Lebensgemeinschaft mit einem österreichischen Staatsbürger, sie sei nach wie vor Medizinstudentin, die Fortsetzung bzw. der Abschluss eines auch weiteren Studiums stelle einen ganz wesentlichen Bestandteil ihrer persönlichen Lebensplanung dar. In Anbetracht des Aufenthaltsverbotes könnte die Beschwerdeführerin weder ihre Lebensgemeinschaft noch die für sie wesentliche medizinische Ausbildung in Österreich fortsetzen. Auch dann, wenn ein rechtswidriges Verhalten der Beschwerdeführerin vorgelegen haben sollte, sei diese Rechtswidrigkeit für einen mit der österreichischen Rechtsordnung nicht vertrauten Fremden äußerst schwer erkennbar gewesen und habe auch zu "keinerlei negativen Konsequenzen" geführt, weshalb die Erlassung des Aufenthaltsverbotes selbst dann unverhältnismäßig erscheine, wenn man davon ausgehe, dass die Beschwerdeführerin nur über eine Aufenthaltserlaubnis zum ausschließlichen Zweck eines Studiums verfügt habe und daher nicht davon habe ausgehen dürfen, sich hier dauernd niederlassen zu können.

2.2. Auch mit diesem gegen die von der belangten Behörde gemäß § 37 FrG vorgenommene Beurteilung gerichteten Vorbringen ist für die Beschwerde nichts gewonnen. In Anbetracht der im angefochtenen Bescheid festgestellten persönlichen Interessen hat die belangte Behörde zutreffend einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in das Privatleben der Beschwerdeführerin angenommen. Im Hinblick auf die gravierende Verletzung des genannten maßgeblichen öffentlichen Interesses (vgl. oben II.1.2.) hat die belangte Behörde aber ebenso zutreffend die Auffassung vertreten, dass die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Grund des § 37 Abs. 1 FrG dringend geboten sei. Wenn die belangte Behörde im Grund des § 37 Abs. 2 FrG angenommen hat, dass die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation der Beschwerdeführerin nicht schwerer wögen als die gegenläufigen öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes und damit die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung, so bestehen dagegen ebenfalls keine Bedenken, sind doch die persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin an einem Verbleib in Österreich - auch unter Berücksichtigung der von ihr ins Treffen geführten Lebensgemeinschaft und ihres Interesses an der Fortführung ihres Studiums - angesichts ihres noch nicht langen inländischen Aufenthalts von etwa dreieinhalb Jahren, der zudem (unstrittig) nicht auf eine Niederlassung auf Dauer gerichtet ist, sowie des unbestrittenen Umstands, dass sich ihre Tochter und ihre Mutter nicht in Österreich (sondern in ihrem Heimatland) aufhalten, nicht derart stark ausgeprägt, dass sie die Beurteilung der belangten Behörde als rechtsirrig erscheinen ließen.

3. Da somit dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 27. Juni 2001

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