VwGH 99/16/0312

VwGH99/16/031215.3.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde des W, vertreten durch CMS Strommer, Reich-Rohrwig, Karasek, Hainz, Rechtsanwälte in Wien I, Ebendorferstraße 3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 22. Juli 1999, GZ RV 495-09/97, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Normen

GrEStG 1987 §5 Abs2 Z2;
VwRallg;
GrEStG 1987 §5 Abs2 Z2;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In einem am 23. August 1979 abgeschlossenen "Nutzungs- und Optionsvertrag" räumte die Republik Österreich der G. GmbH die Nutzung an in den Katastralgemeinden Breitenlee und Aspern gelegenen Grundflächen im Gesamtausmaß von ca. 124 ha für die Dauer von 99 Jahren sowie ein Vorkaufsrecht an diesen Liegenschaften ein.

In Punkt I. eines zwischen Stadt Wien und dem beschwerdeführenden Fonds abgeschlossenen Vertrages vom 6. November 1996 wurde ausgeführt, die Republik Österreich sei grundbücherliche Eigentümerin von bestimmt angeführten Grundstücken in den Katastralgemeinden Breitenlee und Aspern. Im Punkt II. dieses Vertrages wurde festgestellt, die Stadt Wien sei auf Grund eines Kaufvertrages vom 17. und 22. Oktober 1996 außerbücherlicher Eigentümer der in Punkt I. angeführten Liegenschaften. Nach Punkt III des Vertrages übertrug die Stadt Wien dem Beschwerdeführer diese Grundflächen im Zuge einer Nachdotation unentgeltlich.

In einer Vereinbarung zwischen der O GmbH (der Rechtsnachfolgerin der G GmbH) und dem Beschwerdeführer vom 9. Juli/7. November 1996 wurde zunächst unter Punkt II. festgehalten, dass die der G. GmbH eingeräumten Nutzungsrechte und das Vorkaufsrecht bezüglich der in Rede stehenden Liegenschaft auf die O. GmbH übergegangen sind. Nach Punkt IV. Z. 2 dieser Vereinbarung verzichtete die O. GmbH auf diese Nutzungsrechte und das Vorkaufsrecht gegen eine in Teilbeträgen zu leistende Entschädigung in der Höhe von S 185,000.000,--.

Mit vorläufigem Bescheid vom 1. Juli 1997 schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien für den Erwerb der Grundstücke nach dem Vertrag vom 6. November 1996 Grunderwerbsteuer von einer Bemessungsgrundlage von S 240,556.192,27 vor, wobei es die in einem Vorhaltsverfahren ermittelten Teilbeträge der Entschädigungszahlung an die O. GmbH samt Zinsen und Umsatzsteuer ansetzte.

In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde eingewendet, die Grundstücke seien unentgeltlich übertragen worden. Ein grunderwerbsteuerpflichtiger Vorgang sei nicht gegeben. Im Übrigen sei die Ablösesumme zur Gänze dem Nutzungsrecht zuzuordnen, da ein Vorkaufsrecht für die O. GmbH keinen Wert gehabt hätte.

Auf einen entsprechenden Vorhalt wurde in einer Eingabe vom 7. Mai 1999 ausgeführt, die Freimachungsentschädigung hätte einschließlich Zinsen von S 14,859.500,-- und 20 % Umsatzsteuer S 239,831.400,-- betragen. Weiters wurde ausgeführt, die Belastung sei nicht die Ursache für die Unentgeltlichkeit gewesen. Die O. GmbH hätte nicht die Absicht gehabt, die Grundstücke zu nutzen oder zu erwerben. Die Zahlung sei daher nicht im Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstückes zu sehen. Die Doppelbelastung mit Umsatzsteuer und Grunderwerbsteuer sei EU-rechtswidrig.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung teilweise stattgegeben. Die belangte Behörde vertrat die Auffassung, die mit dem Liegenschaftserwerb übergegangenen Belastungen der Grundstücke durch die Rechte der O. GmbH stellten eine Gegenleistung dar. Der Wert dieser Rechte ergebe sich aus der bezahlten Freimachungsentschädigung, nämlich S 185,000.000,--. Eine Doppelbesteuerung mit Umsatzsteuer und Grunderwerbsteuer sei nicht gegeben.

Der Beschwerdeführer erachtet sich in der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde in seinem Recht auf Nichtbezahlung von Grunderwerbsteuer im Falle eines unentgeltlichen Erwerbes einer Liegenschaft verletzt.

Der Bundesminister für Finanzen legte die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift und die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Beschwerdeführer replizierte auf die Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 5 Abs 2 Z. 2 GrEStG 1987 gehören Belastungen, die auf einem Grundstück ruhen, zur Gegenleistung, soweit sie auf den Erwerber kraft Gesetzes übergehen, ausgenommen dauernde Lasten. Die auf einem Grundstück ruhenden dauernden Lasten gehören somit nicht zur Gegenleistung. Als derartige dauernde Lasten sind solche Lasten anzusehen, mit deren Wegfall der Eigentümer in absehbarer Zeit nicht rechnen kann, sodass sie im rechtsgeschäftlichen Verkehr mit Grundstücken als eine dauernde wertmindernde Eigenschaft des Grundstückes empfunden werden. Eine solche dauernde Last braucht nicht öffentlich-rechtlicher Art zu sein. Auch privat-rechtliche Belastungen sind als dauernde Lasten iS der angeführten Gesetzesstelle anzusehen (vgl Boruttau/Klein/Egly/Sigloch, GrEStG14, § 9, Rz 591 ff mwH).

Im Beschwerdefall - der allein den Vertrag vom 6. November 1996 betrifft - waren die den Gegenstand einer Nachdotation an den beschwerdeführenden Fonds bildenden Grundstücke mit einem auf 99 Jahre eingeräumten Nutzungsrecht sowie einem Vorkaufsrecht belastet. Eine solche Belastung stellt aber, wie vom Beschwerdeführer insbesondere in seiner Replik auf die Gegenschrift der belangten Behörde zutreffend ausgeführt wurde, ohne Zweifel eine dauernde Last dar. Eine Dauer von Rechtsverhältnissen auf eine Zeit von 99 Jahren wird im Rechtsleben üblicherweise einer immerwährenden Dauer - unter welchem Begriff zu verstehen ist, dass das Ende des Rechtsverhältnisses nicht absehbar ist (vgl die hg Erkenntnisse vom 7. März 1978, Zl 348/75, und vom 16. Februar 1984, Zlen 83/15/0047, 0048) - gleichgesetzt. Daraus folgt aber, dass die auf den vertragsgegenständlichen Liegenschaften ruhenden Belastungen nicht zur Gegenleistung im grunderwerbsteuerrechtlichen Sinne gehören.

Da die belangte Behörde dies verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte dabei aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 15. März 2001

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