VwGH 99/03/0369

VwGH99/03/036912.12.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Gall, Dr. Bernegger und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde des W in L, vertreten durch Dr. Klemens Stefan Zelger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Müllerstraße 16, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 13. Juli 1999, Zl. IIIa2-1600/1, betreffend Abschussplan, zu Recht erkannt:

Normen

JagdG Tir 1983 §37 Abs2;
JagdG Tir 1983 §37 Abs3 litd;
JagdRallg;
JagdG Tir 1983 §37 Abs2;
JagdG Tir 1983 §37 Abs3 litd;
JagdRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In dem vom Beschwerdeführer als Jagdausübungsberechtigten im Eigenjagdgebiet H der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vorgelegten Abschussplan für Schalenwild und Murmeltiere für das Jagdjahr 1999/2000 wurde beim Rotwild der gezählte Wildstand zum 1. April mit insgesamt 70 Stück und der Sommerstand einschließlich Wechselwild mit insgesamt 111 Stück angegeben und ein - nach Geschlecht und Altersklassen gegliederter - Gesamtabschuss von "Minimum" 42 und "Maximum" 50 Stück beantragt.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 27. Mai 1999 wurde der Abschuss von Rotwild abweichend von diesem Antrag gemäß § 37 Abs. 8 Tiroler Jagdgesetz 1983, LGBl. Nr. 60, in der Fassung LGBl. Nr. 68/1993, (TJG) - nach Geschlecht und Altersklasse gegliedert - mit insgesamt 50 Stück festgesetzt.

Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wurde mit dem nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid insoweit Folge gegeben, als der Abschussplan im Eigenjagdgebiet H im Jagdjahr 1999/2000 wie folgt festgesetzt wurde:

"a) Rotwild:

Hirsche

Tiere:

 

Klasse III

4 Hirschkälber

Klasse III:

5 Tierkälber

 

5 Schmalspießer

 

10 Schmaltiere

 

7 Junghirsche

Klasse II/I

12 Alttiere

Klasse II

1 Mittelhirsch

  

Klasse I

2 Reife Hirsche"

  

In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, dass sich die Waldzustandssituation im Bereich der Bezirksforstinspektion Schwaz im Vergleich zu den Vorjahren verschlechtert habe, während gleichzeitig der Rotwildstand zugenommen habe. Die steigenden Rotwildbestände seien eine wesentliche Ursache für die Verschlechterung des Waldzustandes, insbesondere der Verjüngungssituation. Im gegenständlichen Eigenjagdgebiet habe der Rotwildbestand von 1997 bis 1999 von 64 Stück auf 70 Stück zugenommen. Eine Mitverantwortung für diese Entwicklung könne vom Beschwerdeführer nicht damit abgetan werden, dass im gesamten Planungsbereich P der Winterzählstand lediglich um 24 Stück gestiegen sei, denn wie sich aus der forstfachlichen Beurteilung der Gesamtsituation in der Hegegemeinschaft zeige, sei eben die Zunahme des Rotwildstandes, wenn auch durchaus regional in unterschiedlichem Ausmaß, eine wesentliche Ursache für die Verschlechterung des Waldzustandes im betreffenden Bereich. Auch aus dem Hinweis auf die Schwierigkeiten bei der Abschusserfüllung infolge besonderer Belastungen durch den Tourismus und der unvorhersehbaren Entwicklung der Witterung lasse sich für den Beschwerdeführer nichts gewinnen. Andererseits sei ihm zu Gute zu halten, dass die Wildschadenssituation zumindest hinsichtlich der Schälschäden keine Verschlechterung erfahren habe, sodass es gerechtfertigt sei, von der Maximalforderung beim Abschussplan abzurücken und einen Kompromiss einzugehen, der einerseits dem landeskulturellen Erfordernis einer großräumigen Reduzierung des Wildstandes Rechnung trage, andererseits aber auch die Möglichkeit der Abschusserfüllung nicht unbeachtet lasse.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, und zwar hinsichtlich der Festsetzung des Rotwildabschusses.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des § 37 TJG

lauten:

"§ 37

Abschußplan

(1) Der Abschuß von Schalenwild - mit Ausnahme von Schwarzwild -, von Auer- und Birkhahnen und von Murmeltieren darf nur im Rahmen eines Abschußplanes erfolgen. Dieser ist jeweils für ein Jagdjahr und für ein Jagdgebiet sowie für den Teil eines Jagdgebietes, der Gegenstand eines Jagdpachtvertrages nach § 18 Abs. 1 dritter Satz ist, zu erstellen.

(2) Der Abschußplan ist so zu erstellen, daß der für das betreffende Jagdgebiet oder für den betreffenden Teil eines Jagdgebietes mit Rücksicht auf dessen Größe und Lage, auf die natürlichen Äsungsverhältnisse, auf den natürlichen Altersaufbau, auf ein ausgewogenes zahlenmäßiges Verhältnis zwischen männlichem und weiblichem Wild und auf die Interessen der Landeskultur angemessene Wildstand erreicht und erhalten, aber nicht überschritten wird. Bei der Erstellung des Abschußplanes ist im Interesse einer großräumigen Jagdbewirtschaftung auf die Wildstandsverhältnisse der benachbarten Jagdgebiete Bedacht zu nehmen.

(3) Im Abschußplan für Schalenwild ist, mit Ausnahme des voraussichtlichen Zuwachses an Wild, jeweils nach Geschlecht und nach Alterklassen (Abs. 6) gegliedert, anzugeben:

  1. a) der ermittelte Wildstand,
  2. b) die Anzahl der im Vorjahr getätigten Abschüsse und der im Vorjahr aufgetretenen Stücke von Fallwild,
  3. c) der voraussichtliche Zuwachs an Wild,
  4. d) die in Aussicht genommene Anzahl von Abschüssen.

    ...

(7) Der Abschußplan bedarf der Genehmigung der Bezirksverwaltungsbehörde. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Erhaltung oder Herstellung des nach Abs. 2 angemessenen Wildstandes gewährleistet ist.

(8) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat den Abschußplan von Amts wegen festzustellen,

a) wenn der Jagdausübungsberechtigte den Abschußplan nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt hat, oder

b) wenn durch den vom Jagdausübungsberechtigten vorgelegten Abschußplan die Erhaltung oder Herstellung des nach Abs. 2 angemessenen Wildstandes nicht gewährleistet ist.

(9) Soweit es zur Erhaltung oder Herstellung eines nach Abs. 2 angemessenen Wildstandes erforderlich ist, kann die Bezirksverwaltungsbehörde, um die Erfüllung eines Abschußplanes sicher zu stellen,

a) eine zeitliche Abfolge der Abschüsse während des Jagdjahres vorschreiben;

b) den Abschuß einer bestimmten Anzahl von Wildstücken, deren Abschuß in den Abschußplänen zweier oder mehrerer aneinander grenzender Jagdgebiete vorgesehen ist, in der Weise verfügen, daß jeder Jagdausübungsberechtigte in seinem Jagdgebiet die gesamte Anzahl dieser Wildstücke erlegen darf. Dabei werden Wildstücke, die ein Jagdausübungsberechtigter über den Abschußplan hinaus erlegt, auf den Abschußplan der übrigen Jagdausübungsberechtigten im Verhältnis der darin festgesetzten Anzahl von Abschüssen angerechnet. Jeder Jagdausübungsberechtigte hat die übrigen Jagdausübungsberechtigten unverzüglich von jedem über den Abschußplan hinaus getätigten Abschuß zu verständigen.

..."

Soweit der Beschwerdeführer zunächst geltend macht, die von der Behörde erster Instanz seit mehreren Jahren gepflogene Praxis der Festsetzung von Mindest- und Höchstabschüssen sei rechtswidrig gewesen, ist er im Recht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 2000, Zl. 99/03/0353). Auch ist es schlüssig, dass, wie der Beschwerdeführer weiters vorbringt, bei einem derartigen (im Gesetz nicht vorgesehenen) Abschussrahmen der "Maximumabschuss" nicht so verstanden werden darf, dass sich der Jagdausübungsberechtigte verpflichtet hat, diesen auch zu erfüllen. Darauf kommt es aber nicht an, weil die belangte Behörde diesen "Maximumabschuss" nicht festgesetzt hat. Ein konkretisiertes Vorbringen, die Erfüllung des mit dem angefochtenen Bescheid vorgeschriebenen Abschusses von insgesamt 46 Stück sei nicht möglich, enthält die Beschwerde aber nicht. Dies auch nicht, wenn (bloß) geltend gemacht wird, der Jagdausübungsberechtigte und sein Berufsjäger hätten anlässlich der Abschussplanbesprechung ausdrücklich darauf hingewiesen, "dass auch der beantragte Mindestabschuss von 42 Stück kaum oder nicht erfüllbar sein wird". Der Beschwerdeführer unterlässt es somit, die Wesentlichkeit eines allfälligen Verfahrensmangels aufzuzeigen. Die Unmöglichkeit der Erfüllung des mit dem angefochtenen Bescheid vorgeschriebenen Abschusses ist für den Verwaltungsgerichtshof auch nicht - auf dem Boden der Planungsgrundlage (Sommerstand einschließlich Wechselwild 111 Stück) - zu erkennen.

Der Beschwerdeführer ist im Recht (ebenso wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift), dass die vom Gesetzgeber bei der Abschussplanung geforderte Bedachtnahme auf die Wildstandsverhältnisse der benachbarten Jagdreviere dahin zu verstehen ist, dass nicht nur unmittelbar angrenzende Reviere zu berücksichtigen sind. Aus dem Gesetz lässt sich nämlich eine Einschränkung des Begriffes der "Wildstandsverhältnisse der benachbarten Jagdgebiete" (§ 37 Abs. 2 letzter Satz TJG) auf die unmittelbar angrenzenden Jagdgebiete nicht entnehmen. Wie weit der Kreis der "benachbarten" Jagdgebiete zu ziehen ist, ist an Hand des Gesetzeszweckes zu ermitteln. Ist bei der Erstellung des Abschussplanes auf das Interesse einer großräumigen Jagdbewirtschaftung Bedacht zu nehmen, dann ist als "benachbart" ein solches Jagdgebiet anzusehen, auf das der Abschussplan eine Rückwirkung hat (insbesondere im Hinblick auf das Wechselwild). Vor diesem Hintergrund ist es aber im Hinblick auf den ausgedehnten Lebensraum des Rotwildes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. Juli 1991, Zl. 91/19/0008) nicht nachvollziehbar, weshalb in der Beschwerde lediglich die unmittelbar angrenzenden Jagdgebiete H, L und R als "benachbarte Jagdgebiete" angesehen werden und nicht auch, worauf die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend hinweist, die ebenfalls - nach den im Akt erliegenden Zählblättern - zum Lebensraum P gehörenden Jagdreviere F, G, W und S.

Insofern begegnet es bei der von der belangten Behörde festgestellten Verschlechterung des Waldzustandes (in benachbarten Jagdgebieten) auch keinen Bedenken, wenn die belangte Behörde die verfügte Abschussfestsetzung im Interesse der Landeskultur für erforderlich erachtete, und zwar auch dann, wenn im gegenständlichen Eigenjagdgebiet (noch) keine gravierenden Wildschäden aufgetreten sind. An der festgestellten Verschlechterung des Waldzustandes ändert auch nichts, wenn geltend gemacht wird, der Anstieg des Rotwildbestandes sei nicht auf eine tatsächliche Zunahme des Rotwildbestandes, sondern auf die wegen des strengen Winters 1998/1999 genauere Erfassung der Wildbestände bei der Winterfütterung zurückzuführen. Im Übrigen entfernt sich der Beschwerdeführer damit von seinem eigenen Vorbringen in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid, worin ausgeführt wurde, wenn nach dem extrem milden Winter 1998 im Winter 1999 der Winterzählstand lediglich um 3 Stück gestiegen sei, so bedeute dies, dass die vom Beschwerdeführer bzw. seinem Berufsjäger in Anwesenheit des zuständigen Hegemeisters gezählten Wildstände in den vergangenen Jahren immer korrekt gewesen seien.

Nicht entscheidend ist auch, welchen Wildstand der Grundeigentümer (als Verpächter) als angemessen zur Vermeidung waldgefährdender Schäden für erforderlich erachtet (vgl. Abart/Lang/Obholzer, Tiroler Jagdrecht2, 126).

Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch nicht der Beschwerderüge zu folgen, die Abschussvorschreibung entspreche nicht der gesetzlichen Forderung nach einem natürlichen Altersaufbau. Wenn dabei ins Treffen geführt wird, bei den Schmaltieren seien 10 Stück als Planungsgrundlage vorhanden und würden 10 Stück Schmaltiere zum Abschuss vorgeschrieben, so ist darauf hinzuweisen, dass die vorgeschriebene Abschusszahl nicht zu einer, wie es der Beschwerdeführer formuliert, "Ausrottung einer ganzen Generation an weiblichem Rotwild" zu führen hat. Der Beschwerdeführer weist nämlich selbst auf die

2. Durchführungsverordnung zum Tiroler Jagdgesetz 1983, LGBl. Nr. 16/1995, hin, nach deren § 3 Abs. 6 Z. 1 lit. c der geltende Abschussplan auch dann als erfüllt gilt, wenn beim Rotwild an Stelle eines Tieres ein Kalb erlegt wird. Im Übrigen ist auch auf die Regelung des § 11 Abs. 1 TJG zu verweisen, wonach den Interessen der Landeskultur im Widerstreit mit jagdlichen Interessen der Vorrang zukommt.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 12. Dezember 2001

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