Normen
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z2;
FrG 1997 §36 Abs2;
FrG 1997 §37 Abs2;
FrG 1997 §37;
FrG 1997 §47 Abs3;
FrG 1997 §48 Abs1;
FrG 1997 §49 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z2;
FrG 1997 §36 Abs2;
FrG 1997 §37 Abs2;
FrG 1997 §37;
FrG 1997 §47 Abs3;
FrG 1997 §48 Abs1;
FrG 1997 §49 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 iVm den §§ 37, 38, 39 und 48 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein auf acht Jahre befristetes Aufenthaltsverbot.
Diese Maßnahme begründete sie im Wesentlichen folgendermaßen:
Der Beschwerdeführer sei im Jänner 1989 sichtvermerksfrei nach Österreich eingereist und habe erstmals am 20. Juni 1989 einen Sichtvermerk erhalten. Ab dem 4. Mai 1994 habe er durchgehend über Aufenthaltsbewilligungen verfügt.
Mit Entscheidung des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 12. Juli 1995 sei gegen ihn wegen eines tätlichen Angriffs gegen eine andere Person eine Belehrung ausgesprochen worden. Am 13. Februar 1997 sei ein gegen ihn eingeleitetes Strafverfahren wegen des Straftatbestandes der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von einem Jahr vorläufig eingestellt worden. Mit Urteil vom 22. September 1997 sei er wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 und 2 StGB in Anwendung des § 37 StGB sowie des § 5 JGG zu einer bedingt nachgesehenen Geldstrafe von 120 Tagessätzen verurteilt worden. Über Berufung des Beschwerdeführers sei die Anzahl der Tagessätze auf 90 reduziert worden. Weiters sei der Beschwerdeführer insgesamt 21 Mal verwaltungsrechtlich rechtskräftig bestraft worden, zumeist wegen des Delikts nach § 64 Abs. 1 KFG und § 37 Abs. 1 iVm § 1 Abs. 3 des Führerscheingesetzes. Der Beschwerdeführer sei somit in einem Zeitraum von 1995 bis 1998 drei Mal gerichtlich sowie 21 Mal verwaltungsrechtlich bestraft worden. Wenn auch die Verwaltungsübertretungen teilweise im Bagatellbereich lägen, seien sie doch ein Zeichen dafür, dass der Beschwerdeführer nicht gewillt sei, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten. Durch das Lenken ohne Führerschein begründe er eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit. Der Verurteilung wegen gefährlicher Drohung liege zu Grunde, dass er in Dornbirn mehrere Personen mit dem Tod gefährlich bedroht habe, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er aus kurzer Distanz vor diesen Personen aus einer Gaspistole mehrere Schüsse in die Luft und gegen den Boden abgefeuert habe.
Der Tatbestand der Aufenthaltsverfestigung nach § 35 FrG liege nicht vor, weil sich der Beschwerdeführer erst seit etwas über vier Jahre durchgehend rechtmäßig im österreichischen Bundesgebiet aufhalte. Weiters sei er noch nicht einmal zwei Jahre mit einer österreichischen Staatsangehörigen verheiratet, weshalb auf ihn die Aufenthaltsverfestigung des § 48 Abs. 1 FrG ebenfalls nicht zur Anwendung komme. Mit der seit 22. November 1996 mit ihm verheirateten österreichischen Staatsangehörigen habe er eine im Jahr 1997 geborene Tochter. Derzeit sei er bei einer namentlich genannten Firma beschäftigt; seine Ehefrau gehe ebenfalls einer Beschäftigung nach. Durch das Aufenthaltsverbot werde zweifellos schwerwiegend in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers eingegriffen. Dem gegenüber habe er trotz mehrmaliger Chancen und Belehrungen die Möglichkeit nicht wahrgenommen, sich rechtskonform zu verhalten. Im Ganzen betrachtet dränge daher das im hohen Maß bestehende öffentliche Interesse, den weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet zu untersagen, das gegenläufige private Interesse in den Hintergrund. Die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes wögen weit schwerer als dessen Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Der Beschwerdeführer ist nach den unbestrittenen Feststellungen mit einer österreichischen Staatsangehörigen verheiratet. Nach § 49 Abs. 1 erster Satz FrG genießen Angehörige von Österreichern gemäß § 47 Abs. 3 FrG, die Staatsangehörige eines Drittstaates sind, Niederlassungsfreiheit; für sie gelten die Bestimmungen für begünstigte Drittstaatsangehörige nach dem ersten Abschnitt des vierten Hauptstückes dieses Gesetzes. Zu den in § 47 Abs. 3 FrG genannten Angehörigen zählt u.a. der Ehegatte (Z. 1). Auf den Beschwerdeführer findet daher § 48 Abs. 1 erster Satz FrG Anwendung, demzufolge die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige nur zulässig ist, wenn auf Grund ihres Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist.
Die Beschwerde wendet sich hauptsächlich gegen das Ergebnis der von der belangten Behörde nach § 37 Abs. 2 FrG vorgenommenen Interessenabwägung. Damit zeigt sie eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Nach dem Akteninhalt steht das der Verurteilung des Beschwerdeführers zu Grunde liegende Delikt der gefährlichen Drohung im Zusammenhang mit Auseinandersetzungen mit einer anderen türkischen Familie; der Beschwerdeführer sei von einer Tochter dieser Familie abgewiesen worden. Am Ende einer Hochzeitsfeier begaben sich Mitglieder dieser Familie zu dem Beschwerdeführer, welcher mit einer Gaspistole in die Luft und auf den Boden schoss.
Wenn auch die Straftaten des Beschwerdeführers in keiner Weise verharmlost werden sollen - wobei aber von drei gerichtlichen Bestrafungen entgegen der Bescheidbegründung keine Rede sein kann -, kann doch nicht übersehen werden, dass durch das Verhalten des Beschwerdeführers nicht einmal einer der als Orientierungsmaßstab heranzuziehenden (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 16. Jänner 2001, Zl. 98/18/0348) Tatbestände des § 36 Abs. 2 FrG erfüllt wurde. Gegen den Beschwerdeführer liegt (zum maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides) lediglich eine gerichtliche Verurteilung zu einer bedingt nachgesehenen Geldstrafe vor. Die von ihm begangenen Verwaltungsübertretungen fallen nicht in den Katalog des § 36 Abs. 2 Z. 2 FrG.
Dem Fehlverhalten des Beschwerdeführers stehen sein langjähriger Aufenthalt in Österreich und die Ehe mit einer österreichischen Staatsangehörigen gegenüber. Weiters hat der Beschwerdeführer eine Tochter und ist in Österreich in einem aufrechten Beschäftigungsverhältnis.
Indem die belangte Behörde der aus diesen Umständen erfließenden Integration des Beschwerdeführers im Inland und seinem persönlichen Interesse an einem Weiterverbleib in Österreich nicht das gebührende Gewicht zugemessen hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.
Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 24. April 2001
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