VwGH 98/14/0176

VwGH98/14/017623.4.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss sowie die Hofräte Dr. Karger, Mag. Heinzl, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Urtz, über die Beschwerde der K GmbH in W, vertreten durch Dr. Peter und Dr. Ingrid Posch, Rechtsanwälte in 4600 Wels, Eisenhowerstraße 40, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 10. September 1998, Gem - 521271/2 - 1998 - SL, betreffend Kommunalsteuer für die Jahre 1994 bis 1996 samt Säumniszuschlag (mitbeteiligte Partei: Stadt Wels, 4600 Wels, Stadtplatz 1), zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §67 Abs6;
EStG 1988 §67 Abs8 litb;
KommStG 1993 §5 Abs2 lita;
EStG 1988 §67 Abs6;
EStG 1988 §67 Abs8 litb;
KommStG 1993 §5 Abs2 lita;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen von 15.000 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindliche Beschwerdeführerin war im Zug von Restrukturierungsmaßnahmen gezwungen, Dienstnehmer zu kündigen. Auf Grund eines bestehenden Pensionsstatutes und eines im Zug der Restrukturierungsmaßnahmen erstellten Sozialplanes zahlte die Beschwerdeführerin Dienstnehmern anlässlich der Beendigung der Dienstverhältnisse sowohl Pensionsabfindungen als auch Überbrückungshilfen (Vorruhestandsgelder) aus.

Im Beschwerdefall ist strittig, ob sowohl die Pensionsabfindungen als auch die Überbrückungshilfen zur Bemessungsgrundlage der Kommunalsteuer gehören.

Die belangte Behörde vertritt im Einklang mit der mitbeteiligten Partei die Ansicht, Pensionsabfindungen seien als Ersatzleistungen, somit als Zahlungen für den Verzicht auf Arbeitsleistungen für künftige Lohnzahlungszeiträume iSd § 67 Abs 8 EStG 1988 anzusehen, weswegen sie nicht unter die Befreiungsbestimmung des § 5 Abs 2 lit b KommStG 1993 fielen. Mangels Anspruches auf Ruhe- und Versorgungsbezüge fielen Pensionsabfindungen auch nicht unter die Befreiungsbestimmung des § 5 Abs 2 lit a KommStG 1993. Jene Dienstnehmer, die keine Ansprüche auf Pensionsabfindungen gehabt hätten, hätten Überbrückungshilfen erhalten. Überbrückungshilfen könnten jedoch nicht als Ruhebezüge nach § 5 Abs 2 lit a KommStG 1993 angesehen werden. Wie die Beschwerdeführerin bestätigt habe, seien Überbrückungshilfen nicht als freiwillige Abfertigungen iSd § 67 Abs 6 EStG 1988 anzusehen, weswegen sie nicht unter die Befreiungsbestimmung des § 5 Abs 2 lit b KommStG 1993 fielen.

Demgegenüber meint die Beschwerdeführerin, Pensionsabfindungen würden ebenso wie Ruhe- und Versorgungsbezüge zum Zweck der Versorgung nach der aktiven Erwerbstätigkeit gewährt. Der Versorgungscharakter der ausbezahlten Beträge bleibe sowohl bei einmaligen Auszahlungen als auch bei laufenden Pensionszahlungen erhalten. Pensionsabfindungen seien daher nach § 5 Abs 2 lit a KommStG 1993 von der Kommunalsteuer befreit. In eventu werde auch der Tatbestand des § 5 Abs 2 lit b KommStG 1993 erfüllt. Die Pensionsabfindungen seien iSd § 67 Abs 6 EStG 1988 als sonstige Bezüge anlässlich (bei) der Beendigung der Dienstverhältnisse ausbezahlt worden. Die betragsmäßig beschränkte begünstigte Besteuerung im § 67 Abs 6 EStG 1988 ändere nichts an dem Umstand, dass es sich bei Pensionsabfindungen um in dieser Bestimmung genannte Bezüge handle. Im § 5 Abs 2 lit b KommStG 1993 werde nämlich nicht normiert, dass die ausbezahlten Beträge nur dann von der Kommunalsteuer befreit seien, wenn sie zur Gänze einkommensteuerrechtlich begünstigt zu besteuern seien. Gleiches gelte hinsichtlich der Überbrückungshilfen. Die so ausbezahlten Beträge stellten ebenfalls Ruhe- und Versorgungsbezüge iSd § 5 Abs 2 lit a KommStG 1993 dar. Denn die gekündigten Dienstnehmer hätten keine Erwerbstätigkeiten ausgeübt, sich somit in Ruheperioden befunden. Mangels Erwerbseinkommen wären die Überbrückungshilfen überdies zur (notwendigen) Versorgung der gekündigten Dienstnehmer erforderlich gewesen. In eventu werde auch der Tatbestand des § 5 Abs 2 lit b KommStG 1993 erfüllt. Die Überbrückungshilfen seien iSd § 67 Abs 6 EStG 1988 als sonstige Bezüge nach Beendigung der Dienstverhältnisse ausbezahlt worden, weswegen sie - wie bereits ausgeführt - von der Kommunalsteuer befreit seien.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1. Pensionsabfindungen:

Bezüge iSd § 67 Abs 6 EStG 1988 sind nach § 5 Abs 2 lit b KommStG 1993 von der Kommunalsteuer befreit.

§ 67 Abs 6 EStG 1988 erfasst sonstige Bezüge, die bei oder nach Beendigung von Dienstverhältnissen anfallen (wie zum Beispiel freiwillige Abfertigungen und Abfindungen). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind das Bezüge, die mit der Auflösung von Dienstverhältnissen in ursächlichem Zusammenhang stehen und aus diesem Grund ausbezahlt werden (vgl etwa das hg Erkenntnis vom 22. April 1999, 99/15/0065).

§ 67 Abs 8 EStG 1988 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung lautet:

"Zu versteuern sind

  1. a) ....
  2. b) mit der Hälfte des Steuersatzes, der sich bei gleichmäßiger Verteilung des Bezugs auf die Monate des Kalenderjahres als Lohnzahlungszeitraum ergibt, Zahlungen für Pensionsabfindungen, soweit sie nicht nach Abs. 6 mit den Steuersätzen des Abs. 1 zu versteuern sind."

    Wie sich bereits aus dem Wortlaut des § 67 Abs 8 EStG 1988 ergibt, können Pensionsabfindungen unter § 67 Abs 6 leg cit fallen.

    Pensionsabfindungen iSd § 67 Abs 8 lit b EStG 1988 liegen nur vor, wenn sie in Abgeltung eines - auf Renten lautenden - bereits entstandenen Anspruches geleistet werden (vgl Doralt, EStG4, § 67 Tz 89, und das hg Erkenntnis vom 19. März 1998, 97/15/0219). Da der Anspruch auf (Betriebs)Pension (erst) mit der Beendigung des Dienstverhältnisses entsteht, ist eine in diesem Zusammenhang vereinbarte Abfindung der Pension eine Pensionsabfindung iSd § 67 Abs 8 lit b EStG 1988; sie erfüllt aber (jedenfalls dem Grund nach) auch die Voraussetzungen des - nach der Norm des § 67 Abs 8 lit b leg cit primär anzuwendenden - § 67 Abs 6 leg cit. Zu einem späteren Zeitpunkt - also nicht in Zusammenhang mit der Beendigung des Dienstverhältnisses - vereinbarte Pensionsabfindungen können den Tatbestand des § 67 Abs 8 lit b EStG 1988, nicht aber jenen des § 67 Abs 6 leg cit erfüllen.

    Im Beschwerdefall ist die belangte Behörde in sachverhaltsmäßiger Hinsicht davon ausgegangen, dass die ausbezahlten Beträge auf Grund der Zusatzregelung zum Pensionsstatut vom 21. April 1988 geleistet worden sind. Nach dieser Zusatzregelung gebühren Dienstnehmern, deren Dienstverhältnisse beendet werden, bevor Ansprüche auf Ruhegelder nach dem Pensionsstatut entstanden sind, Ersatzleistungen ("Abfindungen") in dem Ausmaß, in dem im Zeitpunkt der Beendigung der Dienstverhältnisse Rückstellungen in der Steuerbilanz gebildet sind.

    Bei dieser Sachlage stellen die ausbezahlten Beträge keine Abgeltungen der auf Renten lautenden und bereits entstandenen Ansprüche dar, weswegen sie nicht als Pensionsabfindungen anzusehen sind. Aus dem von der belangten Behörde angenommenen Sachverhalt ergibt sich jedoch zweifelsfrei, dass die Zahlungen durch die Beendigung der Dienstverhältnisse ausgelöst worden sind und ohne diese Beendigung nicht angefallen wären. Die ausbezahlten Beträge stehen somit mit der Beendigung der Dienstverhältnisse in ursächlichem Zusammenhang und sind gerade aus diesem Grund geleistet worden. Solcherart handelt es sich um Bezüge iSd § 67 Abs 6 EStG 1988, die nicht der Kommunalsteuer unterliegen (vgl in diesem Zusammenhang auch das hg Erkenntnis vom 27. Februar 2001, 2000/13/0053).

    2. Überbrückungshilfen:

    Gemäß § 5 Abs 2 lit a KommStG 1993 gehören Ruhe- und Versorgungsbezüge nicht zur Bemessungsgrundlage der Kommunalsteuer.

    Die Auszahlung der Überbrückungshilfen ergibt sich aus einem zwischen der Beschwerdeführerin und dem Betriebsausschuss am 8. November 1994 in Form einer Betriebsvereinbarung festgelegten Sozialplan. Die Überbrückungshilfen gebühren Dienstnehmern, deren Dienstverhältnisse beendet worden sind und die keinen Anspruch auf Betriebspensionen haben. Die Überbrückungshilfen gebühren monatlich über den Zeitraum von zwölf Monaten einschließlich zweier Sonderzahlungen.

    Die Überbrückungshilfen stellen als laufende Zahlungen keine sonstigen Bezüge iSd § 67 Abs 6 EStG 1988 dar. Ihnen kommt aber die Funktion von Ruhe- und Versorgungsbezügen zu. Vergleichbar Betriebspensionen werden sie für (wenn auch begrenzte) Zeiträume nach Beendigung der Dienstverhältnisses laufend sowie in Form zweier Sonderzahlungen ausbezahlt. Solcherart handelt es sich um Bezüge iSd § 5 Abs 2 lit a KommStG 1993.

    Die belangte Behörde hat die Überbrückungshilfen deshalb nicht der Norm des § 5 Abs 2 lit a KommStG 1993 subsumiert, weil die bezugsberechtigten Dienstnehmer keine Ansprüche auf Betriebspensionen nach dem Pensionsstatut und auch (noch) keine Ansprüche auf gesetzliche Pensionen hatten. § 5 Abs 2 lit a KommStG 1993 ist aber nicht auf solche Ruhe- und Versorgungsbezüge eingeschränkt, die in einem Pensionsstatut zugesagt sind. Werden erst im Zug der Beendigung von Dienstverhältnissen (insbesondere im Rahmen eines Sozialplanes) laufende Bezüge sowie zwei Sonderzahlungen für Zeiten des Ruhestandes festgelegt, liegen ebenfalls Ruhe- und Versorgungsbezüge iSd § 5 Abs 2 lit a KommStG 1993 vor.

    Die Überbrückungshilfen unterliegen daher ebenfalls nicht der Kommunalsteuer.

    Der angefochtene Bescheid erweist sich somit als inhaltlich rechtswidrig, weswegen er gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

    Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

    Wien, am 23. April 2001

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